[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Anspinnen eines Vorgarnes
an eine leere Vorgarnhülse im Rahmen des Spulenwechsels der im Oberbegriff des Patentanspruchs
1 bzw. 3 angegebenen Gattung.
[0002] Zum automatischen Austausch von vollen Vorgarnspulen gegen leere Vorgarnhülsen wird
zweckmäßig eine Anspinnposition gewählt, die möglichst nahe am oberen Rand der Vorgarnhülse
liegt. Dadurch wird verhindert, daß beim Einfahren der Vorgarnhülse in den Drehbereich
des Spinnflügels der Vor garnanfang beim Anlegen des federbelasteten Preßfingers an
die Vorgarnhülse soweit aus dem Preßfingerblatt herausgeschoben wird, daß er entweder
herausfällt oder am Preßfingerhals eine große, das Anspinnen erschwerende Schlaufe
gebildet wird. Zur Unterstützung des Anspinnens besitzen die Vorgarnhülsen meist nahe
an ihrem oberen Rand einen Anspinnring in Form einer Zone höherer Rauhigkeit (vgl.
DE-PS 30 04 165). Derartige Vorgarnspulen sind jedoch für Ringspinnmaschinen mit automatischem
Vorgarnspulenwechsel nur bedingt geeignet, weil sich bei den dem Spulengatter der
Ringspinnmaschine entnommenen, nahezu abgelaufenen Vorgarnspulen Restwindungen unkontrolliert
von der glatten Hülsenoberfläche ablösen können und Störungen im Spulenwechsel- und/oder
Spinnprozeß verursachen. Hier sind Vorgarnspulen von Vorteil, deren Bewicklung in
der Nähe des Hülsenfußes beginnt. Derartige Spulen sind jedoch mit einer Vorrichtung
gemäß der DE-PS 30 04 165 aus den oben genannten Gründen nicht herstellbar.
[0003] Aus der DE-PS 28 38 065 ist eine Vorrichtung bekannt, bei welcher zur Überwindung
des vorgenannten Nachteils ein Preßfinger des Spinnflügels, aus dem ein durch Abreißen
des Vorgarnes an der vollen Spule erzeugter Faserbart herausragt, in der Nähe des
Hülsenfußes positioniert, die volle Vorgarnspule von der Spulenaufnahme in vertikaler
Richtung abgezogen und eine leere Vorgarnhülse drehsicher auf die Spulenaufnahme aufgesteckt
wird. Dabei wird der Faserbart zwischen Hülsenfuß und Spulenaufnahme festgeklemmt,
so daß die Bewicklung der Vorgarnhülse am Hülsenfuß beginnt. Durch die Positionierung
des Spinnflügels wird jedoch das Abziehen der vollen Vorgarnspule und das Aufstecken
der leeren Vorgarnhülse stark erschwert. Hinzu kommt, daß das Festklemmen des Faserbartes
nicht in jedem Fall sicher erfolgt, was Störungen verursacht und die Verschmutzung
der Maschine vergrößert.
[0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine einfache Vorrichtung
zum automatischen Anspinnen von Vorgarn an Vorgarnhülsen zu schaffen, welches ohne
hohen Aufwand die Herstellung von Vorgarnspulen mit in der Nähe des Hülsenfußes beginnender
Wicklung gestattet.
[0005] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die kennzeichnenden Merkmale des Patentanspruchs
1 gelöst. Patentanspruch 2 gestaltet dieses Verfahren weiter aus.
[0006] Durch die erfindungsgemäße Verfahrensweise wird erreicht, daß der im Preßfingerblatt
geführte Vorgarnanfang während des Einfahrens der Vorgarnhülse in den Spinnflügeldrehbereich
infolge der Drehung der Vorgarnhülse seitlich aus dem Anlagebereich des Preßfingers
an der Vorgarnhülse herausgedrückt wird. Hierdurch kann sich der Preßfinger gefahrlos
vom oberen Rand der Vorgarnhülse bis zur in der Nähe des Hülsenfußes befindlichen
Anspinnposition bewegen. Die danach erfolgende Umkehr der Drehrichtung der Vorgarnhülse
bewirkt, daß der Vorgarnanfang wieder zwischen Preßfingerblatt und Oberfläche der
Vorgarnhülse geschoben und an letztere angelegt wird. Es erfolgt die selbsttätige
Bildung von ersten Vorgarnwindungen auf der Vorgarnhülse, die die Grundlage für den
Aufbau der Vorgarnspulenbewicklung darstellen. Damit ist in der Folge eine wesentliche
Voraussetzung für einen störungsfreien Vorgarnspulenwechsel an der Ringspinnmaschine
gegeben.
[0007] Die Durchführung des Verfahrens ist ohne zusätzliche mechanische Hilfsmittel möglich.
Es ist lediglich ein zeitweiliges Umsteuern des Spulenaufnahmeantriebs notwendig.
[0008] Die Erfindung soll nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert
werden. Die zugehörigen Zeichnungen zeigen in
- Fig. 1
- eine Darstellung des Vorgarnverlaufs am Preßfinger ohne und mit Anwendung des erfindungsgemäßen
Verfahrens; und in
- Fig. 2
- ein Diagramm der Preßfingerbewegung auf der Oberfläche der Vorgarnhülse.
[0009] Von einer Flügelspinnmaschine (Flyer) zur Erzeugung von Vorgarn 1, ist in Fig. 1
lediglich eine Spinnstelle dargestellt. Zu dieser gehört ein Spinnflügel 2 mit einem
an einem Flügelrohr 3 drehbar angeordneten und permanent, beispielsweise durch eine
Feder, mit einer radialen Kraft beaufschlagten Preßfinger 4, der u. a. einen waagerecht
verlaufenden Preßfingerhals 5 und ein an dessen Ende angeordnetes Preßfingerblatt
6 aufweist, sowie eine drehangetriebene Spulenaufnahme 8, die auf einer vertikal bewegbaren
Spulenbank 7 angeordnet ist. Auf dieser befindet sich eine mit Vorgarn 1 zu bewickelnde
Vorgarnhülse 9, an der das Preßfingerblatt 6 anliegt. Die Vorgarnhülse 9 besitzt in
der Nähe des Hülsenfußes 10 einen Anspinnring 11 in Form einer Zone höherer Oberflächenrauhigkeit.
Das aufzuwindende Vorgarn 1 ist im Flügelrohr 3 geführt und wird vom Preßfingerblatt
6 an die Vorgarnhülse 9 angepreßt.
[0010] Beim Vorgarnspulenwechsel wird die Spulenbank 7 so weit nach unten gefahren, daß
die vollen Vorgarnspulen den Drehbereich der Spinnflügel 2 verlassen. Sie werden von
den Spulenaufnahmen 8 abgenommen und durch leere Vorgarnhülsen 9 ersetzt. Wird danach
zum Zwecke des Anspinnens die Spulenbank 7 wieder nach oben gefahren, so daß sich
die leeren Vorgarnhülsen 9 in den Drehbereich der Spinnflügel 2 hineinbewegen, tritt
zunächst am oberen Rand jeder Vorgarnhülse 9 der Preßfinger 4 mit deren Oberfläche
in Kontakt und gleitet auf dieser nach unten. Dabei besteht jedoch die Gefahr, daß
der zwischen Hülsenoberfläche und Preßfingerblatt 6 geklemmte Anfang 12 des Vorgarnes
1 nach oben herausgeschoben wird und eine große Schlaufe bildet oder schließlich lose
am Preßfingerhals 5 hängt (in Fig. 1 mit Strichlinien dargestellt).
[0011] Dieser Erscheinung hilft das erfindungsgemäße Verfahren ab. Es wird durch das Diagramm
in Fig. 2 verdeutlicht, das die Bewegung b des Preßfingers 4 bezüglich der Hülsenhöhe
h in Abhängigkeit von den Hülsenumdrehungen n zeigt. Hiernach wird während des Einfahrens
der Vorgarnhülse 9 in die Anspinnposition, also während sich das Preßfingerblatt 6
auf der Oberfläche der Vorgarnhülse 9 vom oberen Rand bis zum Anspinnring 11 bewegt,
die Vorgarnhülse 9 entgegen der späteren Aufwinderichtung in Drehung versetzt (in
Fig. 2 durch negative Vorzeichen der Hülsenumdrehungen angegeben). Die Umfangsgeschwindigkeit
der Hülsenoberfläche soll dabei vorteilhafterweise größer sein als die mittlere Geschwindigkeit
der Aufwärtsbewegung der Spulenbank 7. Dies führt dazu, daß der zwischen Preßfingerblatt
6 und Hülsenoberfläche geklemmte Anfang 12 des Vorgarnes 1 seitlich soweit aus diesem
Klemmbereich herausgedrückt wird, daß die vertikale Relativbewegung zwischen Preßfingerblatt
6 und Vorgarnhülse 9 nicht mehr zu dem vorher beschriebenen Effekt führen kann (in
Fig. 1 in Vollinien dargestellt).
[0012] Hat der Preßfinger 4 den Anspinnring 11 erreicht, wird die Drehrichtung der Vorgarnhülse
9 umgekehrt. Hierdurch wird der Anfang 12 des Vorgarnes 1 wieder in den Klemmbereich
zwischen Hülsenoberfläche und Preßfingerblatt 6 hineingezogen und auf dem Anspinnring
11 erste Vorgarnwindungen gebildet. Der Aufwindevorgang kann dann in bekannter Weise
fortgesetzt werden.
[0013] Die Flügelspinnmaschine weist ferner eine nicht dargestellte Steuereinrichtung auf,
welche verschiedene Meßwertgeber und Verarbeitungselemente zur Erzeugung von Steuersignalen
enthält, die den aufeinanderfolgenden Ablauf der Anspinnvorgänge bestimmen. Die Steuereinrichtung
enthält Erfassungsglieder, die den Beginn und das Ende eines Wechsels der Vorgarnhülse,
insbesondere deren Einschubbewegung in die Betriebslage gemäß Fig. 1 erfassen. Schaltglieder
der Steuereinrichtung bewirken eine Umschaltung des Drehantriebs der Vorgarnhülse
9 in Gegenrichtung zum normalen Spinnbetrieb während des Einschubs der Vorgarnhülse
9 und zweckmäßig eine Vergrößerung ihrer Drehzahl während dieser Einschubphase.
1. Verfahren zum automatischen Anspinnen eines Vorgarnes an eine Vorgarnhülse in einer
Flügelspinnmaschine (Flyer), bei dem das Vorgarn in einem Spinnflügel mit einem permanent
mit einer radialen Kraft beaufschlagten Preßfinger geführt wird, aus dem der an die
Vorgarnhülse anzulegende Vorgarnanfang herausragt, und die Vorgarnhülse von unten
unter Anlage des Preßfingers an ihre Oberfläche in den Bereich des Spinnflügels bis
in eine Anspinnposition eingefahren wird, dadurch gekennzeichnet,
daß während des Einfahrens die Vorgarnhülse entgegen der Aufwinderichtung in Drehung
versetzt wird, bis der Preßfinger die in unmittelbarer Nähe des Hülsenfußes befindliche
Anspinnposition erreicht hat, und
daß danach die Drehrichtung der Vorgarnhülse umgekehrt und der im Preßfinger geführte
Vorgarnanfang an die Vorgarnhülse angelegt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Umfangsgeschwindigkeit der Vorgarnhülse größer ist als die mittlere Geschwindigkeit
der Spulenbank während des Einfahrens in die Anspinnposition.
3. Vorrichtung zum automatischen Anspinnen eines Vorgarnes an eine Vorgarnhülse bei einem
Flyer, bestehend aus einem drehangetriebenen Spinnflügel (2), einem daran befestigten
federbelasteten Preßfinger (4), aus einer vertikal bewegbaren Spulenbank (7) zur Halterung
einer Vorgarnhülse (9), die eine aufgerauhte Anspinnzone (11) aufweist und aus einer
Steuereinrichtung für den Ablauf der verschiedenen Anspinnvorgänge,
dadurch gekennzeichnet,
daß die aufgerauhte Anspinnzone (11) am Fuß der Vorgarnhülse (9) angeordnet ist und
daß die Steuereinrichtung Mittel zum Erfassen der vertikalen Einschubbewegung der
Vorgarnhülse (9) in die Spinnposition und zum Umsteuern der Drehrichtung des Drehantriebs
der Vorgarnhülse (9) enthält.