[0001] Die Erfindung bezieht sich auf einen Formteil, insbesondere einen Nocken aus einer
gesinterten, pulvermetallurgisch hergestellten Legierung für eine baukastenartig zusammengesetzte
Nockenwelle für Verbrennungskraftmaschinen sowie auf ein Verfahren zu seiner Herstellung.
[0002] Die Nocken von Nockenwellen für Verbrennungskraftmaschinen sind einer sehr starken
Verschleißbelastung ausgesetzt. Um ihre Aufgabe der Motorsteuerung zu erfüllen, darf
der Verschleiß während ihrer gesamten Lebensdauer nicht mehr als einige um betragen.
Hierbei müssen auch Lastzyklen unter Mangelschmierung ertragen werden. Die in Literatur
und Technik übliche Methode ist die Verwendung von hochkarbidhaltigen Legierungen,
die entweder pulvermetallurgisch aus entsprechenden Werkstoffen oder durch schnelles
Abschrecken von Gußeisen erzeugt werden. Dadurch können sowohl der abrasive als auch
der adhäsive Verschleiß in Grenzen gehalten werden.
[0003] Neben der mechanischen sind die Nocken auch einer thermischen Belastung ausgesetzt.
Daher müssen die Nocken bezüglich Ihrer Härte so beschaffen sein, daß sie diese auch
nach einem länger anhaltenden Anlassen aufrechterhalten. Das kann durch Härten und
anschließendes Anlassen bei einer Temperatur oberhalb der Betriebstemperatur erreicht
werden. Auch unter Betriebsbedingungen, bei denen Mangelschmierung auftritt und die
den adhäsiven Verschleiß fördern, sollen die Nocken ein ausgezeichnetes Betriebsverhalten
aufweisen.
[0004] Seit einigen Jahren, insbesondere seit die baukastenartig zusammengesetzten Nockenwellen
für Verbrennungskraftmaschinen aufgekommen sind (1, 2), wurde die Auseinandersetzung
mit dem Verschleiß im Nocken-Gegenkörper-System intensiviert. Neben Hinweisen, daß
der Verschleiß in diesem System empfindlich von der Schmierung (3) und der Endbearbeitung
durch Schleifen bzw. Superfinish (4, 5) abhängt, gibt es eine große Zahl von Veröffentlichungen,
die das Problem auf der Basis der Werkstoffentwicklung zu lösen versuchen.
[0005] Für einen erfolgversprechenden Ansatz muß zunächst die Verschleißproblematik dieses
Systems analysiert werden. In zahlreichen Veröffentlichungen (3, 6, 7) wird darauf
hingewiesen, daß die Erscheinungsbilder des Verschleißesvor allem Polierverschleiß,
Pittingbildung und Fressen sind.
[0006] Der Polierverschleiß ist ein Erscheinungsbild des abrasiven Verschleißes, bei dem
durch entsprechend feine Abrasivstoffe ein sehr geringer Abtrag mit kleiner Furchungsbreite
vorliegt. Der so verschlissene Nocken erscheint als blank poliert, wobei die Rauheit
der verschlissenen Bereiche gewöhnlich wesentlich kleiner als die der ungeschädigten
(geschliffenen) Bereiche ist. Der Polierverschleiß kann als Dreikörperverschleiß durch
Quarzstaub im Öl verursacht werden. Sand ist einer der häufigsten Abrasivstoffe, die
in der Technik auftreten. Da der Polierverschleiß auch unter Versuchsbedingungen auftritt,
bei denen eine Verunreinigung des Öls ausgeschlossen werden kann, muß es auch noch
einen anderen Mechanismus geben. Offensichtlich kann der Polierverschleiß auch durch
einen harten rauhen Gegenkörper gefördert werden, der keine Karbide enthält.
[0007] Die Pittingbildung ist Folge einer Oberflächenermüdung. Die Druckschwellbeanspruchung
der Nockenoberfläche, die durch die Kinematik vorgegeben ist, kann zur lokalen Rißausbreitung
führen. Die Risse laufen unterhalb der Oberfläche und schließen sich entweder mit
anderen Rissen zusammen oder treten wieder aus der Oberfläche aus. Folge ist die Bildung
von relativ großen Verschleißteilchen und Grübchen auf der Oberfläche. Durch Additive
im Öl kann diese Verschleißerscheinung gefördert werden (3), wenn die Additive die
Rißausbreitung, z.B. durch Herabsetzen der Oberflächenenergie, erleichtern.
[0008] Das Fressen ist eine Folge von adhäsivem Verschleiß, also dem gegenseitigen Verschweißen
der Oberflächen. Es wird durch die Verwendung von martensitischen Grund- und Gegenkörpern
(8) und durch die Verwendung von unlegiertem Öl begünstigt. Auch Versuche mit erhöhter
Federkraft der Ventilfeder begünstigen das Fressen. Während bei dreiundvierzig Paarungen
sechsundzwanzig durch Fressen versagten, wenn unlegiertes Öl verwendet wurde, versagte
keine einzige Paarung durch Fressen bei der Verwendung von legiertem Öl (8). Dafür
nahm das Versagen durch Pittingbildung bei legiertem Öl von siebzehn Paarungen auf
fünfunddreißig Paarungen zu (8).
[0009] Trotz des häufigen Auftretens von Pittingbildung wird dieser Verschleißerscheinung
bei den Untersuchungen weniger Aufmerksamkeit geschenkt als den beiden anderen. Die
Pittingbildung an sich beeinflußt die Funktion des Nockens im Grunde nicht (6). Sie
verringert aber die tragende Oberfläche, so daß die Flächenpressung ansteigt, wodurch
ein Versagen durch Fressen hervorgerufen werden kann. Zudem läßt sich die Neigung
zur Pittingbildung in Kurzzeittests mit erhöhter Last gut erkennen (7), während die
Extrapolation bei Polier-und Freßverschleiß nur mit äußerster Vorsicht vorgenommen
werden kann (8, 9). Die Pittingbildung ist also unkritisch, solange sie nur in geringem
Maß auftritt. Außerdem kann sie versuchstechnisch leicht simuliert werden.
[0010] Die meisten Veröffentlichungen beschäftigen sich mit der Vermeidung des Freß- und
Polierverschleißes. Dabei zielen alle Versuche darauf ab, Werkstoffe mit einem hohen
Karbidanteil zu erzeugen (2, 6, 8, 9, 10, 11, 12, 13). Durch ihre große Härte verringern
die Karbide die Eindringtiefe des Gegenkörpers. Dadurch wird die Größe der Verschleißteilchen
und damit die mögliche Vershleißgeschwindigkeit erniedrigt (14). Die zweite Wirkung
liegt in der geringen Adhäsionsneigung, die die Karbide aufweisen. Der Adhäsionsverschleiß
wird durch die Karbide bei ausreichend großem Volumenanteil vollständig vermieden.
Ansätze, den Nockenverschleiß durch einen Festschmierstoff, der im Nocken eingebettet
ist, zu verringern, sind nicht bekannt.
[0011] Die Einbettung von Schmierstoffen bei gesinterten Legierungen wird schon seit langer
Zeit verwendet, um selbstschmierende Lager herzustellen (15). Verwendet wird z. B.
Blei, das durch Tränken in eine relativ komplexe Legierung (Fe-Co-Mo-Ni-Cr-Si-C) eingebracht
wird. Diese Legierung bewährt sich beim Einsatz für Ventilsitze in Verbrennungsmotoren
(16).
[0012] Über Kupfer als Legierungselement wurde in der Literatur bereits viel diskutiert,
da es ein leicht zu verarbeitendes Element ist (sein Sauerstoffpotential ist wesentlich
geringer als das von Eisen). Häufig werden die mechanischen Eigenschaften (17, 18)
oder das Maßverhalten (19, 20) sowie die Homogenisierung (21) diskutiert. In der konventionellen
Stahltechnologie ist Kupfer als Stahlschädling bekannt, da es die Neigung zum Rotbruch
fördert (22). Bei der pulvermetallurgischen Herstellung spielt dieser Versagensfall
jedoch keine Rolle, solange die Formteile nicht durch Sinterschmieden umgeformt werden
sollen.
[0013] Der Einfluß von. Kupfer auf den Verschleiß von Sintereisen ist wesentlich geringer
als der Einfluß der Dichte, zumindest bei Kupferbeimischungen von 0 bis 2 % (23).
Es wurden Proben unterschiedlicher Dichte im Amsler-Tribometer (zwei Walzen rollen
mit einem Schlupfanteil von 10 % gegeneinander ab) untersucht. Die Atmosphäre (Luft,
Argon oder Sauerstoff) hat einen entscheidenden Einfluß auf den Verschleißbetrag,
der Verschleiß unter Sauerstoff ist um den Faktor 72 größer als der an Luft. Da der
Verschleiß unter Argon zwischen den beiden Werten liegt, ist ein Einfluß von Wasserdampf
bei den Versuchen wahrscheinlich. Die Sinterbedingungen (1120 C) lassen vermuten,
daß das Kupfer vollständig in der Matrix gelöst ist.
[0014] Es wurde auch der Einfluß von Kupferbeimischungen im Bereich von 0 bis 4 % zu verschiedenen
phosphorhaltigen Sinterstählen untersucht (24). Bei den höherlegierten Varianten (4
% Mo, 4 % Ni oder 4 % MCM, einer Masterlegierung aus Molybdän, Chrom und Mangan) verursacht
eine Zugabe von Kupfer eine Abnahme des Verschleißes im Stift-Scheibe-Versuch. Bei
den niedriger legierten Varianten hat der Kupferzusatz einen relativ unsystematischen
Einfluß. Die Wirkung des Kupfers beruht auf der Matrixhärtung. Obwohl die Sinterdichte
mit steigendem Kupferanteil abnimmt, steigt die Härte kontinuierlich mit dem Kupfergehalt
an. Es kann dabei wegen der Härtesteigerung davon ausgegangen werden, daß das Kupfer
in der Matrix vollständig gelöst ist. Auch die Dichteabnahme ist ein Hinweis hierauf.
Kupfer führt zu einer Dichteabnahme während des Sinterns, wenn es sich in der Matrix
löst und an den Stellen, an denen es ursprünglich vorlag, Poren zurückbleiben.
[0015] Die Kombination einer Bindephase aus Kupfer, Mangan oder Nickel bzw. Kombinationen
davon mit sehr harten HSS-Teilchen wurden auch schon untersucht (25). Die so erzeugte
Struktur ist duktiler als reiner HSS und bewährt sich gut für Verschleißanwendungen.
[0016] In vielen anderen Untersuchungen (26, 27, 28, 29) dient Kupfer als Modellwerkstofffür
Grundlagenuntersuchungen. Bemerkenswert erscheint der Befund, daß die Verschleißgeschwindigkeit
von Kupfer beim trockenen Gleiten gegen Eisen um den Faktor 5 unter der von Nickel
liegt (28). Dieses Ergebnis weist auf die geringe Adhäsionsneigung von Kupfer-Eisen-Paarungen
und die damit verbundenen guten Notlaufeigenschaften des Kupfers hin.
[0017] Molybdän findet sich in sehr vielen P/M-Stählen. Der Grund für die häufige Verwendung
von 0,5 % Molybdän ist sicher rein praktischer Natur. Im Handel befindliche Basiseisenpulver
enthalten 0,5 % Molybdän. Eine bewußte Beimischung geschieht nur in den seltensten
Fällen. Fe-P-Cu-Mo-Legierungen mit Cu-Gehalten bis 4 % und Mo-Gehalten von 2 % und
4 % wurden ebenfalls untersucht (17). Alle Legierungselemente wurden elementar beigemischt.
Die Proben mit 2 % Mo und 4 % Cu weisen nach einer einstündigen Sinterung bei 1200
C ein irreguläres zweiphasiges Gefüge auf. Bei Erhöhung des Mo-Gehaltes auf 4 % ist
diese Inhomogenität noch deutlicher. Kohlenstoff verlangsamt die Diffusion von Cu
in Fe, er verhindert aber nicht die vollständige Auflösung.
[0018] Zur Beherrschung des Verschleißes des Nocken-Gegenkörper-Systems sind zahlreiche
Versuche bekannt, die bisher alle auf der Erzeugung eines karbidreichen Gefüges basieren.
[0019] Von diesem Stand der Technik geht die Erfindung aus, die darauf abzielt, die Notlaufeigenschaften
eines Nockens zu verbessern, was gemäß der Erfindung dadurch gelingt, daß die Legierung
eine gehärtete Matrix mit eingelagertem Kupfer aufweist und aus 0,5 - 16 Gew.-% Molybdän,
1 - 20 Gew.- % Kupfer, 0,1 - 1,5 Gew.-% Kohlenstoff und gegebenenfalls aus Beimengungen
von Chrom, Mangan, Silizium und Nickel von in der Summe max. 5 Gew.-% und aus dem
Rest Eisen besteht. Die Beimengungen werden eingesetzt, um die Legierung dem Anwendungsfall
in Hinblick auf die Sekundärhärte, die Verformungsverfestigung und die Durchhärtbarkeit
anzupassen. Das Verfahren zur Herstellung eines solchen Nockens ist nun dadurch gekennzeichnet,
daß ein Sinterpulver aus 0,5 - 16 Gew.-% Molybdän, 1 - 20 Gew.-% Kupfer, 0,1 - 1,5
Gew.-% Kohlenstoff und gegebenenfalls aus Beimengungen von Chrom, Mangan, Silizium
und Nikkel von in der Summe max. 5 Gew.-% und aus dem Rest Eisen zu einem Nockenformling
mit einer Gründichte über 7 g/cm
3 verpreßt wird und bei Temperaturen unterhalb von 1150 ° C während einer Sinterzeit
von 10 bis 60 Minuten gesintert und anschließend vergütet wird.
[0020] Beispiel:
Auf der Basis eines vorlegierten Pulvers aus Eisen und Molybdän wurde eine Pulvermischung
mit 1,5 Gew.-% Molybdän, 10 Gew.-% Kupfer, 0,8 Gew.-% Kohlenstoff und dem Rest Eisen
hergestellt. Durch Pressen mit einem Druck von 1500 MPa wurden Nocken mit einer Gründichte
von 7,2 g/cm3 hergestellt. Durch Sintern bei 1120 0 C für 30 min wurde das Gefüge konsolidiert.
Ein anschließendes Vergüten durch Glühen bei 930 ° C für 60 min, Abschrecken in Öl
und Anlassen bei 150 C für 60 min wurde ein Gefüge erzeugt, das eine Oberflächenhärte
von 44,4 HRC (793 HVI) besitzt. Obwohl über 7 Vol.-% des Gefüges aus elementarem Kupfer
bestanden, wurde die hohe Härte erreicht. Die Nocken erwiesen sich im Prüfstand als
außerordentlich verschleißfest. Auch unter Bedingungen, bei denen Mangelschmierung
auftritt und die daher adhäsiven Verschleiß fördern, wiesen die Nocken ein ausgezeichnetes
Betriebsverhalten auf.
[0021] Die beigefügten Darstellungen zeigen ein Schliffbild eines erfindungsgemäßen Nockens,
der nach dem oben erläuterten Beispiel gefertigt ist. Fig. 1 ist eine Vergrößerung
im Maßstab 200 : 1; Fig. 2 eine Vergrößerung desselben Schliffbildes im Maßstab 500
: 1.
[0022] Das Schliffbild läßt ganz klar drei Phasen erkennen:
1. Martensit (grau)
2. Kupfer (hell)
3. Poren (schwarz)
[0023] Der Martensit hat eine sehr gleichmäßige Erscheinungsform. Inhomogenitäten sind nicht
zu erkennen. Das entspricht den Erwartungen, da ein vorlegiertes, also bereits homogenes
Pulver verwendet wurde.
[0024] Das Kupfer liegt in unregelmäßigen Flecken gleichmäßig über das Gefüge verteilt vor.
Die Größe der Kupferkörner liegt bei 10 bis 30 µm. Die Poren sind gut gerundet. Sie
sind bimodal verteilt. Ein Größenbereich liegt um den bei Stählen normalerweise beobachteten
Wert von 5 um, der zweite liegt um 50 um. Bei den großen Poren handelt es sich um
Sekundärporen, die durch das Auflösen von Kupfer entstehen.
[0025] Mit Hilfe von Mikrohärtemessungen wurden einzelne Phasen identifiziert. Für die hellen
Bereiche ergab sich eine Mikrohärte von unter 50 HV0,01. Da die Phase sehr fein verteilt
vorlag, waren die Eindruckdiagonalen fast so groß wie die Bereiche selbst, so daß
eine genaue Angabe der Mikrohärte nicht möglich ist. Die Härte von reinem Kupfer beträgt
34 HV (38).
[0026] Es ist damit sicher, daß es sich bei den hellen Bereichen um Kupfer und nicht etwa
um Karbide oder eine Legierung aus Kupfer und Eisen oder eine intermetallische Phase
aus Eisen und Molybdän handelt. An der Identität der Poren und des Martensits dürfte
ohnehin kein Zweifel bestehen. Die martensitischen Bereiche im Kern hatten eine Härte
von knapp 400 HV0,01. Die Makrohärte HV10 wurde zu 372 bestimmt. Die Härtewerte wurden
im Kern gemessen.
[0027] Mit Hilfe der quantitativen Stereologie (Punktanalyse (30)) wurde der Volumenanteil
des nicht gelösten Kupfers ermittelt. Es ergab sich ein Kupferanteil von 7,8 Vol.-%.
Der chemisch analysierte Kupfergehalt wurde zu 7,4 Gew.-% ermittelt. Die Dichte von
Kupfer ist etwas größer als die von Eisen, so daß sich ein gewichtsmäßig eher größerer
Anteil aus der stereologischen Analyse ergeben würde. Im Rahmen der immer gegebenen
Meßfehler können die Ergebnisse aus den beiden Analysen als gleich angesehen werden.
Das bedeutet, daß das Kupfer vollständig ungelöst vorliegt, die Matrix ist wahrscheinlich
völlig Cu-frei.
[0028] Der Volumenanteil der Poren wurde ebenfalls stereologisch und über gravimetrische
Dichtemessungen ermittelt. Es ergab sich ein übereinstimmender Wert von 6,5 %.
[0029] Die Legierung Fe/1,5Mo/10Cu/0,8C besteht neben einem geringen Porenanteil aus elementarem
Kupfer und Martensit, in dem nur verschwindend geringe Anteile von Kupfer gelöst sind.
Während die an der Oberfläche liegenden Poren die Schmierung etwas verbessern, dient
der Kupferanteil als Festschmierstoffzur Verbesserung der Notlaufeigenschaften. Der
Martensit bedingt den Widerstand gegen abrasiven Verschleiß.
[0030] Bei der Verwendung von anlegiertem Pulver sinken die Preßkräfte, und auch der Verschleiß
der Werkzeuge bei der Herstellung des Formlinges wird reduziert, und es können auch
leichter verschiedene Legierungsgehalte eingestellt werden. Es ist aber auch denkbar,
ein gemischtlegiertes Pulver einzusetzen, wobei aber unter Berücksichtigung der Diffusionseigenschaften
von Kupfer und Molybdän nicht auszuschließen ist, daß sich ein deutlich anderes Gefügebild
ergeben könnte, da sich dann Kupfer teilweise im Eisen lösen dürfte, so daß der Anteil
des freien elementaren Kupfers im Gefüge drastisch sinkt.
[0031] Die durch die erfindungsgemäßen Vorschläge erzielten Ergebnisse sind selbst für den
einschlägigen Fachmann überraschend. Nach den bisherigen Erfahrungen müßte sich ein
großer Teil des in der Legierung enthaltenen Kupfers auch nach relativ kurzen Sinterzeiten
und niedrigen Sintertemperaturen lösen. In einer grundlegenden Arbeit hat Bockstiegel
(20) gezeigt, daß der Auflösungsvorgang bei 1150 C bereits nach weniger als 30 min
vollständig abgeschlossen ist. Die Löslichkeit gibt Bockstiegel in Übereinstimmung
mit (36) zu 7,5 % an. Bei einem Kupfergehalt von 10 % dürften daher nach ausreichender
Sinterung nur noch 2,5 % unaufgelöstes Cu zu finden sein. Die quantitative Analyse
der Legierung hat aber gezeigt, daß praktisch das gesamte Kupfer unaufgelöst in der
Matrix vorliegt.
[0032] Hierfür kann wohl nur Molybdän verantwortlich gemacht werden. Die Unlöslichkeit von
Kupfer in Molybdän (34) legt die Vermutung nahe, daß Molybdän die Löslichkeit von
Kupfer in Eisen stark herabsetzt. Betrachtet man ein Phasendiagramm Fe-Mo, dann fällt
auf, daß bei 2,6 Gew.-% (1,5 At.- %) Mo im Bereich um 1100 ° C der Übergang vom Gamma-
ins a-Eisen stattfindet. Molybdän ist also ein sehr starker α-Öffner, d.h. der Stahl
liegt bevorzugt in der krz-Struktur vor.
[0033] Die Löslichkeit von Kupfer in Eisen ist aber in der a-Phase wesentlich geringer als
in der kfz Gamma-Phase: Während sich im Gamma-Eisen bis zu 7,5 Gew.-% lösen, beträgt
die maximale Löslichkeit in der a-Phase nur 1,4 Gew.-% (36). Dadurch, daß die a-Phase
durch das Molybdän (1,5 Gew.-%) weitestgehend stabilisiert wird, wird ein Eindiffundieren
des Kupfers weitestgehend verhindert. Völlig unlöslich ist Kupfer in Fe-Mo jedoch
offensichtlich nicht. Im System Fe-1%Mo wurde der Diffusionskoeffizient von Kupfer
gemessen (37), was darauf schließen läßt, daß eine endliche Löslichkeit für Kupfer
zumindest bei diesen kleinen Molybdän-Konzentrationen vorliegt.
[0034] Die Untersuchungsergebnisse weisen darauf hin, daß der Molybdängehalt in der richtigen
Größenordnung gewählt wurde. Ein Gehalt von 0,5 % reicht wahrscheinlich nicht aus,
um die Löslichkeit von Kupfer in dem hier beobachteten Maß zu erniedrigen. 0,5 % erscheint
daher als eine vernünftige Untergrenze.
[0035] Die Obergrenze wird eher durch wirtschaftliche Überlegungen festgesetzt. Der Mo-Gehalt
wird daher auf etwa 16 % beschränkt werden. Bei 16 Gew.-% Mo wird bei Sintertemperatur
(1120 C) das a-Gebiet verlassen, was zu einer Änderung des Verhaltens der Legierung
führen kann. Daher könnte diese Grenze als Obergrenze genannt werden.
[0036] Der Kupfergehalt muß so gewählt werden, daß er die erforderlichen Notlaufeigenschaften
garantiert. Die Untergrenze kann auf etwa 1 % festgelegt werden, da darunter die Wirkung
des Kupfers als Festschmierstoff kaum noch ausreichen wird. Als Obergrenze muß ein
Wert gewählt werden, bei dem noch ein ausreichender Teil des Gefüges in Form der harten
martensitischen Matrix vorliegt, um zu garantieren, daß die tragende Fläche noch genügend
groß bleibt. Größenordnungsmäßig kann dabei von einer Obergrenze um 20 % ausgegangen
werden.
[0037] Die erfindungsgemäße Legierung ist nur pulvermetallurgisch herstellbar. Das besondere
Gefüge, das aus einer martensitischen Matrix und elementarem Kupfer besteht, wird
durch den Sinterprozeß direkt erzeugt. Dabei wird die außerordentlich geringe Löslichkeit
von Kupfer in Fe-Mo ausgenutzt, wodurch der Kupferanteil praktisch vollständig als
Festschmierstoff zur Verfügung steht und auch nicht wie sonst bei Cu-legierten Werkstoffen
zur Schwellung führt. Daß sich bei Verwendung eines gemischt- oder diffusionslegierten
Pulvers ein vergleichbares Gefüge einstellt, kann angenommen werden.
[0038] Wie der Stand der Technik zeigt, sind zwar verschiedene Metalle als Festschmierstoffe
in gesinterten Werkstoffen bekannt, die Anwendung von Kupfer als Problemlösung für
das Nocken-Gegenkörper-System ist aber neu. Gegenüber einigen Verfahren, bei denen
der Festschmierstoff, z.B. Blei, durch Tränken in die Matrix eingebracht wird, hat
die erfindungsgemäße Legierung den Vorteil, daß das Kupfer von vorneherein im Werkstoff
enthalten ist. Es ist aber auch möglich, das Kupfer durch Tränken eines Formteiles
geringer Dichte einzubringen. Außerdem können eine gleichmäßige Kupferverteilung und
ein fester Kupfergehalt garantiert werden, wogegen beim Tränken der Volumenanteil
und die Verteilung durch die Verteilung und Größe der offenen Poren vorgegeben wird.
Diese ist aber wesentlich schwerer zu beeinflussen als die Größe, Menge und Verteilung
des Kupfers in der Pulvermischung, so daß die Prozeßsicherheit in dem hier vorgestellten
System erhöht wird.
[0039] Molybdän verhindert sehr wirkungsvoll das Auflösen des Kupfers in der Matrix, so
daß das Kupfer als Festschmierstoff zur Verfügung stehen kann. Durch den Einsatz eines
Festschmierstoffes wird ein Hauptproblem des Verschleißes im Nocken-Gegenkörper-System,
die Adhäsion, erfolgreich gelöst. Als positiven Zusatzeffekt verhindert das Molybdän
die sonst bei kupferlegierten Werkstoffen beobachtete Schwellung. Hierdurch werden
die Arbeitsgenauigkeit erhöht und die mechanischen Eigenschaften verbessert.
[0040] Werden die erfindungsgemäßen Vorteile insbesondere durch die Verwendung von vorlegiertem
Pulver erzielt, so ist es auch denkbar, ein vergleichbares Gefüge anders herzustellen:
Ein gemischtlegiertes Fe-C-Mo-Pulver wird zunächst durch Sintern verfestigt und homogenisiert.
Durch Wahl einer sehr geringen Gründichte verbleiben in dem Gefüge offene Poren, die
durch Tränken mit Kupfer geschlossen werden. Auch so kann ein vergleichbares Gefüge
erzeugt werden. Dabei kann auch bei dieser Verfahrensvariante von einem vorlegierten
Pulver ausgegangen werden.
[0041] Vorstehende Überlegungen, soweit sie sich auf die Verschleißeigenschaften von Nocken
beziehen, sind auch relevant für andere Formteile, die einem Verschleiß unterworfen
sind, beispielsweise Schlepphebel, Kipphebel usw., also Formteile, die auf Gleitverschleiß
beansprucht sind.
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