(19)
(11) EP 0 435 083 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
03.07.1991  Patentblatt  1991/27

(21) Anmeldenummer: 90124015.0

(22) Anmeldetag:  13.12.1990
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5F42B 12/10, F42B 12/18
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE IT LI NL

(30) Priorität: 23.12.1989 DE 3942841

(71) Anmelder: Dynamit Nobel Aktiengesellschaft
D-53839 Troisdorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Voss, Alfred
    W-5000 Köln 41 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Einstellbarer Abstandshalter auf einem Hohlladungsgefechtskopf, umschaltbar für Tiefen- oder Seitenwirkung


    (57) Bei einem Hohlladungsgeschoß mit einem Aufschlagzünder und einem Abstandshalter (6) vor der Hohlladung (1) ist bei ausgefahrenem Abstandshalter (6) die Ausbildung des Stachels und damit eine große Tiefenwirkung gewährleistet. Wenn jedoch der Abstandshalter (6) nicht oder nur teilweise ausgefahren wird, entfaltet ein solcher Gefechtskopf bei dünnerer (auch reaktiver) Panzerung eine wesentlich verstärkte Seitenwirkung. Die leichte Einstellbarkeit des Abstandshalters (6), üblicherweise von Hand, bedeutet also, daß dem Schützen zwei unterschiedlich wirksame Waffen für verschiedene Ziele in einem Gefechtskopf zur Verfügung stehen.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung richtet sich auf einen Gefechtskopf mit einer Hohlladung und einem Zünder in einem Gefechtskopfgehäuse und einem aus dem Gefechtskopfgehäuse in Flugrichtung ausfahrbaren Abstandshalter, wobei mit dem Auftreffen der Abstandshalterspitze auf dem Ziel die Zündung der Hohlladung ausgelöst wird.

    [0002] Aus der DE 3 727 652 C1 oder der DE 3 804 992 C1 ist ein Gefechtskopf mit einem ausfahrbaren Abstandshalter bekannt. Durch beim Abschuß erzeugte Trägheitskräfte wird der Abstandshalter ausgefahren, die Abstandshalterspitze wird dabei automatisch jeweils in die weitest mögliche Position vor den Hohlladungskegel gebracht. Beim Auftreffen der Spitze des Abstandshalters auf dem Ziel wird durch einen Aufschlagsensor (er kann auch im Zünder untergebracht sein und wird dann durch die durch den Abstandshalter laufende Schockwelle ausgelöst) in einem zeitlich festgelegten Abstand die Hohlladung gezündet. Mit solchen Geschossen lassen sich relativ enge Löcher in sehr dicken Betonwänden oder Panzerungen erzeugen. Wird mit einem solchen Gefechtskopf gegen dünner gepanzerte Objekte oder gegen Bunker und Befestigungen geschossen, so ist die Wirkung relativ gering, da der Hohlladungsstachel auf eine große Tiefenleistung ausgelegt ist und nicht in die Breite wirkt.

    [0003] Insbesondere wegen der Bedrohung durch Hohlladungsgeschosse wurde eine reaktive Panzerung entwickelt. Bei der reaktiven Panzerung sind auf der Außenseite des zu schützenden Objektes mit Sprengstoff belegte Platten angebracht; die vom Geschoß ausgelöste Zündung des Sprengstoffes führt zur Beschleunigung der Platten, die dann die Ausbildung des Hohlladungsstachels ganz erheblich stören, so daß sogar Objekte mit einer dünneren passiven Panzerung wirksam gegen Hohlladungsstachel geschützt werden können. Bei so geschützten Objekten muß ein Geschoß zunächst die Sprengstoffbelegung abräumen.

    [0004] Ein in der DE 3 804 992 C1 beschriebener Gefechtskopf enthält in einem ausfahrbaren Abstandshalter eine Vorhohlladung (Tandemgefechtskopf); die Vorhohlladung wird vor der Haupthohlladung gezündet.

    [0005] Aufgabe der Erfindung ist es, einen Gefechtskopf mit einem Hohlladungsgeschoß zu schaffen, der auf die Art der passiven Panzerung eingestellt werden kann, d. h. an einem einheitlichen Gefechtskopf soll einstellbar sein, ob entweder eine sehr hohe Durchschlagsleistung, beschränkt auf einen relativ schmalen Kanal, erzeugt werden soll oder in eine dünnere Panzerung oder in ein Mauerwerk ein großes Loch geschossen werden soll. Darüber hinaus sollte diese Einstellbarkeit auch für ein Tandemgeschoß gegeben sein, das vor der (Haupt-) Hohlladung eine Vor(hohl)ladung, üblicherweise zum Auslösen des Sprengstoffes in reativer Panzerung, aufweist und bei dem auch die Breitenwirkung zu Lasten der Tiefenwirkung verstärkbar sein sollte.

    [0006] Die Aufgabe wird von einem Gefechtskopf der obengenannten Art dadurch gelöst, daß unabhängig von anderen Gefechtskopffunktionen ein partielles oder volles Ausfahren des Abstandshalters am Gefechtskopf oder auch das Verbleiben des Abstandshalters vor der Hohlladung möglich ist, und der Abstandshalter in der jeweiligen ganz oder teilweise ausgefahrenen Stellung fixierbar ist.

    [0007] In einer bevorzugten Weiterbildung ist im Abstandshalter zusätzlich eine Vorladung, bevorzugt eine Vorhohlladung, untergebracht, wobei auch bei einem solchen Gefechtskopf der Abstandshalter (üblicherweise per Hand unmittelbar vor dem Schuß) ganz oder teilweise oder auch nicht von dem Schützen herausziehbar und in der ganz oder teilweise ausgefahrenen Stellung am Gefechtskopfgehäuse fixierbar ist.

    [0008] Bei allen bekannten Hohlladungsgeschossen mit ausfahrbarem Abstandshalter (Spike) sind eine aufwendige störanfällige mechanische Einrichtung zum Ausfahren und eine Steuereinrichtung erforderlich. Es ist nicht möglich, die Wirkung solcher Gefechtsköpfe an die Art der Panzerung des Objektes anzupassen. Mit der erfindungsgemäßen Waffe hat der Schütze einen einfach einstellbaren Gefechtskopf, der für zwei Arten von Panzerungen jeweils optimal einzusetzen ist.

    [0009] Grundsätzlich kann das partielle oder volle Ausfahren des Abstandshalters "automatisch" erfolgen, d. h. durch ein üblicherweise elektrisches Signal beim Abschuß in Verbindung mit einer Kontroll- oder Verzögerungseinrichtug kann der Abstandshalter beispielsweise durch Zünden eines pyrotechnischen Kraftelements bewegt werden. Solche Einrichtungen sind aber störanfällig und bedeuten ein zusätzliches Gewicht und mehr Aufwand. Besonders günstig ist es bei der erfindungsgemäßen Vorrichtung, daß die mechanische Einstellbarkeit des Abstandshalters und dessen Arretierung per Hand durch den Schützen unmittelbar vor dem Abschuß einfach möglich ist. Das Ausfahren kann ohne Problem jederzeit auch rückgängig gemacht werden.

    [0010] Eine besonders bevorzugte Ausführungsform ist dadurch gekennzeichnet, daß neben der (Haupt-) Hohlladung im Abstandshalter ein Sprengkörper als Vorladung, bevorzugt eine Vorhohlladung, eingebaut ist. Bei einem solchen Gefechtskopf mit einer Tandemladung ist das Durchdringungsvermögen des Stachels der Haupthohlladung gegen rein passive Panzerungen noch größer. Bei reaktiver Panzerung wird durch die Vorladung die reaktive Panzerung ausgeschaltet, so daß die Haupthohlladung ungestört gegen die passive Panzerung wirken kann. Ein solcher Tandemgefechtskopf kann erfindungsgemäß, wie oben beschrieben, für beide Arten der Panzerung wirkungsvoll eingesetzt werden, wenn der Abstand, wie weit die Abstandshalterspitze aus dem Gefechtskopf ragt, unkritisch, schnell und sicher kurzfristig vor dem Schuß vorgegeben werden kann.

    [0011] Die bewußte Verhinderung der normalen Ausbildung des Stachels der Haupthohlladung, d. h. das "zu späte" Zünden der Hohlladung ist bei weniger starker Panzerung erforderlich und besonders vorteilhaft. Sowohl bei "einfachen" Hohlladungsgefechtsköpfen als auch bei Tandemgefechtsköpfen hat man erfindungsgemäß entweder eine vollwertige, in die Tiefe wirkende Hohlladung oder eine Waffe mit abräumender und auch seitlich die Durchschlagstelle aufreißender Wirkung.

    [0012] Die Erfindung ist in der folgenden Zeichnung weiter beispielhaft erläutert. Es zeigen:
    Figur 1
    Hohlladungsgeschoß mit eingefahrenem Abstandshalter;
    Figur 2
    Hohlladungsgeschoß mit ausgefahrenem Abstandshalter;
    Figur 3
    Hohlladungsgeschoß mit Vorhohlladung und eingefahrenem Abstandshalter;
    Figur 4
    Hohlladungsgeschoß mit Vorhohlladung und ausgefahrenem Abstandshalter.


    [0013] Alle vier Figuren zeigen einen Hohlladungsgefechtskopf, der bei rechtzeitiger Zündung und ausreichend freiem Raum zur Ausbildung des Hohlladungsstachels ein sehr tiefes Loch in einer Panzerung erzeugen kann. Eine Hohlladung 1 mit einer Einlage 2 in einem Gehäuse 3 ist durch einen am Boden einschraubbaren Zünder 4 initiierbar. Der Zünder 4 enthält einen elektrischen Wandler zur Erzeugung einer Zündspannung, einen Detonator und einen Booster. Die Zündspannung entsteht, wenn eine beim Aufschlag der Abstandshalterspitze 5 auf dem Ziel entstehende Schockwelle über den ringförmigen Abstandshalter 6 und das Gehäuse 3 in den Zünder 4 einläuft. Die Zündung der Hohlladung 1 könnte in bekannter Weise auch anders initiiert werden, beispielsweise durch einen Sensor, der in der Abstandshalterspitze 5 eingebaut ist und dessen Signal von da über elektrische Kabel in den Zünder 4 weitergeleitet wird. Der Abstandshalter 6 ist dabei so dimensioniert, daß sich in dem freien Raum 8 über der Einlage 2 ein Hohlladungsstachel ungestört ausbilden kann.

    [0014] In jeder gewünschten Stellung soll der Abstandshalter 6 mit einer Abstandsrohrführung 7 verriegelbar sein, z. B. durch einen Schnapp- oder einen Bajonettverschluß. In vielen Fällen wird auf Zwischenstellungen des Abstandshalters 6 zu verzichten sein, d. h. das Abstandshalterrohr soll entweder voll ausgefahren sein, damit möglichst viel Raum und Zeit zur Ausbildung des Hohlladungsstachels zur Verfügung steht oder der Abstandshalter 6 wird überhaupt nicht (wie in Figur 1 oder 3) herausgezogen, so daß die Tiefenwirkung schlecht ist, jedoch bei der "zu späten" Detonation des Spengstoffes der Hohlladung 1 eine erheblich stärkere seitliche Wirkung erreichbar ist und damit bei weniger starker Panzerung oder in Mauerwerk mannsgroße Löcher aufgerissen werden können.

    [0015] In den Figuren 3 und 4 ist ein Tandemgefechtskopf mit einer Vorladung, hier mit einer Vorhohlladung 10, wie beispielsweise aus der DE 3 804 992 C2 bekannt, mit eingezogenem und voll ausgefahrenem Abstandshalter 6 dargestellt. Die Vorhohlladung 10 wird vor der Hohlladung 1 gezündet. Der Gefechtskopf gemäß Figur 4 ist durch eine besonders hohe Durchschlagsleistung bei sehr massiver passiver Panzerung ausgezeichnet, allerdings bildet sich nur ein relativ enger Durchschlagskanal aus. Ein solcher Gefechtskopf zeigt erfindungsgemäß bei dünneren Panzerungen, auch mit reaktiven Vorpanzerungen, eine sehr große Wirkung, wenn der Abstandshalter 6 nicht oder nur zu einem Teil ausgefahren wird (Figur 3).

    [0016] Die Zündzeitpunkte der Vor- und der Hauptladung sind entsprechend den Erfordernissen des jeweiligen Gefechtskopfes festgelegt.

    [0017] Es hat sich gezeigt, daß es möglich aber nicht erforderlich ist, die relativen Zündzeitpunkte zwischen Vorhohlladung und Haupthohlladung bei wenig oder nicht ausgefahrenem Abstandshalter 6 zu ändern. Wenn ein Gefechtskopf gemäß Figur 3 vor allem abräumen muß, ist der zeitliche Zündabstand zwischen den Hohlladungen nicht kritisch.


    Ansprüche

    1. Gefechtskopf mit einer Hohlladung (1) und einem Zünder (4) in einem Gefechtskopfgehäuse (3) und einem aus dem Gefechtskopfgehäuse (3) in Flugrichtung ausfahrbaren Abstandshalter (6), wobei mit dem Auftreffen der Abstandshalterspitze (5) auf dem Ziel die Zündung der Hohlladung (1) ausgelöst wird, dadurch gekennzeichnet, daß unabhängig von anderen Gefechtskopffunktionen ein partielles oder volles Ausfahren des Abstandshalters (6) am Gefechtskopf oder auch das Verbleiben des Abstandshalters (6) vor der Hohlladung (1) möglich ist, und der Abstandshalter (6) in der jeweiligen ganz oder teilweise ausgefahrenen Stellung fixierbar ist.
     
    2. Gefechtskopf nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß im Abstandshalter (6) eine Vorladung, bevorzugt eine Vorhohlladung (10) angebracht ist.
     




    Zeichnung