[0001] Gegenstand der Erfindung sind Polyamid- bzw. Polyesterfasern mit verbesserten Eigenschaften,
erhalten durch Zusatz von Polyarylensulfiden in Mengen von 0,1 bis 10 Gew.-%, vorzugsweise
0,3 bis 5 Gew.-% und anschließende Schmelzverspinnung und übliche Fasernachbehandlung.
[0002] Die Verwendung thermoplastischer Polyamide (z.B. PA-6 und -66) und Polyester (z.B.
Polyethylenterephthalat) zur Herstellung von Fasern ist bekannt (siehe z.B. Encyclopedia
of Polymer Science & Engineering, 2nd Edition, Wiley Interscience, John Wiley and
Sons, New York).
[0003] Die Fasern weisen im allgemeinen die bekannten guten Eigenschaften auf, wie hohe
Zugfestigkeit/Reißfestigkeit, Bruchdehnung, Tragekomfort und gutes Aussehen.
[0004] Ihre Anwendungen finden sie beispielsweise im Textilbereich, als Teppichgarn, Reifencord,
Angelschnüre und in anderen Bereichen.
[0005] Für verschiedenste Anwendungen wäre es nun sinnvoll, ihre an und für sich schon guten
Eigenschaften noch weiter zu verbessern, insbesondere die Festigkeiten.
[0006] Überraschend wurde nun gefunden, daß durch Mitverwendung bestimmter Polymerer in
geringen Mengen die Verstreckbarkeit und die Festigkeit von Polyamid- bzw. Polyesterfasern
deutlich verbessert werden kann, wobei noch weitere Eigenschaften wie Steifigkeit
und Wärmeformbeständigkeit erhöht sein können.
[0007] Gegenstand der Erfindung sind daher verstreckte Fasern aus Polymermischungen, enthaltend
1) mindestens 90 Gew.-% üblicherweise verwendeter aliphatischer Polyamide bzw. Polyalkylenterephthalate
und
2) 0,1 bis 10 Gew.-% Polymerer mit dem überwiegenden Baustein (I)

wobei
- Ar
- einen gegebenenfalls substituierten Arylenrest bedeutet,
sowie gegebenenfalls
3) bis 30 Gew.-%, bezogen auf 1) + 2), üblicher Hilfs- und Zusatzstoffe.
[0008] Die Polymeren 2) sind Arylensulfidhomo- und -copolymere. Bevorzugt ist das Poly-p-phenylensulfid
(PPS) (II).

[0009] Insbesondere werden solche Polyarylensulfide 2) eingesetzt, die ohne nachträglichen
oxidativen Molekulargewichtsaufbau, sondern in einem Schritt in Lösung direkt zu hohen
Molekulargewichten kondensiert wurden. Verfahren zu ihrer Herstellung sind bekannt,
siehe z.B. EP 0 171 021.
[0010] Entsprechende Polyarylensulfide sind beispielsweise unter den Handelsnamen Tedur®
und Fortron® kommerziell erhältlich.
[0011] Geeignet sind Polymere 2) mit Schmelzviskositäten (bei 320°C und 100 s⁻¹) von ca.
5 bis 500 Pa.s. Insbesondere soll die Schmelzviskosität 10 bis 200 Pa.s betragen.
[0012] Als Polyamid 1) sind die üblicherweise zur Herstellung von Fasern durch Schmelzspinnen
eingesetzten Polyamide (PA) geeignet, z.B. PA-6, 66, 610, 46, 1212, 6T6, 6T/6, sowie
verschiedene Copolyamide oder Mischungen aus den genannten Polyamiden.
[0013] Bevorzugt sind PA.6, Pa.66, sowie Mischungen derselben oder Copolyamide auf Basis
dieser. Besonders bevorzugt sind PA6 bzw. Copolyamide auf Basis von PA.6.
[0014] Als Polyester 1) sind die üblichen schmelzspinnbaren Polyester auf Basis von Terephthalsäure
und aliphatischen Glykolen, beispielsweise Polyethylenterephthalat, Polybutylenterephthalat
und Poly-(1,4-cyclohexylendimethylenterephthalat), geeignet.
[0015] Bevorzugt ist Polyethylenterephthalat.
[0016] Die Polyester 1) können gegebenenfalls neben Terephthalsäure und den Glykolen noch
modifizierende Mengen anderer Monomerer, z.B. Isophthalsäure, Adipinsäure und Diethylenglykol,
enthalten.
[0017] Polyamide sind vor Polyestern bevorzugt. Besonders bevorzugte Komponente 1) sind
PA6, 66 sowie Mischungen bzw. Copolyamide auf deren Basis.
[0018] Zur Herstellung der erfindungsgemäßen Fasern werden Polymermischungen eingesetzt,
welche auf verschiedene Art und Weise hergestellt werden können, beispielsweise durch
Compoundierung (z.B. über Kneter oder Extruder), durch Herstellung des Polyamids oder
Polyesters bei Anwesenheit der Polymeren 2) oder auch durch Mischen der Granulate
und anschließende Verspinnung.
[0019] Die eigentliche Faserherstellung (wobei im Rahmen der Erfindung alle Arten von Fasern
wie Filamente, Monofile, Drähte, Stapelfasern, "bulk continuous filament" und andere
mehr unter dem Begriff "Fasern" verstanden werden) erfolgt wie üblich, bevorzugt durch
Schmelzspinnen; alle üblichen Nachbehandlungsverfahren wie Verstrecken, Fixieren,
Kräuseln, Färben usw. können angewendet werden.
[0020] Unter verstreckten Fasern werden im Rahmen der Erfindung solche Fasern verstanden,
die beispielsweise durch Streckzwirnen, Streckwinden bei Filamentgarnen, durch Walzen-
oder Kalanderverstreckung bei Faserkabelverarbeitung oder durch Spinnstrecken, z.B.
auch im Zuge eines Schnellspinnprozesses, verstreckt und damit orientiert wurden.
Auch alle anderen Streckverfahren sind prinzipiell geeignet. Solche verstreckten Fasern
weisen gegenüber Standardspritzguß- oder Extrusionsformkörpern eine erhöhte Orientierung
und Kristallinität auf.
[0021] Als Zusatzstoffe 3) sind alle üblicherweise bei der Faserherstellung mitverwendeten
Stoffe geeignet, z.B. Mattierungsmittel (TiO₂ u.a.), UV-Stabilisatoren, Pigmente,
Farbstoffe, Nukleierungsmittel, Antioxidantien, optische Aufheller, Färbereihilfsstoffe,
Schlichten und andere mehr.
[0022] Die Polyamide bzw. Polyester 1) können auch Monomere eingebaut enthalten, die die
Anfärbbarkeit der Fasern erhöhen; solche Monomere sind bekannt.
[0023] Legierungen aus Polyamiden bzw. Polyestern und Polyarylensulfiden sind bekannt, siehe
z.B. die eigenen, unveröffentlichen Patentanmeldungen Le A 26 662 und 26 894.
[0024] In der WO 86/03212 werden Polymerlegierungen aus Polyamid 46 und mindestens 5 Gew.-%
Polyarylensulfiden beschrieben, die sehr gute mechanische Eigenschaften haben sollen.
Die genannte Anmeldung offenbart, daß Polyamid 6 und 66 mit Polyphenylensulfid nicht
ausreichend kompatibel sind zur Erzielung guter mechanischer Eigenschaften. Im Vergleichsbeispiel
3 wird gezeigt, daß eine Legierung aus Polyamid 6 und 15 % PPS ein sehr schlechtes
Extrusionsverhalten aufgrund der ungenügenden Kompatibilität zeigt und daß die Prüfkörper
ein schlechtes Aussehen sowie ungewöhnlich niedrige Werte für Reißfestigkeit und Biegemodul
besitzen. Die genannte Anmeldung enthält keinerlei Hinweis auf die Verwendung der
Formmassen zur Herstellung von Fasern.
[0025] In der US 4 292 416 werden Polyarylensulfide als Nukleierungsmittel, d.h., den Kristallisationsgrad
erhöhende Zusätze, für Polyamide beschrieben, wobei dies allein für ein spezielles
Polyamid aus Terephthalsäure und einem C₁₀-Diamin-Gemisch gezeigt wird. Durch den
Zusatz der PPS werden im allgemeinen Reißfestigkeit und Biegemodul erniedrigt; die
Reißdehnung und die Kerbschlagzähigkeit steigen meist deutlich an. Diese äußerst ungewöhnliche
Kombination von Effekten wird auf alle Polyamide übertragen. Die Anmeldung enthält
keinerlei Hinweis darauf, daß die Streckbarkeit bzw. Festigkeiten von Fasern auf Basis
aliphatischer Polyamide (insbesondere PA6 bzw. Copolyamide auf Basis PA6) deutlich
erhöht werden können durch Zusatz von PPS. Insbesondere sollte nach US 4 292 416 eine
Abnahme der Festigkeiten erwartet werden.
[0026] Bei Verwendung polymerer Mehrkomponentensysteme, insbesondere bei teilkristallinen
Polymeren, zur Herstellung von Fasern kommt es üblicherweise beim Verstrecken und
damit beim Aufbau höherer Orientierung zu Entmischungserscheinungen. Dies ist gekoppelt
mit schlechter Phasenankopplung und schlechteren mechanischen Eigenschaften der Fasern.
[0027] Der Erfindung liegt der überraschende Befund zugrunde, daß zur deutlichen Verbesserung
der Eigenschaften (Streckbarkeit, Festigkeit) der Fasern durch Polyarylensulfid-Zusätze
nur ein enger Bereich an letzteren geeignet ist. Dieser liegt erfindungsgemäß bevorzugt
bei 0,3 bis 5,0 %, besonders bevorzugt 0,5 bis 3,0, insbesondere 0,6 bis 2,5 %. In
diesem engen Mengenbereich werden erfindungsgemäß die Streckbarkeit und die Festigkeiten
von z.B. PA6-Fasern erhöht; z.B. kann die Festigkeit von PA6-Fasern um 25 bis 30 %
erhöht sein, wobei auch die Steifigkeit und die Wärmeformbeständigkeit verbessert
sein können. Die Dehnung der Fasern wird praktisch nicht verändert. Die genannten
Effekte, welche die Basis der vorliegenden Erfindung bilden, sind unerwartet und nicht
aus dem Stand der Technik ableitbar. Insbesondere überraschen die erfindungsgemäßen
Verbesserungen der Fasereigenschaften im Licht von WO 86/03212, die lehrt, daß aus
PA6 sowie 66 und PPS keine homogenen Mischungen aufgrund ungenügender Kompatibilität
herstellbar sind und daß entsprechende Legierungen außergewöhnlich schlechte Festigkeits-
und Steifigkeitswerte zeigen.
[0028] Die erfindungsgemäßen Fasern können nach allen üblichen Verfahren, im allgemeinen
über die Schmelze, hergestellt werden. Alle üblichen Nachbehandlungsmethoden können
angewendet werden. Zur Herstellung von Fasern sei beispielsweise auf Encyclopedia
of Polymer Science and Engineering, 2nd Edition, Wiley Interscience, John Wiley and
Sons, New York, sowie auf H. Klare, Technologie und Chemie der synthetischen Fasern
aus Polyamiden, VEB Technik, Berlin 1954, hingewiesen. Die Schmelzverspinnung kann
dabei sowohl oberhalb als auch unterhalb der Schmelztemperatur der Polymeren 2) erfolgen.
[0029] Aufgrund ihrer sehr guten Eigenschaften sind die erfindungsgemäßen Fasern eine wertvolle
Ergänzung des Standes der Technik. Zur Anwendung können sie allein oder gegebenenfalls
auch in Kombination mit anderen natürlichen oder synthetischen Fasern eingesetzt werden.
Sie eignen sich für alle Anwendungen von Polyamid- und Polyesterfasern, insbesondere
für solche, die hohe Festigkeiten erfordern.
[0030] Die nachfolgenden Beispiele mit typischen Einsatzstoffen in typischen Mengen erläutern
die Erfindung, ohne sie darauf einzuschränken.
Beispiele
Beispiele 1 bis 4 (nicht erfindungsgemäß)
Herstellung von PA6/PPS-Compounds nach Le A 26 662
[0031] Ein Polyamid 6 (η
rel ≃ 4,0; 1 %ig in m-Kresol, 25°C) wurde bei 285°C und einem Durchsatz von 30 kg h⁻¹
mit 1, 2 und 5 Gew.-% PPS (39 Pas, 310°C, 1000 s⁻¹) bzw. ohne PPS über einen Doppelwellenextruder
(ZSK 53) compoundiert. Viskositäten sowie Arbeitsaufnahmewerte des Extruders finden
sich in Tabelle 1.
Beispiele 5 bis 8 (nicht erfindungsgemäß)
Herstellung von PA6/PPS-Compounds nach Le A 26 894
[0032] Caprolactam und Wasser (0,5 l ohne PPS; 0,6 l mit PPS) sowie 100, 200 bzw. 500 g
PPS (die Summe der Gewichte von Caprolactam und PPS betrug immer 10 kg) (Schmelzviskosität:
31 Pas bei 306°C und 1000 s⁻¹) wurden in einen 25 l-Autoklaven eingefüllt. Nach dreimaligem
Stickstoffausgleich wurde auf 200°C aufgeheizt und unter Eigendruck 1 h lang gehalten.
Anschließend wurde auf Normaldruck entspannt, 40 l h⁻¹ Stickstoff übergeleitet und
gleichzeitig auf 270°C aufgeheizt (bei Anwesenheit von 1 und 5 % PPS 280°C). Die Reaktionszeiten
lagen bei 4 bis 7 h bis zum Erreichen der gewünschten Schmelzviskosität.
[0033] Analytische Daten der Proben finden sich in Tabelle 1.

Beispiele 9 bis 16 (erfindungsgemäß)
[0034] In einer Extrusionsspinnapparatur wurden die Polyamide der Beispiele 1 bis 8 aufgeschmolzen
und mehrfädig versponnen. Das so erhaltene Spinngut wurde verstreckt.
[0035] Spinnbedingungen und Faserdaten sind in Tabelle 2 zusammengestellt.

[0036] Wie die Beispiele zeigen, weisen die PPS-modifizierten Fasern verbesserte Eigenschaften
(Streckgrad, Festigkeit) auf, wobei diese im Bereich von 1 bis 2 % Zusatz am stärksten
ausgeprägt sind.
[0037] Der Streckgrad der Fasern soll > 1:2, z.B. 1:2-1:10, vorzugsweise 1:2,5 bis 1:7,5,
insbesondere 1:3 bis 1:6 bis zum maximalen Streckgrad bei der angewendeten Strecktemperatur,
betragen.
1. Verstreckte Fasern und Filamente aus Polymermischungen, enthaltend
A) mindestens 90 Gew.-% üblicherweise verwendeter aliphatischer Polyamide bzw. Polyalkylenterephthalate
und
B) 0,1 bis 10 Gew.-% Polymerer mit dem überwiegenden Baustein (I)

wobei
Ar einen gegebenenfalls substituierten Arylenrest bedeutet,
sowie gegebenenfalls
C) bis 30 Gew.-%, bezogen auf A) + B), üblicher Hilfs- und Zusatzstoffe.
2. Fasern nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als Polymer B) bevorzugt das Poly-p-phenylensulfid
(PPS) (II)

eingesetzt wird.
3. Fasern nach Anspruch 1, enthaltend bevorzugt 0,3 bis 5,0, besonders bevorzugt 0,5
bis 3,0 und insbesondere 0,6 bis 2,5 Gew.-%, Polymerer B.
4. Fasern nach Anspruch 1, enthaltend als Polymere A) (bevorzugt) Polyamide wie PA6,
66 sowie Mischungen derselben oder Copolyamide auf Basis dieser, bzw. (weniger bevorzugt)
Polyester wie Polyyethylenterephthalat.
5. Fasern nach Anspruch 1, enthaltend als Zusatzstoffe C) Mattierungsmittel, UV-Stabilisatoren,
Pigmente, Farbstoffe, Nukleierungsmittel, Antioxidantien, optische Aufheller, Färbereihilfsmittel,
Schlichten und andere mehr.
6. Verstreckte Fasern (Filamente, Monofile, Drähte, Stapelfasern, "bulk continuous filament"
u.a.m.) nach Ansprüchen 1 bis 5 mit erhöhter Festigkeit.
7. Verwendung von Polymermischungen aus
A) mindestens 90 Gew.-%, bevorzugt 95 bis 99,7 Gew.-%, besonders bevorzugt 97 bis
99,5 Gew.-% und insbesondere 97,5 bis 99,4 Gew.-% üblicherweise verwendeter aliphatische
Polyamide, insbesondere PA6, 66 sowie Copolyamide dieser, bzw. Polyester, insbesondere
Polyethylenterephthalat, und
B) 0,1 bis 10 Gew.-%, bevorzugt 0,3 bis 5,0 Gew.-%, besonders bevorzugt 0,5 bis 3,0
Gew.-% und insbesondere 0,6 bis 2,5 Gew.-%, an Polymeren mit dem überwiegenden Baustein
(I)

wobei
Ar ein gegebenenfalls substituierter Arylenrest ist,
sowie gegebenenfalls
C) bis 30 Gew.-%, bezogen auf A) + B), üblicher Hilfs- und Zusatzstoffe
zur Herstellung von verstreckten Fasern mit erhöhtem maximalen Streckgrad und verbesserter
Festigkeit durch Schmelzverspinnen der Mischung und Verstreckung mit einem Streckgrad
> 1:2.