[0001] Langgestreckte Werkstücke, z. B. Stabe oder Rohre mit unzulässigen Abweichungen in
der Geradheit werden im Fertigungsfluß üblicherweise mittels einer Kontinuierlich
arbeitenden Richtmaschine, wie z. B. Rollenrichtmaschine. gerichtet. Bei diesem Richtprozeß
werden krummliegende Enden nur teilweise oder gar nicht erfaßt. Bei Werkstücken mit
gegenüber dem übrigen Bereich unterschiedlichen Querschnitten an den Enden, wie zum
Beispiel angestauchte Rohrenden, versagt das bisher bekannte kontinuierliche Verfahren
ganz. Aus diesem Grunde müssen solche Werkstücke, die laut Spezifikation oder bedingt
durch die Vorgaben der Weiterverarbeitung nur eine eingeschränkte Geradheitsabweichung
aufweisen dürfen, daher mit Stempelrichtpressen von Hand nachgerichtet werden. Dieses
verfahren ist aufwendig und erfordert einen entsprechend geschulten Bedienungsmann
mit einem guten Augenmaß. Außerdem muß für das beim Richten erforderliche Drehen des
Werkstückes eine entsprechende Vorrichtung zum Handhaben der zum Teil schweren Einzelstücke
vorhanden sein, sei es ein kran oder ein Hebezeug oder etwas Vergleichbares.
[0002] Aus der DE 19 01 184 ist eine Vorrichtung zum dynamischen Auswuchten von Werkstücken
bekannt, mit einer angetriebenen und bezüglich ihrer Exzentrizität verstellbaren kurbelwelle,
die über einen Kurbelarm fest mit dem Werkstück verbunden ist. Das Werkstück ist an
seinen Enden fest gelagert und die Werkstückachse wird an der Einspannstelle des Kurbelarmes
über die Elastizitätsgrenze des Werkstückes hinausgehend umlaufend ausgelenkt. Die
umlaufende Auslenkung erfolgt dabei ohne Drehung des Werkstückes um seine eigene Achse.
[0003] Nachteilig bei dieser Vorrichtung ist der unverhältnismäßig große konstruktive Aufwand
für die Veränderung der Exzentrizität der Kurbelwelle. Außerdem ist die Vorrichtung
nicht für das Richten der Enden langgestreckter Werkstücke geeignet.
[0004] Aufgabe der Erfindung ist es, eine konstruktiv einfache Vorrichtung anzugeben, mit
der in wirksamer Weise die Enden langgestreckter Werkstücke gerichtet werden können.
[0005] Diese Aufgabe wird mit den im kennzeichnenden Teil der Ansprüche 1 und 3 angegebenen
Mitteln gelöst. Vorzugsweise Ausgestaltungen ergeben sich aus den Unteransprüchen.
[0006] Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird bei stillstehendem Werkstück mindestens
ein im Endenbereich ausgesuchter Querschnitt einer an- bzw. abschwellenden Biegewechselbeanspruchung
unterworfen. Dabei wird die Biegebeanspruchung so gewählt, daß der ausgesuchte Querschnitt
bis in den plastischen Bereich verformt wird. Ein wesentliches Merkmal des Verfahrens
ist, daß die sich aus der Biegebeanspruchung ergebende maximale Durchbiegung, die
in Abhängigkeit vom verwendeten Werkstoff vorgegeben werden kann, ein- oder mehrmal(s)
um die Werkstückachse umläuft. Der Richtprozeß selbst kann in verschiedener Art und
Weise ablaufen, je nachdem , ob die maximale Durchbiegung kurzzeitig oder erst allmählich
aufgebracht wird. Im ersteren Fall wird nach einem Zentrieren des Werkstückes dieses
schlagartig mit der maximalen Durchbiegung beaufschlagt, die dann ein- oder mehrmal(s)
um die Werkstückachse umläuft. Danach erfolgt die schlagartige Entlastung. Im zweiten
Fall wird nach dem Zentrieren das Werkstück mit einer bestimmten Durchbiegung beaufschlagt,
die dann in der beschriebenen Weise umläuft, wobei während des Umlaufens die Biegebeanspruchung
fortlaufend und kontinuierlich gesteigert wird, bis die maximale Durchbiegung erreicht
ist. Diese wird dann über eine bestimmte Umlaufstrecke gehalten, danach erfolgt die
stetige Reduzierung der Biegebeanspruchung bis zur völligen Entlastung des Werkstückes.
Das erfindungsgemäße Verfahren ist sowohl für kalte als auch für erwärmte Werkstücke
anwendbar.
[0007] Die Vorrichtung besteht aus mindestens drei vorzugsweise vier symmetrisch um eine
gemeinsame Achse angeordneten Stößeln, die jeweils mit einer Kolben-Zylindereinheit
verbunden sind. Die Kolben- und Zylindereinheiten sind weg- und zeitabhängig steuerbar
und der Kolben führt während des Richtens über die Zeit gesehen eine sinusförmige
Bewegung aus. Die Kolben-Zylindereinheiten sind steuermäßig miteinander verknüpft,
so daß sie phasenversetzt zueinander arbeiten können.
[0008] Der Vorteil der Vorrichtung bzw. des Verfahrens liegt darin, daß das Werkstück während
des Richtprozesses stillsteht und und keine rotierenden Werkzeuge mit einer aufwendigen
Konstruktion erforderlich sind. Das Verfahren kann automatisch ablaufen und ist leicht
in einem Bypass einer Fertigungsstraße zu integrieren. Durch die Verwendung von entsprechend
dimensionierten Hydraulikzylindern ist die Vorrichtung ohne Umbau auf verschiedene
Werkstückabmessungen schnell und einfach einstellbar. Die gewünschte maximale Durchbiegung
kann je nach verwendetem Werkstoff frei gewählt werden.
[0009] In der Zeichnung werden das Verfahren und die Vorrichtung näher erläutert.
[0010] Es zeigen:
- Figur 1
- einen Längsschnitt durch die erfindungsgemäße Vorrichtung
- Figur 2
- einen Querschnitt entlang der Linie A-A in Figur 1
- Figur 3
- eine schematische Darstellung der maximalen Durchbiegung f
- Figur 4
- eine grafische Darstellung des gesamten Richtprozesses
- Figur 5
- eine grafische Darstellung des Verlaufes der maximalen Durchbiegung f.
[0011] In Figur 1 ist in einem Längsschnitt die erfindungsgemäße Vorrichtung in einer vereinfachten
Form dargestellt, wobei auf die Darstellung der üblicherweise dazugehörigen Anlagenteile
verzichtet wurde. Das in einer nicht näher dargestellten Vorrichtung 3 eingespannte
Rohr 1 weist ein angestauchtes Ende 2 auf, dessen Geradheit nicht den Lieferbedingungen
entspricht und deshalb gerichtet werden soll. Dazu sind, wie Figur 2 zeigt, symmetrisch
um eine gemeinsame Achse 4 vier Stößel 5,6,7,8 um das angestauchte Ende 2 des Rohres
1 angeordnet. Die Stößel 5 bis 8 sind jeweils mit einer hier nur angedeuteten Kolben-Zylindereinheit
verbunden, die wegen der grafischen Darstellung des Richtprozesses in Figur 4 mit
den römischen Zeichen I bis IV versehen sind. Die radiale Verfahrbarkeit der Stößel
5 bis 8 ist durch den jeweils eingezeichneten Pfeil 9 gekennzeichnet.
[0012] In Figur 3 ist schematisch die umlaufende maximale Durchbiegung f dargestellt. Der
Drehpfeil 10 soll den Umlauf der Durchbiegung f veranschaulichen. Die gestrichelt
dargestellte Stellung der Stößel 5 bis 8 zeigt den Ausgangspunkt des Rohres 1 nach
der Zentrierung. Der Versatz des Mittelpunktes 11 kennzeichnet für dieses Beispiel
die maximale Durchbiegung f, die gerechnet von der Sechsuhrlage bereits einen Winkelbetrag
von 45 Grad durchlaufen hat. Dieser Umlauf 10 wird durch den in Figur 4 grafisch dargestellten
Richtprozeß erzeugt. In der grafischen Darstellung ist auf der Ordinate der Hub des
Kolbens der jeweiligen Kolben-Zylindereinheit I bis IV abgetragen, wobei dieser Hub
mit dem radialen Verfahrweg des dazugehörigen Stößels 5 bis 8 korrespondiert. Der
positive Betrag soll, wie durch die Pfeile angedeutet, eine Bewegung des Kolbens bzw.
des Stößels zur Mitte 11 hin bedeuten und der negative Betrag die umgekehrte Richtung.
[0013] Die erste Phase des Richtprozesses, das Zentrieren, bedeutet ein Zufahren aller Kolben
I bis IV in Richtung Mitte 11 hin. Danach beginnt die Anlaufphase, d. h. der Kolben
I bewegt sich in Richtung Mitte 11 hin und korrespondierend dazu der gegenüberliegende
Kolben III von der Mitte weg. Sobald der Kolben I das Maximum des sinusförmigen Hubverlaufes
erreicht hat, weist das Rohr 1 auch die vorgegebene maximale Durchbiegung f auf. Von
hier an beginnt das eigentliche Richten, indem die maximale Durchführung f im Uhr-
oder Gegenuhrzeigersinn umläuft. Dies wird dadurch erreicht, daß phasenversetzt zum
Kolben I der Hub des Kolbens II und korrespondierend dazu in entgegengesetzter Richtung
der Hub des Kolbens IV einsetzt. Nach ein- oder wie in diesem Beispiel zweimaligem
Umlauf fällt in der Auslaufphase die Hubbewegung auf Null und durch anschließendes
Auffahren aller vier Kolben I bis IV, d. h. von der Mitte 11 weg, wird das gerichtete
Ende 2 des Rohres 1 freigegeben.
[0014] In Figur 5 sind ergänzend zu Figur 4 grafisch zwei unterschiedliche Verläufe der
maximalen Durchbiegung f dargestellt. Im Teilbild a sind die zwei bestimmenden Parameter,
d. h. die Durchbiegung f und der Umlaufwinkel alpha beispielsweise für ein Rohr eingetragen.
Im Teilbild b ist die Variante dargestellt, wenn die maximale Durchbiegung f in kürzester
Zeit, d. h. mit einem sehr steilen Anstieg 12 aufgebracht wird und dann der bereits
beschriebene Umlauf stattfindet. Am Ende des Umlaufes erfolgt der steile Abfall 13
bis hin zur völligen Entlastung des Rohres 1. Demgegenüber setzt bei der im Teilbild
c dargestellten Variante der Umlauf sofort nach Aufbringung der anfänglichen Durchbiegung
f ein, wobei fortlaufend mit weiterem Umlauf diese Durchbiegung auf den Maximalwert
14 ansteigt. Dieser Maximalwert 14 wird, vergleichbar wie im Teilbild b schon dargestellt,
mindestens über eine volle Umdrehung aufrechterhalten. Danach erfolgt der langsam
gesteuerte Abfall 15 bis hin zur völligen Entlastung des Rohres 1.
1. Vorrichtung zum Richten der Enden langgestreckter Werkstücke, insbesondere Rohre,
mit Mitteln zum Erzeugen einer Auslenkung der Werkstückachse in eine Umlaufbahn über
die Elastizitätsgrenze des Werkstückes hinaus, wobei die umlaufende Auslenkung ohne
Drehung des Werkstückes um seine eigene Achse erfolgt,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Mittel mindestens drei symmetrisch um eine gemeinsame Achse (4) angeordnete
in radialer Richtung (9) bewegbare Stößel (5-8) aufweist, die jeweils mit einer weg-
und zeitabhängig steuerbaren Kolben-Zylindereinheit (I-IV) verbunden sind und die
Stößel (5-8) durch eine steuerungsmäßige Verknüpfung der Kolben-Zylindereinheiten
(I-IV) miteinander während des Richtvorganges phasenversetzt eine sinusförmige Hubbewegung
ausführen.
2. Vorrichtung nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß vier Stößel (5-8) symmetrisch verteilt um die gemeinsame Achse (4) angeordnet
sind.
3. Verfahren zum Richten der Enden langgestreckter Werkstücke, insbesondere Rohre, bei
dem ohne Drehung des Werkstückes um seine eigene Achse die Werkstückachse über die
Elastizitätsgrenze des Werkstückes hinaus umlaufend ausgelenkt wird unter Verwendung
einer Vorrichtung gemäß dem Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß die vorgegebene maximale Durchbiegung über mindestens einen Umlauf aufrechterhalten
wird.
4. Verfahren nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß nach einem Zentrieren das Werkstück schlagartig bis zum Erreichen der vorgegebenen
maximalen Durchbiegung beansprucht wird und diese maximale Durchbiegung ein- oder
mehrmals um die Werkstückachse umläuft und anschließend das Werkstück kurzzeitig entlastet
wird.
5. Verfahren nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß nach einem Zentrieren das Werkstück mit einer von Null verschiedenen Biegebeanspruchung
beaufschlagt wird und die sich ergebende Durchbiegung um die Werkstückachse umläuft
und beim Umlauf die Durchbiegung fortlaufend gesteigert wird, bis die vorgegebene
maximale Durchbiegung erreicht ist und diese für eine bestimmte Umlaufstrecke gehalten
und anschließend die Durchbiegung bis zur völligen Entlastung des Werkstückes stetig
reduziert wird.