[0001] Die Erfindung betrifft Kohlenstoff-Hohlfasern auf Basis von Polyacrylnitril-Precursorfasern,
sowie ihre Verwendung zur Herstellung von Hochleistungsverbundwerkstoffen.
[0002] Kohlenstoff-Hohlfasern auf der Basis von Pechfasern und von Polyacrylnitrilfasern
sind bekannt. Die Querschnittsfläche der Fasern hat im allgemeinen die Form eines
gleichmäßigen, geschlossenen Rings. Hochleistungsverbundwerkstoffe, die mit derartigen
Hohlfasern hergestellt wurden, haben gegenüber solchen auf Basis von kompakten Fasern
den Vorteil der besseren Faser/Matrix-Haftung und der höheren Druckfestigkeit, jeweils
bezogen auf das Fasergewicht. Es hat sich jedoch gezeigt, daß die Schadenstoleranz
solcher Verbundwerkstoffe für manche Anwendungszwecke noch verbesserungsbedürftig
ist.
[0003] Der Erfindung lag also die Aufgabe zugrunde, Kohlenstoff-Hohlfasern bereitzustellen,
die Hochleistungsverbundwerkstoffe mit verbesserter Schadenstoleranz ergeben.
[0004] Es wurde gefunden, daß diese Aufgabe gelöst wird durch Kohlenstoff-Fasern mit einer
Querschnittsfläche in Form eines Rings, der nicht ganz geschlossen ist, wobei die
Kohlenstoff-Fasern aus schmelzgesponnenen Polyacrylnitril-Fasern hergestellt wurden.
[0005] Die EP-A 232 051 beschreibt Kohlenstoff-Fasern mit einer Querschnittsfläche in Form
eines Rings, der nicht ganz geschlossen ist, wobei die Kohlenstoff-Fasern aus Pechfasern
hergestellt wurden. Die Ausführungen dieser Druckschrift erwecken den Eindruck, daß
aus Polyacrylnitril-Fasern derartig geformte Kohlenstoff-Fasern nicht hergestellt
werden können. Die Kohlenstoff-Hohlfasern nach EP-A 232 051 haben einen Durchmesser
von mehr als 30 µm. Solche Fasern sind zur Herstellung von Hochleistungsverbundwerkstoffen
nicht geeignet, da sie im Verbund nicht eine ausreichend verstärkende Wirkung aufweisen.
[0006] Die Ausführungen der EP-A 232 051 sind insoweit richtig, als es nicht möglich ist,
nach den dort beschriebenen Verfahren aus üblichen, lösungsgesponnenen Polyacrylnitril-Fasern
Kohlenstoff-Fasern mit einer Querschnittsfläche in Form eines nicht ganz geschlossenen
Rings herzustellen.
[0007] Bei dem bevorzugten Verfahren zur Herstellung der erfindungsgemäßen Kohlenstoff-Hohlfasern
geht man also von schmelzgesponnenen Polyacrylnitril-Precursorfasern aus. Solche Fasern
sind z.B. in der noch nicht veröffentlichten europäischen Patentanmeldung 89 11 5373.6
sowie in den dort zitierten Druckschriften beschrieben. Das zugrundeliegende Polyacrylnitril
besteht vorzugsweise zu mindestens 85 Gew.-% aus Acrylnitril-Einheiten, es kann bis
zu 15 Gew.-% Einheiten von üblichen Comonomeren, wie z.B. Methylacrylat, Styrol, Methylmethacrylat
oder Itaconsäure enthalten. 100 Gew.-Teile dieses Acrylnitril-Polymeren werden mit
10-30 Gew.-Teilen Wasser, 5-30 Gew.-Teilen Acetonitril oder Nitromethan, sowie ggf.
weiteren organischen Flüssigkeiten, z.B. 1-10 Gew.-Teilen eines C₁-C₄-Alkanols vermischt
und geschmolzen. Die Schmelze wird durch einen Düsenkopf ausgepreßt, der C-förmige
Düsenöffnungen aufweist. Zweckmäßigerweise ist an einem Ende der C-förmigen Düsenöffnung
eine räumliche Erweiterung vorgesehen (siehe Figur 1), die als Reservoir für Polyacrylnitril-Schmelze
beim anschließenden Verstrecken dient. Die Düsen können einen Durchmesser zwischen
50 und 200 µm aufweisen. Die Extrusion durch den Düsenkopf erfolgt bei etwa 140-190°C,
anschließend werden Wasser und die organischen Flüssigkeiten verdampft und die gesponnenen
Fäden werden mindestens um das Fünffache, vorzugsweise um das Acht- bis Zwanzigfache
verstreckt. Einzelheiten dieser Verfahrensschritte sind in der europäischen Patentanmeldung
89 11 5373.6 beschrieben.
[0008] Die erhaltenen Kohlenstoff-Hohlfasern weisen vorzugsweise einen äußeren Durchmesser
von 5 bis 20 µm und eine Wandstärke von 0,5 bis 5 µm auf.
[0009] Der Abstand zwischen den Enden des nicht geschlossenen Rings hängt von der Größe
des oben beschriebenen Reservoirs sowie von den Verstreckungsbedingungen ab. Der Ring
kann entweder ganz offen sein (Figur 2), wobei der Abstand zwischen den Ringenden
maximal 2 µm, vorzugsweise 0,1-1 µm beträgt, oder die Ringenden, die abgerundet sind,
können sich berühren, so daß die Berührungsstelle eine verminderte Wandstärke aufweist
(Figur 3). Im Anschluß an den Streckprozeß werden Polyacrylnitril-Fasern auf übliche
Weise bei 200-300°C oxidiert und bei 1000-2000°C carbonisiert. Es hat sich gezeigt,
daß diese Prozesse wesentlich schneller ablaufen, wenn der Querschnitt der gestreckten
Polyacrylnitril-Faser die Form eines offenen Rings aufweist. Während der Oxidation
und Carbonisierung verändert die Faser ihre Form nicht wesentlich, d.h., die Form
der Querschnittsfläche bleibt erhalten.
[0010] Die erfindungsgmäßen Kohlenstoff-Hohlfasern sind hervorragend geeignet zur Herstellung
von spezifisch leichten, hochfesten und steifen Verbundwerkstoffen. Dazu werden sie
in Form von Rovings nach üblichen Methoden mit duromeren Kunststoffen, wie z.B. Epoxidharzen,
Bismaleinimidharzen oder Cyanatharzen, oder mit thermoplastischen Kunststoffen, wie
z.B. Polyethersulfonen, Polyetherketonen oder Polyimiden imprägniert. Die Verbundwerkstoffe
zeichnen sich durch besonders hohe Beul- und Knickfestigkeit aus und weisen eine höhere
Schadenstoleranz auf als vergleichbare Verbundwerkstoffe auf Basis von Kohlenstoff-Hohlfasern
mit einer Querschnittsfläche in Form eines geschlossenen Rings, d.h., der Verbundwerkstoff
kann höhere Lasten aufnehmen, ohne daß es zu einer Schädigung kommt. Zahlenmäßig drückt
sich das in einer erhöhten Bruchenergie G
1c aus.
1. Kohlenstoff-Fasern mit einer Querschnittsfläche in Form eines Rings, der nicht ganz
geschlossen ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Kohlenstoff-Fasern aus schmelzgesponnenen
Polyacrylnitril-Fasern hergestellt wurden.
2. Kohlenstoff-Fasern nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie einen äußeren
Durchmesser von 5 bis 20 µm aufweisen.
3. Kohlenstoff-Fasern nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Wandstärke des
Rings 0,5 bis 5 µm beträgt.
4. Kohlenstoff-Fasern nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Ring offen ist
und der Abstand zwischen den Ringenden bis zu 2 µm beträgt.
5. Kohlenstoff-Fasern nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Ring abgerundete
Enden aufweist, welche sich berühren, so daß die Brührungsstelle eine verminderte
Wandstärke aufweist.
6. Verfahren zur Herstellung der Kohlenstoff-Fasern nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß man eine Schmelze, enthaltend 100 Gew.-Teile eines Acrylnitril-Polymeren, 10-30
Gew.-Teile Wasser und 5-30 Gew.-Teile Acetonitril oder Nitromethan aus einem Spinnkopf
mit C-förmigen Düsenöffnungen auspreßt, die Fäden um mindestens das Fünffache verstreckt,
und auf übliche Weise stabilisiert und carbonisiert.
7. Verwendung der Kohlenstoff-Fasern nach Anspruch 1 in Form von Faserbündeln, zusammen
mit duroplastischen oder thermoplastischen Kunststoffen, zur Herstellung von spezifisch
leichten, hochfesten und steifen Verbundwerkstoffen.