(19)
(11) EP 0 439 663 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
07.08.1991  Patentblatt  1991/32

(21) Anmeldenummer: 90102109.7

(22) Anmeldetag:  02.02.1990
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5B21B 37/06
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE ES FR GB GR IT LI LU NL SE

(71) Anmelder: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
D-80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Weber, Roland
    D-8521 Spardorf (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Steuern einer kontinuierlichen, mehrgerüstigen Walzstrasse


    (57) Die Erfindung betrifft eine Steuereinrichtung für eine kontinuierliche, mehrgerüstige Walzstraße, insbesondere Stabstahlstraße, die einen Rechner mit einem Speicher für walzprogrammspezifische Größen, z.B. Drehzahlsollwerte, Ankerströme und Austrittsquerschnitte sowie zur Errechnung abgeleiteter Größen, z.B. die Walzgut-Zugspannungen zwischen den Gerüsten, aufweist, wobei zur Minimalzugregelung die Drehzahlen der einzelnen Gerüste (1m ; 1n) der Walzstraße über Drehzahlzusatzsollwerte gesteuert werden, wobei diese nach einer vorgegebenen Rechenregel, unter Berücksichtigung von gespeicherten Erfahrungswerten (KE) gebildet werden und wobei die Drehzahlzusatzsollwerte nach der Rechenregel

    gebildet werden.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft eine Steuereinrichtung für eine kontinuierliche, mehrgerüstige Walzstraße, insbesondere Stabstahlstraße, die einen Rechner mit Speicher für walzprogrammspezifische Größen, z.B. Drehzahlsollwerte, Ankerströme und Austrittsquerschnitte sowie zur Errechnung abgeleiteter Größen, z.B. die Walzgut-Zugspannungen zwischen den Gerüsten, aufweist.

    [0002] Aus der DE-28 00 197 A1 ist als nahestehender Stand der Technik ein Verfahren und eine Anordnung zur Regelung der Walzgut-Zugspannungen zwischen den Walzgerüsten einer Tandemwalzstraße bekannt, bei denen die Zugspannung im Walzgut aufgrund der erfaßten Walzkraft und des erfaßten Walzmomentes berechnet und über Zugspannungs-Regel-Kompensationssignale, die die Abweichung der Zugspannung kompensieren, auf einen konstanten Wert geregelt wird. Zur Regelung wird der Bezugs-Hebelarm für ein i-tes Walzgerüst berechnet und in einem Speicher gespeichert und für die Regelung der Walzgut-Längsspannung zwischen dem i-ten und (i+1)ten Walzgerüst verwendet, wobei der Bezugshebelarm und mehr als eine der physikalischen Größen des Walzprozesses einschließlich der Walzgutstärke am Eingang und Ausgang des i-ten Walzgerüsts, des Walzspalts des i-ten Walzgerüsts und der Walzkraft am i-ten Walzgerüst benutzt werden. Dabei wird die Zugspannung auf der Basis des berechneten Hebelarms und der erfaßten Werte der Walzkraft und des Walzmoments berechnet.

    [0003] Eine derartige Regelung ist für gewisse Anwendungsfälle, insbesondere beim Walzen von Profilen oder Stäben, zu aufwendig. Dies gilt insbesondere für die Modernisierung bereits bestehender, relativ langsam arbeitender Walzwerke.

    [0004] Es ist Aufgabe der Erfindung, eine Steuereinrichtung für die Walzgut-Zugspannungen in einer Ausbildung, die als Minimalzugregelung wirkt, anzugeben, die erheblich kostengünstiger als die bekannten Minimalzug-Regeleinrichtungen ist und sich besonders für Stab- und Profilstahlstraßen eignet. Vorteilhaft soll insbesondere vermieden werden, daß die Walzstraße über die üblichen Fotozellen sowie Strom-und Spannungsmeßgeräte hinaus, mit aufwendigen, Kräften messenden Sensoren, z.B. für die Walzkraft oder den Walzkraft-Hebelarm, ausgerüstet werden muß.

    [0005] Die Aufgabe wird in überraschend einfacher Weise dadurch gelöst, daß zur Minimalzugregelung die Drehzahlen der einzelnen Gerüste der Walzstraße über Drehzahl-Zusatzsollwerte gesteuert werden, wobei diese nach einer vorgegebenen Rechenregel, unter Berücksichtigung von gespeicherten Erfahrungswerten, gebildet werden. Lediglich ein relativ einfacher Rechner mit Speicher ist notwendig, der die sich im Betrieb ergebenden wesentlichen elektrischen Werte einer Walzstraße speichert und zum Gebrauch auswertet, wobei die Auswertung zu einem Minimalzug-Regelverhalten führt.

    [0006] In Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, daß die Erfahrungswerte durch ein Hilfsprogramm ermittelt, abgespeichert und unter fortlaufender Korrektur zur Steuerung des Walzvorganges verwendet werden. Durch die fortlaufende Korrektur, d.h. ein lernendes Verhalten, wirkt die erfindungsgemäße Steuereinrichtung wie ein Regelverfahren mit einem geschlossenen Regelkreis und erreicht somit eine einfache, automatische, zugoptimale Einstellung einer Walzstraße. Lediglich die Ansprechzeit der Regelung ist höher als bei einer Direktregelung mit Sensoren, dies kann aber häufig, insbesondere bei Stab- und Profilstahlstraßen, in Kauf genommen werden, da sich hier geringe Abweichungen von dem optimalen Minimalzug nicht so störend auswirken wie in Blechwalzstraßen.

    [0007] In weiterer Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, daß die Drehzahlzusatzsollwerte nach der Rechenregel


    gebildet werden, wobei KE aus den gespeicherten Erfahrungswerten ermittelt wird. Der Erfahrungswert KE wird dabei in Form einer prozentualen Drehzahländerung je N/mm² und ΔJ

    in Form eines spezifischen Zuges in ebenfalls N/mm² eingegeben und im Rechner in Stromgrößen umgeformt. So ergibt sich eine Zugregelung, insbesondere eine Minimalzugregelung, die unter Berücksichtigung der im Stab herrschenden Zugspannungen arbeitet. Durch die prozentuale Drehzahländerung, ihre Größe bewegt sich im Bruchteilsbereich eines Prozents, wird eine genaue Regelung erreicht, die insbesondere den Anforderungen von Stab- und Profilstahlstraßen Rechnung trägt, aber auch bei Blechwalzstraßen zur Anwendung kommen kann. Wie sich gezeigt hat, führt der sich einstellende längere Regelzyklus unter Normalbedingungen nicht zu Toleranzüberschreitungen.

    [0008] Zur Durchführung der Erfindung ist vorgesehen, daß der Ankerstrom JA gefiltert, insbesondere einer Filterung in einem Butterworth-Filter oder ähnlichem Filter, unterzogen wird. So ergibt sich eine sehr vorteilhafte Glättung des Ankerstromes und man erhält einfach einen repräsentativen Strommittelwert für die weiteren Rechnungen.

    [0009] In der erfindungsgemäß verwendeten, o.g. einfachen Rechenregel zur Bildung der Drehzahlzusatzsollwerte n

    % über den Erfahrungswert KE bezeichnet JA1 den Ankerstrom vor dem Anstich im Folgegerüst, d.h. ohne Beeinflussung durch das Folgegerüst, JA2 den Ankerstrom nach dem Anstich im Folgegerüst, d.h. mit Einfluß des Folgegerüstes und ΔJ

    den Zugstromsollwert, der separat, in der Regel vorab, ermittelt wird. Dies geschieht aus gespeicherten Walzdaten und den festen Walzstraßenparametern, wie Getriebeübersetzung, Feldschwächverhältnis etc.

    [0010] Weitere Vorteile und Einzelheiten ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen, anhand der Zeichnung und in Verbindung mit den Unteransprüchen. In der Zeichnung zeigen:
    FIG 1
    die schematische Darstellung einer Walzstraße mit der Steuerung eines Gerüstes bei größeren Walzgutgeschwindigkeiten,
    FIG 2
    die schematische Darstellung einer Walzstraße mit der Steuerung eines Gerüstes bei kleineren Walzgutgeschwindigkeiten und
    FIG 3
    die Prinzipdarstellung der erfindungsgemäßen Steuereinrichtung.


    [0011] In FIG 1 sind die einzelnen Walzgerüste mit 1 und einem Index bezeichnet. Sie werden nacheinander von dem symbolisch dargestellen Walzgut in Pfeilrichtung durchlaufen. Die Minimalzugsteuerung durch die Steuereinrichtung 2 ist in diesem Beispiel zwischen den Walzgerüsten 1m und 1m+1 dargestellt. Am Walzgerüst 1m wird der Ankerstrom JA1 und JA2 gemessen und über den Signalweg 12 der Steuereinrichtung 2 aufgegeben. In der Steuereinrichtung 2 wird der Drehzahlzusatzsollwert n

    % ermittelt und über den Signalweg 13 dem Gerüst 1m+1 aufgegeben. Die Durchlaufzeit des Walzgutes zwischen den Gerüsten 1m und 1m+1 ist in eine Beruhigungszeit tA1 zum Ausregeln des Anstichstoßes im Gerüst 1m und eine Sicherheitszeit tS1 aufgeteilt, wobei nach der Beruhigungszeit tA1 die Sollwertänderung für das folgende Gerüst 1m+1 ermittelt wird. Die Regelrichtung wird durch die strichlierte Linie 14 angegeben, kann aber auch entsprechend der strichlierten Linie 14', also entgegengesetzt, verlaufen.

    [0012] Die Verstellung der einzelnen Gerüste erfolgt bei hohen Walzgutgeschwindigkeiten, z.B. bei Walzgutkopflaufzeiten von Gerüst zu Gerüst unter ein bis zwei Sekunden, jeweils so, daß der Drehzahlzusatzsollwert erst beim nächsten Walzgutdurchlauf geändert wird. Der Regelzyklus erstreckt sich also von Stab zu Stab.

    [0013] In FIG 2, in der die Walzgerüste mit 1n bezeichnet sind, ist die Anordnung und Arbeitsweise der Steuereinrichtung 2 im Prinzip entsprechend FIG 1, jedoch erfolgt hier die Beeinflussung des nächstfolgenden Gerüstes 1n+1 bereits während des gleichen Walzgutdurchlaufes. Ermöglicht durch die niedrigere Walzgutgeschwindigkeit wird hier in einer Beruhigungszeit tA1 zunächst der Anstichstoß von Gerüst 1n ausgeregelt, der Stromwert in der Steuereinrichtung 2n-1 gespeichert und eine Verstellung durchgeführt. Der dadurch entstehende erneute Laststrom wird in der Beruhigungszeit tB1 ausgeregelt und der Strom JA1 für die Rechnungen der Minimalzugregelung 2n abgespeichert. Auch hier ist eine Sicherheitszeit tS1 vorgesehen, die eine zeitliche Überlappung vermeidet.

    [0014] In FIG 3 bezeichnet 2 ebenfalls die erfindungsgemäße Steuereinrichtung, in dessen Rechnerteil 2' eine Walzgutwegnachbildung als Modell enthalten ist. Weiterhin weist die Steuereinrichtung 2 einen Sollwertstellteil 2'' auf, in dem der Drehzahlsollwert n* gebildet wird, dessen Signal mit 11 bezeichnet ist. 2''' bezeichnet die Parametereingabeeinheit der Steuereinrichtung 2, der über den Signalweg 8 Signale aus einer Tastatur oder einem Monitor aufgegeben werden. Der Walzgutwegnachbildung werden über diverse Fotozellen etc. über den Signalweg 9 die jeweilige Position des Walzgutes eingegeben. So kann der Rechner 2 die, über das vorzugsweise sechspolige Butterworth-Filter 10 eingegebenen Ankerströme, aufgeteilt in den zuglosen Zustand und den zugbehafteten Zustand, in die Speicher 3 und 4 positionsbezogen eingeben.

    [0015] Aus den Speichern 3 und 4 gelangen die Signale der Ankerströme für den zuglosen und den zugbehafteten Zustand in die Differenzbildungs-Einrichtung 5, der auch der Zugstromsollwert ΔJ

    , ein Erfahrungswert, der drehzahl- und walzprogrammabhängig ist, aus der Parametereingabe 2''' aufgegeben wird. In der Einheit 5 wird aus diesen Daten der Zugstromfehler ΔJA ermittelt und zusammen mit dem Erfahrungswert KE dem Multiplikator 6 aufgegeben, in dem der Zugstromsollwert n* gebildet wird. Die Übergabeeinheit, die dafür sorgt, daß das Signal geschwindigkeitsabhängig in einer Walzgutlücke oder beim laufenden Stab entsprechend FIG 2 als Verstellbefehl über den Sollwertsteller 2'' als Sollwert n* gebildet wird, ist mit 7 bezeichnet. Die Einheiten 3,4,5, 6 und 7 bilden zusammen den Rechenteil der Steuereinrichtung für die fortlaufende Ermittlung und zeitgerechte Abgabe des Drehzahlsollwertes n*.

    [0016] Die Umrechnung von spezifischen Zügen in Ankerströme erfolgt dabei entsprechend der Gleichung


    wobei ΔJA den Zugstromsollwert (A), AZ* die spezifische Zugkraft im Walzgut (N/mm²), AA den Austrittsquerschnitt (mm²), dW den Walzendurchmesser (mm), n* den aktuellen Drehzahlsollwert (Upm), JAN den Ankernennstrom des Motors (A), i die Getriebeübersetzung und PN die Motornennleistung (KW) bedeutet.


    Ansprüche

    1. Steuereinrichtung für eine kontinuierliche, mehrgerüstige Walzstraße, insbesondere Stabstahlstraße, die einen Rechner mit einem Speicher für walzprogrammspezifische Größen, z.B. Drehzahlsollwerte, Ankerströme und Austrittsquerschnitte sowie zur Errechnung abgeleiteter Größen, z.B. die Walzgut-Zugspannungen zwischen den Gerüsten, aufweist,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß zur Minimalzugregelung die Drehzahlen der einzelnen Gerüste (1n) der Walzstraße über Drehzahlzusatzsollwerte gesteuert werden, wobei diese nach einer vorgegebenen Rechenregel, unter Berücksichtigung von gespeicherten Erfahrungswerten (KE) gebildet werden.
     
    2. Steuereinrichtung nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Erfahrungswerte durch ein Störgrößen-Auswertungsprogramm ermittelt, abgespeichert und zur Steuerung des Walzvorganges verwendet werden.
     
    3. Steuereinrichtung nach Anspruch 1 oder 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Drehzahlzusatzsollwerte nach der Rechenregel

    gebildet werden, wobei KE aus den gespeicherten Erfahrungswerten ermittelt wird.
     
    4. Steuereinrichtung nach Anspruch 1,2 oder 3,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Erfahrungswert KE in Form einer prozentualen Drehzahländerung je N/mm² und ΔJ

    in Form eines spezifischen Zuges in N/mm² gebildet wird.
     
    5. Steuereinrichtung nach Anspruch 1,2,3 oder 4,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Ankerstrom J

    gefiltert, insbesondere einer Filterung mit Butterworth-Filtern oder ähnlichen Filtern, unterzogen wird.
     
    6. Steuereinrichtung nach Anspruch 1,2,3,4 oder 5,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Erfahrungswert KE nach Steuerungsbewegungen, die Grenzwerte übersteigen, erneut ermittelt wird.
     
    7. Steuereinrichtung nach Anspruch 1,2,3,4,5 oder 6,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der erforderliche Zugsollwert für die Regelung anhand der Zugistwerttoleranzen bei mehreren ungeregelten Durchläufen ermittelt wird.
     
    8. Steuereinrichtung nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß sie Speicher (3,4) für die Ankerströme in zuglosem und zugbehaftetem Zustand, eine Differenzbildungseinheit (5) für die gespeicherten Ankerströme und einen Multiplikator (6) für den Ausgangswert der Differenzbildungseinheit (5) mit dem Erfahrungswert (KE) aufweist.
     
    9. Steuereinrichtung nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß sie einen Rechner mit einer Walzgutwegnachbildung, einer Parametereingabe und einem Sollwertsteller aufweist.
     




    Zeichnung










    Recherchenbericht