[0001] Die Erfindung betrifft individuell anpaßbare orthopädische Schuheinlagen aus Leder
oder Kunstleder gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1.
[0002] Zur Korrektur und Stützung von Fehlstellungen des Fußes, beispielsweise bei Plattfüßen,
Senkfüßen, Senk-Spreizfüßen, Hohlfüßen und dergleichen, verordnet der Facharzt Einlagen.
Die Anfertigung dieser Einlagen erfolgt durch den Orthopädie-Schuhmacher oder Orthopädie-Techniker
auf der Basis eines vom Fuß des Patienten abgenommenen Gipsabdrucks, eines gegebenenfalls
bereits vorhandenen Patientenleistens oder nach Maß.
[0003] Bei der Fertigung von Einlagen, insbesondere solchen aus Leder oder Kunstleder, werden
stützende Einlagenkerne verwendet, die in ihrer Form und Größe an den kranken Fuß
des Patienten angepaßt werden. Für die Herstellung dieser Einlagenkerne liefert die
Industrie vorgeformte Platten aus thermoplastischem Kunststoff, die in vielen Fällen
auch mit Verstärkungsfasern gefüllt sind. Diese Platten werden erwärmt und auf den
Gipsabguß gepreßt. Bei etwas Glück und viel Geschick hat die Oberseite der Platte
nach dem Erkalten die dem Patientenfuß entsprechende Wölbung.
[0004] In diesem Zustand sind die Formlinge jedoch noch nicht verwendbar. Vielmehr müssen
Form und Größe einerseits und die richtige Materialverteilung andererseits noch herausgearbeitet
werden. Hierzu wird das überschüssige Material mit Hilfe von Messern oder Schleifscheiben
abgearbeitet. Dieser Vorgang erfordert viel Erfahrung und viel Fingerspitzengefühl.
Wird an der falschen Stelle zuviel Material abgenommen, war die ganze bisherige Arbeit
umsonst; der Einlagenkern muß neu erstellt werden, andernfalls wäre eine damit fertiggestellte
Einlage zur Behebung der Fußschäden ungeeignet.
[0005] Es versteht sich, daß das Herausarbeiten der Endform aus dem Rohling zeitaufwendig
ist. Dabei entsteht auch eine reichliche Menge an Kunststoffabfällen, meist in Staubform,
deren Entsorgung immer schwieriger wird, insbesondere dann, wenn der Kunststoff faserverstärkt
ist.
[0006] Außer den beschriebenen ebenen, nur im Umriß an die Fußform angenäherten Kunststoffplatten
liefert die Industrie auch Platten für orthopädische Einlagen, deren Oberseite bereits
etwa entsprechend der Normalfußsohle vorgeformt ist. Durch diese Vorformung ist die
Anpassung an den Gipsabguß etwas erleichtert. Die Endbearbeitung unterscheidet sich
jedoch in keiner Weise von der oben beschriebenen.
[0007] Aus der DE-A-31 32 354 sind Rohlinge für orthopädische Einlagen bekannt, die ebenfalls
aus einem plattenförmigen Material wie Leichtmetall oder Kunststoff bestehen, wobei
die Oberseite bereits vorgeformt ist. Diese Vorformung ist jedoch nicht einheitlich,
sondern soll individuell auf die zwei grundsätzlichen Fußtypen, den Hohlfuß und den
Plattfuß, angepaßt sein, was sich in einer abweichenden Höhe der stützenden Wölbungen
- bei Plattfuß flacher, bei Hohlfuß höher - und einer unterschiedlichen Position des
Wölbungsmaximums - näher an der Ferse beim Plattfuß, näher bei den Zehen beim Hohlfuß
- ausdrückt. Gemäß der in der DE-A-31 32 354 gegebenen Begründung soll es möglich
sein, zu jedem Patientenfuß den genau passenden Rohling aus dem vom Orthopädie-Schuhmacher
bzw. -Techniker vorzuhaltenden großen Vorrat auszusuchen. Damit würde zwar der Arbeitsgang
des Anpassens der Wölbung entsprechend dem Gipsabguß entfallen; die individuelle Endbearbeitung
durch Wegnahme von überschüssigem Material bleibt jedoch.
[0008] Zwar ist es prinzipiell möglich, die verformten Platten ohne Nachbearbeitung zu verwenden,
wie es in der Praxis auch vielfach geschieht. Bedingt durch die einheitliche Stärke
des Plattenmaterials von beispielsweise 6 mm, zu der sich die Stärke des Leders usw.
addiert, bekommt die fertige Einlage eine solche Höhe, daß sie nur noch in Spezialschuhen
getragen werden kann. Solche Spezialschuhe zeichnen sich jedoch nicht durch besondere
Eleganz aus.
[0009] Durch die individuelle Nachbearbeitung der Plattenrohlinge wird das Kunststoffmaterial
an den wenig belasteten Stellen, beispielsweise unter der Ferse und an den Übergängen,
dünn gehalten, ohne daß an den Stützpunkten die Festigkeit leidet, so daß die fertige
Einlage nur noch einen Bruchteil der Höhe hat und in modischen Schuhen getragen werden
kann.
[0010] Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, orthopädische Einlagen der
eingangs genannten Art anzugeben, deren geringe Dicke besonders an der Ferse und an
den Übergangsstellen eine Benutzung in modischen Schuhen ermöglicht, deren Einlagenkerne
jedoch nicht materialabnehmend nachbearbeitet werden müssen.
[0011] Diese Aufgabe wird gelöst durch eine gattungsgemäße orthopädische Schuheinlage mit
den Merkmalen gemäß Kennzeichen des Anspruchs 1.
[0012] Vorteilhafterweise ist die Unterseite des Einlagenkerns im Fersen- und im Gelenkbereich
an die Schuhinnenfläche angepaßt.
[0013] Damit ergeben sich die Vorteile, daß die Herstellung fabrikmäßig und in Großserien
erfolgen kann, wobei als Modell nur jeweils einmal ein Einlagenkern optimal herausgearbeitet
werden muß, mit der Folge, daß Paßform und Stützfunktion optimal und die Preise minimal
sind. Dank der Verwendung von thermoplastischem Kunststoff ist es darüber hinaus möglich,
in besonderen Fällen, d. h. bei Problemfüßen, in der herkömmlichen Weise eine individuelle
Anpassung des Einlagenkerns anhand des Gipsabgusses durchzuführen, wobei jedoch jede
nachträgliche Materialabnahme oder -zugabe entfällt.
[0014] Darüber hinaus ist es möglich, das Kunststoffmaterial aus ausgedienten Einlagen zu
recyclen. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Kunststoffmaterial frei von Verstärkungsfasern
ist. Auch ist eine klebstofffreie Weiterverarbeitung mit vorgefertigten Einlagentaschen
möglich.
[0015] Überraschenderweise hat sich gezeigt, daß die spritzgegossenen Einlagenkerne dank
dieser Herstellungsart eine berechenbare und gleichbleibende Festigkeitsstruktur aufweisen,
gleichzeitig weich-elastische und somit angenehme Kantenübergänge zum Fuß besitzen
und sich flexibel an die Bewegungen von Fuß und Schuh beim Gehen sowie insbesondere
an die jeweilige Gelenksprengung des Schuhs anpassen. Gleichzeitig bleibt jedoch die
medizinisch gebotene optimale Stützfunktion in allen Fällen gewährleistet.
[0016] Die Fertigstellung der Einlagen erfolgt ganz in der herkömmlichen Machart. Polster,
Pelotten, Bodenverkleidungsteile usw. werden je nach Bedarf nach maßgenau eingearbeitet.
[0017] Bei dreiviertel- und langsohligen Einlagen, Bezügen, Decken oder Taschen, auch mit
weichen Vorfußpolstern, wird gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung die
Einlagendecke im Bereich der Ballen oder der empfindlichen Mittelfußköpfchen geschlitzt,
insbesondere kreuzgeschlitzt. Dadurch wird die Wirkung der eingearbeiteten Polster
erheblich erhöht, ohne daß diese Schlitzung auch von empfindlichen Füßen nachteilig
wahrgenommen würde. Auch wird die Haltbarkeit der Einlagen dadurch nicht beeinträchtigt.
[0018] Anhand der Zeichnung soll die Erfindung in Form von Ausführungsbeispielen näher erläutert
werden. Es zeigen:
- Fig. 1
- einen ersten Einlagenkern für orthopädische Schuheinlagen für Hohlfüße,
- Fig. 2
- einen zweiten Einlagenkern für orthopädische Schuheinlagen für Plattfüße, wobei die
Einlagenkerne der Fig. 1 und 2 eine automatische Anpassungsfähigkeit an die jeweils
vorgegebene unterschiedliche Gelenksprengung, d. h. Absatzhöhe, besitzen,
- Fig. 3
- einen dritten Einlagenkern für orthopädische Schuheinlagen, in diesem Fall geformt
als Schaleneinlage für Kinder mit Hohlfuß,
- Fig. 4
- einen vierten Einlagenkern für orthopädische Schuheinlagen, in diesem Fall geformt
als Schaleneinlage für Kinder mit Plattfuß, wobei die Einlagenkernschalen der Fig.
3 und 4 auch die sonstigen statischen oder krankheitsbedingten Fehlformen des Kinderfußes
zu korrigieren ermöglichen, und
- Fig. 5
- eine Draufsicht auf eine fertiggestellte langsohlige orthopädische Schuheinlage.
[0019] Die Fig. 1 und 2 zeigen im Spritzgußverfahren aus thermoplastischem Kunststoff in
der endgültigen Form spritzgegossene Einlagenkerne 2, im Fall der Fig. 1 für die Versorgung
von Hohlfüßen, im Fall der Fig. 2 für die Versorgung von Plattfüßen. Im Bereich der
Abstützungspunkte 3 ist die Materialstärke hoch, um eine optimale Stützfunktion für
den kranken Fuß zu gewährleisten, andererseits aber noch ausreichend gering, damit
der gesamte Einlagenkern 2 sehr elastisch bleibt für eine optimale Anpassung an die
Sprengung des Schuhs und die Bewegungen von Fuß und Schuh beim Gehen. Im Fersenbereich
5 ist das Material praktisch nur noch hauchdünn, da das Gewicht hier unmittelbar auf
die Brandsohle und den Absatz des Schuhs abgetragen wird. Der umlaufende Rand des
Einlagenkerns 2, insbesondere jedoch der Übergang 4 zum Vorfußbereich ist auslaufend
gestaltet, um unerwünschte Druckbelastungen der Füße ebenso zu verhindern wie Beschädigungen
des Schuhs oder auch der Einlage selbst.
[0020] Die Unterseite des Einlagenkerns 2 ist optimal an die Schuhinnenfläche angepaßt,
d. h. im Fersen- und im Gelenkbereich im wesentlichen plan.
[0021] Die Fig. 3 und 4 zeigen Einlagenkerne 2', die aus thermoplastischem Kunststoff in
der Endform spritzgegossen sind, in diesem Fall jedoch mehr als Schaleneinlage für
die Versorgung von Kinderfüßen bestimmt. Bei Kindern besteht wegen der noch bildsamen
Knochenstruktur die Möglichkeit, Fehlstellungen bleibend zu korrigieren, was durch
die Schalenform begünstigt wird.
[0022] Gerade bei Kindern besteht die Notwendigkeit, die korrigierenden Einlagen nach relativ
kurzer Tragezeit wieder auszuwechseln. Bei Verwendung der erfindungsgemäßen Einlagenkerne
ist es nun möglich, das Material zu recyceln, d. h. zu zerkleinern und neu zu verspritzen.
In diesen Fällen fällt also bei der Verwendung der erfindungsgemäßen Einlagenkerne
überhaupt kein Kunststoffabfall mehr an.
[0023] Fig. 5 zeigt eine Draufsicht auf eine fertigstellte langsohlige Einlage 1. Die Einlagendecke
6 besitzt im Vorfußbereich, insbesondere im Bereich der meist sehr empfindlichen Mittelfußköpfchen,
eine Kreuzschlitzung 7, dank derer eingearbeitete Ballenpolster optimal zur Geltung
kommen, ohne daß die Schlitzung 7 selbst den Fuß stört oder die Haltbarkeit der Einlage
1 beeinträchtigt.
[0024] Dank der Herstellung im Spritzgußverfahren und der optimalen Verteilung des Kunststoffmaterials
an die zu stützenden Stellen kann die Menge des Kunststoffmaterials insgesamt klein
gehalten werden, ebenso die Höhe. Dadurch wird es möglich, Einlagen in vielen modischen
Konfektionsschuhen zu verwenden und auf die bisher fast immer erforderlichen Spezialschuhe
für lose Einlagen zu verzichten.
[0025] Durch den völligen Wegfall der materialabnehmenden Bearbeitung werden nicht nur Zeit
und Kosten gespart, sondern auch die Abfallmenge und die Verletzungsgefahren verringert.
Die orthopädisch entscheidende Stützfunktion ist nicht nur gewährleistet, sondern
dank der optimalen Herstellung der Einlagenkerne optimiert.
1. Individuell anpaßbare orthopädische Schuheinlage (1) aus Leder oder Kunstleder, hergestellt
unter Verwendung eines Einlagenkerns (2) aus thermoplastischem Kunststoff als stützendes
Element, dadurch gekennzeichnet, daß der Einlagenkern (2) aus einem hoch-zähelastischen
Kunststoff in den endgültigen, auf die korrekturbedürftigen Fußformen und -größen
optimal abgestimmten Formen, d. h. stark an den Abstützungspunkten (3), dünn im Fersenbereich
(5) und auslaufend an den Übergängen (4), spritzgegossen ist.
2. Schuheinlage nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Unterseite des Einlagenkerns
(2) im Fersen- und im Gelenkbereich an die Schuhinnenfläche angepaßt ist.
3. Schuheinlage nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Kunststoff der
Einlagenkerne (2) frei von Verstärkungsfasern ist.
4. Schuheinlage nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Einlagenmaterial
(6) aus Leder oder Kunstleder im Vorfuß- bzw. Ballenbereich geschlitzt, insbesondere
kreuzgeschlitzt ist.
5. Schuheinlage nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß das Einlagenmaterial
(6) aus Leder oder Kunstleder eine Tasche zur Aufnahme des Einlagenkerns (2) besitzt.