[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur simultanen Entfernung von S0
2 und H
2S aus Abgasen.
[0002] Werden Braunkohle, Erdgas oder Petrolkoks als Brennstoffe oder Rohstoffe für chemische
Prozesse eingesetzt, so entstehen häufig Abgase, die Schwefel in gebundener Form enthalten.
So fallen beispielsweise in Kraftwerken bei der Dampferzeugung, in Röstöfen bei der
Schwefelsäurefabrikation sowie in Drehrohröfen bei der Herstellung von Titandioxid,
Zinksulfid oder Bariumsulfid Abgase mit einer relativ hohen Konzentration an S0
2 oder auch H
2S an, die einen Restgehalt an Sauerstoff enthalten. Zur simultanen Entfernung von
S0
2 und H
2S aus den Abgasen werden diese Schadstoffe an Adsorptionskatalysatoren katalytisch
zu Schwefel umgesetzt. Dieser Schwefel wird an der Katalysatoroberfläche adsorbiert
und anschließend bei einer Heißgasdesorption als Elementarschwefel hoher Reinheit
gewonnen. Als Adsorptionskatalysator wird beispielsweise Aluminiumoxid verwendet (Ullmanns
Enzyklopädie der technischen Chemie, 4. Auf!., Bd. 2, Seite 614).
[0003] Bei diesem bekannten Verfahren zur simultanen Entfernung von S0
2 und H
2S aus Abgasen ist nachteilig, daß die Stöchiometrie der Reaktionsgleichung

im Abgas weitgehend eingehalten werden muß. Geschieht dies nicht, können die Grenzwerte
der TA Luft vom 27.2.1986 für die Schadstoffe S0
2 und H
2S im Reingas nur mit einem relativ hohen technischen Aufwand unterschritten werden.
[0004] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur simultanen Entfernung
von S0
2 und H
2S aus Abgasen zu schaffen, das kostengünstig durchführbar ist und mit welchem die
Grenzwerte der TA Luft vom 27.2.1986 für S0
2 und H
2S im Reingas relativ weit unterschritten werden.
[0005] Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe wird dadurch gelöst, daß das S0
2 und H
2S enthaltende Abgas in einer ersten Stufe mit einer ersten Suspension, die 60 bis
95 g/I ZnS0
3 und 80 bis 90 g/I ZnO und 0,1 bis 1,0 g/I ZnS enthält, im Gegenstrom in Kontakt gebracht
wird, wobei 40 bis 60 Vol-% der im Sumpf der ersten Stufe anfallenden Suspension,
die 20 bis 35 g/I ZnS und 130 bis 145 g/I ZnS0
4 und 0,1 bis 8 g/I ZnS0
3 enthält, aus dem Sumpf der ersten Stufe abgezogen und erneut kontinuierlich am Kopf
der ersten Stufe in die erste Stufe eingespeist werden, daß das in der ersten Stufe
von S0
2 und H
2S abgereicherte Abgas am Kopf der ersten Stufe abgezogen und in einer zweiten Stufe
mit einer zweiten Suspension, die 80 bis 150 g/I ZnO enthält, und mit einer dritten
Suspension, die 60 bis 95 g/I ZnS0
3 und 80 bis 90 g/I ZnO und 0,1 bis 1,0 g/I ZnS enthält, im Gegenstrom in Kontakt gebracht
wird, wobei als dritte Suspension 40 bis 60 Vol-% der im Sumpf der zweiten Stufe anfallenden
Suspension, die 60 bis 95 g/I ZnS0
3 und 80 bis 90 g/I ZnO und 0,1 bis 1,0 g/I ZnS enthält, aus dem Sumpf der zweiten
Stufe abgezogen und erneut kontinuierlich am Kopf der zweiten Stufe in die zweite
Stufe eingespeist werden, daß als erste Suspension 60 bis 40 Vol-% der im Sumpf der
zweiten Stufe anfallenden Suspension am Kopf der ersten Stufe eingespeist werden und
daß das Reingas am Kopf der zweiten Stufe abgeführt wird.
[0006] Als erste und zweite Stufe werden Füllkörperkolonnen verwendet. Bei den in der ersten
und zweiten Stufe im Kreislauf geführten Suspensionen handelt es sich um wäßrige Suspensionen,
deren pH-Werte bei 2,0 bis 5,5 liegen. Es hat sich in überraschender Weise gezeigt,
daß mit dem erfindungsgemäßen Verfahren die Schadstoffe H
2S und S0
2 fast vollständig aus Abgasen entfernt werden, auch wenn sie in schwankendem Konzentrationsverhältnis
zueinander im Abgas vorhanden sind. Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht infolge
der relativ hohen mittleren Berieselungsdichte von 20 bis 60 m
3/(m
2.h) in der ersten und zweiten Stufe eine weitgehend quantitative Umsetzung der Reaktionspartner,
so daß die Entfernung der Schadstoffe H
2S und S0
2 aus Abgasen kostengünstig durchgeführt wird.
[0007] Eine bevorzugte Ausgestaltung der Erfindung besteht darin, daß als erste Stufe und/oder
als zweite Stufe geordnete Waschsäulen verwendet werden. Unter dem Begriff "geordnete
Waschsäulen" sind diejenigen Füllkörperkolonnen zu verstehen, in welchen die Füllkörper
ihrer geometrischen Form entsprechend nach einem bestimmten System angeordnet sind.
Dabei können auch Füllkörper-Packungen, die aus vorgefertigten, geordneten Elementen
bestehen, verwendet werden. Werden als erste Stufe und/oder zweite Stufe geordnete
Waschsäulen verwendet, so wird der Druckverlust in den einzelnen Stufen in vorteilhafter
Weise verkleinert.
[0008] Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung ist die zweite Stufe
auf der ersten Stufe innerhalb einer Trennkolonne angeordnet. Dies hat den Vorteil,
daß bei der Anordnung der ersten und zweiten Stufe Rohrleitungen eingespart werden,
was zu einer weiteren Reduzierung der Verfahrenskosten führt.
[0009] Nach einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung wird ein Teil der im
Sumpf der ersten Stufe anfallenden Suspension aus der ersten Stufe abgeführt und mit
48 bis 97%iger H
2S0
4 bis zu einem pH-Wert von 0,6 bis 1,0 versetzt. Dabei entsteht ein Gemisch aus S0
2 und H
2S gemäß den folgenden Reaktionsgleichungen:

Das Gemisch aus S0
2 und H
2S kann in einer Schwefelsäurefabrik weiterverarbeitet werden, wobei H
2S zunächst mit Luft zu S0
2 oxidiert wird.
[0010] Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung wird ein Teil der im
Sumpf der ersten Stufe anfallenden Suspension aus der ersten Stufe abgeführt und mit
Cl
2 bis zu einem pH-Wert von 1,3 bis 1,8 versetzt. Dabei laufen die folgenden chemischen
Reaktionen ab:

[0011] Der bei der Chlorierung anfallende Schwefel wird anschließend aus der Lösung abfiltriert.
[0012] Der Gegenstand der Erfindung wird nachfolgend anhand der Zeichnung (Figur) näher
erläutert.
[0013] Die Figur zeigt den schematischen Aufbau einer Kolonne mit der ersten und zweiten
Stufe.
[0014] In der Figur ist eine Kolonne (11) dargestellt, in welcher die erste Stufe (1) und
die zweite Stufe (2) übereinander angeordnet sind. Das S0
2 und H
2S enthaltende Abgas (4) wird horizontal in die erste Stufe (1) geleitet und mit einer
Suspension (5a), die ZnS0
3, ZnO und ZnS enthält, im Gegenstrom in Kontakt gebracht. Dabei laufen die folgenden
chemischen Reaktionen ab, wobei der benötigte Sauerstoff dem Abgas entnommen wird:

Im Sumpf (1 b) der ersten Stufe (1) fällt dabei eine Suspension (8) an, die ZnS, ZnS0
4 und ZnS0
3 enthält. Diese Suspension (8) wird aus dem Sumpf (1b) der ersten Stufe (1) aus der
Kolonne (11) abgeführt. Ein Teil (8b) dieser Suspension (8) wird über eine Pumpe (13)
dem Kopf (1a) der ersten Stufe (1) zugeführt und erneut mit dem S0
2 und H
2S enthaltenden Abgas (4) im Gegenstrom in Kontakt gebracht. Der andere Teil (8a) der
Suspension (8) wird über den Dreiwegehahn (12) aus dem System abgeführt und entweder
durch Zusatz von H
2S0
4 oder Cl
2 aufgearbeitet. Das von S0
2 und H
2S abgereicherte Abgas (9) wird am Kopf (1a) der ersten Stufe (1) abgeführt und über
dem Sumpf (2b) der zweiten Stufe (2) zugeführt. In der zweiten Stufe (2) wird das
von S0
2 und H
2S abgereicherte Abgas (9) mit einer zweiten Suspension (6), die ZnO enthält und mit
einer dritten Suspension (5b), die ZnO, ZnS0
3 und ZnS enthält, im Gegenstrom in Kontakt gebracht. Als dritte Suspension (5 b) wird
dabei ein Teil der im Sumpf (2 b) der zweiten Stufe (2) anfallenden Suspension (5)
verwendet. Vor der Einspeisung der zweiten Suspension (6) und der dritten Suspension
(5b) in die zweite Stufe (2) werden die Suspensionen (6) und (5b) über eine Mischstelle
(7) miteinander vermischt. In der zweiten Stufe (2) reagieren die Schadstoffe H
2S und S0
2 mit dem ZnO nach den folgenden Reaktionsgleichungen:

[0015] Der andere Teil (5a) der Suspension (5) wird über den Dreiwegehahn (3) abgeführt
und am Kopf (1a) in die erste Stufe (1) eingespeist. Das Reingas (10) wird am Kopf
(2a) aus der zweiten Stufe abgeführt.
[0016] Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines Beispiels näher beschrieben.
Beispiel
[0017] 700 m
3/h eines Abgases (4), das 980 mg/Nm
3 tr. S0
2 und 300 mg/Nm
3 tr. H
2S enthält, werden einer ersten Stufe (1), die als eine geordnete Waschsäule ausgebildet
ist, zugeführt und im Gegenstrom mit 5 m
3/h einer ersten Suspension (5a), die 62,7 g/I ZnS0
3, 85,5 g/I ZnO und 0,3 g/I ZnS enthält, in Kontakt gebracht. In der ersten Stufe (1)
beträgt der mittlere pH-Wert 2,0. Die Berieselungsdichte beträgt in der ersten Stufe
(1) 40 m
3/(m
2.h). Von der im Sumpf der ersten Stufe (1) anfallenden Suspension (8), die 34,3 g/I
ZnS und 0,9 g/I ZnS0
3 und 135,9 g/1 ZnS0
4 enthält, werden 60 Vol-% abgeführt und erneut am Kopf (1a) der ersten Stufe (1) mit
dem Abgas im Gegenstrom in Kontakt gebracht. 40 Vol-% der im Sumpf (1b) der ersten
Stufe (1) anfallenden Suspension (8) werden aus dem System abgeführt und durch Zugabe
von H
2S0
4 aufgearbeitet. Das an S0
2 und H
2S abgereicherte Abgas (9), das einen S0
2-Gehalt von 850 mg/Nm
3 tr. und einen H
2S-Gehalt von 200 mg/Nm
3 tr. aufweist, wird dem Sumpf (2 b) der zweiten Stufe (2) zugeführt. Diese zweite
Stufe (2) ist ebenfalls als geordnete Waschsäule ausgebildet. Das an S0
2 und H
2S abgereicherte Abgas (9) wird in der zweiten Stufe mit 5 m
3/h einer Suspension (6), die 117 g/I ZnO enthält und mit 4,8 m
3/h einer dritten Suspension (5 b), die 62,7 g/I ZnS0
3, 85,5 g/I ZnO und 0,3 g/I ZnS enthält und die der im Sumpf (2 b) der zweiten Stufe
(2) anfallenden Suspension (5) entnommen wird, im Gegenstrom in Kontakt gebracht.
Der mittlere pH-Wert der zweiten Stufe liegt zwischen 5,0 und 5,5. Die Berieselungsdichte
in der zweiten Stufe (2) beträgt 40 m
3/(m
2.h). Die verbleibenden 5 m
3/h der im Sumpf (2 b) der zweiten Stufe (2) anfallenden Suspension (5) werden aus
der zweiten Stufe (2) abgeführt und als erste Suspension (5 a) in die erste Stufe
(1) am Kopf (1 a) eingespeist. Das am Kopf (2a) der zweiten Stufe (2) abgeführte Reingas
(10) hat einen S0
2 -Gehalt von 70 mg/Nm
3 tr. und einen H
2S-Gehalt von 1 mg/Nm
3 tr. (tr = trocken).
[0018] Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren werden somit die Grenzwerte der TA Luft vom 27.2.1986
für H
2S (5 mg/Nm
3) und S0
2 (500 mg/Nm
3) relativ weit unterschritten.
1. Verfahren zur simultanen Entfernung von S02 und H2S aus Abgasen, dadurch gekennzeichnet, daß das S02 und H2S enthaltende Abgas (4) in einer ersten Stufe (1) mit einer ersten Suspension (5a),
die 60 bis 95 g/I ZnS03 und 80 bis 90 g/1 ZnO und 0,1 bis 1,0 g/I ZnS enthält, im Gegenstrom in Kontakt gebracht
wird, wobei 40 bis 60 Vol-% der im Sumpf (1 b) der ersten Stufe (1) anfallenden Suspension
(8), die 20 bis 35 g/I ZnS und 130 bis 145 g/I ZnS04 und 0,1 bis 8 g/I ZnS03 enthält, aus dem Sumpf (1b) der ersten Stufe (1) abgezogen und erneut kontinuierlich
am Kopf (1a) der ersten Stufe (1) in die erste Stufe (1) eingespeist werden, daß das
in der ersten Stufe (1) von S02 und H2S abgereicherte Abgas (9) am Kopf (1a) der ersten Stufe (1) abgezogen und in einer
zweiten Stufe (2) mit einer zweiten Suspension (6), die 80 bis 150 g/I ZnO enthält,
und mit einer dritten Suspension (5b), die 60 bis 95 g/I ZnS03 und 80 bis 90 g/1 ZnO und 0,1 bis 1,0 g/I ZnS enthält, im Gegenstrom in Kontakt gebracht
wird, wobei als dritte Suspension (5 b) 40 bis 60 Vol-% der im Sumpf (2 b) der zweiten
Stufe (2) anfallenden Suspension (5), die 60 bis 95 g/I ZnS03 und 80 bis 90 g/I ZnO und 0,1 bis 1,0 g/I ZnS enthält, aus dem Sumpf (2b) der zweiten
Stufe (2) abgezogen und erneut kontinuierlich am Kopf (2a) der zweiten Stufe (2) in
die zweite Stufe (2) eingespeist werden, daß als erste Suspension (5 a) 60 bis 40
Vol-% der im Sumpf (2 b) der zweiten Stufe (2) anfallenden Suspension (5) am Kopf
(1a) der ersten Stufe (1) eingespeist werden und daß das Reingas (10) am Kopf (2a)
der zweiten Stufe (2) abgeführt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als erste Stufe (1) und/oder
als zweite Stufe (2) geordnete Waschsäulen verwendet werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die zweite Stufe
(2) auf der ersten Stufe (1) innerhalb einer Trennkolonne (11) angeordnet ist.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß ein Teil
der im Sumpf der ersten Stufe (1) anfallenden Suspension (8) aus der ersten Stufe
(1) abgeführt wird und mit 48 bis 97%iger H2S04 bis zu einem pH-Wert von 0,6 bis 1,0 versetzt wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß ein Teil
der im Sumpf der ersten Stufe (1) anfallenden Suspension (8) aus der ersten Stufe
(1) abgeführt wird und mit Cl2 bis zu einem pH-Wert von 1,3 bis 1,8 versetzt wird.