[0001] Die Erfindung betrifft hochtemperaturbeständige Kabel. Kabel mit Isolationserhalt
im Brandfall haben einen breiten Anwendungsbereich, so bspw. im Bauwesen für Rauchklappen,
Feuerwehr-Aufzüge, Notenergieversorgung im Brandfalle u. dgl.
[0002] Für den Isolationserhalt wurden verschiendene Testverfahren entwickelt, so z.B. der
VDE-Test für den Isolationerhalt bei Flammeinwirkung entsprechend dem Test IEC 331.
[0003] Es besteht auch der Entwurf der DIN 4102 (Deutsche Industrie Norm), vom Dezember
1989, Teil 12 für das Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen, hier insbesondere
für den Funktionserhalt von elektrischen Kabelanlagen unter Brandbedingungen. Danach
wird ein 30, 60 oder 90-minütiger Funktionserhalt eines Kabels nach Durchlaufen einer
Einheitstemperaturkurve gefordert; d.h. das Kabel muß nach einer thermischen Belastung
entsprechend einer Temperaturkurve gemäß DIN 4102 Teil 2/09.77; Abschnitte 6.2.1.
und 6.2.3 bis 6.2.5.. in einem Brandkanal noch leitfähig sein und es darf kein Kurz-schluß
aufgetreten sein.
[0004] Bisher war es nicht möglich, mit den bekannten Kabeln mit Nennspannungen bis 1 kV,
für die diese DIN-Vorschrift ausgelegt ist, bei Einzelverlegung einen Funktionserhalt
mit E 90 zu erhalten, also bei mehradrigen Kabeln die Vermeidung der Ausbildung von
Kurzschlüssen zwischen den Leitern bei ca. 980°C nach der Einheitstemperaturkurve
nach mindestens 90 min, so daß aufwendige andere Schirmmaßnahmen, wie bspw. bauliche
Maßnahmen - das Vorsehen speziell isolierter und brandschutzgesicherter Kanäle - notwendig
wurden.
[0005] Eine erhöhte Flammfestigkeit von Kabeln kann durch die Verwendung halogenhaltiger
Flammhemmer oder halogenhaltiger Polymere, wie PVC od. dgl. aber auch durch Zumischen
von hochhalogenhaltigen Flammhemmern zum Grundpolymeren erreicht werden. Insbesondere
Chlor- und Bromverbindungen haben sich hier besonders bewährt. Diese Materialien spalten
bei Erhitzung freies Halogen ab, das die Verbrennung hindert. Dieses freie Halogen
ist jedoch toxisch, greift andere Materialien, bspw. Metalle, an und ist hochkorrosiv.
Ferner neigen halogenhaltige Kunststoffe in erhöhtem Maße zu einer starken Rauchentwicklung
währen der Temperaturbelastung, die beim Löschen erheblich hindert und auch die Orientierung
in brennenden Gebäuden stark erschwert bzw. unmöglich macht.
[0006] Auch kann kein halogenierter Kunststoff alleine einen Isolationserhalt vom mehr als
90 Min. gemäß dem DIN-Entwurf gewährleisten.
[0007] Demzufolge ist es erwünscht, halogenfreie hochtemperaturbeständige Kabel zu haben,
die über einen längeren Zeitraum eine zufriedenstellende Funktion im Brandfalle oder
im Falle längerer thermischer Belastung sicherstellen.
[0008] Zu diesem Zweck wurde einerseits bereits vorgeschlagen, Kabel in Kabelkanälen aus
Fibersilikat mit hervorragenden Wärmedämmeigenschaften einzuziehen und durch diese
Umhüllung das Kabel vor Temperatureinflüssen zu schützen. Dieses Verfahren ist zwar
wirksam, aber außerordentlich aufwendig und erfordert zusätzliche bauliche Maßnahmen.
Ferner läßt sich dieser Schutz bei freiverlegten Kabeln nicht einsetzen.
[0009] Es wurden auch bereits Kabel mit guter Temperaturbeständigkeit mit einer MgO-Isolation
um die Leiter-bahnen angeboten. Dieses Magnesiumoxid ist aber stark dohygroskopisch
und muß vor Feuchtigkeitszutritt geschützt werden, was sehr aufwendige Abdichtmaßnahmen
der Kabel im Bereich von Anschlüssen, Steckern u.dgl. erfordert. Das Kabel wird außerdem
sehr schwer und inflexibel, sodaß keine zufriedenstellenden Krümmungsradien erreicht
werden können. Derartige Kabel sind bspw. unter der Bezeichnung PYROTENAX von der
Fa BICC im Handel erhältlich.
[0010] Zum Schutz der Leiter wurden auch Glimmerbandie-rungen vorgeschlagen, da Glimmer
ein sehr gutes Wärmeisolationsvermögen besitzt, aber ein inflexibles, blättchenförmiges
Material ohne irgendeine Biegbarkeit ist. Bisher waren sog. "Mica-tapes", (mica =
Englisch "Glimmer") also Glimmerbänder, im Handel, bei denen mittels nicht temperaturbeständiger
flexibler Bindematerialien, wie Epoxidkunststoffen, die Glimmerplättchen zu einem
flexiblen Bandmaterial gebunden wurden, die jedoch im Brandfalle schnell verbrannten
und danach die Glimmerblättchen freisetzten.
[0011] Diese Glimmerblättchen ohne Bindemittel hielten keinerlei dynamischen Beanspruchungen
stand und konnten ihre Schutzfunktion nicht mehr erfüllen.
[0012] Weiterhin wurde auch versucht, andere anorganische Materialien als Schutz einzusetzen,
so bspw. Glasfasergewebe, die als Bandierung eingesetzt wurden. Diese Glasfasergewebe
hatten eine Temperaturfestigkeit von ca 500 bis 600
oC und verbrannten sodann.
[0013] Weiterhin wurden auch aluminiumhydroxidgefüllte Kunststoffe für die Kabel eingesetzt,
insbesondere als Adernumhüllung, wobei bei Erhitzung auf ca 250
oC. das Aluminiumhydroxid Wasser abspaltet, das die Verbrennung zunächst unterdrückt
- die verbleibende Aluminiumverbindung wird und zu einer Oxidmasse mit schlechten
Wärmeleiteigenschaften umgewandelt.
[0014] Nichtsdesdoweniger war auch diese Kombination nicht ausreichend, um die erwünschte
Langzeit-Temperaturbeständigkeit zu erzielen.
[0015] Es ist demgegenüber Aufgabe der Erfindung, ein temperatur beständiges Kabel zu entwickeln,
das hochflexibel und leichtgewichtig ist sowie keine Probleme bei der Handhabung aufweist.
[0016] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß daduch gelöst, daß das hochtemperaturbeständige
Kabel hochtemperaturbeständige Quarzfasern aufweist.
[0017] Es ist besonders bevorzugt, daß alle Gewebe/Bandierungen/Geflechte des Kabels aus
Quarzfaser bestehen, da daduch die notwendige Lagerhaltung für die Kabelbestandteile
verringert werden kann.
[0018] Quarz ist als hochreines Siliziumdioxid bis auf über 1100 Grad Celsius beständig
und besitzt ein sehr gutes Wärmereflektionsvermögen, wodurch die Flammbeständigkeit
von Kabeln gegenüber den bisher verwendeten Gewebematerialien wie Glasgewebe oder
auch Glimmer erheblich verbessert wird. Quarz entwickelt keinen Rauch bei Temperaturbelastung
und auch keine agressiven Abbauprodukte. Bevorzugt werden diese Quarzfasern als Flammbarriere
in Form eines Geflechtes oder einer Bandierung verwendet, die direkt auf den Leitern
aufgebracht sein kann und dann eine gegenseitige Berührung der Leiter im Brandfalle
vermeidet oder auch als Schutzgeflecht unter dem Kabelmantel um eine Aderumhüllung
aufgebracht sein. Dabei ist es besonders vorteilhaft, wenn dieses Quarz material in
Form einer Bandierung mit 100%-iger Bedeckung aufgebracht wird.
[0019] Selbstverständlich kann das Kabel in üblicher Weise mit weiteren flammhemmenden Materialien
ausgerüstet sein, wie auch Glimmerprodukten, wie Glimmerbandierungen als Flammschutz.
[0020] Es ist besonders bevorzugt, daß das Kabel halogen-freie Polymere aufweist, wodurch
eine Qualmentwick-lung im Brandfalle vermindert werden kann und auch das Auftreten
giftiger/agressiver halogenhaltiger Gase vermieden werden kann.
[0021] Bevorzugt weist das Kabel eine mit mehr als 30 Gew% mit temperaturbeständigen Mineralien,
wie SiO₂, Al(OH)₃ gefüllte Polymer-Aderumhüllung auf, wie bspw. eine Adernumhüllung
aus Ethylen-Vinylacetat, gefüllt mit bis zu 80 Gew.% Aluminiumhydroxid.
[0022] Nachfolgend soll die Erfindung detaillierter anhand der einen Querschnitt durch eine
erfindungsgemäßes Kabel darstellenden einzigen Zeichnungsfigur näher erläutert werden,
wobei die Erfindung keineswegs auf diese eine Ausführungsform begrenzt sein soll.
[0023] Ein vieradriges Kupferkabel mit miteinander verseil-ten ein- oder mehrdrähtigen Kupferleitungen
1 ist hier quer zur Kabellängsachse geschnitten schema-tisch dargestellt. Es wurden
übliche Zugentlastungs-fäden, die bspw. aus Aramid oder auch Glas od. dgl. bestehen
können, weggelassen, da sie für die Hoch-temperaturbeständigkeit hier nicht wesentlich
sind.
[0024] Die Leiter sind von einer an sich bekannten Isola-tion 2, wie Silicongummi oder auch
Ethylen-Propylen-Gummi umgeben. Dieses Leiterbündel ist von der Adernumhüllung 3 aus
nicht vernetzter Ethylen-Vi-nylacetat mit 70% Vinylacetatanteil umgeben, die mit 80%
Aluminiumhydroxid gefüllt ist. Als Flammbarriere ist eine Quarzfaserbandierung 4 überlappend
auf die Adernumhüllung aufgewickelt. Das Kabel ist sodann durch einen Mantel aus thermoplastischem
halogen-freiem Elastomeren (Polyethylen) nach außen abge-schlossen.
[0025] Selbstverständlich sind in beliebiger Weise Abwand-lungen dieses Kabels innerhalb
des Schutzbereiches möglich.
[0026] Nachfolgend soll zur Verdeutlichung der Erfindung eine Brandprüfung nach dem Entwurf
der DIN 4102 Teil 12 vom Dezember 1989 aufgeführt werden, der zeigt, daß die mit Quarzbandierungen
armierten erfindungs-gemäßen Kabel in überraschender Weise hohe Funk-tionserhaltswerte
lieferten, die den bekannten Kabeln nach dem Stand der Technik weit überlegen waren.
Dabei wurden Kabel eingesetzt, die im wesentlichen dem Aufbau der in der einzigen
Figur gezeigten Ausführungsform entsprachen.
[0027] In den nachfolgenden Tabellen bedeuten die Abkür-zungen folgendes:
T = Trassenverlegung im Brandversuch
E = Einzelverlegung im Brandversuch
St = statischer Schirm - ohne Einfluß auf das Brandverhalten
J = Installationskabel f. Fernmeldeanlagen
JE = Installationskabel f. Industrieelektronik
H = Isolierhülle aus halogenfreiem Werkstoff
2X = vernetztes Polyethylen
NH = Starkstromkabel m. Schirmung
C = konzentrischer Leiter aus Kupfer
HX = Isolierhülle od. Mantel aus vernetztem halogenfreien Polymer
N = Norm
CHH = zusätzlicher Schirm
Q = Stahldrahtgeflecht,
H = Isolierhülle od. Mantel aus halogenfreiem Polymer
AxBxCmm²= A =Anzahl der Adern
BxC= Leiterquerschnittsfläche
AxBxCmm = Aderzahl x Aderzahl x Leiterquerschnitt
rm = Silikonisolierung
[0028] Die Angabe >96 bedeutet, daß der Ofen nach 96 min. Test abgeschaltet wurde, obwohl
das Kabel keinen Ausfall zeigte.
[0029] Alle getesteten Kabel waren mit Quarzbandierung ausgerüstet und besaßen 4 Kupferleitungen,
wobei die E30,E60 oder E90-Abkürzung hinter der Kabelspezifikation den geplanten
Brandprüfungswert angeben, der aber durch die erfindungsgemäß gewählte Quarzbandierung
meist übertroffen wird:
Fernmeldekabel |
Werte der Prüfung |
Nr. |
Typ |
AußenO (mm) |
Gew. (kg/m) |
E30/T |
E90/T |
E90/E |
01 |
JE-H(St)H4x2x0,8mm E30 |
15,5 |
0,34 |
38 |
|
96 |
02 |
JE-H(St)HQH4x2x0,8mm E30 |
18,5 |
0,51 |
45 |
|
96 |
03 |
JH(St)H4x2x0,8mm E30 |
15,5 |
0,34 |
|
96 |
96 |
04 |
JH(St)H4x2x0,8mm E30 |
18,5 |
0,51 |
34 |
|
96 |
Starkstromkabel Bauart NYY (gem. VDE 0271) |
Werte der Prüfung |
Nr. |
Typ |
AußenO (mm) |
Gew. (kg/m) |
E30/T |
E60/T |
E60/E |
E90/E |
05 |
NHxHx4x1,5mm2.,E90 |
16,5 |
0,36 |
36 |
|
|
96 |
06 |
HNxHx4x70mm2.E90 |
41,5 |
3,9 |
|
72 |
72 |
|
Starkstromkabel Bauart NYCY (VDE 0271) |
Werte d. Prüfung |
Nr. |
Typ |
AußenO (mm) |
Gew. (kg/m) |
E30/T |
E60/T |
E60/E |
E90/E |
07 |
NHxCHx4x1,5mm².E90 |
17,0 |
0,36 |
34 |
|
61 |
|
8a |
NHxCHx4x129/79mm².E90 |
56,0 |
7,6 |
|
84 |
|
93 |
8b |
NHxCHx45x70/35mm².E90 |
42,5 |
4,29 |
|
75 |
82 |
|
Starkstromkabel NYY (VDE 0271) |
Werte der Prüfung |
Nr. |
Typ |
AußenO (mm) |
Gew. (kg/m) |
E30/T |
E90/E |
09 |
NHxHx2x1,5mm².E90 |
15,0 |
0,28 |
22 |
96 |
10 |
NHxHc3x1,5mm².E90 |
15,3 |
0,3 |
28 |
96 |
PYRO SET FE 180 (VDE 0472) |
Werte d. Prüfung |
Nr. |
Typ |
AußenO (mm) |
Gew. (kg/m) |
E30/T |
E30/E |
E60T |
E90/E |
11 |
NHxCHx4x50/25mm².FE180 |
38,0 |
3,4 |
|
|
76 |
96 |
12 |
NHxHx5x10mm².FE180 |
24,0 |
0,95 |
49 |
42 |
|
|
13 |
J-H(St)H2x2x0,8mmFe 180 |
7,6 |
0,08 |
28 |
36 |
|
|
[0030] Aus obigem ist ersichtlich, daß alle Kabel eine sehr gute Brandfestigkeit zeigten,
die bisherigen Kabeln gleicher Bauart, aber mit anderen Schutzmaterialien, überlegen
ist.
1. Hochtemperaturbeständiges Kabel, dadurch gekennzeichnet, daß es hochtemperaturbeständige
Quarzfasern aufweist.
2. Hochtemperaturbeständiges Kabel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das
Kabel Quarzfasern als Flammbarriere in Form eines Geflechtes oder einer Bandierung
aufweist.
3. Hochtemperaturbeständiges Kabel nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, daß das Kabel Glimmerprodukte als Flammschutz aufweist.
4. Hochtemperaturbeständiges Kabel nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, daß das Kabel halogenfreie Polymere aufweist.
5. Hochtemperaturbeständiges Kabel nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, daß das Kabel eine mit mehr als 30 Gew% mit temperaturbeständigen
Mineralien, wie SiO₂, Al(OH)₃ gefüllte Polymer-Aderumhüllung aufweist.
6. Hochtemperaturbeständiges Kabel nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die
Adernumhüllung aus Ethylen-Vinylacetat, gefüllt mit bis zu 80 Gew.% Aluminiumhydroxid,
besteht.