[0001] Die Erfindung betrifft eine Steuereinrichtung für eine kontinuierliche, mehrgerüstige
Walzstraße, insbesondere Stabstahlstraße, die einen Rechner mit Speicher für walzprogrammspezifische
Größen, z.B. Drehzahlsollwerte, Ankerströme und Austrittsquerschnitte sowie zur Errechnung
abgeleiteter Größen, z.B. die Walzgut-Zugspannungen zwischen den Gerüsten, aufweist.
[0002] Aus der DE-28 00 197 A1 ist als nahestehender Stand der Technik ein Verfahren und
eine Anordnung zur Regelung der Walzgut-Zugspannungen zwischen den Walzgerüsten einer
Tandemwalzstraße bekannt, bei denen die Zugspannung im Walzgut aufgrund der erfaßten
Walzkraft und des erfaßten Walzmomentes berechnet und über Zugspannungs-Regel-Kompensationssignale,
die die Abweichung der Zugspannung kompensieren, auf einen konstanten Wert geregelt
wird. Zur Regelung wird der Bezugs-Hebelarm für ein i-tes Walzgerüst berechnet und
in einem Speicher gespeichert und für die Regelung der Walzgut-Längsspannung zwischen
dem i-ten und (i+1)ten Walzgerüst verwendet, wobei der Bezugshebelarm und mehr als
eine der physikalischen Größen des Walzprozesses einschließlich der Walzgutstärke
am Eingang und Ausgang des i-ten Walzgerüsts, des Walzspalts des i-ten Walzgerüsts
und der Walzkraft am i-ten Walzgerüst benutzt werden. Dabei wird die Zugspannung auf
der Basis des berechneten Hebelarms und der erfaßten Werte der Walzkraft und des Walzmoments
berechnet.
[0003] Eine derartige Regelung ist für gewisse Anwendungsfälle, insbesondere beim Walzen
von Profilen oder Stäben, zu aufwendig. Dies gilt insbesondere für die Modernisierung
bereits bestehender, relativ langsam arbeitender Walzwerke.
[0004] Es ist Aufgabe der Erfindung, eine Steuereinrichtung für die Walzgut-Zugspannungen
in einer Ausbildung, die als Minimalzugregelung wirkt, anzugeben, die erheblich kostengünstiger
als die bekannten Minimalzug-Regeleinrichtungen ist und sich besonders für Stab- und
Profilstahlstraßen eignet. Vorteilhaft soll insbesondere vermieden werden, daß die
Walzstraße über die üblichen Fotozellen sowie Strom-und Spannungsmeßgeräte hinaus,
mit aufwendigen, Kräften messenden Sensoren, z.B. für die Walzkraft oder den Walzkraft-Hebelarm,
ausgerüstet werden muß.
[0005] Die Aufgabe wird in überraschend einfacher Weise dadurch gelöst, daß zur Minimalzugregelung
die Drehzahlen der einzelnen Gerüste der Walzstraße über Drehzahl-Zusatzsollwerte
gesteuert werden, wobei diese nach einer vorgegebenen Rechenregel, unter Berücksichtigung
von gespeicherten Erfahrungswerten, gebildet werden. Lediglich ein relativ einfacher
Rechner mit Speicher ist notwendig, der die sich im Betrieb ergebenden wesentlichen
elektrischen Werte einer Walzstraße speichert und zum Gebrauch auswertet, wobei die
Auswertung zu einem Minimalzug-Regelverhalten führt.
[0006] In Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, daß die Erfahrungswerte durch ein
Hilfsprogramm ermittelt, abgespeichert und unter fortlaufender Korrektur zur Steuerung
des Walzvorganges verwendet werden. Durch die fortlaufende Korrektur, d.h. ein lernendes
Verhalten, wirkt die erfindungsgemäße Steuereinrichtung wie ein Regelverfahren mit
einem geschlossenen Regelkreis und erreicht somit eine einfache, automatische, zugoptimale
Einstellung einer Walzstraße. Lediglich die Ansprechzeit der Regelung ist höher als
bei einer Direktregelung mit Sensoren, dies kann aber häufig, insbesondere bei Stab-
und Profilstahlstraßen, in Kauf genommen werden, da sich hier geringe Abweichungen
von dem optimalen Minimalzug nicht so störend auswirken wie in Blechwalzstraßen.
[0007] In weiterer Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, daß die Drehzahlzusatzsollwerte
nach der Rechenregel

gebildet werden, wobei K
E aus den gespeicherten Erfahrungswerten ermittelt wird. Der Erfahrungswert K
E wird dabei in Form einer prozentualen Drehzahländerung je N/mm² und ΔJ

in Form eines spezifischen Zuges in ebenfalls N/mm² eingegeben und im Rechner in
Stromgrößen umgeformt. So ergibt sich eine Zugregelung, insbesondere eine Minimalzugregelung,
die unter Berücksichtigung der im Stab herrschenden Zugspannungen arbeitet. Durch
die prozentuale Drehzahländerung, ihre Größe bewegt sich im Bruchteilsbereich eines
Prozents, wird eine genaue Regelung erreicht, die insbesondere den Anforderungen von
Stab- und Profilstahlstraßen Rechnung trägt, aber auch bei Blechwalzstraßen zur Anwendung
kommen kann. Wie sich gezeigt hat, führt der sich einstellende längere Regelzyklus
unter Normalbedingungen nicht zu Toleranzüberschreitungen.
[0008] Zur Durchführung der Erfindung ist vorgesehen, daß der Ankerstrom J
A gefiltert, insbesondere einer Filterung in einem Butterworth-Filter oder ähnlichem
Filter, unterzogen wird. So ergibt sich eine sehr vorteilhafte Glättung des Ankerstromes
und man erhält einfach einen repräsentativen Strommittelwert für die weiteren Rechnungen.
[0009] In der erfindungsgemäß verwendeten, o.g. einfachen Rechenregel zur Bildung der Drehzahlzusatzsollwerte
n

% über den Erfahrungswert K
E bezeichnet J
A1 den Ankerstrom vor dem Anstich im Folgegerüst, d.h. ohne Beeinflussung durch das
Folgegerüst, J
A2 den Ankerstrom nach dem Anstich im Folgegerüst, d.h. mit Einfluß des Folgegerüstes
und ΔJ

den Zugstromsollwert, der separat, in der Regel vorab, ermittelt wird. Dies geschieht
aus gespeicherten Walzdaten und den festen Walzstraßenparametern, wie Getriebeübersetzung,
Feldschwächverhältnis etc.
[0010] Weitere Vorteile und Einzelheiten ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung
von Ausführungsbeispielen, anhand der Zeichnung und in Verbindung mit den Unteransprüchen.
In der Zeichnung zeigen:
- FIG 1
- die schematische Darstellung einer Walzstraße mit der Steuerung eines Gerüstes bei
größeren Walzgutgeschwindigkeiten,
- FIG 2
- die schematische Darstellung einer Walzstraße mit der Steuerung eines Gerüstes bei
kleineren Walzgutgeschwindigkeiten und
- FIG 3
- die Prinzipdarstellung der erfindungsgemäßen Steuereinrichtung.
[0011] In FIG 1 sind die einzelnen Walzgerüste mit 1 und einem Index bezeichnet. Sie werden
nacheinander von dem symbolisch dargestellen Walzgut in Pfeilrichtung durchlaufen.
Die Minimalzugsteuerung durch die Steuereinrichtung 2 ist in diesem Beispiel zwischen
den Walzgerüsten 1
m und 1
m+1 dargestellt. Am Walzgerüst 1
m wird der Ankerstrom J
A1 und J
A2 gemessen und über den Signalweg 12 der Steuereinrichtung 2 aufgegeben. In der Steuereinrichtung
2 wird der Drehzahlzusatzsollwert n

% ermittelt und über den Signalweg 13 dem Gerüst 1
m+1 aufgegeben. Die Durchlaufzeit des Walzgutes zwischen den Gerüsten 1
m und 1
m+1 ist in eine Beruhigungszeit t
A1 zum Ausregeln des Anstichstoßes im Gerüst 1
m und eine Sicherheitszeit t
S1 aufgeteilt, wobei nach der Beruhigungszeit t
A1 die Sollwertänderung für das folgende Gerüst 1
m+1 ermittelt wird. Die Regelrichtung wird durch die strichlierte Linie 14 angegeben,
kann aber auch entsprechend der strichlierten Linie 14', also entgegengesetzt, verlaufen.
[0012] Die Verstellung der einzelnen Gerüste erfolgt bei hohen Walzgutgeschwindigkeiten,
z.B. bei Walzgutkopflaufzeiten von Gerüst zu Gerüst unter ein bis zwei Sekunden, jeweils
so, daß der Drehzahlzusatzsollwert erst beim nächsten Walzgutdurchlauf geändert wird.
Der Regelzyklus erstreckt sich also von Stab zu Stab.
[0013] In FIG 2, in der die Walzgerüste mit 1
n bezeichnet sind, ist die Anordnung und Arbeitsweise der Steuereinrichtung 2 im Prinzip
entsprechend FIG 1, jedoch erfolgt hier die Beeinflussung des nächstfolgenden Gerüstes
1
n+1 bereits während des gleichen Walzgutdurchlaufes. Ermöglicht durch die niedrigere
Walzgutgeschwindigkeit wird hier in einer Beruhigungszeit t
A1 zunächst der Anstichstoß von Gerüst 1
n ausgeregelt, der Stromwert in der Steuereinrichtung 2
n-1 gespeichert und eine Verstellung durchgeführt. Der dadurch entstehende erneute Laststrom
wird in der Beruhigungszeit t
B1 ausgeregelt und der Strom J
A1 für die Rechnungen der Minimalzugregelung 2
n abgespeichert. Auch hier ist eine Sicherheitszeit t
S1 vorgesehen, die eine zeitliche Überlappung vermeidet.
[0014] In FIG 3 bezeichnet 2 ebenfalls die erfindungsgemäße Steuereinrichtung, in dessen
Rechnerteil 2' eine Walzgutwegnachbildung als Modell enthalten ist. Weiterhin weist
die Steuereinrichtung 2 einen Sollwertstellteil 2'' auf, in dem der Drehzahlsollwert
n* gebildet wird, dessen Signal mit 11 bezeichnet ist. 2''' bezeichnet die Parametereingabeeinheit
der Steuereinrichtung 2, der über den Signalweg 8 Signale aus einer Tastatur oder
einem Monitor aufgegeben werden. Der Walzgutwegnachbildung werden über diverse Fotozellen
etc. über den Signalweg 9 die jeweilige Position des Walzgutes eingegeben. So kann
der Rechner 2 die, über das vorzugsweise sechspolige Butterworth-Filter 10 eingegebenen
Ankerströme, aufgeteilt in den zuglosen Zustand und den zugbehafteten Zustand, in
die Speicher 3 und 4 positionsbezogen eingeben.
[0015] Aus den Speichern 3 und 4 gelangen die Signale der Ankerströme für den zuglosen und
den zugbehafteten Zustand in die Differenzbildungs-Einrichtung 5, der auch der Zugstromsollwert
ΔJ

, ein Erfahrungswert, der drehzahl- und walzprogrammabhängig ist, aus der Parametereingabe
2''' aufgegeben wird. In der Einheit 5 wird aus diesen Daten der Zugstromfehler ΔJ
A ermittelt und zusammen mit dem Erfahrungswert K
E dem Multiplikator 6 aufgegeben, in dem der Zugstromsollwert n* gebildet wird. Die
Übergabeeinheit, die dafür sorgt, daß das Signal geschwindigkeitsabhängig in einer
Walzgutlücke oder beim laufenden Stab entsprechend FIG 2 als Verstellbefehl über den
Sollwertsteller 2'' als Sollwert n* gebildet wird, ist mit 7 bezeichnet. Die Einheiten
3,4,5, 6 und 7 bilden zusammen den Rechenteil der Steuereinrichtung für die fortlaufende
Ermittlung und zeitgerechte Abgabe des Drehzahlsollwertes n*.
[0016] Die Umrechnung von spezifischen Zügen in Ankerströme erfolgt dabei entsprechend der
Gleichung

wobei ΔJA den Zugstromsollwert (A), AZ* die spezifische Zugkraft im Walzgut (N/mm²),
A
A den Austrittsquerschnitt (mm²), d
W den Walzendurchmesser (mm), n* den aktuellen Drehzahlsollwert (Upm), J
AN den Ankernennstrom des Motors (A), i die Getriebeübersetzung und P
N die Motornennleistung (KW) bedeutet.
1. Steuereinrichtung für eine kontinuierliche, mehrgerüstige Walzstraße, insbesondere
Stabstahlstraße, die einen Rechner mit einem Speicher für walzprogrammspezifische
Größen, z.B. Drehzahlsollwerte, Ankerströme und Austrittsquerschnitte sowie zur Errechnung
abgeleiteter Größen, z.B. die Walzgut-Zugspannungen zwischen den Gerüsten, aufweist,
dadurch gekennzeichnet,
daß zur Minimalzugregelung die Drehzahlen der einzelnen Gerüste (1n) der Walzstraße
über Drehzahlzusatzsollwerte gesteuert werden, wobei diese nach einer vorgegebenen
Rechenregel, unter Berücksichtigung von gespeicherten Erfahrungswerten (KE) gebildet werden.
2. Steuereinrichtung nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Erfahrungswerte durch ein Störgrößen-Auswertungsprogramm ermittelt, abgespeichert
und zur Steuerung des Walzvorganges verwendet werden.
3. Steuereinrichtung nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Drehzahlzusatzsollwerte nach der Rechenregel

gebildet werden, wobei K
E aus den gespeicherten Erfahrungswerten ermittelt wird.
4. Steuereinrichtung nach Anspruch 1,2 oder 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Erfahrungswert K
E in Form einer prozentualen Drehzahländerung je N/mm² und ΔJ

in Form eines spezifischen Zuges in N/mm² gebildet wird.
5. Steuereinrichtung nach Anspruch 1,2,3 oder 4,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Ankerstrom J

gefiltert, insbesondere einer Filterung mit Butterworth-Filtern oder ähnlichen Filtern,
unterzogen wird.
6. Steuereinrichtung nach Anspruch 1,2,3,4 oder 5,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Erfahrungswert KE nach Steuerungsbewegungen, die Grenzwerte übersteigen, erneut ermittelt wird.
7. Steuereinrichtung nach Anspruch 1,2,3,4,5 oder 6,
dadurch gekennzeichnet,
daß der erforderliche Zugsollwert für die Regelung anhand der Zugistwerttoleranzen
bei mehreren ungeregelten Durchläufen ermittelt wird.
8. Steuereinrichtung nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß sie Speicher (3,4) für die Ankerströme in zuglosem und zugbehaftetem Zustand,
eine Differenzbildungseinheit (5) für die gespeicherten Ankerströme und einen Multiplikator
(6) für den Ausgangswert der Differenzbildungseinheit (5) mit dem Erfahrungswert (KE) aufweist.
9. Steuereinrichtung nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß sie einen Rechner mit einer Walzgutwegnachbildung, einer Parametereingabe und
einem Sollwertsteller aufweist.