Technisches Gebiet
[0001] Die Erfindung betrifft ein Mikrowellenfenster hoher Bandbreite für linear polarisierte
Mikrowellen hoher Leistung, umfassend mindestens eine für Mikrowellen transparente
Scheibe mit planparallelen, ebenen Hauptflächen.
Stand der Technik
[0002] Für den Einsatz von Mikrowellen für die Fusionsforschung ist es wünschenswert, die
Quelle (Sender) in der Frequenz verändern zu können, ohne eine starke Leistungsreduktion
in Kauf nehmen zu müssen. Diese Frequenzänderung soll auch schnell geschehen können,
um möglicherweise auf physikalische Vorgänge im Plasma reagieren zu können.
[0003] Diese Bedingungen stellen hohe Anforderungen sowohl an die Mikrowellenerzeugung als
auch an das Vakuumfenster der Mikrowellenröhre.
[0004] Das quasi-optische Gyrotron, wie es z.B. im Patent CH-664045 oder im Artikel "Das
Gyrotron, Schlüsselkomponente für Hochleistungs-Mikrowellensender", H.G. Mathews,
Minh Quang Tran, Brown Boveri Review 6-1987, pp. 303-307, beschrieben ist, hat bereits
gezeigt, dass es über einen relativ weiten Bereich in der Frequenz abgestimmt werden
kann.
[0005] Für das Mikrowellenfenster wird gefordert, dass es für die erwünschte Frequenz nicht
reflektiert. Ausserdem sollte es auch für benachbarte Frequenzen reflexionsarm sein,
um unerwünschte Oszillationen vermeiden zu können.
[0006] Aus dem Bericht "Entwicklung der technologischen Grundlagen eines hochbelastbaren
Auskoppelfensters für ein 200 kW Langpulsgyrotron bei 140 GHz", Rudolf Bachmor, ITG-Fachbericht
Vakuumelektronik und Displays der ITG-Fachtagung vom 8. bis 10. Mai 1989, ist beispielsweise
ein kühlbares Doppelscheibenfenster bekannt. Dieses Doppelfenster besteht aus zwei
Keramikscheiben, die senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der Mikrowellen stehen und
z.B. von einer Kühlflüssigkeit gekühlt werden. Es bildet also ein Fabry-Perot Resonator,
dessen Frequenz bekanntlich vom Abstand der Scheiben abhängt. Die Dicke der Scheibe
wird üblicherweise so gewählt, dass das Fenster insgesamt für die Hauptfrequenz reflexionsfrei
arbeitet. Für jede andere gewünschte Frequenz wird der Scheibenabstand auf optimale
Transmission eingestellt.
[0007] Dieses Prinzip funktioniert für praktisch jeden Mode im Hohlleiter, im eingeschränkten
Mass sogar für Modengemische. Der Nachteil dieser Lösung ist jedoch, dass die Frequenzanpassung
mechanisch und daher langsam erfolgt.
[0008] Ein breitbandiges Fenster ist das sog. Mottenaugenfenster. Die das Fenster bildende
Keramikscheibe steht senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der Mikrowellen. Die Oberfläche
der Keramik ist jedoch mit Pyramiden versehen, die eine Impedanzanpassung erzeugen.
Die Höhe dieser Pyramiden entspricht mindestens einem Viertel der Wellenlänge der
erwünschten Mittenfrequenz. Auf diese Weise ist es gelungen, ein Fenster mit relativ
grosser Bandbreite zu bauen.
[0009] Dieses Prinzip funktioniert ebenfalls modenunabhängig. Allerdings ist der Aufwand
zur Herstellung solcher Fenster sehr gross. Unbekannt ist ferner das Verhalten der
Keramik-Spitzen bei sehr hohen Feldstärken, wo im allgemeinen mit Ueberschlägen zu
rechnen ist.
Darstellung der Erfindung
[0010] Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein Mikrowellenfenster der eingangs genannten
Art anzugeben, welches gute Durchlasseigenschaften über einen grossen Frequenzbereich
hinweg aufweist und die beim Stand der Technik vorhandenen Probleme vermeidet.
[0011] Erfindungsgemäss besteht die Lösung darin, dass die Scheibe gegenüber einer Ausbreitungsrichtung
der Mikrowellen geneigt ist und zwar so, dass der Winkel zwischen Ausbreitungsrichtung
und Scheibennormalen dem Brewster-Winkel α
B entspricht und eine durch Ausbreitungsrichtung und Scheibennormale gebildete Ebene
komplanar zur Polarisationsrichtung der Mikrowellen ist.
[0012] Der Kern der Erfindung besteht darin, dass die lineare Polarisation der Mikrowellen,
die oft schon durch die Erzeugung grundsätzlich bedingt ist (wie z.B. beim quasi-optischen
Gyrotron) ausgenützt wird, um mit dem bekannten Brewster-Prinzip optimal zusammenzuwirken.
Es ist natürlich durchaus denkbar, die Mikrowellen erst nach ihrer Erzeugung zwangsweise
linear zu polarisieren. Der Vorteil der Erfindung kommt aber vorallem dann zum Tragen,
wenn die eintreffenden Wellen "natürlicherweise" linear polarisiert sind, wenn also
schon die im Strahlengang vorhergehende Komponente resp. die Mikrowellenröhre von
selbst die Polarisation mit sich bringt.
[0013] Ein wesentlicher Vorteil der Erfindung besteht darin, dass eine Frequenzabhängigkeit
der Transmission des Fensters vom Prinzip her nicht besteht. Höchstens eine Frequenzabhängigkeit
der Brechungsindizes der Medien kann sich auf die Bandbreite auswirken. Diese ist
aber im interessierenden Frequenzbereich vernachlässigbar klein.
[0014] Der Brewster-Winkel α
B = arctan n₂/n₁ liegt bei den interessierenden Materialien typischerweise zwischen
gut 50° und gut 75°. Saphir mit einem Brechungsindex von n₂ = 3.4 verlangt (gegenüber
Vakuum) einen Neigungswinkel von etwa 74°. Bei Teflon mit n₂ = 1.45 ist α
B = 55°. Keramiken bewegen sich im wesentlichen in diesem Bereich.
[0015] Vorzugsweise umfasst das Mikrowellenfenster zwei parallele Scheiben, die von einer
Kühlflüssigkeit gekühlt werden. Diese Ausführungsform ist vorallem für hohe Leistungen
geeignet.
[0016] Gemäss einer besonders einfachen Ausführungsform weist das Fenster genau eine Scheibe
auf. Damit liegt eine für niedere und mittlere Leistungen geeignete Variante vor,
die weniger aufwendig und kostengünstiger ist.
[0017] Falls eine Kühlung auch beim Einscheibenfenster gewünscht wird, dann werden vorzugsweise
Kühlrippen vorgesehen, die senkrecht zur Polarisationsrichtung ausgerichtet sind (siehe
Schweizer Patentanmeldung CH-2314/89-2).
[0018] Die Scheibe kann ellipsenförmig oder kreisrund sein. Grundsätzlich ist die Schnittfigur
zwischen einem Zylinder (Wellenleiter) und einer zur Zylinderachse geneigten Ebene
(Scheibenebene) eine Ellipse. Aus konstruktiven Ueberlegungen kann es aber durchaus
auch wünschenswert sein, ein kreisrundes Fenster einzusetzen. Für eine optimale Transmission
müsste dann der Radius der runden Scheibe der grossen Halbachse der Schnittfigur entsprechen.
Im quasi-optischen Fall, d.h. wenn die Mikrowellen nicht vom Wellenleiter geführt
sind, sondern sich nahezu unter Freiraumbedingungen ausbreiten, mag aber auch ein
geringerer Radius (vorzugsweise grösser als die kleine Halbachse) genügen.
[0019] Das erfindungsgemässe Mikrowellenfenster eignet sich besonders gut als Austrittsfenster
eines quasi-optischen Gyrotrons. Dieses produziert nämlich vom Prinzip her bereits
linear polarisierte Mikrowellen im Millimeter- und Submillimeterbereich.
[0020] Weitere Anwendungen ergeben sich im Zusammenhang mit dem Verbraucher. Im Bereich
der Fusionsforschung sind Fusionskammern (z.B. Tokamak) und Mikrowellenkalorimeter
typische Verbraucher.
[0021] Ein weitere Anwendungsbeispiel ist das Fenster nach einem Vlasov-Konverter. Dieser
wandelt einen geführten Mode in eine linear polarisierte Gauss'sche Welle um.
[0022] Aus der Gesamtheit der abhängigen Patentansprüche ergeben sich weitere vorteilhafte
Ausführungsformen.
Kurze Beschreibung der Zeichnungen
[0023] Nachfolgend soll die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen und im Zusammenhang
mit den Zeichnungen näher erläutert werden. Es zeigen:
Fig. 1 eine Darstellung der Scheibe und der Brewster'schen Geometrie;
Fig. 2 ein Einscheibenfenster mit Kühlrippen; und
Fig. 3 ein Doppelscheibenfenster.
[0024] Die in den Zeichnungen verwendeten Bezugszeichen und deren Bedeutung sind in der
Bezeichnungsliste zusammenfassend aufgelistet. Grundsätzlich sind in den Figuren gleiche
Teile mit gleichen Bezugszeichen versehen.
Wege zur Ausführung der Erfindung
[0025] Fig. 1 zeigt ein erfindungsgemässes Fenster, wie es z.B. in einem quasi-optischen
Gyrotron zum Einstz kommt. Bei einem solchen Gyrotron wird in einem quasi-optischen
Resonator, welcher im wesentlichen durch zwei einander gegenüberliegende Spiegel gebildet
ist, ein elektromagnetisches Wechselfeld angeregt. In Fig. 1 ist der eine der beiden
Spiegel 1 und die Gefässwand 2 des Gyrotrons gezeigt. Die übrigen Teile des Gyrotrons
sind aus dem eingangs zitierten Stand der Technik hinlänglich bekannt. Eine detailierte
Beschreibung erübrig sich an dieser Stelle.
[0026] Die aus dem Resonator ausgekoppelten Mikrowellen sind linear polarisiert. Sie laufen
entlang einer Ausbreitungsrichtung 3 auf das Mikrowellenfenster zu, welches das evakuierte
Röhrengefäss des Gyrotrons gegen aussen (z.B. Wellenleiter 5) abschliesst.
[0027] Das Mikrowellenfenster umfasst eine für Mikrowellen transparente Scheibe 4, welche
gegenüber der Ausbreitungsrichtung 3 geneigt ist. Der Winkel α
B zwischen einer Scheibennormalen
n und der Ausbreitungsrichtung 3 entspricht dem Brewster Winkel, d.h. es gilt α
B = arctan n₂/n₁. Dabei ist n₂ der Brechungsindex des Scheibenmaterials und n₁ derjenige
des die Scheibe umgebenden Mediums, im vorliegenden Fall des Vakuums, d.h. n₁ = 1.
[0028] Das erfindungsgemässe Mikrowellenfenster zeichnet sich auch aus durch die Tatsache,
dass die verwendete Scheibe planparallele Hauptflächen aufweist. Es ist also keine
Oberflächenstruktur erforderlich wie beispielsweise beim Mottenaugenfenster. Es können
somit auch keine Ueberschläge auftreten.
[0029] Die einfallenden Mikrowellen sind linear polarisiert. Der elektrische Feldvektor
E steht komplanar zu einer Ebene, die durch die Scheibennormale
n und die Ausbreitungsrichtung 3 aufgespannt wird.
[0030] Als Scheibenmaterial eignet sich z.B. Saphir mit einem Brechungsindex n₂ ≈ 3.4. Für
den Neigungswinkel ergibt sich α
B = 74°. Ebenfalls bevorzugt ist ein unter dem Handelsnamen Teflon allgemein bekanntes
Material. Aufgrund des Brechungsindexes von n₂ ≈ 1.45 ergibt sich α
B = 55°. Auch Keramiken sind bei der Erfindung verwendbar.
[0031] Typischerweise liegen die Winkel zwischen 50° und 75°, d.h. sie sind relativ gross.
In bezug auf die Form ist es deshalb vorteilhaft, die Scheibe ellipsenförmig zu auszubilden
(entsprechend der Schnittkurve zwischen im allg. runder Gefässwand 2 und Scheibenebene).
Die Fläche der Scheibe ist damit nicht grösser als nötig, was sich positiv auf ihre
mechanische Stabilität auswirkt.
[0032] Fig. 2 zeigt ein erfindungsgemässes Mikrowellenfenster mit Kühlrippen 6.1,...,6.3.
Die transparente Scheibe zerfällt in mehrere Teilscheiben 4.1,..,4.4. Die Kühlrippen
6.1,...,6.3 sind z.B. Metallrohre und verleihen der Scheibe eine höhere Stabilität.
Sie sind senkrecht zum elektrischen Feldvektor
E (Polarisationsrichtung) ausgerichtet. Aus diesem Grund werden sie von der Mikrowellenstrahlung
nicht "gesehen".
[0033] Aus der Schweizer Patentanmeldung CH-2314/89-2 sind weitere vorteilhafte Ausführungsformen
für Kühlrippen zu entnehmen. Zu diesem Zweck soll die genannte Patentanmeldung als
in dieser Beschreibung eingeschlossen gelten.
[0034] Fig. 3 schliesslich zeigt ein Mikrowellenfenster, welches zwei parallele Scheiben
7.1 und 7.2 aufweist. Sie sind entsprechend dem Brewsterwinkel geneigt. Zwischen den
beiden Scheiben 7.1, 7.2 strömt eine Kühlflüssigkeit 8 hindurch.
[0035] In der Praxis ist der Abstand der beiden parallelen Scheiben 7.1, 7.2 geringer als
deren Dicke. Der Vorteil im geringen Abstand besteht in der entsprechend hohen Fliessgeschwindigkeit
des Kühlmittels. Für das Doppelscheibenfenster gilt im übrigen das, was bereits im
Zusammenhang mit dem Einscheibenfenster gesagt worden ist. Natürlich erübrigt sich
in diesem Fall eine Kühlung durch Kühlrippen.
[0036] Das erfindungsgemässe Fenster lässt sich überall dort mit Vorteil einsetzten, wo
linear polarisierte Mikrowellen auftreten. Insbesondere kann es als Eintrittsfenster
für Verbraucher verwendet werden. Als Beispiel sei das Kalorimeter genannt. Ein anderer
Anwendungsfall ist die Fusionskammer (z.B. Tokamak), und zwar dann, wenn eine HE₁₁-Welle
eingestrahlt wird. Schliesslich eignet sich die Erfindung auch für einen Vlasov-Koppler,
wie er z.B. aus "An X-Band Vlasov-Type Mode Convertor", B.G. Ruth et al., 13th Int.
Conf. on Infrared and Millimeter Waves, 5-9 Dec 1988, pp. 119-120, bekannt ist.
[0037] Zusammenfassend kann gesagt werden, dass mit der Erfindung ein echt breitbandiges
Fenster geschaffen worden ist. Eine Einschränkung der Bandbreite ergibt sich höchstens
durch die Frequenzabhängigkeit der Brechzahlen der Scheiben, welche aber in der Praxis
vernachlässigbar klein ist. Zu beachten ist ferner, dass der Aufwand für die Herstellung
relativ gering ist und die technische Realisierbarkeit sichergestellt ist, da auf
die bekannte Fenstertechnologie zurückgegriffen werden kann.
Bezeichnungsliste
[0038] 1 - Spiegel; 2 - Gefässwand; 3 - Ausbreitungsrichtung; 4 - Scheibe; 4.1,..,4.4 -
Teilscheiben; 5 - Wellenleiter; 6.1,...,6.3 - Kühlrippen; 7.1, 7.2 - Scheibe; 8 -
Kühlflüssigkeit;
E - elektrischer Feldvektor;
n - Scheibennormale; n₁, n₂ - Brechungsindizes.
1. Mikrowellenfenster hoher Bandbreite für linear polarisierte Mikrowellen hoher Leistung,
umfassend mindestens eine für Mikrowellen transparente Scheibe mit planparallelen,
ebenen Hauptflächen, dadurch gekennzeichnet, dass die Scheibe gegenüber einer Ausbreitungsrichtung
der Mikrowellen geneigt ist und zwar so, dass der Winkel zwischen Ausbreitungsrichtung
und Scheibennormalen dem Brewster-Winkel αB entspricht und eine durch Ausbreitungsrichtung und Scheibennormale gebildete Ebene
komplanar zur Polarisationsrichtung der Mikrowellen ist.
2. Mikrowellenfenster nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Winkel zwischen
Ausbreitungsrichtung und Scheibennormalen zwischen 50° und 75° liegt.
3. Mikrowellenfenster nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass es zwei parallele
Scheiben umfasst, die von einer Kühlflüssigkeit gekühlt werden.
4. Mikrowellenfenster nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass es genau eine Scheibe
umfasst.
5. Mikrowellenfenster nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Scheibe Kühlrippen
umfasst, welche senkrecht zur Polarisationsrichtung ausgerichtet sind.
6. Mikrowellenfenster nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die mindestens eine
Scheibe kreisförmig ist.
7. Mikrowellenfenster nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die mindestens eine
Scheibe elliptisch ist.
8. Quasi-optisches Gyrotron, bei welchem Mikrowellen in einem aus zwei einander gegenüberliegenden
Spiegeln gebildeten quasi-optischen Resonator angeregt werden, gekennzeichnet durch
ein Mikrowellenfenster nach Anspruch 1.
9. Mikrowellenfenster nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass es das Eintrittsfenster
eines Verbrauchers ist.