[0001] Die Erfindung betrifft eine elektrostatische Druckluft-Farbspritzpistole gemäß dem
Oberbegriff des Patentanspruchs 1. Derartige elektrostatische Druckluft-Farbspritzpistolen
sind seit Jahrzehnten bekannt und, aufbauend auf dem erwähnten Grundaufbau, in den
verschiedensten Ausführungen auf dem Markt.
[0002] Der Aufbau dieser elektrostatischen Druckluft-Farbspritzpistolen ist vergleichsweise
einfach. So sind kein Drehantrieb und keine sich drehenden Teile erforderlich, wie
dies bei den elektrostatischen Rotations-Farbspritzpistolen der Fall ist. Die farbführenden
Teile, Ventile und Dichtungen, werden im Gegensatz zur luftlosen Hochdruck-Farbzerstäubung
keinen hohen Drücken ausgesetzt, weil ein Farbdruck genügt, der eine einwandfrei Förderung
der Farbflüssigkeit bis zur Farbaustrittsdüse gewährleistet; Zerstäubung und Transport
der Farbe erfolgen ja durch die Druckluft. Die Druckluftversorgung kann durch Anschluß
an das üblicherweise vorhandene Druckluftnetz erfolgen; der in diesen Druckluftnetzen
meist herrschende Druck von etwa 6 bis 8 bar ist voll ausreichend. Die Hochspannung
schließlich wird entweder über ein Kabel von einem gesonderten Hochspannungsgenerator
geliefert oder mittels sogenannter Hochspannungskaskaden in der Pistole selbst erzeugt.
[0003] Allgemein bekannt ist nun aber, daß mit den elektrostatischen Druckluft-Farbspritzpistolen
nicht die ausgezeichneten Werte für den Niederschlagswirkungsgrad und insbesondere
den Farbumgriff erreicht werden können, wie bei den elektrostatischen Rotations-Farbspritzpistolen.
Die Fachwelt war sich wohl auch im klaren darüber, daß eine der Ursachen dafür in
der gegenüber dem Rotations-Zerstäuber-Verfahren höheren kinetischen Energie der zerstäubten
Farbtröpfchen liegt, hat jedoch die erwähnten Nachteile als sozusagen systembedingt
(Druckluft-Zerstäubung) hingenommen.
[0004] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es nun, eine elektrostatische Druckluft-Farbspritzpistole
der eingangs erwähnten Art so zu verbessern, daß unter Beibehaltung der bisherigen
Vorzüge, also der erwähnten konstruktiven Einfachheit Werte für den Niederschlagswirkungsgrad
und den Umgriff gewährleistet werden, wie sie bisher nur von den wesentlich aufwendigeren
elektrostatischen Rotations-Farbspritzpistolen erreicht wurden. Die Lösung dieser
Aufgabe ergibt sich aus den kennzeichnenden Merkmalen des Patentanspruchs 1.
[0005] Die Erfindung geht von der durch zahlreiche Versuchsreihen gewonnenen Erkenntnis
aus, daß für die erwähnten Nachteile der bisherigen elektrostatischen Druckluft-Zerstäuberpistolen
vor allem darauf zurückzuführen sind, daß die aus dem Lochkranz bzw. dem Ringspalt
austretende Druckluft beträchtliche Turbulenzen aufweist. Diese Turbulenzen führen
dazu, daß selbst dann, wenn der Mittelweg der kinetischen Energie der zerstäubten
Farbpartikel bzw. deren mittlere Geschwindigkeit in Grenzen bleibt, einzelne Bereiche
des Sprühstrahls und damit Teile der Farbpartikel eine derart hohe Geschwindigkeit
erhalten, daß die betreffenden Partikel nicht nur infolge ihrer hohen kinetischen
Energie dazu neigen, vom Werkstück zurückzuprallen oder an diesem vorbeizufliegen
(mangelnder Farbumgriff), sondern insbesondere infolge ihrer kurzen Verweilzeit innerhalb
des Koronabereichs der Elektrodenanordnung nur ungenügend aufgeladen werden, wodurch
der erstgenannte Effekt (Rückprall, mangelnder Umgriff) noch wesentlich verstärkt
wird. Mit der Erfindung wird nun dafür Sorge getragen, daß die Druckluft in einer
im wesentlichen laminaren Strömung aus ihrer Austrittsöffnung austritt, also als beruhigter
und gleichmäßiger Luftstrom. Erreicht wird dies dadurch, daß unter dem angegebenen
Grenzwert für das Verhältnis zwischen dem Druck vor und nach den Druckluft-Austrittsöffnungen
gearbeitet wird, also im sogenannten subsonischen Strömungsbereich. Freilich wird
man nahe diesem Grenzwert bleiben, um eine ausreichende Zerstäubung der Farbe und
einen einwandfreien Transport der zerstäubten Farbpartikel zum Werkstück zu gewährleisten,
und insbesondere ist eine Luftmenge (Luftdurchsatz durch die Austrittsöffnungen) erforderlich,
die zumindest so hoch wie und gegebenenfalls höher ist als bei den vorbekannten, mit
einem Druckverhältnis von beispielsweise 6:1 arbeitenden elektrostatischen Druckluft-Zerstäuberpistolen.
[0006] Zweckmäßige Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen gekennzeichnet.
[0007] Auf der Zeichnung ist eine Ausführungsform der Erfindung dargestellt, und zwar zeigt
die einzige Figur schematisch das sprühseitige Vorderende der elektrostatischen Druckluft-Farbspritzpistole.
[0008] Gemäß der Zeichnung weist das sprühseitige Vorderende der Spritzpistole, auch Spritzkopf
genannt, ein Farb-Zuführrohr 10 auf, das an seinem Sprühende in eine zentrale Farbaustrittsdüse
11 ausläuft. Die Farbaustrittsöffnung 11 ist von einem Druckluftauslaß in Form eines
Ringspalts 12 konzentrisch umgeben, der von der Randkante einer sogenannten Luftkappe
13 begrenzt wird. Ein Flansch 14 des Farbzuführrohrs 10, der mit Bohrungen 15 versehen
ist, schließt eine Luftkammer 16 zwischen Farbzuführrohr 10 und Luftkappe 13 nach
hinten ab. Die Luftkappe 13 besteht aus Isolierstoff; das Farbzuführrohr 10 mit Düse
11 ist vorzugsweise ebenfalls aus Isolierstoff gefertigt, könnte aber auch aus Metall
bestehen. Von der sprühseitigen Stirnfläche der Luftkappe 13 stehen Nadelelektroden
17 ab, und zwar als zur Farbaustrittsdüse 11 konzentrischer Nadelkranz. Die Nadelelektroden
17 sind über in der Luftkappe 13 verlaufende Leitungen 17a mit einem an der Rückstirn
der Luftkappe 13 befindlichen Kontaktring 18 leitend verbunden. Der auf der Zeichnung
dargestellte Sprühkopf sitzt am Vorderende des - nicht gezeichneten - Pistolenrohrs
der Farbspritzpistole, wobei über das Farbzuführrohr 10 die Farbe, durch die Bohrungen
15 hindurch die Druckluft und über den Kontaktring 18 die Hochspannung zugeführt werden.
Insoweit entspricht der gezeichnete und beschriebene Sprühkopf in Aufbau und Funktionsweise
völlig dem üblichen Stand der Technik.
[0009] Erfindungsgemäß wird nun aber dafür Sorge getragen, daß bei in Betrieb befindlicher
Farbspritzpistole der Druck p₁ der Druckluft in der Luftkammer 16, also unmittelbar
stromaufwärts des Ringspalts 12, auf einen bestimmten Höchstwert begrenzt ist, nämlich
derart, daß das Verhältnis V
L des Drucks p₁ zum Druck p₂ vor dem Sprühkopf, also stromabwärts des Ringspalts 12,
kleiner 2 : 1 ist. Dies bedeutet, daß dann, wenn "im Freien" gespritzt wird, der Druck
p₂ also 1 bar beträgt, der Druck p₁ unter 2 bar absolut bzw. unter 1 bar Überdruck
bleiben muß. Wird in einer geschlossenen Spritzkabine mit Absaugung gespritzt, in
welcher der Druck p₂ etwas unter Atmosphärendruck liegt, muß der Druck P₁ entsprechend
niedriger gewählt werden. Erreicht wird dieser vergleichsweise niedrige Druck in der
Luftkammer 16 dadurch, daß man beispielsweise die Farbspritzpistole an ein übliches,
einen wesentlich höheren Druck aufweisendes Druckluftsystem anschließt, in oder vor
die Bohrungen 15 jedoch Druckreduzierventile einsetzt. Eine andere Möglichkeit besteht
darin, die Farbspritzpistole durch ein motorgetriebenes Gebläse mit Druckluft zu versorgen,
das von Hause aus Druckluft entsprechend niedrigen Drucks liefert, beispielsweise
ein sogenanntes "Staubsauger-Motorgebläse". In diesem letzteren Fall jedoch erfährt
die gelieferte Gebläseluft eine Temperaturerhöhung, und um zu vermeiden, daß die zerstäubten
Farbpartikel durch die erwärmte Luft vor Erreichen des Werkstücks "eintrocknen", ist
es zweckmäßig, ein Kühlelement vorzusehen, etwa einen Kühlring, wie er bei 19 in der
Zeichnung angedeutet ist.
[0010] Wesentlich ist selbstverständlich, daß die im Rohr 10 zugeführte Farbe trotz des
vergleichsweise geringen Drucks und der damit vergleichsweise geringen Strömungsgeschwindigkeit
der Druckluft aus der Düse 11 herausgerissen, fein zerstäubt und zum Werkstück transportiert
wird. Man wird deshalb im allgemeinenen nahe dem angegebenen Grenzwert arbeiten, also
mit einem Verhältnis zwischen
1,3 : 1 <V
L <2 : 1 und
1,8 : 1 < V₁ < 2 : 1 arbeiten.
[0011] Von ausschlaggebender Bedeutung ist dabei aber, daß die Luftmenge ausreichend ist,
also der Durchsatz an Druckluft durch den Ringspalt 12 in der Zeiteinheit. Praktische
Versuche haben ergeben, daß die Luftmenge genauso groß wie oder größer als die Luftmenge
sein muß, die bei den üblichen Druckluftpistolen mit einem Zuführdruck der Druckluft
von etwa 6 bar durchgesetzt wird. Dies erfordert eine beträchtliche Größe der Durchtrittsfläche
des Ringspalts 12, die wesentlich größer sein muß als bei den üblichen Druckluft-Farbspritzpistolen,
beispielsweise um den Faktor 2 oder 3. Es ist dabei wenig sinnvoll, Absolutwerte für
die Luft-Durchsatzmenge und/oder die Austrittsfläche des Ringspalts 12 anzugeben,
weil diese Werte abhängig sind vom gewünschten Farbdurchsatz und von der Viskosität
der zu versprühenden Farbe; je höher der gewünschte Farbdurchsatz und je zäher die
zu versprühende Farbe ist, umso mehr Energie muß für die Zerstäubung und den Transport
der Farbe bereitgestellt werden, und nachdem die Energieerhöhung nicht durch eine
Erhöhung des Drucks der Druckluft erfolgen soll, zumindest nicht über den angegebenen
Grenzwert, wird dies durch die Erhöhung der Durchsatz-Luftmenge erreicht. In der Praxis
geht man dabei so vor, daß Druck und Menge der zugeführten Druckluft sowie Größe der
Austrittsfläche des Ringspalts auf den maximalen Farbdurchsatz der Farbspritzpistole
bei Verwendung zähester Farben abgestimmt werden und durch von außen betätigbare Luftventile,
nämlich ein Druckminderventil und/oder ein Mengenminderventil, der Bedienungsperson
die Möglichkeit gegeben wird, bei geringerem Farbdurchsatz und/oder bei leichter zerstäubbaren
Farben eine Anpassung vorzunehmen. Die Elektrodenanordnung kann in üblicher Weise
ausgebildet sein, jedoch ist es zweckmäßig, die Elektroden nahe benachbart dem Farbaustritt
anzuordnen, etwa auch als zentrale Nadelelektrode in der Farbaustrittsdüse, um sicherzustellen,
daß alle Farbpartikel den Koronabereich, also den Bereich höchster Feldstärke, durchlaufen.
Von Bedeutung ist dabei noch, daß ein Teil der Tröpfchen-Transportenergie vom elektrostatischen
Feld geliefert wird. Auch die Höhe der angelegten Spannung ist deshalb ein wesentlicher
Faktor und ist in die Abstimmung einzubeziehen, insbesondere beim Versprühen von Farben
unterschiedlicher elektrischer Leitfähigkeit (Wasserlack).
[0012] Praktische Versuche haben ergeben, daß mit der erfindungsgemäßen elektrostatischen
Druckluft-Farbspritzpistole ein ungewöhnlich hoher Niederschlagswirkungsgrad erreicht
wird, was nicht nur zu einer Kostenersparnis führt, sondern auch die Umweltverschmutzung
wesentlich vermindert. Darüber hinaus wird ein ausgezeichneter Farbumgriff erzielt,
etwa beim Spritzen von Rohren, wie er bisher nur mit eletrostatischen Rotations-Farbspritzpistolen
möglich war.
[0013] Der hier gewählte Begriff Farbe soll selbstverständlich alle elektrostatisch versprühbaren
Beschichtungsflüssigkeiten umfassen, insbesondere Lacke jeglicher Konsistenz.
1. Elektrostatische Druckluft-Farbspritzpistole mit einer an eine Farbzuführleitung angeschlossenen
Farbaustrittsdüse, einer an eine Druckluftzuführleitung angeschlossenen, benachbart
der Farbaustrittsdüse ausmündenden Druckluft-Austrittsöffnung in Form eines die Farbaustrittsdüse
konzentrisch umgebenden Lochkranzes oder Ringspalts und einer an eine Hochspannungszuführung
angeschlossenen Elektrodenanordnung, dadurch gekennzeichnet, daß die Gesamt-Austrittsfläche
der Druckluftaustrittsöffnung (12) sowie der Druck und die Menge der zugeführten Druckluft
so bemessen und aufeinander abgestimmt sind, daß einerseits das Verhältnis (VL) des unmittelbar stromaufwärts der Druckluft-Austrittsöffnung (12) herrschenden Luftdrucks
(P₁) zum stromabwärts der Druckluft₋ Austrittsöffnung (12) herrschenden Luftdruck
(p₂) < 2 : 1 ist und andererseits Menge und Strömungsgeschwindigkeit der aus der Druckluft-Austrittsöffnung
austretenden Druckluft und Höhe der angelegten Hochspannung bei gegebenem Farbdurchsatz
und gegebener Farbviskosität eine ausreichende Zerstäubung der Farbe sowie einen Transport
der zerstäubten Farbpartikel zum Werkstück gewährleisten.
2. Elektrostatische Druckluft-Farbspritzpistole nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß das Verhältnis (VL) der unmittelbar stromaufwärts der Druckluft-Austrittsöffnung (12) herrschenden Luftdrucks
(p₁) zum stromabwärts der Druckluft-Austrittsöffnung (12) herrschenden Luftdruck (p₂)
zwischen 1,3 : 1, und 1,8 : 1 beträgt.
3. Elektrostatische Druckluft-Farbspritzpistole nach Anspruch 1 oder 2, wobei die zugeführte
Druckluft eine über Raumtemperatur liegende Temperatur aufweist, gekennzeichnet durch
eine Kühleinrichtung (9) zum Abkühlen der Druckluft vor Austritt aus der Druckluft-Austrittsöffnung
(12) auf eine Temperatur gleich oder unter Raumtemperatur.
4. Elektrostatische Farbspritzpistole nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet,
daß die Elektrodenanordnung aus in oder unmittelbar benachbart der Farbaustrittsöffnung
(11) angeordneten Elektrodennadeln (17) besteht.