(19)
(11) EP 0 425 718 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
08.05.1991  Patentblatt  1991/19

(21) Anmeldenummer: 89120143.6

(22) Anmeldetag:  30.10.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5H01J 35/08, H01J 35/10
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE FR GB NL

(71) Anmelder: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
D-80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Schuster, Manfred, Dr.
    D-8000 München 21 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Röntgenstrahlerzeuger


    (57) Röntgenröhren mit Drehanoden sind technisch aufwendig, da die zum Antrieb der Anode und zum Austausch des Kühlmittels erforderlichen Drehdurchführungen den Kühlmittelkreislauf und das evakuierte Gehäuse auch bei hohen Drehzahlen noch sicher abdichten müssen. Es wird deshalb vorgeschlagen, die konventionelle Drehanode durch eine elektrisch leitfähige Flüssigkeit (9) zu ersetzen. Zur Steigerung der spektralen Brillanz der Röntgenröhre wird die durch Brechung hervorgerufene Raumwinkelkonzentration der Röntgenstrahlung (14) im Bereich des Austrittsgrenzwinkels ausgenutzt.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft einen Röntgenstrahlerzeuger nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1.

    [0002] Röntgenröhren für die medizinische Diagnostik werden in der US-A-4 357 555, der EP-A-0 136 762 und in Philips Tech. Rev. 41, 1983/84 Nr. 4, Seite 126 bis 134 beschrieben.

    [0003] Röntgenröhren für Feinstrukturuntersuchungen sind aus J. Urlaub, Röntgenanalyse Bd. 1. Röntgenstrahlen und Detektoren (Siemens, Karlsruhe 1974) Seite 71 bis 75 bekannt.

    [0004] Zur Durchführung hochempfindlicher Röntgenanalyseverfahren (Totalreflexions-Röntgen-Fluoreszenzanalyse, Reflektometrie, Interferometrie, Diffraktometrie, usw.) werden Röntgenquellen mit einer hohen spektralen Brillanz benötigt. Da Synchrotrons, die derzeit intensivitätsstärksten Röntgenlichtquellen, nicht als Laborquellen verfügbar sind, wird versucht, die Brillanz konventioneller Röntgenröhren durch Anwendung der folgenden Techniken zu erhöhen:

    - Verringerung des Elektronenfokus auf der Anode (Erhöhung der Leistungsdichte des Elektronenstrahls)

    - Verwendung einer Drehanode (Verteilung der thermischen Belastung auf die Mantelfläche einer schnell rotierenden Anode)

    - Verringerung der effektiven Röntgenemissionsfläche durch flachen Strahlabgriff (s. beispielsweise J. Urlaub, Röntgenanalyse Bd. 1, S. 96 bis 98).



    [0005] Sowohl bei Fixanoden als auch bei Drehanoden ist die mit diesen Techniken erreichbare Brillanz bereits bis zu den Materialgrenzwerten hin ausgeschöpft. Die Verwendung von Drehanoden bereitet darüberhinaus erhebliche technische Schwierigkeiten, da die zum Antrieb der Anode und zum Austausch des Kühlmittels erforderlichen Drehdurchführungen auch bei Drehzahlen von bis zu 6000 U/min den Kühlmittelkreislauf und das evakuierte Röhrengehäuse noch sicher abdichten müssen. Trotz aufwendiger Konstruktionen führen Undichtigkeiten aber immer wieder zu Ausfällen. Außerdem bewirkt der Elektronenstrahl eine starke lokale Aufheizung der Anode, wodurch diese extremen mechanischen Spannung unteworfen ist und deshalb sehr schnell altert. Mit zunehmender Betriebsdauer bilden sich Risse. Dies bewirkt wegen der stärkeren Selbstabsorption eine Brillanzverminderung. Die Risse können darüberhinaus zu einem Kühlmittelaustritt in das Röhrenvakuum führen. Die starke lokale Aufheizung der Anode kann auch ein Abdampfen von Anodenmaterial verursachen und bei den hohen elektrischen Feldstärken zu Überschlägen führen.

    [0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen Röntgenstrahlerzeuger der eingangs genannten Art anzugeben, der einfach aufgebaut ist und eine hohe Brillanz aufweist. Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch einen Röntgenstrahlerzeuger nach Patentanspruch 1 gelöst.

    [0007] Der mit der Erfindung erzielbare Vorteil besteht zum einen darin, daß die Brillanz einer Röntgenröhre generell verbessert werden kann, weil flüssige Anoden eine höhere Elektronenstrahlleistungsdichte vertragen (keine Rißbildung, bessere Wärmeabfuhr durch Durchmischung). Zum anderen kann die Brillanz durch röntgenoptische Effekte bei flachem Strahlabgriff zusätzlich energie- bzw. wellenlängenselektiv gesteigert werden. Die Voraussetzung hierfür, eine glatte Anodenoberfläche, wird von Flüssiganoden in idealer Weise erfüllt.

    [0008] Während die Unteransprüche 2 bis 12 Ausgestaltungen des Röntgen strahlerzeugers nach Patentanspruch 1 betreffen, sind die Ansprüche 13 und 15 auf ein Verfahren zum Betrieb eines Röntgenstrahlerzeugers gerichtet.

    [0009] Die Erfindung wird im folgenden anhand der Zeichnungen erläutert. Hierbei zeigt:

    Fig. 1 ein erstes Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Röntgenstrahlerzeugers,

    Fig. 2 die relative Brillanz eines Röntgenstrahlerzeugers in Abhängigkeit vom Abgriffswinkel CZ2 und der Photonenenergie Evo

    Fig. 3 die geometrischen Verhältnisse beim Austritt der Röntgenstrahlung in das Röhrenvakuum,

    Fig. 4 bis 7 weitere Ausführungsbeispiele erfindungsgemäßer Röntgenstrahlerzeuger.



    [0010] Der in Fig. 1 schematisch dargestellten Röntgenstrahlerzeuger besteht im wesentlichen aus einem von der Metallwandung 1, den Strahlaustrittsfenstern 2, dem Anodenträger 3/4 und der Glas-Hochspannungsdurchführung 5 gebildeten Gehäuse, einer im Hochvakuum des Gehäuses angeordneten, mit Spannungszuführungen 6 verbundenen Glühwendel 7 als Kathode sowie einer Wehneltelektrode 8 zur Fokusierung der von der Glühwendel 7 emittierten Elektronen auf die während des Betriebes flüssige Anode 9. Zur Kühlung der die Anodenträgeroberseite 3 vollständig benetzenden Anodenflüssigkeit 9 (ein Abfließen wird durch die Oberflächenspannung verhindert) wird Wasser 16 oder ein anderes Kühlmittel über den im Befestigungsflansch 10 vorhandenen Kanal 11 an den Anodenträgesockel 4 herangeführt und über den Kanal 12 abgeleitet. Die Abdichtung des Kühlmittelkreises zwischen dem Anodenträgersockel 4 und dem Befestigungsflansch 10 erfolgt durch einen O-Ring 13. Beim Betrieb des Röntgenstrahlerzeugers mit niedriger Leistung ist kein nennenswerter Schwund an Anodenflüssigkeit 9 durch Abdampfen zu befürchten, sofern man diese ausreichend kühlt. Die Abdampfrate steigt bei hohen Röhrenleistungen allerdings erheblich an, so daß der Materialverlust nicht mehr zu vernachlässigen ist. Durch starke Kühlung des Anodenträgers 3/4 und gleichzeitiges Erwärmen des übrigen Röhrengehäuses, insbesondere des Anodenflüssigkeitsvorrats 18 mit Hilfe des Heizleiters 46, kann man allerdings sicherstellen, daß die verdampfte Anodenflüssigkeit wieder auf der Anodenträgeroberseite 3 kondensiert. Es stellt sich ein dynamisches Gleichgewicht zwischen Abdampfrate und Kondensationsrate ein, da die Kühlwirkung mit abnehmender Dicke der Anodenflüssigkeit 9 zunimmt. Die Heiz- und Kühlleistung sind hierbei so einzustellen, daß der Gehäusedruck während des Betriebs 10 (-9) bar nicht übersteigt.

    [0011] Als Anodenmaterialien kommen in erster Linie Metalle mit niedrigem Schmelzpunkt FP und hohem Siedepunkt KP sowie niedrigem Dampfdruck und hoher Wärmeleitfähigkeit in Betracht, insbesondere Gallium Ga, Indium In, Zinn Sn und deren Legierungen. Die Schmelz- und Siedepunkte FP bzw. KP der Metalle Ga, In und Sn sind in Tabelle 1 angegeben. Hierbei ist die Aufheizung durch den Elektronenstrahl im allgemeinen so hoch, daß keine zusätzlichen Heizeinrichtungen zur Verflüssigung des Anodenmaterials erforderlich sind.

    [0012] 

    Flüssigkeiten besitzen eine geringe Oberflächenrauhigkeit und, wenn man Vibrationen vermeidet, auch eine geringe Welligkeit. Da die mittlere Rauhigkeit von Flüsigkeiten (thermisch erregte Kapillarwellen) bei nicht zu hohen Temperaturen T«TKP typischerweise unter 1 nm liegt, ist es möglich, die von der Anode 9 emittierte Röntgenstrahlung 14 unter extrem flachen Winkeln α2 < 1 ° abzugreifen. Dies ist insbesondere für die Steigerung der spektralen Brillanz des Röntgenstrahlerzeugers von Bedeutung. Als spektrale Brillanz BE bezeichnet man hierbei die Größe



    [0013] die die Anzahl N, der pro Zeitintervall dt, Raumwinkelelement d02 und Energieintervall dE, emittierten Photonen bezogen auf die effektive Größe dA2 der Röntgenstrahlquelle angibt.

    [0014] Zur Steigerung der spektralen Brillanz BE des Röntgenstrahlerzeugers wird die in Jap. Journ. of Appl. Phys. Vol. 24, No. 6, 1985, S. L 387 - L 390 beschriebene Raumwinkelkonzentration der in oberflächennahen Schichten der Anode erzeugten und ins Vakuum austretenden Röntgenstrahlung 14 ausgenutzt. Da dieser durch Brechung hervorgerufene Effekte nur im Bereich des Austrittsgrenzwinkels α2c wirksam wird, sollte der durch die Blende 15 vorgegebene Abgriffswinkel α2 die Beziehung

    erfüllen. Der dem Grenzwinkel der Totalreflexion entsprechende, von der Photonenenergie E, sowie dem verwendeten Anodenmaterial abhängige Austrittsgrenzwinkel α2c errechnet sich hierbei aus dem Dispersionsanteil des Brechungsindex

    gemäß der Formel

    Dabei hängt β über

    mit dem Absorptionskoeffizenten zusammen. Bei hohen Photonenenergien E, > EAK (EAK: Energie der K-Schalen-Absorbtionskante) ist 5 näherungsweise durch



    mit ro : klassisher Elektronenradius

    NA : Avogadro-Konstante

    h : Planck-Konstante

    c : Vakuumlichtgeschwindigkeit

    e : Elementarladung

    p : Dichte des Anodenmaterials

    Z : Kernladungszahl des Anodenmaterials

    Ar : relative Atommasse des Anodenmaterials

    E, : Photonenenergie gegeben.



    [0015] Typische Werte für den Austrittsgrenzwinkel

    liegen bei 0,5°. Da man in der vorliegenden Erfindung die röntgenoptischen Eigenschaften der Anodenoberfläche im Bereich extrem kleiner Abgriffswinkel (s. Gl. (2)) zur Brillanzsteigerung ausnutzt, sind an die Ebenheit der Anodenoberfläche höchste Anforderungen zu stellen.

    [0016] Um in diesem Winkelbereich einen definierten Abgriffswinkel

    zu gewährleisten und eine Strahlaufweitung zu verhindern, darf die Welligkeit



    [0017] nicht übersteigen. Eine zu starke Welligkeit würde bewirken, daß die Strahlung an den verschieden geneigten Facetten der Anodenoberfläche Brechung in unter schiedliche Austrittsrichtungen erfährt. Dies hätte eine Ausschmierung der austretenden Röntgenstrahlintensität über den Austrittswinkel α2 und damit eine Verminderung der durch flachen Strahlabgriff erzielbaren Brillanzsteigerung zur Folge. Neben der Welligkeit, die den langwelligen, sanft oszillierenden Teil der Anodenunebenheit erfaßt, ist auch die die kurzwelligen Oszillationen beschreibende Rauhigkeit von Bedeutung. Diese Rauhigkeit bewirkt eine Interferenz sowohl bei den transmittierten als auch bei den reflektierten Röntgenstrahlen. Dadurch vermindert sich die Intensität der in die Anode zurückreflektierten Strahlung und in gleichem Maße erhöht sich die Intensität der transmittierten Strahlung. Die Erhöhung der transmittierten Intensität erfolgt jedoch zum Teil in Form von diffuser Strahlung, die nichts zur Brillanzsteigerung beiträgt. Insgesamt ist der Einfluß der Rauhigkeit auf die transmittierte Intensität aufgrund der mäßigen Reflektivität gering, wenn die mittlere Rauhigkeit σ der Anodenoberfläche der Bedingung

    genügt ( λ: Wellenläge λ = hc/Eν). Diese Bedingung läßt sich aus den Arbeiten von B. Vidal und P. Vincent, Applied Optics, 23 No 11 (1984) S. 1794 - 1801 und S. K. Sinha, E.B. Sirota, S. Garoff und H.B. Stanley, Phys. Rev. B38 No 4 (1988) S. 2297 -2311 herleiten. Für Ga-Ka-Strahlung aus einer flüssigen Ga-Anode bedeutet dies für a2 = 1,5α2c = 1,5 0,28° σ≲2nm. Eine solche Anforderung ist mit hochglanzpolierten Festkörperanoden und insbesondere mit Flüssiganoden zu erfüllen.

    [0018] Der Gewinn an Brillanz BE bei flachem Strahlabgriff beruht auf einem geometrischen Effekt (projektive Verkleinerung des emittierenden Anodenbereichs) und einem den Hauptbeitrag liefernden röntgenoptischen Effekt (Raumwinkelkonzentration durch Brechung an der Grenzfläche Anode-Vakuum). Wie Fig. 2 zeigt (dargestellt ist die relative Brillanz BE (Eν, α 2)/BE (Eν2 = 90°) für eine konventionelle Cu-Anode in Abhängigkeit von der Photonenenergie Eν und dem Abgriffswinkel α2 für eine Elektronenenergie Ee = 30 keV), läßt sich beispielsweise die Brillanz der Cu-Ka-Linie um einen Faktor 3 steigern, wenn man die Strahlung, nicht wie bisher üblich, bei einem Winkel a2 = 6°, sondern bei einem Winkel a2 = 0,8° (Austrittsgrenzwinkel für Cu-K -Strahlung in Cu: α2c = 0,4°) abgreift. Im Bereich der hochenergetischen Grenze des Bremsstrahlungskontinuums fällt der Gewinn an Brillanz für einen extrem flachen Abgriffswinkel von α2 = 0,2° noch deutlich höher aus (Faktor 30 gegenüber dem Abgriff bei a2 = 6°). Außerdem ist zu erkennen, daß man den Photonenfluß durch geeignete Wahl des Winkels α2 spektralselektiv verstärken oder schwächen kann. Dies ist ein entscheidender Vorteil gegenüber konventionellen Röntgenröhren, in denen der Photonenfluß durch Verwendung der das Signal- Untergrundverhältnis verbessernden primär-oder sekundärseitigen Monochromatoren, Filter und Blenden winkel- oder spektralselektiv geschwächt, jedoch nie erhöht wird.

    [0019] Die spektrale Brillanz BE (Eν , a2) für die aus einer Anode bei Anregung mit einem monoenergetischen Elektronenstrahl austretende Röntgenstrahlung ergibt sich aus folgender Beziehung:



    einfallende Elektronenstromdichte,

    Ne: Anzahl der Elektronen,

    dt: Zeitintervall,

    A1: Strahlquerschnitt des Elektronenstrahls.



    [0020] je sin γ Anzahl der Elektronen pro Zeiteinheit und pro Flächeneinheit der Anodenoberfläche Ao. (II)

    beschreibt die Verkleinerung der Quellfläche in der Projektion des Strahlabgriffs gemäß: A2 = Ao sin α2. (III) Φ (z, Eν) Photonenproduktion als Funktion der Entstehungstiefe z und der Photonenenergie Eν. Sie gibt die Anzahl der Photonen der Energie Eν an, die pro einfallendem Elektron der Energie Ee in der Tiefe z pro.Tiefenintervall dz erzeugt werden. Als Parameter gehen noch die Kernladungszahl Z und die Dichte p der Anode sowie der Elektroneneinschlußwinkel γ ein (J.I. Goldstein, Scanning Electron Microscopy and X-Ray Microanalysis; Plenum Press, New York, 1981 S. 355 ff.) (IV) exp(-zllm klZ |) Schwächungsfaktor der Strahlungsflußdichte der austretenden Photonen innerhalb der Anode.





    [0021] Transmissionsgrad der Photonen durch die Anodenoberfläche.

    ni: Brechungsindex des Anodenmaterials,

    n1 =1-δ iβ,

    n2: Brechungsindex des Vakuums, n2 = 1,

    T12: Transmissionskoeffizient







    Raumwinkelkonzentration;

    Verhältnis des Raumwinkelelements im Anodenmaterial dΩ1 = dα1dτ zum Raumwinkelelement im Vakuum di22 = dα2dτ . dr beschreibt die Ausdehnung des Strahlenbündels senkrecht zu da1 bzw. da2. In Fig. 3 sind die Strahlgeometrie und die zugehörigen Größen dargestellt.



    [0022] Die Fig. 4 zeigt einen Röntgenstrahlerzeuger, bei dem die Elektronen zwischen der Glühwendel 7 und der während des Betriebes flüssigen Antikathode 9 eine trichterförmige Verengung 17 durchlaufen. Diese als Hohlanode wirkende Verjüngung 17 hat darüberhinaus die Aufgabe, die Trägeroberseite 3 nach dem Transport der Röhre wieder mit der sich am Röhrenboden ansammelnden Antikathodenflüssigkeit 18 zu beschichten. Um dies zu erreichen, wird die Röhre kurz umgedreht und wieder aufgerichtet, so daß die Flüssigkeit 18 auf die unterhalb der Hohlanode angeordnete Trägeroberseite 3 auftrifft und diese vollständig benetzt. Die Verwendung einer auf der Trägeroberseite 3 angeordneten, in Richtung der Kathode 7 überstehenden Berandung kommt nicht in Betracht, da diese den angestrebten flachen Stahlabgriff behindern würde.

    [0023] Das Ausführungsbeispiel nach Fig. 5 zeigt einen Röntgenstrahlerzeuger, bei dem die von der Kathode 7 emittierten und in Richtung der Hohlanode 17 beschleunigte Elektronen ein das Gehäuse 19 vakuumdicht abschließendes Fenster 20 durchlaufen, um in der außerhalb des Gehäuses 19 auf der wassergekühlten Trägeroberseite 3 angeordneten Antikathodenflüssigkeit 9 Bremsstrahlung und charakteristische Röntgenstrahlung 14 zu erzeugen. Aufgrund des flachen Strahlabgriffs kann man die Höhe d des mit dem Gehäuse 19, dem Antikathodenträger 3 und dem Befestigungsflansch 10 verschraubten Distanzstücks 21 sehr klein wählen (d ≲ 1 mm), so daß in der Atmosphäre keine nennenswerte Elektronenabsorption stattfindet. Die Absorption im Elektronenaustrittsfenster 20 bleibt bei Verwendung von 0, 5 um dickem Quantum als Fenstermaterial (zu beziehen durch Kevex Cooperation, Foster City CA) ebenfalls sehr gering. Da für die als Antikathode in Frage kommenden Materialen kein niedriger Dampfdruck gefordert werden muß, kommen neben Galium, Indium und Zinn auch Natrium und Quecksilber als Antikathodenmaterialen in Betracht. Der Vorteil des hier beschriebenen Strahlerzeugers besteht insbesondere darin, daß auch die niederenergetischen Spektralanteile experimentiell genutzt werden können.

    [0024] Das Ausführungsbeispiel nach Fig. 6 zeigt einen Röntgenstrahlerzeuger, dessen Anode von einer elektrisch leitenden Flüssigkeit 9 mit niedrigem Dampfdruck gebildet wird. Zur Umwälzung dieser in einem Isolierkörper geführten Anodenflüssigkeit 9 ist eine Faradaypumpe 23 vorgesehen, deren Hufeisenmagnet 24 ein senkrecht zur gewünschten Strömungsrichtung 25 orientiertes Magnetfeld erzeugt. Ein zwischen den Elektroden 26 senkrecht zur Magnetfeld- und Strömungsrichtung 25 fließender elektrischer Strom sorgt für die die Anodenflüssigkeit 9 beschleunigende Lorentzkraft. Im Rückströmbereich wird die aufgeheizte Anodenflüssigkeit 9 in einem Wärmeaustauscher 27 gekühlt. Das Kühlwasser tritt hierbei durch die Öffnung 28 in dem Wärmeaustauscher 27 ein, um an Auslaß 29 wieder abzufließen. Die im Kanal der Anodenflüssigkeit 9 vorgesehen Düse 30 (Laval-Düse) dient der Anpassung des magnetischen Umwälzdrucks an den im Gehäuse vorhandenen Gasdruck p<(10(-9) bar, um dadurch eine glatte Grenzfläche der aus der Düse 30 zum Auftreffpunkt 31 des Elektronenstrahls strömenden Anodenflüssigkeit 9 zu gewährleisten. Wie eingangs erwähnt, ist dies eine unabdingbare Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Strahlabgriffs am Grenzwinkel der Totalreflexion.

    [0025] Die aus dem keramischen Isolierkörper 22, der Kathode 7 und der Fokussierungseinheit 8 (WehneltElektrode, Fokussierungsmulde oder Pierce-Elektrode) bestehende Anordnung befindet sich in einem evakuierten Gehäuse (nicht dargestellt), das vakuumdichte Spannungs- und Kühlwasserdurchführungen sowie Fenster zum Austritt der unter einem Winkel a2 abgegriffenen Röntgenstrahlung 14 aufweist.

    [0026] In dem gezeigten Ausführungsbeispiel wird die vom Elektronenstrahl aufgeheizte Flüssigkeit 9 sehr schnell ausgetauscht und der Kühleinheit 27 zugeführt. Die vergleichsweise geringe Wärmeleitfähigkeit der verwendeten Anodenmaterialen Gallium, Indium und Zinn wirkt sich nicht nachteilig aus, da die Anodenflüssigkeit 9 die Wärme speichert und diese infolge der Durchmischung im Rückströmbereich sehr schnell wieder abgibt. Der Elektronenstrahl trifft somit ständig auf die gekühlt zuströmende Flüssigkeit, wodurch sich die zulässige Leistungsdichte des Elektronenstrahls, verglichen mit einer nicht umgewälzten Flüssigkeitsanode, wesentlich steigern läßt.

    [0027] Bei dem in Fig. 7 dargestellten Ausführungsbeispiel wird die Anodenflüssigkeit 9 mit Hilfe einer rotierenden Trommel 32 umgewälzt. Als Antriebseinheit findet ein über den Träger 33 starr mit dem evakuierten Gehäuse 34/35 verbundener Elektromotor 36 Verwendung, wobei eine aus jeweils zwei gegenüberliegenden Magneten 37 bestehende Kupplung 38 die Drehbewegung des äußeren Zylinders 39 auf die Trommel 32 überträgt. Nach dem Prinzip der Kreiselpumpe, übt die rotierende Trommel 32 mit den Schaufelrädern 40 einen Druck auf die an den offenen Stirnflächen abfließende Anodenfiüssigkeit 9 aus, so daß diese sich in der Rohrleitung 41 in Bewgung setzt. Sie durchströmt den Wärmetauscher 42 und das zentrale Rohr 41, um über den Diffusor 43 wieder auszutreten. Hier wird die Anodenflüssigkeit 9 von der rotierenden Trommel 32 erfaßt und durch die Zentrifugalkraft an die Innenwand gedrückt. Sie fließt anschließend wieder über die Schaufelräder 40 ab, so daß sich erneut der für die Umwälzung erforderliche Druck aufbaut. Die von der Kathode 7 emittierten Elektronen werden durch eine über die Anschlüsse 44 zugeführte Hochspannung beschleunigt und mit Hilfe einer Pierce- oder Wehneltelektrode 8 auf die Anodenflüssigkeit 9 fokussiert. Hier erzeugen sie Bremsstrahlung und charakteristische Röntgenstrahlung 14, die man wieder unter einem flachen Winkel a2 abgreift und durch das Fenster 2 auskoppelt. Zur Evakuierung des aus zwei Teilen 34/35 bestehenden, durch eine Verschraubung starr mit dem Motorträger verbundenen Gehäuses wird eine in Fig. 7 nicht dargestellte Vakuumpumpe, insbesondere eine Turbomolekularpumpe verwendet, die das Restgas über den Stutzen 45 absaugt. Zwischen den beiden Gehäuseteilen 34 bzw. 35 ist eine Vakuumdichtung, insbesondere eine Golddrahtdichtung, vorgesehen.

    [0028] Die Erfindung ist selbstverständlich nicht auf die beschriebenen Ausführungsbeispiele beschränkt. so ist es ohne weiteres möglich, die oben beschriebene Trommel durch eine rotierende Scheibe zu ersetzen, wobei die Anodenflüssigkeit aus einer die Scheibe tragenden Hohlachse austritt und die Scheibenoberfläche benetzt.


    Ansprüche

    1. Röntgenstrahlerzeuger mit einer in einem evakuierten Gehäuse (1 bis 5, 19) angeordneten Kathode (7), einer Antikathode (9) und einer Einrichtung (8) zur Fokussierung der von der Kathode (7) emittierten Teilchen auf die Antikathode (9),
    dadurch gekennzeichnet, daß eine elektrisch leitfähige Flüssigkeit als Antikathode vorgesehen ist.
     
    2. Röntgenstrahlerzeuger nach Anspruch 1,
    gekennzeichnet durch eine Metallschmelze als elektrisch leitfähige Flüssigkeit.
     
    3. Röntgenstrahlerzeuger nach Anspruch 1 oder 2,
    gekennzeichnet durch ein Blendensystem (15) zur Definition des Abgriffswinkels a2 der Röntgenstrahlung (14), wobei a2 die Bedingung U2C -<- a2 < 3 a2c erfüllt und a2C den Grenzwinkel der Totalreflexion der Röntgenstrahlung (14) bezeichnet.
     
    4. Röntgenstrahlerzeuger nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Gehäuse (19) ein teilchendurchlässiges Fenster (20) aufweist und daß die Antikathode (9) außerhalb des Gehäuses (19) angeordnet ist.
     
    5. Röntgenstrahlerzeuger nach einem der Ansprüche 1 bis 4, gekennzeichnet durch eine innerhalb des Gehäuses (1 bis 5, 19) zwischen Kathode (7) und Antikathode (9) angeordnete Anode (17).
     
    6. Röntgenstrahlerzeuger nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Anode (17) als Hohlanode ausgebildet ist.
     
    7. Röntgenstrahlerzeuger nach einem der Ansprüche 1 bis 6, kennzeichnet durch eine Einrichtung (23, 32, 36, 37) zur Umwälzung der elektrisch leitfähigen Flüssigkeit (9).
     
    8. Röntgenstrahlerzeuger nach Anspruch 7, gekennzeichnet durch eine Faraday-Pumpe als Einrichtung zur Umwälzung der elektrisch leitfähigen Flüssigkeit (9).
     
    9. Röntgenstrahlerzeuger nach Anspruch 7 oder 8, dadurch gekennzeichnet, daß die Flüssigkeit (9) in einem geschlossenen Kreislauf geführt ist.
     
    10. Röntgenstrahlerzeuger nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die elektrisch leitfähige Flüssigkeit (9) auf einer gekühlten Trägervorrichtung (3, 4) angeordnet ist.
     
    11. Röntgenstrahlerzeuger nach einem der Ansprüche 1 bis 6, gekennzeichnet durch eine um eine Achse drehbare Trommel (32), deren Innenwand mit der elektrisch leitfähigen Flüssigkeit (9) benetzt ist.
     
    12. Röntgenstrahlerzeuger nach Anspruch 11, gekennzeichnet durch einen Motor (36) und eine magnetische Kupplung (38) zum Antrieb der Trommel (32).
     
    13. Verfahren zum Betrieb eines Röntgenstrahlerzeugers der eine in einem evakuierten Gehäuse (1 bis 5, 19) angeordnete Kathode (7), eine Antikathode (9) und eine Einrichtung (8) zur Fokussierung der von der Kathode (7) emittierten Teilchen auf die Antikathode (9) aufweist, dadurch gekennzeichnet, daß die von der Antikathode (9) emittierte Röntgenstrahlung (14) unter einem Winkel a2 abgegriffen wird, wobei der Winkel a2 die Bedingung

    erfüllt und α 2c den Grenzwinkel der Totalreflexion der Röntgenstrahlung (14) bezeichnet.
     
    14. Verfahren nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, daß eine elektrisch leitfähige Flüssigkeit (9) als Antikathode verwendet und durch Kühlung der Antikathode auf eine Temperatur gebracht wird, die niedriger ist als die Temperatur des Gehäuses (1 bis 5, 19).
     
    15. Verfahren nach Anspruch 13 oder 14, dadurch gekennzeichnet, daß die Flüssigkeit (9) umgewälzt wird.
     




    Zeichnung