[0001] Die Erfindung betrifft ein elektrisches Schaltgerät mit einer lösbaren, mehrere Glieder
umfassenden Verklinkungseinrichtung für das Öffnen oder Schliessen des elektrischen
Kontaktsystems, wobei mindestens ein Glied kurzzeitig in einer vorgegebenen Position
arretierbar oder aus dieser lösbar ist.
[0002] Bei elektrischen Schaltgeräten einschließlich Schützen sind die vorgenannten Glieder
wichtig, um Öffnungs- oder Schließvorgänge durchzuführen und definierte Ein- oder
Aus-Betriebszustände zu erreichen. So weisen solche Geräte beispielsweise ein mechanisches
Arretierglied für das Schaltschloß auf, zum Beispiel in Form einer Halbwelle. Weiterhin
sind zur Abbremsung der beim Ausschaltvorgang bewegten Glieder beziehungsweise deren
Massen Dämpfungsglieder notwendig sowie geeignete Sperren, um das Rückprellen und
damit das unerwünschte kurzzeitige erneute Schließen zu verhindern. Schließlich sind
Arretierglieder notwendiger Bestandteil für Hilfsauslösereinrichtungen wie beispielsweise
Unterspannungsauslöser. Schließlich geht es bei Schützen um eine Arretierung des Betriebszustandes,
was bisher durch eine Leistungsspule geschieht, die während der gesamten Betriebsdauer
eine relativ hohe Leistung aufnimmt, wobei gegebenenfalls zwei Schütze gegenseitig
mechanisch verklinkt sein können, um deren gleichzeitigen Betrieb auszuschließen.
[0003] In allen vorgenannten Fällen sind also geeignete Arretier- oder Dämpfungsglieder
erforderlich, die bisher in folgenden Punkten unbefriedigend waren: Der Hauptnachteil
ist der zeitlich zu langsame Bewegungsablauf der mechanischen Teile. Die sich in engen
Grenzen bewegende Lageabhängigkeit der in Wirkverbindung stehenden Glieder beeinträchtigt
die Zuverlässigkeit nachhaltig. Auch sind diese Glieder nicht elektronisch ansteuerbar,
weil die bisherige mechanische Lösung einen weit höheren Leistungsbedarf für die Auslösung
erfordert, als die Steuerelektronik liefern kann. Schließlich erfordert die bisherige
Mechanik die Herstellung teurer und sehr präzise dimensionierter Glieder.
[0004] Ein Beispiel liefert der Gegenstand der deutschen Auslegeschrift 23 36 584 betreffend
eine Rückprellsperre für ein Schaltgerät, deren Auslöser ab einer Kurzschlußstromhöhe
von etwa 30 kA bis 50 kA ansprechen. Moderne Schalter haben heute aber Schaltvermögen
bis über 100 kA, was bedeutet, daß dieser Bereich infolge der Prellgegebenheiten nur
schwer zu beherrschen ist. Bei höheren Kurzschlußstromen besteht insbesondere das
Problem, daß die Sperrfunktion nicht mehr mit Sicherheit gewährleistet ist, das heißt
es besteht die Gefahr, daß der Schalter wieder schließt. Bisher ist keine Möglichkeit
bekannt, die Prellverhältnisse auf die tatsächlich auftretende jeweilige Kurzschlußstromstärke
abzustimmen. Der beispielhaft angegebene Bereich von 30 bis 100 kA ist zu breit, um
mit herkömmlichen Mitteln optimal abgedeckt werden zu können.
[0005] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, steuerbare Verklinkungen zu schaffen,
als Sperren, Schaltschlösser, Verriegelungen und Dämpfungen für Schaltgeräte und Schütze
sowie entsprechende Gerätekombinationen, welche an die jeweiligen Ansprechbedingungen
des Verklinkungssystems optimal im Einzelfall anpaßbar sind.
[0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß sich wenigstens ein Glied
der Verklinkungseinrichtung direkt oder vermittels eines angelenkten Zusatzgliedes
in einen geschlossenen Behälter erstreckt, der mit einer elektroviskosen Flüssigkeit
gefüllt ist und Elektroden zur Erzeugung eines elektrischen Feldes aufweist.
[0007] Weitere bevorzugte Ausführungsformen sind in den Unteransprüchen gekennzeichnet.
[0008] Im folgenden wird die Erfindung anhand zweier Ausführungsbeispiele beschrieben, aus
denen sich weitere Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben.
[0009] In der zugehörigen Zeichnung zeigt:
Figur 1 das Schema eines Schaltschlosses mit elektronischer Verklinkung;
Figur 2 eine Rückprellsperre für ein Schaltgerät.
[0010] Die Figuren 1 und 2 zeigen übereinstimmend ein Kontaktsystem mit der Kontaktmechanik
eines Leistungsschalters höherer Nennstromstärke. Im einzelnen ist der feststehende
Hauptkontakt bzw. das Hauptschaltstück mit 10 bezeichnet, das bewegliche Hauptschaltstück
mit 11. Dieses ist seinerseits im Schalthebel 12 schwenkbeweglich gelagert und wird
von der Kontaktdruckfeder 13 in Stellung EIN mit Druck beaufschlagt. Die Schaltwelle
14 ist ortsfest im nicht dargestellten Gehäuse drehbar gelagert und weist eine übliche
Schelle 15 auf, die auf der Schaltwelle 14 festsitzt und mit einer Koppelstange 16
verbunden ist, die ihrerseits den Schalthebel 12 bewegt.
[0011] Weiterhin weist die Schaltwelle 14 einen festsitzenden Mitnahmehebel 18 auf (zuweilen
Kurbel genannt), der mit der Schloßmechanik verbunden ist. Zur Schloßmechanik gehören
insbesondere das aus den gleichen Teilen 19a und 19b bestehende Kniegelenk, der Rollenhebel
20 mit drehbeweglich angebrachter Rolle 20a sowie der Klinkenhebel 21, der sich im
Falle der Figur 2 auf der Halbwelle 22 abstützt.
[0012] Beide Figuren zeigen das Kontaktsystem und die zugehörige Schloßmechanik in der Stellung
EIN, wobei sich die Anlenkstange 24 samt zugehörigem Umlenkhebel 25, welcher drehbeweglich
auf der Umlenkwelle 26 gelagert ist und auf dem Anschlag 28 aufliegt, in einer definierten
Position befinden. In der Stellung AUS liegt der Mitnahmehebel 18 am Anschlagpuffer
27.
[0013] Darüberhinaus zeigt die Figur 2 einen Stromsensor 30 und einen mit diesem elektrisch
verbundenen Auslöser 31, welcher die Höhe der Feldstärke und somit das Maß der Viskosität
der Flüssigkeit steuert.
[0014] Die für die Erfindung wesentlichen Teile betreffen nun das Glied 1, das direkt oder
indirekt an geeigneter Stelle der Kontaktmechanik angreift, insbesondere am Klinkenhebel
21 (wie in Figur 1 gezeigt) oder an der Schaltwelle 14 (wie in Figur 2 gezeigt). Das
Glied 1 umfaßt einen Kolben 1 mit Überströmöffnungen, der sich in einen geschlossenen
Behälter 2 erstreckt, der seinerseits mit einer elektroviskosen Flüssigkeit 3 gefüllt
ist. Die Elektroden können beispielsweise in axialer Richtung aufgeteilt sein als
obere und untere Elektrode 4a und 4b im Falle Figur 1. Ebenso ist eine halbschalige
Aufteilung leicht zu verwirklichen, wie in Figur 2 angedeutet.
[0015] Im folgenden wird die Funktion näher erläutert, zunächst im Falle eines Schaltschlosses
mit elektronischer Verklinkung gemäß Figur 1.
[0016] Figur 1 zeigt die verklinkte Stellung EIN. Wenn nun eine Auslösung zum Zwecke der
Öffnung des Kontaktsystems erfolgen soll, sei es durch Schutzauslöser, sei es durch
gezielte betriebliche Steuersignale, wird die Spannung an den Elektroden 4a,4b abgeschaltet.
Dies bedeutet, daß der in Stellung EIN durch die erstarrte elektroviskose Flüssigkeit
3 arretierte Hubzylinder 1 freigegeben wird und unter der Wirkung der Kontaktkräfte
(einschließlich Feder 13) sich nach unten wegbewegt bzw. im Falle der Darstellung
tiefer in den Behälter eintaucht. Damit gibt der Klinkenhebel 21 die Rolle 20a frei
und der Rollenhebel 20 verschiebt sich im Gegenuhrzeigersinn derart, daß das Kniegelenk
19a,19b über den gestreckten Totpunkt in die instabile Lage gebracht wird. Damit dreht
sich der Mitnahmehebel 18 samt Schaltwelle 14 unter dem Druck des Kontaktsystems im
Gegenuhrzeigersinn und öffnet über die Koppelstange 16 und den Schalthebel 12 das
bewegliche Hauptschaltstück 11.
[0017] Die geschilderte Bewegung endet, indem der Mitnahmehebel 18 an den elastischen Anschlagpuffer
27 zur Anlage kommt entsprechend der Stellung AUS.
[0018] Der Hauptvorteil des Ersatzes üblicher Verklinkungsglieder, insbesondere der in Figur
2 gezeigten Halbwelle, durch die erfindungsgemäße Anordnung gemäß Figur 1 besteht
darin, daß diese neue Verklinkungseinrichtung elektronisch ansteuerbar ist. Die damit
im Zusammenhang stehenden Vorteile wurden bereits oben genannt.
[0019] Im folgenden wird die Funktion der erfindungsgemäßen Rückprellsperre in Verbindung
mit Figur 2 näher erläutert.
[0020] Hier ist der Fall interessant, daß die Auslösung bei höheren, prellkritischen Strömen
erfolgt. Dies bedeutet, daß entsprechend höhere elektrodynamische Kräfte im System
auftreten und sich beschleunigend auf die Ausschaltbewegung einschließlich Drehung
der Schaltwelle etc. auswirken. Dabei erfolgt der Anschlag des Mitnahmehebels 18 am
Anschlagpuffer 27 relativ heftig und kann die unerwünschte Folge haben, daß Rückstoßkräfte
von solcher Größenordnung auftreten, daß sich die Bewegung der Schaltwelle 14 und
der Koppelstange 16 umkehren, womit der Schalthebel 12 nach links im Bild zurückschwenkt
in die Nachbarschaft des Hauptschaltstückes 10. Da sich in dessen Bereich noch ionisierte
Gase befinden, besteht die erhebliche Gefahr einer Rückzündung.
[0021] Um diesen unerwünschten Rückprellvorgang zu verhindern, dient die erfindungsgemäße
Rückprellsperre. Erreicht der abzuschaltende Strom, insbesondere ein Kurzschlußstrom,
die Größenordnung, die prellkritisch ist, so erfaßt der Sensor 30 automatisch diese
Größenordnung und beaufschlagt über den Auslöser 31 die Elektroden 4a,4b derart, daß
die Zähigkeit der Flüssigkeit 3 sich in dem Maße erhöht, daß die Bewegung des Gliedes
1 bzw. des Hubzylinders 1 in der Flüssigkeit 3 entsprechend stark gedämpft wird, gegebenenfalls
bis zur vollständigen Blockierung im Bereich der der Stellung AUS entsprechenden Endposition
des Zylinders 1a. Damit ist die gefürchtete Rückprellung zuverlässig unterbunden.
[0022] Gegenüber bekannten mechanischen Rückprellsperren bestehen folgende großen Vorteile:
steuerbare Viskosität und damit Dämpfung, die bis zur Arretierung direkt elektronisch
ansteuerbar ist; Eignung für die kostengünstige Erweiterung schon vorhandener Elektronik-Schutzbausteine.
[0023] Die Ausbildung des Behälters 2 und des darin eintauchenden Hubkolbens 1 kann in unterschiedlicher
Art erfolgen, insbesondere der Anordnung der Elektroden. Die Aufteilung der Elektroden
kann, wie bereits genannt, beispielsweise in radialer oder axialer Hinsicht erfolgen.
Die Überströmöffnungen des Kolbens 1a können in herkömmlicher Weise ausgebildet sein.
Dies gilt für die Gestaltung allgemein, die Abdichtung gegenüber dem Glied 1 und die
Isolierung der Elektroden voneinander und nach außen. Bei einer besonderen Ausführungsform
kann endseitig im Behälter 3 eine Membran vorgesehen sein, welche ein Druckluftpolster
5 gegen die elektroviskose Flüssigkeit abgrenzt. Dieses Druckluftpolster 5 soll im
Falle der völligen Erstarrung der Flüssigkeit 3 die mechanischen Stoßimpulse dämpfen
und damit den Verschleiß der betroffenen Teile vermindern.
[0024] Bei einer bevorzugten Bauform können die beiden Elektroden 4a und 4b beidseitig von
den ÜBerströmöffnungen im Kolben 1a derart angeordnet werden, daß bereits beim Anlegen
einer geringen Feldstärke die Viskositätsänderung nur im Bereich der Überstromoffnungen
erfolgt und somit die Dämpfung des Kolbens sehr präzise wirksam wird.
Bezugszeichenliste
[0025]
1 Glied
1 a Kolben
2 Behälter
3 Flüssigkeit
4a, 4b zusammenwirkende Elektroden
5 Luftpolster
10 feststehendes Hauptschaltstück (Hauptkontakt)
11 bewegliches Hauptschaltstück
12 Schalthebel, in dem Teil 11 gelagert ist 13 Kontaktdruckfeder
14 Schaltwelle,ortsfest im Gehäuse drehbar gelagert
15 Schelle, sitzt fest auf Schaltwelle 14
16 Koppelstange, beaufschlagt Schalthebel 12
18 Mitnahmehebel (meist Kurbel genannt), sitzt fest auf Schaltwelle 14
19a,19b Kniegelenk
20 Rollenhebel
20a drehbeweglich am Rollenhebel 20 angebrachte Rolle
21 Klinkenhebel
22 Halbwelle
24 Anlenkstange
25 Umlenkhebel
26 Umlenkwelle
27 Anschlagpuffer für Teil 18 in Stellung AUS
28 Anschlag für Teil 25 in Stellung EIN
30 Stromsensor
31 Auslöser
1. Elektrisches Schaltgerät mit einer lösbaren, mehrere Glieder umfassenden Verklinkungseinrichtung
für das Öffnen oder Schliessen des elektrischen Kontaktsystems, wobei mindestens ein
Glied kurzzeitig in einer vorgegebenen Position arretierbar oder aus dieser lösbar
ist,
dadurch gekennzeichnet,
daß sich dieses Glied (1) direkt oder vermittels eines angelenkten Zusatzgliedes in
einen geschlossenen Behälter (2) erstreckt, der mit einer elektroviskosen Flüssigkeit
(3) gefüllt ist und Elektroden (4a,4b) zur Erzeugung eines elektrischen Feldes aufweist
2. Schaltgerät nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sich das Glied (1) als
Dämpfungsglied in den Behälter (2) erstreckt, der eine Flüssigkeit enthält, deren
Viskosität mittels der Feldstärke des angelegten elektrischen Feldes steuerbar ist.
3. Schaltgerät nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sich das Glied (1) als
Sperrglied in den Behälter (2) erstreckt und dieser mit einer Flüssigkeit gefüllt
ist, die sich durch Erhöhung der Feldstärke in weniger als 2 ms verfestigt und umgekehrt,
bei Erniedrigung der Feldstärke, ebenso rasch reversibel verflüssigt.
4. Schaltgerät nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß elektronische
Auslöser (31) vorhanden sind, deren Sensoren (30) die Stromhöhe erfassen und im prellkritischen
Bereich die Erhöhung der Feldstärke bewerkstelligen.
5. Schaltgerät nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß
der Behälter (2) aus zwei voneinander isolierten Halbschalen besteht, die als Elektroden
(4a,4b) ausgebildet sind.
6. Schaltgerät nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß
das eintauchende Glied (1) kolbenförmig ausgebildet ist.
7. Schaltgerät nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß der Kolben (1 a) Durchbrüche
aufweist zum Durchtritt der elektroviskosen Flüssigkeit.
8. Schaltgerät nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Elektroden (4a, 4b)
im Bereich der Kolbendurchbrüche (Überströmöffnungen) angeordnet sind.