(19)
(11) EP 0 452 679 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
23.10.1991  Patentblatt  1991/43

(21) Anmeldenummer: 91104097.0

(22) Anmeldetag:  16.03.1991
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5C25B 1/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE CH DE FR GB IT LI NL

(30) Priorität: 29.03.1990 DE 4010052

(71) Anmelder: Th. Goldschmidt AG
D-45127 Essen (DE)

(72) Erfinder:
  • Ruf, Erich, Dr.
    W-4300 Essen (DE)
  • Honselmann, Frank
    W-5860 Iserlohn (DE)
  • Schreiber, Günter
    W-4330 Mülheim/Ruhr (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur elektrochemischen Herstellung von wässrigen Zinn-(II)-chloridlösungen


    (57) Verfahren zur elektrochemischen Herstellung von wäßrigen Zinn-(II)-chloridlösungen mit dem Kennzeichen, daß man metallisches Zinn unter Anlegen einer Gleichspannung anodisch in wäßriger Salzsäure auflöst, wobei man den Anoden- und den Kathodenraum voneinander durch Diaphragmen oder durch organische Membranen trennt.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein elektrochemisches Verfahren zur Herstellung von wäßrigen Zinn-(II)-chloridlösungen.

    [0002] Es ist bekannt, Zinn-(11)-chloridlösungen durch Auflösen von metallischem Zinn mit Salzsäure herzustellen. Die chemische Auflösung von Zinn in Salzsäure weist Nachteile auf.

    [0003] So ist es nicht möglich, durch chemisches Auflösen von Zinn in Salzsäure sehr hoch konzentrierte Lösungen herzustellen. Darüber hinaus ist es bei der chemischen Herstellung von Zinn-(II)-chloridlösungen nicht möglich, höher konzentrierte Lösungen bei gleichzeitig niederen Gehalten an freier HCl herzustellen. Ferner sind die Reaktionszeiten bei der chemischen Auflösung von Zinn in Salzsäure relativ lang.

    [0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Herstellung von Zinn-(II)-chloridlösungen zu entwickeln, das die vorerwähnten Nachteile der chemischen Auflösung vermeidet.

    [0005] Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe wird dadurch gelöst, daß man metallisches Zinn unter Anlegen einer Gleichspannung anodisch in wäßriger Salzsäure auflöst, wobei man den Anoden- und den Kathodenraum voneinander durch Diaphragmen oder organische Membranen trennt.

    [0006] Als Diaphragmen verwendet man vorzugsweise anorganische, insbesondere keramische, oberhalb 1000° C dichtgesinterte Diaphragmen einer Stärke von etwa 6 bis 10 mm.

    [0007] Vorzugsweise verwendet man als organische Membranen aniondurchlässige organische Membranen einer Stärke von etwa 0,2 bis 0,6 mm.

    [0008] Das Verfahren wird vorzugsweise in einer Kunststoffzelle durchgeführt, deren Wände aus Polyethylen bestehen und welche durch die Diaphragmen oder die organischen Membranen in zwei etwa gleich große Räume unterteilt ist.

    [0009] Bei der anodischen Auflösung des metallischen Zinns entwickelt sich gleichzeitig kathodisch Wasserstoff. Als Anoden- und als Kathodenmaterial wird metallisches Zinn, z. B. in Form preisgünstiger Ingots, verwendet.

    [0010] Als Elektrolytflüssigkeit wird sowohl im Kathoden- als auch im Anodenraum wäßrige Salzsäure verwendet. Zu Beginn der anodischen Auflösung des metallischen Zinns entwickelt sich an der Anode etwas Wasserstoff. Diese anfängliche Wasserstoffentwicklung an der Anode kommt nach wenigen Stunden praktisch zum Stillstand und ist auf ein zusätzliches chemisches Auflösen zurückzuführen.

    [0011] Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird im Anodenraum praktisch weitestgehend nur Zinn-(II)-chlorid gebildet; lediglich bei höheren Zinn-(II)-konzentrationen (> 250 g gelöstem zweiwertigen Zinn/l) wird in geringem Maße vierwertiges Zinn gebildet. Dies ist insbesondere bei niederen Konzentrationen an freier HCl und gleichzeitig hohen Stromdichten zu beobachten.

    [0012] Das erfindungsgemäße Verfahren zur elektrochemischen Herstellung von Zinn-(II)-chloridlösungen, bei dem sich die Elektrolytlösungen leicht erwärmen, erlaubt es, höher konzentrierte Zinn-(II)-chloridlösungen herzustellen, als dies bei chemischen Löseverfahren möglich ist. Hierbei nimmt die HCl-Konzentration im Anodenraum während des anodischen Auflösens von metallischem Zinn ab. Wasserstoffionen werden in hydratisierter Form aus dem Anodenraum in den Kathodenraum überführt und nach Elektronenaufnahme an der Kathode als Wasserstoff freigesetzt. Ferner werden Chloridionen aus dem Kathodenraum in den Anodenraum überführt, was eine Abnahme der HCl-Konzentration im Kathodenraum zur Folge hat.

    [0013] Darüber hinaus kann man mit dem erfindungsgemäßen Verfahren Zinn-(II)-chloridlösungen mit niederen Gehalten an freier HCl herstellen.

    [0014] Hinzu kommt ferner, daß die Herstellung von Zinn-(II)-chloridlösungen auf elektrochemischem Wege entsprechend dem erfindungsgemäßen Verfahren wesentlich schneller vor sich geht als auf chemischem Wege.

    [0015] Das erfindungsgemäße Verfahren wird durch nachstehende Beispiele näher erläutert.

    Beispiel 1



    [0016] In eine Polyethylenrechteck-Elektrolysezelle mit den Abmessungen 350 mm x 360 mm x 360 mm wird eine Polyethyleninnenzelle mit den Abmessungen 300 mm x 200 mm x 180 mm, an der auf zwei gegenüberliegenden Seiten 0,4 mm dicke, bevorzugt aniondurchlässige Membranen von jeweils 1 dm² Fläche flüssigkeitsdicht aufgeschraubt sind und die den Anodenraum darstellt, während der angrenzende Raum in der Außenzelle den Kathodenraum bildet, wird wäßrige Salzsäure, und zwar in den Anodenraum 10 l mit 153 g HCl/l und in den Kathodenraum 18 l mit 197 g HCl/l gegeben.

    [0017] Ferner werden in den Anodenraum raummittig eine Zinnelektrode in Ingotform (11,36 kg) mit einer wirksamen Oberfläche von 8 dm² und in den Kathodenraum zwei analoge Zinnelektroden in Ingotform jeweils unmittelbar gegenüber den Membranflächen eingebracht.

    [0018] Nach Anlegen von Gleichspannung wird die Herstellung der Zinn-(II)-chloridlösung auf elektrochemischem Wege unter folgenden Arbeitsbedingungen durchgeführt:


    Beispiel 2



    [0019] In der gleichen Zellenvorrichtung und mit gleichen Elektroden, wie in Beispiel 1, wurde nach Anlegen einer Gleichspannung die Herstellung einer Zinn-(II)-chloridlösung auf elektrochemischem Wege unter folgenden Arbeitsbedingungen durchgeführt:


    Hierbei wurden Flüssigkeitsverdampfungsverluste durch Wasserzugabe ergänzt.

    Beispiel 3



    [0020] Es wird wiederum die gleiche Zellenvorrichtung wie in Beispiel 1 beschrieben benutzt, lediglich mit der Ausnahme, daß die Innenzelle anstelle von Membranen mit anorganischen Diaphragmen auf Basis von Aluminiumsilikat, die oberhalb 1000° C dichtgesintert wurden, versehen ist. In den Anodenraum werden raummittig eine Zinnelektrode (7 kg) mit einer wirksamen Oberfläche von 6 dm² und in den Kathodenraum zwei analoge Zinnelektroden in Ingotform jeweils unmittelbar gegenüber den Diaphragmenflächen eingebracht.

    [0021] Nach Anlegen von Gleichspannung wird die Herstellung der Zinn-(II)-chloridlösung auf elektrochemischem Wege unter folgenden Arbeitsbedingungen durchgeführt:


    Bei den Beispielen 1 bis 3 wurde jeweils im Anodenraum während der Herstellung der Zinn-(II)-chloridlösung gerührt. Die Elektrolytlösungen erwärmen sich während des Herstellungsverfahrens auf ca. 30 bis 40° C.

    Vergleichsversuch



    [0022] Im Vergleich zu den elektrochemischen Versuchen wurde ein rein chemisches Auflösen von metallischem Zinn (518,4 g Sn) in Ingotform mit einer wirksamen Oberfläche von 1,3 dm² unter ständigem Rühren in 1 l wäßriger Salzsäure wie folgt vorgenommen:


    Hiermit wird deutlich, daß die rein chemische Auflösung von metallischem Zinn in Salzsäure wesentlich langsamer vor sich geht und auch nicht so hohe Zinn-(II)-chloridkonzentrationen erbringt, als dies bei der elektrochemischen Auflösung der Fall ist.

    [0023] Die Ausbeuten bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur elektrochemischen Herstellung von Zinn-(II)-chloridlösungen liegen rein rechnerisch, bezogen auf in Lösung gegangenes zweiwertiges Zinn, etwas über 100 %, da zu Beginn der Reaktion auch ein chemisches Lösen zusätzlich eintritt.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur elektrochemischen Herstellung von wäßrigen Zinn-(II)-chloridlösungen, dadurch gekennzeichnet, daß man metallisches Zinn unter Anlegen einer Gleichspannung anodisch in wäßriger Salzsäure auflöst, wobei man den Anoden- und den Kathodenraum voneinander durch Diaphragmen oder durch organische Membranen trennt.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man anorganische keramische oberhalb 1000° C dichtgesinterte Diaphragmen einer Stärke von etwa 6 bis 10 mm verwendet.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man aniondurchlässige organische Membranen einer Stärke von etwa 0,2 bis 0,6 mm verwendet.
     





    Recherchenbericht