(19)
(11) EP 0 452 541 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
23.10.1991  Patentblatt  1991/43

(21) Anmeldenummer: 90120379.4

(22) Anmeldetag:  24.10.1990
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5B21D 22/20
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE CH DE FR GB LI LU NL SE

(30) Priorität: 14.04.1990 DE 4012163

(71) Anmelder: W.C. Heraeus GmbH
D-63450 Hanau (DE)

(72) Erfinder:
  • Hörmann, Michael, Dr.
    W-8752 Mömbris (DE)
  • Lupton, David Francis, Dr.
    W-6460 Gelnhausen (DE)
  • Bach, Otto
    W-6369 Schöneck (DE)
  • Gräber, Andreas
    W-6456 Langenselbold (DE)

(74) Vertreter: Heinen, Gerhard, Dr. 
W.C. Heraeus GmbH Zentralbereich Patente und Lizenzen Heraeusstrasse 12-14
D-63450 Hanau
D-63450 Hanau (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung von Hohlkörpern aus Tantal


    (57) Verfahren zur Herstellung von Hohlkörpern aus Tantal durch hydromechanisches Tiefziehen, wobei das Tantal eine oxidische Oberflächenschicht aufweist, und Duktilität und Feinkörnigkeit des Ausgangsmaterials im Fertigteil erhalten bleiben. Die Hohlkörper sind für die Hochgeschwindigkeitsumformung geeignet.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung von Hohlkörpern aus Tantal durch Kaltumformen unter Verwendung eines Stempels.

    [0002] Ein Verfahren der vorstehend charakterisierten Art ist z.B. aus der Zeitschrift "Umformtechnik 15 (1981) 3, Seite 31 ff., bekannt. Darin wird die kaltumformende Bearbeitung, insbesondere das Kaltfließpressen von Tantal, beschrieben. Die Umformung erfolgte in vier einzelnen Stufen auf einer stehenden Kurbelpresse. Hinreichende Ergebnisse zum Unterbinden der Verschweißneigung von Tantal mit den Aktivteilen der Presse waren nur durch Kombination mehrerer Maßnahmen erreichbar, wozu der Einsatz anderer Werkstoffe als Chrom-Kaltarbeitsstahl für die Aktivteile, deren zusätzliche Oberflächenbehandlung, eine Oberflächenbehandlung der Ausgangsformen sowie deren Schmierung mit einem Schmierstoffgemisch gehörten.

    [0003] Aus der DE-PS 38 04 567 geht ein Verfahren zum Optimieren der Herstellung von Hohlkörpern in Form von Näpfen aus hochduktilem Tantal hervor. Hierbei wird auf einem Tantalblech ein Schmiermittelfilm angebracht, der aus einer Oxidschicht des Metalls, in die niedermolekulares Polytetrafluoräthylen eingelagert ist, besteht, und danach wird das Tantalblech mittels eines Hartmetall-Stempels In einem einzigen Schritt zu dem Hohlkörper durch Rückwärtsfließpressen kaltumgeformt.

    [0004] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, ein Verfahren bereitzustellen, wobei Tantal mit großer Duktilität und feinkörniger Gefügestruktur durch Kaltumformen unter Verwendung eines Stempels in einer Stufe in rotationssymmetrische Hohlkörper umgeformt werden soll. Die Fertigteile sollen dabei reproduzierbare geometrische Eigenschaften und komplizierte Konturen aufweisen. Die Gefügestruktur im Fertigteil soll in einem nahezu gleichen, feinkörnigen Zustand wie im hochduktilen Ausgangshalbzeug erhalten bleiben.

    [0005] Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß als Ausgangsmaterial ein hochduktiles Tantal-Blech mit feiner Kornstruktur verwendet, und daß zur Erzeugung eines Gegendrucks zu dem Stempel eine unter Druck stehende Flüssigkeit verwendet wird.

    [0006] Besonders vorteilhaft ist, daß die erfindungsgemäß umgeformten Teile ein homogenes Gefüge mit Quasiisotropie aufweisen, was sich in gleichmäßigen Festigkeitseigenschaften, insbesondere in einer nahezu konstanten Härteverteilung in Umfangsrichtung, äußert. Derartige, gleichmäßige Festigkeitseigenschaften sind von besonderer Bedeutung, z. B. für die Hochgeschwindigkeitsumformung der rotationssymmetrischen Hohlkörper, wie sie beispielsweise bei Geschossen vorkommt.

    [0007] Es hat sich weiter als vorteilhaft erwiesen, als Ausgangsmaterial Tantal zu verwenden, das eine Korngröße feiner als Nr. 6 nach ASTM E 112 aufweist, weil die Kaltumformung leichter durchgeführt werden kann.

    [0008] Bewährt hat es sich bei dem erfindungsgemäßen Verfahren, auf den Tantalblechen vor der Umformung eine Oxidschicht als Schmiermittelschicht, z. B. anodisch, anzubringen. Diese Schicht ist sehr haftfest mit dem Tantal verbunden und bewirkt eine solche Schmierung, daß der Stempel nicht mit dem Tantalblech verschweißt.

    [0009] In vorteilhafter Weise kann eine Oxidschicht mit einer Dicke von 200 nm aufgebracht werden, so daß während des Verpressens die Reibungskräfte nahezu konstant gehalten werden.

    [0010] Dem Fachmann ist zwar seit 25 Jahren bekannt, wie es aus der Veröffentlichung von Bürk E; "Das hydromechanische Ziehverfahren", Mitteilung der Forschungsgesellschaft Blechverarbeitung, Nr. 15, 1963, hervorgeht, durch hydromechanisches Tiefziehen von Blechen, Hohlkörper in einem Zug herzustellen. Tritt an die Stelle des starren Ziehrings, wie es beim konventionellen Tiefziehen der Fall ist, eine Flüssigkeit als Wirkmedium auf, dann kann diese das Werkstück an der Stempelrundung entlasten. Beim Eintauchen in das Wirkmedium übt dieses auf das Werkstück einen allseitigen Querdruck aus, der es an den Stempel anpreßt; dabei treten zwischen Werkstück und Stempel Reibungskräfte auf und diese übertragen mindestens einen Teil der Ziehkraft direkt auf die Zarge. Dadurch wird die über den Ziehteilboden eingeleitete Kraft kleiner. Der meist beanspruchte Werkstückbereich verschiebt sich von der Stempelrundung weg hin zum Ziehradius. Die übertragene Ziehkraft und das mögliche Ziehverhältnis steigern sich dadurch.

    [0011] Der für das Umformen von Tantal vorliegende Stand der Technik zeigt jedoch, daß es für den Fachmann nicht nahelag, das hydromechanische Tiefziehverfahren für die Umformung von Tantal zu verwenden, insbesondere für Umformungen, bei denen die ursprüngliche Gefügestruktur von hochduktilem Tantal möglichst erhalten bleiben soll. Man verharrte bei rein mechanischen Kaltumformverfahren.

    [0012] Anhand der schematischen Figuren 1 und 2 wird ein Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens näher erklärt.

    [0013] Die Figuren zeigen ein Tiefziehwerkzeug für hydromechanisches Tiefziehen, das aus einem Stempel 2 als Positiv-Werkzeug und aus einem Wasserkasten 3 mit Seitenwänden 4 besteht. Eine Ronde 6 aus hochduktilem Tantal, mit einer Dicke von 1 mm und einem Durchmesser von 100 mm wird mittels eines Niederhalters 7 auf einem Ziehring 5 positioniert und festgeklemmt. Die Halterung dieser Ronde erfolgt mit einem Niederhalterdruck von 40 bar. Die Tantalronde selbst weist im Metall eine Korngröße von 6 nach ASTM E 112 auf, und ist weiter durch eine Zugfestigkeit Rm von 245 N/mm, eine Streckgrenze Rp 0,2 von 150 N/mm², eine Bruchdehnung A₁₂₅ von 70%, und eine Härte von 78 HV5 gekennzeichnet. Weiterhin weist das Metall eine stark reduzierte Textur und eine feine Korngröße auf, und das Gefüge des Ausgangsmaterials befindet sich in homogenem und rekristallisiertem Zustand. Die Tantalronde wird zur Erzielung einer guten Schmierung vor dem Einsatz beidseitig anodisch oxidiert und weist deshalb eine Oxidschicht 8 auf mit einer Dicke von z. B. 200 nm.

    [0014] Wie aus der Figur 2 hervorgeht, wird aus dieser Ronde 6 ein rotationssymmetrischer Hohlkörper als Fertigteil 9 durch hydromechanisches Tiefziehen in einem Zug hergestellt. Beim Tiefziehvorgang wird die Ronde 6 unmittelbar mit Hilfe eines druckgeregelten Fluidkissens 1 an den eintauchenden Stempel 2 (Positivwerkzeug) gedrückt, wie es mit den Druckpfeilen 10 angedeutet wird. Hierbei wird für das gezeigte Beispiel ein maximaler Hydraulikdruck in Höhe von P = 250 bar aufgebracht. Die Flüssigkeit für das Fluidkissen 1 wird über den Zulauf 13 zugeführt. Im vorliegenden Ausführungsbeispiel hat der fertiggestellte, druckgeregelte rotationssymmetrische Hohlkörper 9 einen Öffnungsdurchmesser 11 von 50 mm und eine Endhöhe 12 von 30 mm. Er weist erfindungsgemäß eine rekristallisierte Gefügestruktur mit feinem Korn auf, wie sie schon nahezu im Ausgangsmaterial vorhanden war. Diese nahezu ungeänderte homogene und isotrope Gefügestruktur hat sich durch Schliffbilder bestätigt.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung von Hohlkörpern aus Tantal durch Kaltumformen unter Verwendung eines Stempels, dadurch gekennzeichnet, daß zur Herstellung rotationssymmetrischer Hohlkörper als Ausgangsmaterial ein hochduktiles Tantalblech mit feiner Kornstruktur und zur Erzeugung eines Gegendrucks zu dem Stempel eine unter Druck stehende Flüssigkeit verwendet werden.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als Ausgangsmaterial Tantal verwendet wird, das eine Korngröße feiner als Nr. 6 nach ASTM E 112 aufweist.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß auf dem Ausgangsmaterial vor dem Umformen eine Oxidschicht (8) aufgebracht wird.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß eine Oxidschicht (8) von einer Dicke von wenigstens 200 nm aufgebracht wird.
     
    5. Verwendung eines nach dem Verfahren gemäß einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche hergestellten rotationssymmetrischen Hohlkörpers aus Tantal für Hochgeschwindigkeitsumformung bei Geschossen.
     




    Zeichnung