[0001] Die Erfindung betrifft eine Anstellvorrichtung zum Einstellen des Walzenabstandes
bzw. Walzkraft in Walzgerüsten, insbesondere in Bandwalzgerüsten für Warm- oder Kaltwalzung,
mit zumindest zwei hydraulischen Anstellzylindern, die über Einbaustücke und ggf.
zwischengeschalteter Stützwalze beidseitig auf eine jeweils anzustellende Arbeitsweise
arbeiten.
[0002] Es ist bekannt, in Walzgerüsten für das Walzen von Stahl und NE-Metallen die Arbeitswalzen
- regelmäßig Oberwalze und Unterwalze - mittels hydraulischer Anstellzylinder anzustellen,
d. h. den Walzenabstand bzw. die Walzkraft einzustellen. Im allgemeinen arbeiten die
Anstellzylinder auf Einbaustücke, in welchen die anzustellenden Arbeitswalzen gelagert
sind. Häufig sind Stützwalzen zwischengeschaltet. Insgesondere bei Bandwalzgerüsten
für Warm- oder Kaltwalzung haben hydraulische Anstellzylinder die herkömmliche Anstellung
über Gewindespindeln inzwischen nahezu völlig verdrängt. - Die Walzkräfte bewegen
sich bei Kaltwalzgerüsten von einigen hundert bis zu einigen tausend Tonnen, beispielsweise
bei Kaltnachwalzgerüsten - sogenannten Dressiergerüsten - von ca. 100 t bis ca. 1500
t - abhängig von den Bandabmessungen und der Materialfestigkeit. Derartige Walzkräfte
müssen von jeweils zwei hydraulischen Anstellzylindern über die Einbaustücke auf die
Arbeitswalzen übertragen, d. h. die Arbeitswalzen müssen nicht nur angestellt, sondern
nach Einstellung des Walzspaltes auch in dieser Stellung gehalten werden. Die hydraulischen
Anstellzylinder werden mit niedrigem Flüssigkeitsdruck schnell angestellt, während
eine Hochdruckpumpe die Erzeugung der Walzkräfte übernimmt. Die Druckregelung erfolgt
über hydraulische Servoventile. Solche Servoventile arbeiten mit einem maximalen Druck
von ca. 250 bar und mit einer Regelgenauigkeit von etwa +/- 1,0 bar. Die Regelabweichung
ist über den gesamten Druckbereich nahezu konstant. Der Walzkraft-Regelbereich für
ein Walzgerüst liegt bei ca. 1 : 15 bis 1 : 20. Das bedeutet für ein Walzgerüst mit
einem Walzkraftbereich von z. B. 100 t bis 1500 t und einem maximalen Druck von 250
bar eine Regelabweichung von der Walzkraft von +/- 6 t. Bei 100 t Nominal-Walzkraft
bedeutet das eine Regelabweichung von +/- 6 t = 12 t = 12 %, bei einer Nominal-Walzkraft
von 1500 t jedoch lediglich +/- 6 t = 12 t = 0,8 %. Die Regelabweichungen im unteren
Walzkraftbereich sind also erheblich größer als im oberen Walzkraftbereich. Das führt
beim Walzen von Metallbändern zu entsprechenden Dickenabweichungen über die Bandlänge.
Bei Dressiergerüsten, die neben einer geringen Dickenreduzierung vor allem eine bestimmte
Oberflächenkonditionierung, z. B. eine vorgegebene Rauheit erbringen sollen, bewirken
solche Walzkraftschwankungen unterschiedliche Rauheiten und Banddickenunterschiede
über die Bandlänge in Abständen, welche der Regelfrequenz der Servoventile entsprechen.
Solche Fehler führen zu Ausfällen bei der nachträglichen Verarbeitung der Metallbänder,
z. B. beim Tiefziehen, Beschichten o. dgl.. - Sind solche Walzgerüste in Prozeßlinien
wie Konti-Bandbeizen, Glühlinien, Beschichtungslinien o. dgl. vorgesehen, ist es erforderlich,
mehrere Walzgerüste mit unterschiedlichen Walzkraftbereichen einzusetzen.
[0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Einstellvorrichtung zum Einstellen
des Walzenabstandes bzw. der Walzkraft in Walzgerüsten, insbesondere in Bandwalzgerüsten
für Warm- oder Kaltwalzung, der eingangs beschriebenen Art zu schaffen, mit welcher
sich die prozentualen Walzkraftschwankungen im Zuge der Walzkraftregelung über den
gesamten Walzkraftbereich äußerst klein halten lassen.
[0004] Diese Aufgabe löst die Erfindung bei einer gattungsgemäßen Anstellvorrichtung dadurch,
daß die Anstellzylinder jeweils zwei oder mehr Kolbenflächen aufweisen, die einzeln,
in wahlweiser Kombination oder sämtlich gemeinsam mit Druckmedium beaufschlagbar sind.
- Die Erfindung geht von der Erkenntnis aus, daß man durch die einzelne, kombinierte
oder gemeinsame Beaufschlagung sämtlicher Kolbenflächen im Rahmen der sich überdeckenden
Walzkraftbereiche jeweils eine minimale prozentuale Abweichung auswählen und folglich
die prozentualen Walzkraftschwankungen minimieren kann, wenn eben jeder Anstellzylinder
zwei oder mehr Kolbenflächen aufweist. Das nachstehend beschriebene Beispiel für ein
Walzgerüst mit maximal 1500 t und minimal 100 t Walzkraft sowie zwei Anstellzylindern
mit jeweils zwei unabhängig voneinander beaufschlagbaren Kolbenflächen verdeutlicht,
daß die maximale Regelabweichung in einem Druckbereich zwischen 50 bar und 250 bar
lediglich noch maximal 2 % - im Gegensatz zu sonst 12 % - beträgt. Die gemeinsam oder
einzeln beaufschlagten Kolbenflächen A1 und A2 ergeben die in der nachfolgenden Tabelle
aufgeführten Werte:

Im Ergebnis wird im Rahmen der Erfindung auf überraschend einfache Weise eine Anstellvorrichtung
für die Arbeitswalzen von Walzgerüsten verwirklicht, die einerseits die Regelschwankungen
minimiert, so daß auch Dickenabweichungen über die Bandlängen warm- oder kaltgewalzter
Bänder erheblich reduziert werden. Folglich wird bei Einsatz von Dressiergerüsten
auch praktisch die verlangte Rauhigkeit erreicht, so daß Ausfälle bei der nachträglichen
Bandbearbeitung wie beim Tiefziehen, Beschichten o. dgl. äußerst gering bleiben. Insbesondere
beim Konti-Bandbeizen, Glühlinien, Beschichtungslinien o. dgl. ist der Einsatz mehrerer
Walzgerüste mit unterschiedlichen Walzkraftbereichen nicht länger erforderlich.
[0005] Weitere erfindungswesentliche Merkmale sind im folgenden aufgeführt. So sieht die
Erfindung vor, daß die Anstellzylinder jeweils einen in einem Zylindergehäuse auf
einen Zylinderzapfen und in einem Zylinderkragen geführten Hutkolben aufweisen, dessen
von dem inneren Hutboden gebildeten Zentralkolbenfläche und von dem Hutrand gebildete
Ringkolbenfläche einzeln oder gemeinsam mit Druckmedium beaufschlagbar sind. Die Ringkolbenflächen
können wechselweise beidseitig mit Druckmedium beaufschlagbar sein, um auf diese Weise
zugleich eine Kolbenrückstellung zu ermöglichen. Die Beaufschlagung der Kolbenflächen
kann mittels einer Hochdruck-Regelpumpe und einer Regelpumpe für Schnellanstellung
unter Zwischenschaltung zumindest eines Servoventils und von Mehrwegventilen erfolgen.
Vorzugsweise ist jedoch für jeden Anstellzylinder ein Servoventil und für jede Kolbenfläche
ein Mehrwegventil vorgesehen. Separate Servoventile empfehlen sich, um die Arbeitswalzen
auf der einen oder anderen Seite unabhängig voneinander anstellen und folglich den
Walzspalt auch über die Spaltbreite variieren zu können.
[0006] Im Rahmen der Erfindung können die einzelnen, wahlweise in Kombination oder sämtlich
gemeinsam beaufschlagbaren Kolbenflächen auch die Kolbenflächen einzelner Anstellzylinder
sein.
[0007] Im folgenden wird die Erfindung anhand einer lediglich ein Ausführungsbeispiel darstellenden
Zeichnung näher erläutert; es zeigen:
- Fig. 1
- ein Quarto-Walzwerk mit einer erfindungsgemäßen Anstellvorrichtung,
- Fig. 2
- die erfindungsgemäße Anstellvorrichtung mit zwei Anstellzylindern in schematischer
Darstellung und
- Fig. 3
- einen Anstellzylinder in abgewandelter Ausführungsform.
[0008] In den Figuren ist eine Anstellvorrichtung zum Einstellen des Walzabstandes bzw.
Walzspaltes in Walzgerüsten 1, insbesondere in Bandwalzgerüsten für Warm- oder Kaltwalzung
dargestellt. Die Anstellvorrichtung weist zwei hydraulische Anstellzylinder 2, 2'
auf, die über Einbaustücke 3, 3' und eine zwischengeschaltete Stützwalze 4 beidseitig
auf die anzustellende Arbeitsweise 5 arbeiten, bei der es sich im Ausführungsbeispiel
um eine Unterwalze handelt. Die Walzkraft der Anstellzylinder 2, 2' stützt sich über
die Walzenständer 6, 6' gegen Druckplatten 7, 7' ab. Die Anstellzylinder 2, 2' weisen
jeweils zwei unabhängig voneinander beaufschlagte Kolbenflächen A1, A2 auf, die also
einzeln bzw. gemeinsam mit Druckmedium beaufschlagbar sind. Die Anstellzylinder 2,
2' besitzen jeweils einen in einem Zylindergehäuse 8 auf einem Zylinderzapfen 9 und
in einem Zylinderkragen 10 geführten Hutkolben 11, dessen von dem inneren Hutboden
gebildeten Zentralkolbenfläche A1 und von dem Hutrand gebildete Ringkolbenfläche A2
einzeln bzw. gemeinsam mit Druckmedium beaufschlagbar sind. Die Ringkolbenflächen
A3 sind wechselweise beidseitig mit Druckmedium beaufschlagbar, um eine Rückstellung
der Hutkolben 11 zu erreichen. Die Beaufschlagung der Kolbenflächen A1, A2 erfolgt
mittels einer Hochdruck-Regelpumpe 12 und einer Regelpumpe 13 für Schnellanstellung
unter Zwischenschaltung von Servoventilen 14 und Mehrwegeventilen 15. Während die
Hochdruck-Regelpumpe 12 das Druckmedium bzw. die Druckflüssigkeit über die Servoventile
14 und Mehrwegeventile 15 auf die Kolbenflächen A1, A2 wirken läßt, hebt die Regelpumpe
13 für die Schnellanstellung, welche mit einem größeren Förderstrom bei niedrigem
Druck arbeitet, die Walzen bis zur Anlage an den Druckplatten 7, 7' an. Hierbei werden
die Stütz- und Arbeitswalzen 4, 5 über nicht näher dargestellte Balancierzylinder
in Kontakt gehalten. - Mittels der Servoventile 14 kann der Walzspalt auch über Walzspaltmeßgeräte
voreingestellt werden.
[0009] Die erfindungsgemäße hydraulische Anstellvorrichtung kann für sämtliche bekannten
Walzgerüste eingesetzt werden. Die Anstellzylinder 2, 2' können im Ständer oben oder
unten angeordnet sein. - Auch sind beliebig andere Zylinderausführungen denkbar, wie
z. B. in Fig. 3 dargestellt.
1. Anstellvorrichtung zum Einstellen des Walzenabstandes in Walzgerüsten, insbesondere
in Bandwalzgerüsten für Warm- oder Kaltwalzung, mit mindestens zwei hydraulischen
Anstellzylindern, die über Einbaustücke und ggf. zwischengeschalteter Stützwalze beidseitig
auf eine jeweils anzustellende Arbeitswalze arbeiten, dadurch gekennzeichnet, daß die Anstellzylinder (2, 2') jeweils zwei oder mehr Kolbenflächen (A1, A2) aufweisen,
die einzeln, in wahlweiser Kombination oder sämtlich gemeinsam mit Druckmedium beaufschlagbar
sind.
2. Anstellvorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Anstellzylinder
(2, 2') jeweils einen in einem Zylindergehäuse (8) auf einem Zylinderzapfen (9) Und
in einem Zylinderkragen (10) geführten Hutkolben (11) aufweisen, dessen von dem inneren
Hutboden gebildete Zentralkolbenfläche (A1) und von dem Hutrand gebildete Ringkolbenfläche
(A2) unabhängig voneinander bzw. einzeln oder gemeinsam mit Druckmedium beaufschlagbar
sind.
3. Anstellvorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Ringkolbenflächen
(A3) wechselweise beidseitig mit Druckmedium beaufschlagbar sind.
4. Anstellvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die
Beaufschlagung der Kolbenflächen (A1, A2) mittels einer Hochdruck-Regelpumpe (12)
und einer Regelpumpe (13) für Schnellanstellung unter Zwischenschaltung zumindest
eines Servoventils (14) und von Mehrwegeventilen (15) erfolgt.
5. Anstellvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß für
jeden Anstellzylinder (2, 2') ein Servoventil (14) und für jede Kolbenfläche (A1,
A2) ein Mehrwegeventil (15) vorgesehen ist.