[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Härten von Stahl mit Hilfe flüssiger
Kühlmedien, insbesondere zum Härten von stabförmigen Walzprodukten aus legiertem und
unlegiertem Vergütungsstahl mit verhältnismäßig großen Durchmessern, und zwar unmittelbar
im Anschluß an den Walzprozeß.
[0002] Aus der deutschen Patentschrift 24 26 920 ist ein Verfahren zum Herstellen von schweißbarem
Stabstahl aus einem Stahl mit niedrigem Kohlenstoffgehalt bekannt, gemäß dem das Walzgut
unmittelbar nach dem letzten Walzprozeß einer einmaligen oder auch mehrmaligen Wasserkühlung
und daran anschließenden Abkühlung an ruhender Luft unterzogen wird. Durch dieses
einmalige oder auch mehrmalige Abkühlen des stabförmigen Walzgutes im Wasser und in
ruhender Luft soll eine Verbesserung des Mikrogefüges, insbesondere ein ausreichendes
Anlassen des Härtungsgefüges in der Randzone des Stabstahles und eine Umwandlung zu
einem Mikrogefüge mit höherer Festigkeit im Stabstahlkern erzielt werden. Dieses bekannte
Verfahren zum Herstellen von schweißbarem Stabstahl erfordert auf Grund der mehrmaligen,
aufeinanderfolgenden Abkühlprozesse im Wasser und in der Luft nicht nur einen verhältnismäßig
hohen Energie-, Zeit- und Kostenaufwand, sondern es kann mit diesem Verfahren auch
bei Stahlstäben mit geringen Stabdurchmessern (z. B. 10-20 mm) nur eine geringe, auf
die Randzone bezogene Einhärtungstiefe erreicht werden. Darüber hinaus ist dieses
Verfahren auf die Herstellung von schweißbarem Stabstahl mit niedrigem Kohlenstoffgehalt
beschränkt.
[0003] Demgegenüber besteht die Aufgabe der Erfindung darin, ein Verfahren zum Härten von
Stahl zu schaffen, das nicht nur eine erhebliche Steigerung der Einhärtungstiefe in
den Stahl von beliebiger Beschaffenheit und von beliebig großer Dimensionierung ermöglicht,
sondern das auch ein Durchhärten insbesondere von stabförmigen Walzprodukten aus Stahl
mit verhältnismäßig großen Durchmessern in einfacher Weise ermöglicht.
[0004] Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß das Walzprodukt aus Stahl unmittelbar nach
dem Walzprozeß einer mit Kühlmedien versehenen Kühlstrecke zugeführt und darin hohen
Strömungsgeschwindigkeiten ausgesetzt wird. Dadurch, daß das Walzprodukt in der Kühlstrecke,
die beispielsweise als langgestreckter Trog oder als langgestreckte Rinne ausgebildet
sein kann, hohen Strömungsgeschwindigkeiten ausgesetzt wird, wird die Außenfläche
des Walzproduktes in Bruchteilen von Sekunden mit ständig neuem Kühlmedium zusammengebracht
und dadurch die Wärmeabfuhr und die damit verbundene Abkühlgeschwindigkeit des Walzproduktes
ganz wesentlich beschleunigt.
[0005] Nach einer besonders vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung sind die Strömungsgeschwindigkeiten
in der Kühlstrecke so hoch, daß Wärmeübergangszahlen größer oder gleich 50000 W/m²/K
erzeugt werden und darin so lange gekühlt wird, bis die Durchschnittstemperatur des
Walzgutquerschnittes unterhalb der MS-Temperatur liegt, so daß nach Verlassen der
Kühlstrecke durch den Temperaturausgleich über den Querschnitt der im Kern noch vorliegende
Austenit in Zwischenstufengefüge (Bainit) umgewandelt wird, während gleichzeitig in
der martensitischen Randzone durch Wiederansteigen der Temperatur bis auf maximal
MS-Temperatur ein großer Teil der sich überlagernden Wärme- und Umwandlungsspannungen
abgebaut wird. Auf diese Weise wird mit großem Vorteil die Gefahr von Rißbildung vermieden.
[0006] Besonders zweckmäßig wird das Walzprodukt in der Kühlstrecke so lange gekühlt, bis
die Temperatur des gesamten Querschnitts unterhalb der MS-Temperatur liegt, so daß
auch die Kernzone martensitisch wird.
[0007] In weiterer Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, daß das durchgehärtete Walzprodukt
in einer zusätzlichen Wärmebehandlung auf eine für die Weiterverarbeitung erforderliche
Temperatur angelassen wird.
[0008] Das Härten von Stahl kann in vorteilhafter Weise gemäß der Erfindung entweder so
erfolgen, daß das Walzprodukt mit hoher Geschwindigkeit durch das in der Kühlstrecke
befindliche Kühlmedium transportiert wird, oder aber daß das Walzprodukt in das in
der Kühlstrecke befindliche Medium eingetaucht und das Kühlmedium mit hoher Geschwindigkeit
- das Walzprodukt allseitig umspülend - durch die Kühlstrecke bewegt wird. Mit beiden
Methoden kann dieselbe Kühlwirkung und Durchhärtung des Stahls gemäß der Erfindung
erreicht werden. Es ist lediglich von Fall zu Fall, und zwar insbesondere bei bestehenden
Anlagen und Walzwerken, zu entscheiden, welche Härtemethode am schnellsten und einfachsten
in den Materialfluß der bereits vorhandenen Walzwerke und Nachbehandlungsanlagen integriert
werden kann.
[0009] Vorzugsweise wird gemäß der Erfindung als Kühl- und Abschreckmedium zum Härten von
Stahl Wasser mit hoher Effektivität verwendet. Selbstverständlich besteht aber auch
die Möglichkeit, anstatt Wasser als Kühl- und Abschreckmedium andere Flüssigkeiten
wie öl, Eiswasser, Salzlösungen oder dergleichen zum Härten von Stahl einzusetzen,
man wird aber auf diese Kühl- und Abschreckmedien zum Härten von Stahl nur in Sonderfällen
zurückgreifen, und zwar dann, wenn das Wasser als Kühl- und Abschreckmedium nicht
zu den gewünschten Ergebnissen führt.
[0010] Weitere Einzelheiten, Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachstehenden
Erläuterung eines an Hand von Diagrammen dargestellten Ausführungsbeispieles, wobei
ein Stabstahl der Qualität 34 CrMo 4 mit einem Durchmesser von 70 mm der erfindungsgemäßen
Kühl- bzw. Wärmebehandlung, d. h. einer Vergütung aus der Walzhitze unterzogen wird.
Figur 1 zeigt dabei als Diagramm die Abkühlkurven des Stabstahles im Kern (K), an
der Oberfläche (O) sowie die mittlere Querschnittstemperatur (M), ausgehend von einer
Walztemperatur von 1050 Grad Celsius, wobei der fertig gewalzte Stabstahl sodann in
einer Wasserkühlstrecke (W) bei Wärmeübergangszahlen von alpha > 50000 W/m²/K über
einen Zeitraum von 32 Sekunden behandelt und danach in einer Ausgleichszone (A) an
Luft nach weiteren etwa 50 bis 60 Sekunden eine gleiche Temperatur über den gesamten
Querschnitt von 380 Grad Celsius aufweist.
Figur 2 zeigt die Temperaturverläufe über dem Stabquerschnitt als Funktion der Abkühlzeit.
Vertikale Schnittlinien bei Radien von 25 und 30 mm entsprechen den Temperaturverläufen
bzw. Abkühlkurven in Entfernungen von 10 und 5 mm vom Rand des behandelten Stabstahles
(vgl. Abkühlkurven R₁₀ und R₅ in Fig. 3).
Bei Figur 3 handelt es sich um ein bekanntes kontinuierliches Zeit- Temperatur- Umwandlungs-
Schaubild (Atlas zur Wärmebehandlung der Stähle / II-108 E) bei einer Austenitisierungstemperatur
von 1050 Grad Celsius bei einer Haltedauer von 10 Minuten, aufgeheizt in 2 Minuten,
in das die Abkühlkurven der Randzone (R), 5 mm vom Rand (R₅), 10 mm vom Rand (R₁₀)
und der Kernzone (K) eingetragen wurden. Mit (AT) ist dabei der Bereich des Austenits
bezeichnet, mit (FT) der Bereich der Ferritbildung, mit (PT) der Bereich der Perlitbildung,
mit (ZW) der Bereich der Zwischenstufen- Gefügebildung und mit (MT) der Bereich der
Martensitbildung. Härtewerte sind als umrandete Zahlen in HRc bzw. HV angegeben. Die
übrigen Zahlenangaben im Diagramm beziehen sich bekanntermaßen auf die entsprechenden
Gefügeanteile in %. Bei einer Anlaßtemperatur von 380 Grad Celsius (vgl. Fig 1) ergeben
sich im Oberfächenbereich des Stabstahles Härtewerte von 44 HRc.
Figur 4 zeigt die Umwandlung der Kernzone (K) im isothermen ZTU-Schaubild (Austenitisierungstemperatur
1050 Grad C, Haltedauer 5 min, aufgeheizt in 1 min) mit Härtewerten von etwa 40 HRc.
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die Härte über den Stabquerschnitt zwischen
40 HRc im Kern und ca. 44 HRc an der Oberfläche liegt. Auf diese Weise ergibt sich
eine Vergleichmäßigung der Festigkeit über den Querschnitt, die mit herkömmlichen
Wärmebehandlungen nicht erreichbar ist.
[0011] Die erfindungsgemäßen Maßnahmen sind nicht auf das in den Diagrammen dargestellte
Ausführungsbeispiel beschränkt. So können beispielsweise, ohne den Rahmen der Erfindung
zu verlassen, beliebige legierte und unlegierte Vergütungsstähle erfindungsgemäß behandelt
werden. Insbesondere ist auch die Art der Kühlbehandlung und konstruktive Ausgestaltung
der Kühlstrecke in Anpassung an den speziellen Einsatzbereich dem Fachmann anheimgestellt.
Es ist ferner nach der Erfindung auch möglich, Walzprodukte mit beliebigem Profil
oder beliebige andere, vorgeformte, härtbare Produkte aus Stahl der besonderen Kühl-
und Wärmebehandlung zu unterziehen. In jedem Fall wird durch die erfindungsgemäßen
Maßnahmen eine bisher nicht erreichte, hohe Einhärtungstiefe oder auch eine volle
Durchhärtung bis in den Kern des Stahlproduktes mit im Vergleich zu den bekannten
Verfahren wesentlich geringerem Energie- und Kostenaufwand erreicht.
1. Verfahren zum Härten von Stahl mit Hilfe flüssiger Kühlmedien, insbesondere zum
Härten von stabförmigen Walzprodukten aus legiertem und unlegiertem Vergütungsstahl
mit verhältnismäßig großen Durchmessern, und zwar unmittelbar im Anschluß an den Walzprozeß,
dadurch gekennzeichnet, daß das Walzprodukt aus Stahl unmittelbar nach dem Walzprozeß einer mit Kühlmedien
versehenen Kühlstrecke zugeführt und darin hohen Strömungsgeschwindigkeiten ausgesetzt
wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Strömungsgeschwindigkeiten in der Kühlstrecke so hoch sind, daß Wärmeübergangszahlen
größer oder gleich 50000 W/m²/K erzeugt werden und darin so lange gekühlt wird, bis
die Durchschnittstemperatur des Walzgutquerschnittes unterhalb der MS-Temperatur liegt,
so daß nach Verlassen der Kühlstrecke durch den Temperaturausgleich über den Querschnitt
der im Kern noch vorliegende Austenit in Zwischenstufengefüge (Bainit) umgewandelt
wird, während gleichzeitig in der martensitischen Randzone durch Wiederansteigen der
Temperatur bis auf maximal MS-Temperatur ein großer Teil der sich überlagernden Wärme-
und Umwandlungsspannungen abgebaut wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Walzprodukt in der Kühlstrecke so lange gekühlt wird, bis die Temperatur
des gesamten Querschnitts unterhalb der MS-Temperatur liegt, so daß auch die Kernzone
martensitisch wird.
4. Verfahren nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das durchgehärtete Walzprodukt in einer zusätzlichen Wärmebehandlung auf eine
für die Weiterverarbeitung erforderliche Temperatur angelassen wird.
5. Verfahren nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß als Kühlmedium Wasser eingesetzt wird.
6. Verfahren nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche 1 bis 5, gekennzeichnet durch die Behandlung von stabförmigen Vergütungsstählen mit Durchmessern bis zu 70 mm.