[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Verfestigen einer insbesondere geneigten
Schneedecke und eine Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens.
[0002] Der Schnee einer Schneedecke durchläuft beginnend vom frischen Neuschnee einen Umwandlungsprozeß,
innerhalb dessen eine Anzahl von verschiedenen Stufen gegeben sind, an deren Ende
das Abschmelzen oder die Gletschereisbildung steht. Während des Umwandlungsprozesses
liegen abhängig von den verschiedensten Einflüssen Umwandlungsstufen vor, die unterschiedliche
Eigenschaften der Schneedecke bewirken. Wie dem Lawinenhandbuch des Landes Tirol,
Tyrolia-Verlag Innsbruck-Wien im Detail entnommen werden kann, unterteilt sich der
Umwandlungsprozeß in drei Phasen, nämlich in die abbauende Metamorphose, während der
die Schneekristalle sich verkleinern und die Schneedecke sich setzt. dann in die aufbauende
Metamorphose, während der die Schneekristalle sich zu größeren Kristallen verbinden,
jedoch keine weitere Senkung der Schneedecke erfolgt und schließlich in die Schmelzmetamorphose,
während der die Kristalle anschmelzen, der Wassergehalt steigt und unter weiterer
Verringerung des Luftporenraumes die Schneedecke sich wiederum setzt.
[0003] In allen drei Phasen existieren Stufen, in denen die Bindung zum Boden oder zwischen
einzelnen Schneeschichten gering ist. In diesen Stufen ist z. B. die Lawinengefahr
wesentlich erhöht. Eine hohe Festigkeit weist der Schnee anfangs der Schmelzmetamorphose,
solange die Feuchtigkeit gering ist, bzw. auch in weiteren Stufen der Schmelzmetamorphose
auf, wenn im Schnee mit höherem Wassergehalt das Wasser wieder friert. Dies kann etwa
bei Frost-Tau-Wechsel zwischen Nacht und Tag beobachtet werden, wenn sich eine oberflächliche
Harschschicht bildet.
[0004] Der Umwandlungsprozeß des Schnees ist auch von den Temperaturverhältnissen abhängig.
Jede Phase wird durch höhere Temperaturen beschleunigt. Wärme wird der Schneedecke
einerseits vom Boden und andererseits von der Sonne zugeführt, wobei jeweils nur die
äußersten Schichten nennenswert beeinflußt werden, da Schnee eine sehr schlechte Wärmeleitfähigkeit
aufweist. Mittlere Schichten einer Schneedecke wandeln sich daher wesentlich langsamer
um.
[0005] Die Erfindung hat es sich nun zur Aufgabe gestellt, ein Verfahren und eine Einrichtung
zu entwickeln, die es gestatten, durch Beschleunigung des Umwandlungsprozesses die
Schneedecke von insbesondere lawinengefährdeten Hängen zu verfestigen.
[0006] Erfindungsgemäß wird dies dadurch gelöst, daß in der Schneedecke diese annähernd
senkrecht durchsetzende Wärmeleitwege ausgebildet werden.
[0007] Mit Hilfe der die Schneedecke durchsetzenden Wärmeleitwege wird nun auch mittleren
Schneeschichten örtlich Wärme aus der wärmeren bodennahen Schneeschicht zugeführt,
was deren Umwandlungsprozeß beschleunigt. Des weiteren wird bei entsprechenden Temperaturverhältnissen
auch Kälte aus der Luft zugeführt, die ein Wiedergefrieren von angeschmolzenem Schnee
ermöglicht. Da die Kälte trotz der Schneedecke auch bis zum Erdboden gelangt, wird
dadurch auch die Bindung zum Erdboden durch Anfrieren auf der Unterlage verbessert.
Wie Versuche bewiesen haben, bilden sich durch das erfindungsgemäße Verfahren annähernd
kegelstumpfförmige Blöcke aus Firnschnee hoher Festigkeit. Beispielsweise können diese
bei Auswahl entsprechender Abstände die gesamte Schneedecke stabilisieren und so sehr
rasch die Lawinengefahr drastisch reduzieren. Die kegelstumpfförmigen Blöcke erreichen
dabei einen oberen Durchmesser, der etwa der Höhe der Schneedecke entspricht, und
einen unteren Durchmesser, der um etwa 50% größer ist. Ein Anwendungsbeispiel könnte
derartige Wärmeleitwege im Abstand zwischen 10 m und 15 m voneinander vorsehen, wobei
bei einer Schneehöhe von 1 m bis 1,5 m gefestigte Firnschneeblöcke mit einem Basisdurchmesser
von etwa 1,5 m bis 2 m entstehen. Das Verfahren wird begünstigt, wenn die Wärmeleitwege
bis in den Erdboden geführt werden, da damit nicht nur Wärme aus der bodennahen Schneeschicht,
sondern zusätzlich auch Erdwärme direkt in die mittleren Schneeschichten eingeleitet
wird.
[0008] Eine weitere Anwendung findet das erfindungsgemäße Verfahren zur Stabilisierung von
Schnee auf Schipisten, der bereits in Endstufen der Schmelzmetamorphose vorliegt,
etwa bei Warmwettereinbrüchen oder steigenden Temperaturen im Frühjahr, solange ein
entsprechendes nächtliches Absinken der Temperatur erfolgt. In diesen Fällen kann
die über die Wärmeleitwege in die Schneedecke bis zum Boden gelangende Kälte tagsüber
angeschmolzenen Schnee wiedergefrieren, wodurch die Benützbarkeit der Schipiste erhalten
bzw. verlängert werden kannn.
[0009] Eine erfindungsgemäße Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens sieht vom Erdboden
annähernd senkrecht hochstehende Wärmerohre vor, deren Höhe etwa der maximal zu erwartenden
Schneehöhe entspricht. Die Wärmerohre können in auf dem Boden aufzustellenden oder
im Boden zu verankernden Haltern fixiert werden, bevorzugt sind sie jedoch, wo möglich,
direkt in den Erdboden eingegraben. Im Gegensatz zu herkömmlichen Lawinenverbauten,
in denen massive Schienen gitterartig verbunden und am Hang abgestützt werden, die
ein Hindernis gegen das Abgleiten des Schnees aufgrund ihrer flächigen Wirkung darstellen,
sind erfindungsgemäße Wärmerohre aufgrund ihres geringen Durchmessers und der fehlenden
Querverbindungen gar nicht in der Lage, ein Gleithindernis zu bilden. Hiezu verwendbare
Wärmerohre sind bekannt. Sie stellen ein abgeschlossenes quasiisothermes System dar,
in dem durch Verdunsten bzw. Verdampfen und Kondensieren geeigneter Flüssigkeit innerhalb
insbesondere kapillarer Bahnen bzw. Kanäle ein Wärmetransport erfolgt, wobei eine
gegenüber Metallen um ein Vielfaches verbesserte Wärmeleitfähigkeit erreicht wird.
Beispiele für Wärmerohre zeigen etwa die EP-B-217 777 und die dort zitierten Druckschriften.
[0010] Bevorzugt ist dabei vorgesehen, daß jeweils mehrere Wärmerohre gebündelt in einem
Hüllrohr angeordnet sind, das Umfangsöffnungen aufweist, sodaß die Wärmerohre gegen
mechanische äußere Beanspruchungen weitestmöglich geschützt sind. Um die Wärmerohre
auch zur Schneestabilisierung auf Schipisten einsetzen zu können, ohne sie in der
befahrbaren Fläche anzuordnen, sieht eine weitere Ausführung vor, daß je zwei Wärmerohre
hochstehende Endabschnitte eines auf dem oder im Erdboden verlegten Wärmerohres bilden.
Somit können die hochstehenden Endabschnitte am Rand der Schipiste angeordnet werden
und über dem liegenden Abschnitt wird Kälte insbesondere der zu warmen Erdoberfläche
und der angeschmolzenen untersten Schneeschicht zugeführt.
[0011] Nachstehend wird nun die Erfindung an Hand der Figuren der beiliegenden Zeichnungen
näher beschrieben. Es zeigen:
Fig. 1 schematisch einen Hang mit Wärmerohren,
Fig. 2 vergrößert den Umgebungsbereich eines Wärmerohrbündels, und
Fig. 3 einen Ausschnitt einer Schipiste.
[0012] Der in Fig. 1 dargestellte Hang weist Bereiche geringer und Bereiche stärkerer Neigung
auf. Neigungswinkel für Lawinenabgänge liegen zwischen etwa 20° und 60°, insbesondere
zwischen 30° und 45°. Wärmeleitwege bildende, einzelne bzw. in Hüllrohren 3 gebündelte
Wärmerohre 2 durchsetzen die Schneedecke 6 und sind insbesondere im Erdboden 1 verankert,
beispielsweise eingegraben. Die Wärmerohre 2 führen Wärme vom Erdboden 1 bzw. der
erdbodennahen Schneeschicht in die mittlere Schicht sowie Kälte aus der Luft bzw.
der obersten Schneeschicht in die mittlere Schicht und zum Erdboden 1 wobei das Ausmaß
des Wärme- bzw. Kältetransports von den allgemeinen Temperaturverhältnissen und den
Temperaturdifferenzen zwischen Tag und Nacht bzw. zwischen Erdboden und Schneedeckenoberfläche
abhängig ist. Die Wärmeleitrohre 2 werden dabei in stärker geneigten Bereichen dichter
angeordnet und wenig geneigte Bereiche können freigelassen werden.
[0013] Fig. 2 zeigt den Umgebungsbereich eines Hüllrohres 3, in dem ein Bündel von Wärmerohren
2 angeordnet ist, und das in den Erdboden eingegraben ist. Die Wärmerohre 2 können
dabei an der Unterseite sich wurzelartig in den Umgebungsbereich erstrecken, und auf
dem nicht dargestellten oberen Ende des Hüllrohres 3 ist vorzugsweise eine Abdeckung
angebracht. Das insbesondere aus Metall bestehende Hüllrohr 3, dessen lichter Durchmesser
beispielsweise 6 cm beträgt, weist Umfangsöffnungen 4 auf. Durch die Zufuhr von Wärme
bzw. Kälte in die mittleren Schichten der Schneedecke 6 wird auch dort der Umwandlungsprozeß
des Schnees beschleunigt, sodaß sich innerhalb weniger Tage in der Schneedecke ein
weitgehend umgewandelter Alt- bzw. Firnschneeblock 7 hoher Festigkeit etwa in der
Form eines Kegelstumpfes ausbildet, der auch mit dem Erdboden 1 eine gute Bindung
eingeht. Eine entsprechende Verteilung der Wärmerohre 2 auf einem lawinengefährdeten
Hang führt daher zur Ausbildung von Gleithindernissen, die die Entladung des Hanges
verhindern.
[0014] In Fig. 3 ist eine Variante der Errichtung sowie ihre Anordnung auf Schipisten 8
gezeigt. Je zwei Wärmerohre 2, die einzeln oder gebündelt am Rand der Schipiste 8
deren hier nicht gezeigten Schneedecke 6 etwa senkrecht durchsetzen, stellen Endabschnitte
eines auf dem vorzugsweise im Erdboden oberflächlich verlegten Wärmerohres 5 dar,
das die Schipiste 8 quert. Die Wärmerohre 5 dienen dabei der Erhaltung der Schipiste
8, die dadurch verlängert benützbar ist, da sie bei allgemeiner Erwärmung etwa im
Frühjahr die Zufuhr der nächtlichen Kälte in die vom Erdboden erwärmte, wasserhältige
Schneeschicht ermöglicht, die dadurch ebenso wie die Oberflächenschicht wiedergefriert.
Wärmerohre 5, deren Endabschnitte hochstehen, können ebenso auch zur Erhaltung bzw.
Verlängerung der Benützbarkeit von Langlaufloipen vorgesehen werden, die nicht nur
geneigte sondern auch horizontale Teilstücke enthalten.
1. Verfahren zum Verfestigen einer insbesondere geneigten Schneedecke, dadurch gekennzeichnet,
daß in der Schneedecke diese annähernd senkrecht durchset-zende Wärmeleitwege ausgebildet
werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Wärmeleitwege bis in den
Erdboden geführt werden.
3. Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch
vom Erdboden (1) annähernd senkrecht hochstehende Wärmerohre (2).
4. Einrichtung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Wärmerohre (2) in den
Erdboden (1) eingegraben sind.
5. Einrichtung nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß jeweils mehrere Wärmerohre
(2) gebündelt in einem Hüllrohr (3) angeordnet sind, das Umfangsöffnungen (4) aufweist.
6. Einrichtung nach einem der Ansprüche 3 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß je zwei
Wärmerohre (2) hochstehende Endabschnitte eines auf dem oder im Erdboden (1) verlegten
Wärmerohres (5) bilden.