(19)
(11) EP 0 419 987 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
03.04.1991  Patentblatt  1991/14

(21) Anmeldenummer: 90117833.5

(22) Anmeldetag:  17.09.1990
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5D06M 15/333, D06M 17/06
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE FR GB IT LI

(30) Priorität: 26.09.1989 DE 3932027

(71) Anmelder: WACKER-CHEMIE GMBH
D-81737 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Schilling, Bernd, Dr.
    W-8263 Burghausen (DE)
  • Härzschel, Rudolf, Dr.
    W-8263 Burghausen (DE)
  • Harder, Ingo, Dr.
    W-8261 Mehring /Öd (DE)
  • Weissgerber, Rudolf, Dr.
    W-8263 Burghausen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
     
    Bemerkungen:
    Die Bezeichnung der Erfindung wurde geändert (Richtlinien für die Prüfung im EPA, A-III, 7.3).
     


    (54) Verwendung von Vinylalkoholcopolymeren als Textilstreupulver


    (57) Zur temporären Fixierung von Textilien bei der industriellen Textilverarbeitung wurde ein Textilstreupulver auf der Basis von Copolymeren aus 65-95 Gew.% Vinylalkoholeinheiten, 5-35 Gew.% 1-Alkylvinylalkoholeinheiten mit C₁- bis C₄-Alkylgrup­pen und 0-10 Gew.% Vinylestereinheiten von gesättigten Car­bonsäuren mit 1 bis 20 C-Atomen entwickelt.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft die Verwendung von Vinylalkoholpoly­meren, die neben Vinylalkoholeinheiten auch noch 1-Alkyl­vinylalkoholeinheiten enthalten, als Textilstreupulver zur temporären Fixierung von Textilien in der Textilverarbei­tung.

    [0002] Bei der industriellen Textilverarbeitung und Textilbearbei­tung, zum Beispiel beim Stoffzuschnitt, müssen die Textilien temporär auf den Maschinenteilen fixiert und nach der Verar­beitung wieder entfernt werden. Weiter werden in der indu­striellen Textilverarbeitung Textilteile aus Rationalisie­rungsgründen nicht einzeln verarbeitet, sondern beispiels­weise in Stapeln zugeschnitten, wobei die aufgestapelten Textilteile temporär während des Verarbeitungsschrittes mittels Verklebung miteinander verbunden werden.

    [0003] Nach dem derzeitigen Stand der Technik werden zur temporären Fixierung von Textilien während der Verarbeitung, sowohl zur Fixierung von Textilien an Maschinenteilen, als auch zur Fi­xierung von Textilien untereinander Schmelzklebstoffe, wie sie für die Versiegelung von Textilien bekannt sind, einge­setzt. Beispiele hierfür sind Heißsiegelkleber auf der Basis von Polyethylen, Polyvinylacetat, teilverseifte Ethylen-Vi­nylacetat oder Vinylchlorid-Vinylacetat-Copolymere, und vor allem Polyamid (Textilbetrieb 95, Oktober 77, S. 59-61).

    [0004] Nach der Verarbeitung müssen solche Fixiermittel aufgrund der hohen Waschbeständigkeit, die im Anwendungsbereich Tex­tilverklebung gefordert wird, mit organischen Lösungsmitteln wieder entfernt werden.

    [0005] Zur temporären Fixierung von Textilien auf textilen Unter­gründen bzw. Förderbändern, sowie für den medizinischen Be­reich, wurden eine Reihe von Klebemitteln mit geringerer Waschbeständigkeit entwickelt. Teilverseiftes Polyvinylace­tat wird zur temporären Versiegelung von Textilien auf tex­tilen Untergründen empfohlen (JP-A 59/66474; CA 101:56242b). Nachteilig ist hier die noch immer hohe Wasserbeständigkeit und die geringe Haftung an metallischen Untergründen. Für die gleiche Anwendung wird ein teilverseiftes und teilaceta­lisiertes Polyvinylacetat empfohlen (JP-A 49/92368; Derwent: AN 75-39883w). Zur temporären Bindung von Textilien an För­derbänder wird ein Kondensationsprodukt aus Dicyandiamid, Formaldehyd, Harnstoff und Polyvinylalkohol empfohlen, das als Flüssigkleber aufgetragen wird. (PL-B 115835, CA 98:199798t). Als flüssige Fixiermittel für Textilien an För­derbänder sind noch wäßrige Dispersionen von modifizierter Stärke und modifizierter Cellulose (CS-B 201473, CA 97:217964e) und Polyacrylamid-Lösungen (CA80:49035f) be­kannt. Polyvinylpyrrolidone sind im medizinischen Bereich gebräuchlich (US-A 3632547), werden aber auch zur temporären Textilfixierung auf metallischen Untergründen eingesetzt. Nachteilig sind hierbei die geringe, durch die Stickstoff-­Valenzen vermittelte, Metallhaftung und der hohe Preis.

    [0006] Aufgabe der Erfindung war es, pulverförmige, schmelzbare Po­lymere mit hervorragender Kaltwasserlöslichkeit zur Verfü­gung zu stellen, die in dem von der Textilindustrie geforderten Temperaturbereich gut siegelfähig sind, eine ausgezeichnete Metallhaftung bewirken und wegen ihrer Kalt­wasserlöslichkeit leicht und schnell auswaschbar sind.

    [0007] Gegenstand der Erfindung sind Textilstreupulver zur temporä­ren Fixierung von Textilien, auf der Basis von polyhydro­xylgruppenhaltigen Polymeren aus

    a) 65 - 95 Gew.% Vinylalkoholeinheiten,

    b) 5 - 35 Gew.% 1-Alkylvinylalkoholeinheiten mit C₁- bis C₄-Alkylgruppen und

    c) 0 - 10 Gew.% Vinylestereinheiten von gesättigten Carbonsäuren mit 1 bis 20 C-Atomen.



    [0008] Alkylvinylalkoholeinheiten enthaltende Polyvinylalkohole sind bislang nur als extrudierbare Thermoplasten (JP-A 52/57256, CA 88:75032n; JP-A 52/60842, CA87:11870 c), im Ge­misch mit Gylcerin als Schmelzkleberzusammensetzung zur Ver­klebung von Pappen (JP-A 54/76634; CA 91:176392x), als Cobinder für Papierstreichmassen (DE-A 3622820), als rheolo­gische Additive für wäßrige Dispersionen (DE-A 3724331) und als Schlichtemittel für Garne (DE-A 3724332) bekannt.

    [0009] Die polyhydroxylgruppenhaltigen Polymere bestehen aus 65 bis 95 Gew.%, vorzugsweise 75 bis 85 Gew.% Vinylalkoholeinhei­ten.

    [0010] Der Gehalt an 1-Alkylvinylalkoholeinheiten beträgt 5 bis 35 Gew.%, vorzugsweise 15 bis 25 Gew.%, wobei die Alkylgruppe 1 bis 4 C-Atome enthält. Besonders bevorzugt sind 1-Methyl-­vinylalkoholeinheiten

    [0011] Gegebenfalls können die polyhydroxylgruppenhaltigen Poly­mere, zur inneren Weichmachung des Polymeren noch bis zu 10 Gew.%, vorzugsweise bis zu 5 Gew.%, Vinylestereinheiten von gesättigten Carbonsäuren mit 1 bis 20 C-Atomen enthalten. Beispiele hierfür sind Vinylacetat, Vinyllaurat und/oder Versaticsäure(R)-Vinylester (VeoVa(R)), das sind Ester von durch Koch-Synthese hergestellten verzweigten Carbonsäuren.

    [0012] Die Herstellung der Copolymeren erfolgt vorzugsweise in ei­ner zweistufigen Verfahrensweise. In der ersten Stufe wird Vinylacylat, insbesonders Vinylacetat und/oder Vinylpropio­nat, mit 1-Alkylvinylacylat, insbesonders Isopropenylacetat und/oder Isopropenylpropionat, copolymerisiert. Gegebenen­falls kann die Copolymerisation auch noch in Gegenwart der unter c) genannten weiteren Vinylestercomonmeren erfolgen. Die Polymerisation erfolgt in gängiger Art und Weise, vor­zugsweise in Substanz durch Blockpolymerisation oder durch Lösungsmittelpolymerisation bei einer Temperatur von 50 - 80°C. Die Polymerisation wird durch Zugabe gängiger Initia­toren radikalisch initiiert, zum Beispiel mit Peroxiden. Bei der Lösungsmittelpolymerisation erfolgt die Reaktion in or­ganischen Lösungsmitteln, wie Alkoholen oder Estern. Bei­spiele hierfür sind Ethanol, Propanol, Isopropanol, sowie die Methyl-, Ethyl- oder Propylester der Essigsäure. Die Einstellung des Molekulargewichts kann durch Zugabe von Reglern, wie zum Beispiel Acetaldehyd, oder durch Variation der Initiatorkonzentration oder der Temperatur erfolgen. Nach der Polymerisation werden überschüssiges Monomer, sowie gegebenenfalls Regler oder Lösungsmittel, durch Destillation abgetrennt.

    [0013] In der zweiten Stufe wird das so erhaltene Copolymerisat in an sich bekannter Weise, zum Beispiel nach dem Band- oder Kneterverfahren, im Alkalischen oder Sauren, unter Zugabe von Solvolyse- oder Hydrolysekatalysator oder von stöchiome­trischen Mengen entsprechender Reaktionspartner, zum Bei­spiel Metallhydroxide, solvolysiert bzw. hydrolysiert. Das Produkt wird anschließend gemahlen.

    [0014] Durch Sieben und Sichtung wird eine Teilchengröße kleiner als 200 µm, vorzugsweise zwischen 50 und 200 µm, einge­stellt. Vorzugsweise haben die erfindungsgemäßen Copolymere ein viskosimetrisch bestimmtes mittleres Molekulargewicht von 10000 bis 30000.

    [0015] Die erfindungsgemäßen Textilstreupulver können gegebenen­falls noch Hilfstoffe, beispielsweise Füllstoffe enthalten.

    [0016] Zur Fixierung der Textilien wird das Streupulver vorzugswei­se in einer Menge von 5 bis 50 g/m², insbesonders 10 bis 30 g/m², auf die Stoffbahn aufgetragen. Die Auftragung kann nach beschriebenen Verfahren, zum Beispiel im Pulverstreu­verfahren, mit den üblichen Bestreuvorrichtungen erfolgen. Bei einer Temperatur von 60 bis 160°C wird das Textil auf dem Substrat fixiert. Nach dem Verarbeitungsschritt werden die Textilien voneinander oder von den Verarbeitungsvorrich­tungen abgezogen. An den Maschinenteilen oder den Textil­teilen anhaftende Reste des Fixiermittels lassen sich sofort mit kaltem oder heißem Wasser entfernen.

    [0017] Das erfindungsgemäße Textilstreupulver eignet sich gleicher­maßen für die Fixierung sowohl von Naturfaser- als auch Kunstfaserprodukten. Gegenüber herkömmlichen Fixiermitteln zeichnet es sich durch die ausgezeichnete Haftung der Texti­lien untereinander bzw. an den metallischen Teilen der Ver­arbeitungsvorrichtungen aus. Gleichzeitig lassen sich die Textilien nach der Verarbeitung ohne Probleme wieder ablö­sen. Vor allem aber können anhaftende Fixiermittelreste sogar mit kaltem Wasser sofort entfernt werden.

    [0018] Das nachfolgende Beispiel dient zur weiteren Erläuterung der Erfindung.

    Beispiel:



    [0019] Mit einer Pulverstreuanlage wird das auf eine Korngröße von 80 - 200 µm gemahlene Pulver, bestehend aus einem Copolymer mit 85 Gew.% Vinylalkoholeinheiten und 15 Gew.% 1-Methyl-­vinylalkoholeinheiten, vollflächig auf eine Baumwoll-Textil­bahn aufgestreut. Die Auftragsmenge beträgt 15 g/m². Unmit­telbar nach dem Aufstreuen des Pulvers erfolgt ein leichtes Ansintern des Pulvers mittels einer Infrarot-Strecke. Dieses Ansintern ist notwendig um das Pulver während der Konfektio­nierung auf dem Textil zu fixieren. Das derart ausgerüstete Textilteil wird mit einem damit zu vernähenden anderem Tex­tilteil bei 150°C versiegelt. Nach dem Abschluß des Nähvor­gangs wird der Klebstoff mit kaltem Wasser ausgewaschen.


    Ansprüche

    1. Textilstreupulver zur temporären Fixierung von Texti­lien, auf der Basis von polyhydroxylgruppenhaltigen Po­lymeren aus

    a) 65 - 95 Gew.% Vinylalkoholeinheiten,

    b) 5 - 35 Gew.% 1-Alkylvinylalkoholeinheiten mit C₁ bis C₄-Alkylgruppen und

    c) 0 - 10 Gew.% Vinylestereinheiten von gesättigten Carbonsäuren mit 1 bis 20 C-Atomen.


     
    2. Textilstreupulver nach Anspruch 1, dadurch gekennzeich­net, daß das Polymere

    a) 75 - 85 Gew.% Vinylalkoholeinheiten und

    b) 15 - 25 Gew.% 1-Alkylvinylalkoholeinheiten enthält.


     
    3. Textilstreupulver nach Anspruch 1 oder 2, dadurch ge­kennzeichnet, daß als Comonomere b) 1-Methylvinylalko­holeinheiten enthalten sind.
     
    4. Verfahren zur temporären Fixierung von Textilien unter Verwendung des Textilstreupulvers gemäß Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Streupulver in einer Menge von 5 bis 50 g/m² auf das zu fixierende Textil aufgetragen wird und die Verklebung bei einer Temperatur von 60 bis 160°C erfolgt.
     





    Recherchenbericht