(19)
(11) EP 0 442 019 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
21.08.1991  Patentblatt  1991/34

(21) Anmeldenummer: 90103066.8

(22) Anmeldetag:  16.02.1990
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5B05B 5/03
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE DK FR GB IT SE

(71) Anmelder: J. WAGNER GMBH
88048 Friedrichshafen (DE)

(72) Erfinder:
  • Gebauer, Gerhard, Dipl.-Ing. (FH)
    D-7775 Bermatingen (DE)
  • Gruber, Johann, Ing. HTL
    CH-9445 Rebstein (CH)

(74) Vertreter: Liesegang, Roland, Dr.-Ing. et al
FORRESTER & BOEHMERT Franz-Joseph-Strasse 38
80801 München
80801 München (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Betreiben einer elektrostatischen Druckluft-Farbspritzpistole


    (57) Bei einer elektrostatischen Druckluft-Farbspritzpistole werden die Gesamt-Austrittsfläche der Druckluftaustrittsöffnung sowie der Druck und die Menge der zugeführten Druckluft so bemessen und aufeinander abgestimmt, daß einerseits das Verhältnis (VL) des unmittelbar stromabwärts der Druckluft-Austrittsöffnung herrschenden Luftdrucks (p₁) zum stromabwärts der Druckluft-Austrittsöffnung herrschenden Luftdruck (p₂) kleiner 2 : 1 ist und andererseits Menge und Strömungsgeschwindigkeit der aus der Druckluftaustrittsöffnung austretenden Druckluft und Höhe der angelegten Hochspannung bei gegebenem Farbdurchsatz und gegebener Farbviskosität eine ausreichende Zerstäubung der Farbe sowie einen Transport der zerstäubten Farbpartikel zum Werkstück gewährleisten. Damit werden ein hoher Niederschlagswirkungsgrad und ein guter Farbumgriff erreicht.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft eine elektrostatische Druckluft-Farbspritzpistole gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1. Derartige elektrostatische Druckluft-Farbspritzpistolen sind seit Jahrzehnten bekannt und, aufbauend auf dem erwähnten Grundaufbau, in den verschiedensten Ausführungen auf dem Markt.

    [0002] Der Aufbau dieser elektrostatischen Druckluft-Farbspritzpistolen ist vergleichsweise einfach. So sind kein Drehantrieb und keine sich drehenden Teile erforderlich, wie dies bei den elektrostatischen Rotations-Farbspritzpistolen der Fall ist. Die farbführenden Teile, Ventile und Dichtungen, werden im Gegensatz zur luftlosen Hochdruck-Farbzerstäubung keinen hohen Drücken ausgesetzt, weil ein Farbdruck genügt, der eine einwandfrei Förderung der Farbflüssigkeit bis zur Farbaustrittsdüse gewährleistet; Zerstäubung und Transport der Farbe erfolgen ja durch die Druckluft. Die Druckluftversorgung kann durch Anschluß an das üblicherweise vorhandene Druckluftnetz erfolgen; der in diesen Druckluftnetzen meist herrschende Druck von etwa 6 bis 8 bar ist voll ausreichend. Die Hochspannung schließlich wird entweder über ein Kabel von einem gesonderten Hochspannungsgenerator geliefert oder mittels sogenannter Hochspannungskaskaden in der Pistole selbst erzeugt.

    [0003] Allgemein bekannt ist nun aber, daß mit den elektrostatischen Druckluft-Farbspritzpistolen nicht die ausgezeichneten Werte für den Niederschlagswirkungsgrad und insbesondere den Farbumgriff erreicht werden können, wie bei den elektrostatischen Rotations-Farbspritzpistolen. Die Fachwelt war sich wohl auch im klaren darüber, daß eine der Ursachen dafür in der gegenüber dem Rotations-Zerstäuber-Verfahren höheren kinetischen Energie der zerstäubten Farbtröpfchen liegt, hat jedoch die erwähnten Nachteile als sozusagen systembedingt (Druckluft-Zerstäubung) hingenommen.

    [0004] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es nun, eine elektrostatische Druckluft-Farbspritzpistole der eingangs erwähnten Art so zu verbessern, daß unter Beibehaltung der bisherigen Vorzüge, also der erwähnten konstruktiven Einfachheit Werte für den Niederschlagswirkungsgrad und den Umgriff gewährleistet werden, wie sie bisher nur von den wesentlich aufwendigeren elektrostatischen Rotations-Farbspritzpistolen erreicht wurden. Die Lösung dieser Aufgabe ergibt sich aus den kennzeichnenden Merkmalen des Patentanspruchs 1.

    [0005] Die Erfindung geht von der durch zahlreiche Versuchsreihen gewonnenen Erkenntnis aus, daß für die erwähnten Nachteile der bisherigen elektrostatischen Druckluft-Zerstäuberpistolen vor allem darauf zurückzuführen sind, daß die aus dem Lochkranz bzw. dem Ringspalt austretende Druckluft beträchtliche Turbulenzen aufweist. Diese Turbulenzen führen dazu, daß selbst dann, wenn der Mittelweg der kinetischen Energie der zerstäubten Farbpartikel bzw. deren mittlere Geschwindigkeit in Grenzen bleibt, einzelne Bereiche des Sprühstrahls und damit Teile der Farbpartikel eine derart hohe Geschwindigkeit erhalten, daß die betreffenden Partikel nicht nur infolge ihrer hohen kinetischen Energie dazu neigen, vom Werkstück zurückzuprallen oder an diesem vorbeizufliegen (mangelnder Farbumgriff), sondern insbesondere infolge ihrer kurzen Verweilzeit innerhalb des Koronabereichs der Elektrodenanordnung nur ungenügend aufgeladen werden, wodurch der erstgenannte Effekt (Rückprall, mangelnder Umgriff) noch wesentlich verstärkt wird. Mit der Erfindung wird nun dafür Sorge getragen, daß die Druckluft in einer im wesentlichen laminaren Strömung aus ihrer Austrittsöffnung austritt, also als beruhigter und gleichmäßiger Luftstrom. Erreicht wird dies dadurch, daß unter dem angegebenen Grenzwert für das Verhältnis zwischen dem Druck vor und nach den Druckluft-Austrittsöffnungen gearbeitet wird, also im sogenannten subsonischen Strömungsbereich. Freilich wird man nahe diesem Grenzwert bleiben, um eine ausreichende Zerstäubung der Farbe und einen einwandfreien Transport der zerstäubten Farbpartikel zum Werkstück zu gewährleisten, und insbesondere ist eine Luftmenge (Luftdurchsatz durch die Austrittsöffnungen) erforderlich, die zumindest so hoch wie und gegebenenfalls höher ist als bei den vorbekannten, mit einem Druckverhältnis von beispielsweise 6:1 arbeitenden elektrostatischen Druckluft-Zerstäuberpistolen.

    [0006] Zweckmäßige Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen gekennzeichnet.

    [0007] Auf der Zeichnung ist eine Ausführungsform der Erfindung dargestellt, und zwar zeigt die einzige Figur schematisch das sprühseitige Vorderende der elektrostatischen Druckluft-Farbspritzpistole.

    [0008] Gemäß der Zeichnung weist das sprühseitige Vorderende der Spritzpistole, auch Spritzkopf genannt, ein Farb-Zuführrohr 10 auf, das an seinem Sprühende in eine zentrale Farbaustrittsdüse 11 ausläuft. Die Farbaustrittsöffnung 11 ist von einem Druckluftauslaß in Form eines Ringspalts 12 konzentrisch umgeben, der von der Randkante einer sogenannten Luftkappe 13 begrenzt wird. Ein Flansch 14 des Farbzuführrohrs 10, der mit Bohrungen 15 versehen ist, schließt eine Luftkammer 16 zwischen Farbzuführrohr 10 und Luftkappe 13 nach hinten ab. Die Luftkappe 13 besteht aus Isolierstoff; das Farbzuführrohr 10 mit Düse 11 ist vorzugsweise ebenfalls aus Isolierstoff gefertigt, könnte aber auch aus Metall bestehen. Von der sprühseitigen Stirnfläche der Luftkappe 13 stehen Nadelelektroden 17 ab, und zwar als zur Farbaustrittsdüse 11 konzentrischer Nadelkranz. Die Nadelelektroden 17 sind über in der Luftkappe 13 verlaufende Leitungen 17a mit einem an der Rückstirn der Luftkappe 13 befindlichen Kontaktring 18 leitend verbunden. Der auf der Zeichnung dargestellte Sprühkopf sitzt am Vorderende des - nicht gezeichneten - Pistolenrohrs der Farbspritzpistole, wobei über das Farbzuführrohr 10 die Farbe, durch die Bohrungen 15 hindurch die Druckluft und über den Kontaktring 18 die Hochspannung zugeführt werden. Insoweit entspricht der gezeichnete und beschriebene Sprühkopf in Aufbau und Funktionsweise völlig dem üblichen Stand der Technik.

    [0009] Erfindungsgemäß wird nun aber dafür Sorge getragen, daß bei in Betrieb befindlicher Farbspritzpistole der Druck p₁ der Druckluft in der Luftkammer 16, also unmittelbar stromaufwärts des Ringspalts 12, auf einen bestimmten Höchstwert begrenzt ist, nämlich derart, daß das Verhältnis VL des Drucks p₁ zum Druck p₂ vor dem Sprühkopf, also stromabwärts des Ringspalts 12, kleiner 2 : 1 ist. Dies bedeutet, daß dann, wenn "im Freien" gespritzt wird, der Druck p₂ also 1 bar beträgt, der Druck p₁ unter 2 bar absolut bzw. unter 1 bar Überdruck bleiben muß. Wird in einer geschlossenen Spritzkabine mit Absaugung gespritzt, in welcher der Druck p₂ etwas unter Atmosphärendruck liegt, muß der Druck P₁ entsprechend niedriger gewählt werden. Erreicht wird dieser vergleichsweise niedrige Druck in der Luftkammer 16 dadurch, daß man beispielsweise die Farbspritzpistole an ein übliches, einen wesentlich höheren Druck aufweisendes Druckluftsystem anschließt, in oder vor die Bohrungen 15 jedoch Druckreduzierventile einsetzt. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Farbspritzpistole durch ein motorgetriebenes Gebläse mit Druckluft zu versorgen, das von Hause aus Druckluft entsprechend niedrigen Drucks liefert, beispielsweise ein sogenanntes "Staubsauger-Motorgebläse". In diesem letzteren Fall jedoch erfährt die gelieferte Gebläseluft eine Temperaturerhöhung, und um zu vermeiden, daß die zerstäubten Farbpartikel durch die erwärmte Luft vor Erreichen des Werkstücks "eintrocknen", ist es zweckmäßig, ein Kühlelement vorzusehen, etwa einen Kühlring, wie er bei 19 in der Zeichnung angedeutet ist.

    [0010] Wesentlich ist selbstverständlich, daß die im Rohr 10 zugeführte Farbe trotz des vergleichsweise geringen Drucks und der damit vergleichsweise geringen Strömungsgeschwindigkeit der Druckluft aus der Düse 11 herausgerissen, fein zerstäubt und zum Werkstück transportiert wird. Man wird deshalb im allgemeinenen nahe dem angegebenen Grenzwert arbeiten, also mit einem Verhältnis zwischen
    1,3 : 1 <VL <2 : 1 und
    1,8 : 1 < V₁ < 2 : 1 arbeiten.


    [0011] Von ausschlaggebender Bedeutung ist dabei aber, daß die Luftmenge ausreichend ist, also der Durchsatz an Druckluft durch den Ringspalt 12 in der Zeiteinheit. Praktische Versuche haben ergeben, daß die Luftmenge genauso groß wie oder größer als die Luftmenge sein muß, die bei den üblichen Druckluftpistolen mit einem Zuführdruck der Druckluft von etwa 6 bar durchgesetzt wird. Dies erfordert eine beträchtliche Größe der Durchtrittsfläche des Ringspalts 12, die wesentlich größer sein muß als bei den üblichen Druckluft-Farbspritzpistolen, beispielsweise um den Faktor 2 oder 3. Es ist dabei wenig sinnvoll, Absolutwerte für die Luft-Durchsatzmenge und/oder die Austrittsfläche des Ringspalts 12 anzugeben, weil diese Werte abhängig sind vom gewünschten Farbdurchsatz und von der Viskosität der zu versprühenden Farbe; je höher der gewünschte Farbdurchsatz und je zäher die zu versprühende Farbe ist, umso mehr Energie muß für die Zerstäubung und den Transport der Farbe bereitgestellt werden, und nachdem die Energieerhöhung nicht durch eine Erhöhung des Drucks der Druckluft erfolgen soll, zumindest nicht über den angegebenen Grenzwert, wird dies durch die Erhöhung der Durchsatz-Luftmenge erreicht. In der Praxis geht man dabei so vor, daß Druck und Menge der zugeführten Druckluft sowie Größe der Austrittsfläche des Ringspalts auf den maximalen Farbdurchsatz der Farbspritzpistole bei Verwendung zähester Farben abgestimmt werden und durch von außen betätigbare Luftventile, nämlich ein Druckminderventil und/oder ein Mengenminderventil, der Bedienungsperson die Möglichkeit gegeben wird, bei geringerem Farbdurchsatz und/oder bei leichter zerstäubbaren Farben eine Anpassung vorzunehmen. Die Elektrodenanordnung kann in üblicher Weise ausgebildet sein, jedoch ist es zweckmäßig, die Elektroden nahe benachbart dem Farbaustritt anzuordnen, etwa auch als zentrale Nadelelektrode in der Farbaustrittsdüse, um sicherzustellen, daß alle Farbpartikel den Koronabereich, also den Bereich höchster Feldstärke, durchlaufen. Von Bedeutung ist dabei noch, daß ein Teil der Tröpfchen-Transportenergie vom elektrostatischen Feld geliefert wird. Auch die Höhe der angelegten Spannung ist deshalb ein wesentlicher Faktor und ist in die Abstimmung einzubeziehen, insbesondere beim Versprühen von Farben unterschiedlicher elektrischer Leitfähigkeit (Wasserlack).

    [0012] Praktische Versuche haben ergeben, daß mit der erfindungsgemäßen elektrostatischen Druckluft-Farbspritzpistole ein ungewöhnlich hoher Niederschlagswirkungsgrad erreicht wird, was nicht nur zu einer Kostenersparnis führt, sondern auch die Umweltverschmutzung wesentlich vermindert. Darüber hinaus wird ein ausgezeichneter Farbumgriff erzielt, etwa beim Spritzen von Rohren, wie er bisher nur mit eletrostatischen Rotations-Farbspritzpistolen möglich war.

    [0013] Der hier gewählte Begriff Farbe soll selbstverständlich alle elektrostatisch versprühbaren Beschichtungsflüssigkeiten umfassen, insbesondere Lacke jeglicher Konsistenz.


    Ansprüche

    1. Elektrostatische Druckluft-Farbspritzpistole mit einer an eine Farbzuführleitung angeschlossenen Farbaustrittsdüse, einer an eine Druckluftzuführleitung angeschlossenen, benachbart der Farbaustrittsdüse ausmündenden Druckluft-Austrittsöffnung in Form eines die Farbaustrittsdüse konzentrisch umgebenden Lochkranzes oder Ringspalts und einer an eine Hochspannungszuführung angeschlossenen Elektrodenanordnung, dadurch gekennzeichnet, daß die Gesamt-Austrittsfläche der Druckluftaustrittsöffnung (12) sowie der Druck und die Menge der zugeführten Druckluft so bemessen und aufeinander abgestimmt sind, daß einerseits das Verhältnis (VL) des unmittelbar stromaufwärts der Druckluft-Austrittsöffnung (12) herrschenden Luftdrucks (P₁) zum stromabwärts der Druckluft₋ Austrittsöffnung (12) herrschenden Luftdruck (p₂) < 2 : 1 ist und andererseits Menge und Strömungsgeschwindigkeit der aus der Druckluft-Austrittsöffnung austretenden Druckluft und Höhe der angelegten Hochspannung bei gegebenem Farbdurchsatz und gegebener Farbviskosität eine ausreichende Zerstäubung der Farbe sowie einen Transport der zerstäubten Farbpartikel zum Werkstück gewährleisten.
     
    2. Elektrostatische Druckluft-Farbspritzpistole nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Verhältnis (VL) der unmittelbar stromaufwärts der Druckluft-Austrittsöffnung (12) herrschenden Luftdrucks (p₁) zum stromabwärts der Druckluft-Austrittsöffnung (12) herrschenden Luftdruck (p₂) zwischen 1,3 : 1, und 1,8 : 1 beträgt.
     
    3. Elektrostatische Druckluft-Farbspritzpistole nach Anspruch 1 oder 2, wobei die zugeführte Druckluft eine über Raumtemperatur liegende Temperatur aufweist, gekennzeichnet durch eine Kühleinrichtung (9) zum Abkühlen der Druckluft vor Austritt aus der Druckluft-Austrittsöffnung (12) auf eine Temperatur gleich oder unter Raumtemperatur.
     
    4. Elektrostatische Farbspritzpistole nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Elektrodenanordnung aus in oder unmittelbar benachbart der Farbaustrittsöffnung (11) angeordneten Elektrodennadeln (17) besteht.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht