(19)
(11) EP 0 443 121 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
28.08.1991  Patentblatt  1991/35

(21) Anmeldenummer: 90123166.2

(22) Anmeldetag:  04.12.1990
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5A43B 17/14, A43B 7/22
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB GR IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 20.02.1990 DE 9001986 U

(71) Anmelder: Birke, Josef
D-66953 Pirmasens (DE)

(72) Erfinder:
  • Birke, Josef
    D-66953 Pirmasens (DE)

(74) Vertreter: Patentanwälte Möll und Bitterich 
Postfach 20 80
76810 Landau
76810 Landau (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) yrthopädische Schuheinlage


    (57) Orthopädische Schuheinlagen aus Leder oder Kunstleder verwenden als stützendes Element Einlagenkerne (2) aus thermoplastischem Kunststoff. Diese Einlagenkerne (2) sind aus einem hoch-zähelastischen Kunststoff in der endgültigen, auf die korrekturbedürftigen Fußformen und -größen optimal abgestimmten Form - dünn im Fersenbereich (5), stark an den Abstützungspunkten (3), auslaufend an den Übergängen (4) - spritzgegossen. Bei der Verarbeitung dieser Einlagenkerne (2) und bei der individuellen Anpassung an den kranken Fuß entsteht keinerlei Abfall mehr. Das Material der Einlagenkerne kann nach Gebrauch recycelt werden.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft individuell anpaßbare orthopädische Schuheinlagen aus Leder oder Kunstleder gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1.

    [0002] Zur Korrektur und Stützung von Fehlstellungen des Fußes, beispielsweise bei Plattfüßen, Senkfüßen, Senk-Spreizfüßen, Hohlfüßen und dergleichen, verordnet der Facharzt Einlagen. Die Anfertigung dieser Einlagen erfolgt durch den Orthopädie-Schuhmacher oder Orthopädie-Techniker auf der Basis eines vom Fuß des Patienten abgenommenen Gipsabdrucks, eines gegebenenfalls bereits vorhandenen Patientenleistens oder nach Maß.

    [0003] Bei der Fertigung von Einlagen, insbesondere solchen aus Leder oder Kunstleder, werden stützende Einlagenkerne verwendet, die in ihrer Form und Größe an den kranken Fuß des Patienten angepaßt werden. Für die Herstellung dieser Einlagenkerne liefert die Industrie vorgeformte Platten aus thermoplastischem Kunststoff, die in vielen Fällen auch mit Verstärkungsfasern gefüllt sind. Diese Platten werden erwärmt und auf den Gipsabguß gepreßt. Bei etwas Glück und viel Geschick hat die Oberseite der Platte nach dem Erkalten die dem Patientenfuß entsprechende Wölbung.

    [0004] In diesem Zustand sind die Formlinge jedoch noch nicht verwendbar. Vielmehr müssen Form und Größe einerseits und die richtige Materialverteilung andererseits noch herausgearbeitet werden. Hierzu wird das überschüssige Material mit Hilfe von Messern oder Schleifscheiben abgearbeitet. Dieser Vorgang erfordert viel Erfahrung und viel Fingerspitzengefühl. Wird an der falschen Stelle zuviel Material abgenommen, war die ganze bisherige Arbeit umsonst; der Einlagenkern muß neu erstellt werden, andernfalls wäre eine damit fertiggestellte Einlage zur Behebung der Fußschäden ungeeignet.

    [0005] Es versteht sich, daß das Herausarbeiten der Endform aus dem Rohling zeitaufwendig ist. Dabei entsteht auch eine reichliche Menge an Kunststoffabfällen, meist in Staubform, deren Entsorgung immer schwieriger wird, insbesondere dann, wenn der Kunststoff faserverstärkt ist.

    [0006] Außer den beschriebenen ebenen, nur im Umriß an die Fußform angenäherten Kunststoffplatten liefert die Industrie auch Platten für orthopädische Einlagen, deren Oberseite bereits etwa entsprechend der Normalfußsohle vorgeformt ist. Durch diese Vorformung ist die Anpassung an den Gipsabguß etwas erleichtert. Die Endbearbeitung unterscheidet sich jedoch in keiner Weise von der oben beschriebenen.

    [0007] Aus der DE-A-31 32 354 sind Rohlinge für orthopädische Einlagen bekannt, die ebenfalls aus einem plattenförmigen Material wie Leichtmetall oder Kunststoff bestehen, wobei die Oberseite bereits vorgeformt ist. Diese Vorformung ist jedoch nicht einheitlich, sondern soll individuell auf die zwei grundsätzlichen Fußtypen, den Hohlfuß und den Plattfuß, angepaßt sein, was sich in einer abweichenden Höhe der stützenden Wölbungen - bei Plattfuß flacher, bei Hohlfuß höher - und einer unterschiedlichen Position des Wölbungsmaximums - näher an der Ferse beim Plattfuß, näher bei den Zehen beim Hohlfuß - ausdrückt. Gemäß der in der DE-A-31 32 354 gegebenen Begründung soll es möglich sein, zu jedem Patientenfuß den genau passenden Rohling aus dem vom Orthopädie-Schuhmacher bzw. -Techniker vorzuhaltenden großen Vorrat auszusuchen. Damit würde zwar der Arbeitsgang des Anpassens der Wölbung entsprechend dem Gipsabguß entfallen; die individuelle Endbearbeitung durch Wegnahme von überschüssigem Material bleibt jedoch.

    [0008] Zwar ist es prinzipiell möglich, die verformten Platten ohne Nachbearbeitung zu verwenden, wie es in der Praxis auch vielfach geschieht. Bedingt durch die einheitliche Stärke des Plattenmaterials von beispielsweise 6 mm, zu der sich die Stärke des Leders usw. addiert, bekommt die fertige Einlage eine solche Höhe, daß sie nur noch in Spezialschuhen getragen werden kann. Solche Spezialschuhe zeichnen sich jedoch nicht durch besondere Eleganz aus.

    [0009] Durch die individuelle Nachbearbeitung der Plattenrohlinge wird das Kunststoffmaterial an den wenig belasteten Stellen, beispielsweise unter der Ferse und an den Übergängen, dünn gehalten, ohne daß an den Stützpunkten die Festigkeit leidet, so daß die fertige Einlage nur noch einen Bruchteil der Höhe hat und in modischen Schuhen getragen werden kann.

    [0010] Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, orthopädische Einlagen der eingangs genannten Art anzugeben, deren geringe Dicke besonders an der Ferse und an den Übergangsstellen eine Benutzung in modischen Schuhen ermöglicht, deren Einlagenkerne jedoch nicht materialabnehmend nachbearbeitet werden müssen.

    [0011] Diese Aufgabe wird gelöst durch eine gattungsgemäße orthopädische Schuheinlage mit den Merkmalen gemäß Kennzeichen des Anspruchs 1.

    [0012] Vorteilhafterweise ist die Unterseite des Einlagenkerns im Fersen- und im Gelenkbereich an die Schuhinnenfläche angepaßt.

    [0013] Damit ergeben sich die Vorteile, daß die Herstellung fabrikmäßig und in Großserien erfolgen kann, wobei als Modell nur jeweils einmal ein Einlagenkern optimal herausgearbeitet werden muß, mit der Folge, daß Paßform und Stützfunktion optimal und die Preise minimal sind. Dank der Verwendung von thermoplastischem Kunststoff ist es darüber hinaus möglich, in besonderen Fällen, d. h. bei Problemfüßen, in der herkömmlichen Weise eine individuelle Anpassung des Einlagenkerns anhand des Gipsabgusses durchzuführen, wobei jedoch jede nachträgliche Materialabnahme oder -zugabe entfällt.

    [0014] Darüber hinaus ist es möglich, das Kunststoffmaterial aus ausgedienten Einlagen zu recyclen. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Kunststoffmaterial frei von Verstärkungsfasern ist. Auch ist eine klebstofffreie Weiterverarbeitung mit vorgefertigten Einlagentaschen möglich.

    [0015] Überraschenderweise hat sich gezeigt, daß die spritzgegossenen Einlagenkerne dank dieser Herstellungsart eine berechenbare und gleichbleibende Festigkeitsstruktur aufweisen, gleichzeitig weich-elastische und somit angenehme Kantenübergänge zum Fuß besitzen und sich flexibel an die Bewegungen von Fuß und Schuh beim Gehen sowie insbesondere an die jeweilige Gelenksprengung des Schuhs anpassen. Gleichzeitig bleibt jedoch die medizinisch gebotene optimale Stützfunktion in allen Fällen gewährleistet.

    [0016] Die Fertigstellung der Einlagen erfolgt ganz in der herkömmlichen Machart. Polster, Pelotten, Bodenverkleidungsteile usw. werden je nach Bedarf nach maßgenau eingearbeitet.

    [0017] Bei dreiviertel- und langsohligen Einlagen, Bezügen, Decken oder Taschen, auch mit weichen Vorfußpolstern, wird gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung die Einlagendecke im Bereich der Ballen oder der empfindlichen Mittelfußköpfchen geschlitzt, insbesondere kreuzgeschlitzt. Dadurch wird die Wirkung der eingearbeiteten Polster erheblich erhöht, ohne daß diese Schlitzung auch von empfindlichen Füßen nachteilig wahrgenommen würde. Auch wird die Haltbarkeit der Einlagen dadurch nicht beeinträchtigt.

    [0018] Anhand der Zeichnung soll die Erfindung in Form von Ausführungsbeispielen näher erläutert werden. Es zeigen:
    Fig. 1
    einen ersten Einlagenkern für orthopädische Schuheinlagen für Hohlfüße,
    Fig. 2
    einen zweiten Einlagenkern für orthopädische Schuheinlagen für Plattfüße, wobei die Einlagenkerne der Fig. 1 und 2 eine automatische Anpassungsfähigkeit an die jeweils vorgegebene unterschiedliche Gelenksprengung, d. h. Absatzhöhe, besitzen,
    Fig. 3
    einen dritten Einlagenkern für orthopädische Schuheinlagen, in diesem Fall geformt als Schaleneinlage für Kinder mit Hohlfuß,
    Fig. 4
    einen vierten Einlagenkern für orthopädische Schuheinlagen, in diesem Fall geformt als Schaleneinlage für Kinder mit Plattfuß, wobei die Einlagenkernschalen der Fig. 3 und 4 auch die sonstigen statischen oder krankheitsbedingten Fehlformen des Kinderfußes zu korrigieren ermöglichen, und
    Fig. 5
    eine Draufsicht auf eine fertiggestellte langsohlige orthopädische Schuheinlage.


    [0019] Die Fig. 1 und 2 zeigen im Spritzgußverfahren aus thermoplastischem Kunststoff in der endgültigen Form spritzgegossene Einlagenkerne 2, im Fall der Fig. 1 für die Versorgung von Hohlfüßen, im Fall der Fig. 2 für die Versorgung von Plattfüßen. Im Bereich der Abstützungspunkte 3 ist die Materialstärke hoch, um eine optimale Stützfunktion für den kranken Fuß zu gewährleisten, andererseits aber noch ausreichend gering, damit der gesamte Einlagenkern 2 sehr elastisch bleibt für eine optimale Anpassung an die Sprengung des Schuhs und die Bewegungen von Fuß und Schuh beim Gehen. Im Fersenbereich 5 ist das Material praktisch nur noch hauchdünn, da das Gewicht hier unmittelbar auf die Brandsohle und den Absatz des Schuhs abgetragen wird. Der umlaufende Rand des Einlagenkerns 2, insbesondere jedoch der Übergang 4 zum Vorfußbereich ist auslaufend gestaltet, um unerwünschte Druckbelastungen der Füße ebenso zu verhindern wie Beschädigungen des Schuhs oder auch der Einlage selbst.

    [0020] Die Unterseite des Einlagenkerns 2 ist optimal an die Schuhinnenfläche angepaßt, d. h. im Fersen- und im Gelenkbereich im wesentlichen plan.

    [0021] Die Fig. 3 und 4 zeigen Einlagenkerne 2', die aus thermoplastischem Kunststoff in der Endform spritzgegossen sind, in diesem Fall jedoch mehr als Schaleneinlage für die Versorgung von Kinderfüßen bestimmt. Bei Kindern besteht wegen der noch bildsamen Knochenstruktur die Möglichkeit, Fehlstellungen bleibend zu korrigieren, was durch die Schalenform begünstigt wird.

    [0022] Gerade bei Kindern besteht die Notwendigkeit, die korrigierenden Einlagen nach relativ kurzer Tragezeit wieder auszuwechseln. Bei Verwendung der erfindungsgemäßen Einlagenkerne ist es nun möglich, das Material zu recyceln, d. h. zu zerkleinern und neu zu verspritzen. In diesen Fällen fällt also bei der Verwendung der erfindungsgemäßen Einlagenkerne überhaupt kein Kunststoffabfall mehr an.

    [0023] Fig. 5 zeigt eine Draufsicht auf eine fertigstellte langsohlige Einlage 1. Die Einlagendecke 6 besitzt im Vorfußbereich, insbesondere im Bereich der meist sehr empfindlichen Mittelfußköpfchen, eine Kreuzschlitzung 7, dank derer eingearbeitete Ballenpolster optimal zur Geltung kommen, ohne daß die Schlitzung 7 selbst den Fuß stört oder die Haltbarkeit der Einlage 1 beeinträchtigt.

    [0024] Dank der Herstellung im Spritzgußverfahren und der optimalen Verteilung des Kunststoffmaterials an die zu stützenden Stellen kann die Menge des Kunststoffmaterials insgesamt klein gehalten werden, ebenso die Höhe. Dadurch wird es möglich, Einlagen in vielen modischen Konfektionsschuhen zu verwenden und auf die bisher fast immer erforderlichen Spezialschuhe für lose Einlagen zu verzichten.

    [0025] Durch den völligen Wegfall der materialabnehmenden Bearbeitung werden nicht nur Zeit und Kosten gespart, sondern auch die Abfallmenge und die Verletzungsgefahren verringert. Die orthopädisch entscheidende Stützfunktion ist nicht nur gewährleistet, sondern dank der optimalen Herstellung der Einlagenkerne optimiert.


    Ansprüche

    1. Individuell anpaßbare orthopädische Schuheinlage (1) aus Leder oder Kunstleder, hergestellt unter Verwendung eines Einlagenkerns (2) aus thermoplastischem Kunststoff als stützendes Element, dadurch gekennzeichnet, daß der Einlagenkern (2) aus einem hoch-zähelastischen Kunststoff in den endgültigen, auf die korrekturbedürftigen Fußformen und -größen optimal abgestimmten Formen, d. h. stark an den Abstützungspunkten (3), dünn im Fersenbereich (5) und auslaufend an den Übergängen (4), spritzgegossen ist.
     
    2. Schuheinlage nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Unterseite des Einlagenkerns (2) im Fersen- und im Gelenkbereich an die Schuhinnenfläche angepaßt ist.
     
    3. Schuheinlage nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Kunststoff der Einlagenkerne (2) frei von Verstärkungsfasern ist.
     
    4. Schuheinlage nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Einlagenmaterial (6) aus Leder oder Kunstleder im Vorfuß- bzw. Ballenbereich geschlitzt, insbesondere kreuzgeschlitzt ist.
     
    5. Schuheinlage nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß das Einlagenmaterial (6) aus Leder oder Kunstleder eine Tasche zur Aufnahme des Einlagenkerns (2) besitzt.
     




    Zeichnung