[0001] Die Erfindung betrifft einen Rollstuhl für Behinderte mit einer um eine horizontale
erste Drehachse bewegbaren und feststellbaren Sitzfläche und einer niedriger angeordneten,
gegenüber der Sitzfläche horizontal versetzten und um eine weitere horizontale Achse
bewegbaren und feststellbaren Fuß-Stützfläche.
[0002] Ein solcher Rollstuhl ist aus der DE-PS 25 58 669 bekannt. Dort ist ein Rollstuhl
mit universellen Verstellmöglichkeiten gezeigt, der eine kippbare und in der Höhe
verstellbare Sitzschale und eine in ihrer Lage gegenüber der Sitzschale veränderbare
Fußstütze aufweist, so daß die Füße des Benutzers in den verschiedensten Stellungen
fixiert werden können.
[0003] Aus der US-PS 3 902 758 ist ein Rollstuhl mit einer Fußstütze und einer Beinstütze
bekannt. Diese Stützen können zwar so bewegt werden, daß ein abwechselnder Gebrauch
einer Stütze durch die jeweils andere Stütze nicht behindert wird, jedoch ist es nicht
möglich, den Sitz zu verstellen und die Fuß- bzw. Beinstütze in einer benutzerspezifischen
Position festzustellen.
[0004] Aufgabe der Erfindung ist es, einen Rollstuhl für Behinderte derart weiterzubilden,
daß der Benutzer des Rollstuhls nicht ausschließlich an die sitzende Haltung gebunden
ist.
[0005] Diese Aufgabe wird bei dem Rollstuhl der eingangs genannten Art erfindungsgemäß dadurch
gelöst, daß die Sitzfläche und die Fuß-Stützfläche aus einer ersten, etwa waagerechten
Position (Sitzstellung) mit einem vertikalen Abstand in eine zweite Position (Kniestellung)
bewegbar sind, in der die Sitzfläche nach vorne unten und die Fuß-Stützfläche nach
vorne oben aufeinander zu geneigt sind und der vertikale Abstand zwischen beiden verringert
ist, und in der die Fuß-Stützfläche der Abstützung der Schienbeine bzw. Knie dient.
[0006] In einer alternativen Ausführungsform wird die Aufgabe bei einem Rollstuhl der eingangs
genannten Art dadurch gelöst, daß eine zusätzliche feststellbare Knie-Stützfläche
vorgesehen ist, die zur Abstützung der Schienbeine bzw. Knie dient und die bei Nichtbenutzung
in eine Ruheposition bewegt werden kann, die eine ungehinderte Nutzung der Fuß-Stützfläche
erlaubt, und daß die Sitzfläche aus einer ersten, etwa waagerechten Positon (Sitzstellung)
in eine zweite Position (Kniestellung) bewegbar ist, in der die Sitzfläche nach vorne
unten und die zusätzlich vorhandene Knie-Stützfläche nach vorne oben aufeinander zu
geneigt sind.
[0007] Die Vorteile der Erfindung liegen insbesondere darin, daß der Benutzer den Rollstuhl
wahlweise sowohl in sitzender wie auch in kniender Haltung benutzen kann und somit
Abwechslung gegeben ist. In der knienden Position wird die gerade Haltung des Oberkörpers
durch Verlagerung des Körpergewichtes von der Sitzfläche auf die Knie-Stützfläche
unterstützt und dadurch die Wirbelsäule entlastet, so daß die Gefahr von Folgeschäden
durch die einseitige Belastung der Wirbelsäule durch die bisher einzige mögliche Sitzposition
deutlich verringert wird. Weiterhin wird durch die kniende Haltung der Bewegungsspielraum
für den Oberkörper erweitert, so daß Tätigkeiten, die in einer sitzenden Haltung gar
nicht oder nur sehr mühsam zu bewältigen waren, jetzt auch aus dem Rollstuhl heraus
möglich bzw. sehr viel einfacher zu bewältigen sind.
[0008] Es ist zwar bereits ein sogenannter Aktivsessel bekannt (DE-Z:: Med. Orth. Technik,
109 (1989), H. 6, S. 239 bis 244), der dem Benutzer eine kniende Haltung ermöglicht
und dessen Sitzfläche und Kniestützfläche relativ zueinander in Abstand und Neigung
stufenweise verstellt werden können. Nachteilig bei diesem Aktivsessel ist jedoch,
daß es sich hierbei nicht um einen Rollstuhl handelt; somit ist ein solcher Aktivsessel
für Behinderte, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, nicht verwendbar. Darüber
hinaus läßt sich dieser Aktivsessel von der Knieposition nicht in eine konventionelle
Sitzposition verstellen.
[0009] Demgegenüber ist es bei dem erfindungsgemäßen Rollstuhl für Behinderte möglich, die
Sitzfläche und die zur Stützung der Knie verwendete Stützfläche unabhängig voneinander
in ihrer Neigung zu verändern. Dadurch kann auch bei Rollstühlen, die von verschiedenen
Personen benutzt werden (z.B. in Krankenhäusern), für jeden Benutzer eine möglichst
bequeme und an seine Anforderungen angepasste Kniestellung eingestellt werden.
[0010] Gemäß einer weiteren Ausführungsform sind die Sitzfläche und die zur Stützung der
Knie verwendete Stützfläche durch einen Schwenkmechanismus gemeinsam verstellbar.
Dadurch ist es möglich, den Rollstuhl mit einem sehr geringen Aufwand aus der Sitzposition
in eine einmal vordefinierte Knieposition umzustellen.
[0011] Die Sitzfläche und die zur Stützung der Knie verwendete Stützfläche können wahlweise
durch Muskelkraft oder durch elektrische Antriebe verfahren werden. Dadurch wird es
möglich, die Verstellmöglichkeit weitestgehend an die Bedürfnisse des Benutzers anzupassen,
die je nach Umfang und Schwere der Behinderung sehr unterschiedlich sein können. Weiterhin
können bereits vorhandene Rollstühle entsprechend umgerüstet werden, da für Rollstühle,
die durch Muskelkraft angetrieben werden, ebenfalls eine Verstellung der Sitz- und
Stützfläche durch Muskelkraft erforderlich ist bzw. bei elektrisch angetriebenen Rollstühlen
eine Spannungsquelle für das Verfahren der Sitzfläche und der Stützfläche ohnehin
zur Verfügung steht.
[0012] In einer vorteilhaften Ausführungsform sind die Sitzfläche und die zur Stützung der
Knie verwendete Stützfläche drehbar gelagert und werden durch Drahtspanner in ihrem
Neigungswinkel verändert. Auf diese Art und Weise lassen sich bereits vorhandene Rollstühle
in einfacher Form und kostengünstig umrüsten. Trotzdem wird eine ausreichende Funktionssicherheit
erzielt, da die Drahtspanner sich auch unter Last nicht selbsttätig verstellen.
[0013] In einer weiteren Ausführungsform ist die zur Stützung der Knie verwendete Stützfläche
wenigstens an einer Seite gepolstert. Durch die Polsterung wird zum einen der Sitzkomfort
beträchtlich erhöht, zum anderen wird dadurch die Belastung der Haut bei längerem
Verweilen in der Kniestellung verringert.
[0014] Die Fuß-Stützfläche kann aus dem Fußbereich herausbewegt werden, um das Aufstehen
aus dem Rollstuhl zu erleichtern. Dies wird insbesondere durch eine Fuß-Stützfläche
erreicht, die längs zur Fahrtrichtung in der Mitte geteilt ist, und deren beide Einzelflächen
hochgeklappt werden können. Dadurch entfällt für den Benutzer die beim Aufstehen sonst
vorhandene Stufe. Es ist dann vielmehr möglich, daß der Benutzer seine Füße unmittelbar
auf den Boden setzen und so problemlos den Rollstuhl verlassen kann.
[0015] Die Rückenlehne kann nach hinten abgeklappt werden, um so den Bewegungsspielraum
des Oberkörpers in der Knieposition noch weiter zu erhöhen.
[0016] Im folgenden werden zwei Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand der Zeichnungen
näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 eine Seitenansicht eines Rollstuhles mit Sitzfläche, Fuß-Stützfläche und Verstellvorrichtungen;
Fig. 2 eine Rückansicht des Rollstuhles nach Fig. 1;
Fig. 3 eine Seitenansicht eines anderen Rollstuhles mit Sitzfläche, Fuß-Stützfläche
und Knie-Stützfläche; und
Fig. 4 eine Rückansicht des Rollstuhles nach Fig. 3.
[0017] Der Rollstuhl nach den Figuren 1 und 2 weist eine Sitzfläche 1 und eine der Sitzfläche
1 gegenüber horizontal versetzte Fuß-Stützfläche 2 auf. Die Fuß-Stützfläche 2 ist
in Drehlagern 7 schwenkbar gelagert und kann aus der Sitzposition, in der sie im wesentlichen
waagerecht liegt, in eine (gestrichelt gekennzeichnete) Knieposition 2' bewegt werden,
in der der Benutzer des Rollstuhles sich mit den Knien bzw. Schienbeinen darauf abstützen
kann. In der Knieposition ist die Sitzfläche 1 um eine erste Drehachse 8 aus der etwa
waagerechten Position in eine Position 1' bewegt, die ein bequemes Knien erlaubt und
in der der vertikale Abstand a (Sitzposition) auf den vertikalen Abstand a' in der
Knieposition verringert ist. In den Figuren 1 und 2 sind zur Verstellung der Sitzfläche
1 und der Fuß-Stützfläche 2 in ihrer Länge verstellbare Drahtspanner 5, 5'; 6, 6'
vorgesehen, mit denen die Neigung der Flächen 1, 1'; 2, 2' eingestellt werden kann.
Eine zweite Drehachse 9 gestattet es, die Rückenlehne 4 nach hinten zu klappen, um
mehr Bewegungsfreiheit für den Oberkörper zu erlangen.
[0018] Der Rollstuhl nach den Figuren 3 und 4 weist eine Sitzfläche 1, 1', Fuß-Stützflächen
2a, 2b und eine zusätzliche Knie-Stützfläche 3, 3' auf. Die Knie-Stützfläche 3 kann
um eine dritte Drehachse 10 in eine Kniestellung 3' geschwenkt werden, in der sie
ebenfalls so zu der Sitzfläche 1, 1' hin geneigt ist, daß ein bequemes Knien möglich
ist. In der Sitzposition ist die Knie-Stützfläche 3 in eine Position geschwenkt, in
der sie eine ungehinderte Benutzung der Fuß-Stützflächen 2a, 2b zuläßt. Gleichzeitig
kann die Rückenlehne 4 um die zweite Drehachse 9 wiederum nach hinten geklappt werden,
um den Bewegungsspielraum des Oberkörpers zu vergrößern. Zusätzlich ist es bei dem
Rollstuhl gemäß Fig. 3 und 4 möglich, die längs zur Fahrtrichtung mittig geteilte
Fuß-Stützfläche 2a, 2b, deren Teile an Klapplagern 11 befestigt sind, aus dem Fußbereich
herauszuklappen.
[0019] Die in den Figuren 1 - 4 dargestellten Flächen 2, 2'; 3, 3' zur Stützung der Knie
können mit einer (nicht dargestellten) Polsterung versehen sein. Außerdem können die
in den Figuren 1 - 4 dargestellten Ausführungsformen auch mit einem Schwenkmechanismus
(nicht dargestellt) ausgestattet werden, der über einen seitlich neben der Sitzfläche
angebrachten Hebel betätigt wird und die Neigung der Sitzfläche 1, l' und der zur
Stützung der Knie verwendeten Fläche 2, 2'; 3, 3' gleichzeitig verändert.
[0020] Die verschiedenen Ausführungsformen der Schwenkmechnismen zur Verstellung der Neigung
der Sitz- und Stützflächen können anstelle eines Antriebes durch Muskelkraft über
elektrisch betriebene Stellmotoren (nicht dargestellt) angetrieben werden, die ebenfalls
eine getrennte oder eine gemeinsame Verstellung des Neigungswinkels zulassen.
1. Rollstuhl für Behinderte mit einer um eine horizontale erste Drehachse (8) bewegbaren
und feststellbaren Sitzfläche (1, 1') und einer niedriger angeordneten, gegenüber
der Sitzfläche horizontal versetzten und um eine weitere horizontale Achse (7) bewegbaren
und feststellbaren Fuß-Stützfläche (2, 2'),
dadurch gekennzeichnet, daß die Sitzfläche (1) und die Fuß-Stützfläche (2) aus einer
ersten, etwa waagerechten Position (Sitzstellung) mit einem vertikalen Abstand (a)
in eine zweite Position (Kniestellung) bewegbar sind, in der die Sitzfläche (1') nach
vorne unten und die Fuß-Stützfläche (2') nach vorne oben aufeinander zu geneigt sind
und der vertikale Abstand zwischen beiden verringert ist (a') und in der die Fuß-Stützfläche
(2') der Abstützung der Schienbeine bzw. der Knie dient (Fig. 1, 2).
2. Rollstuhl für Behinderte mit einer um eine horizontale erste Drehachse (8) bewegbaren
und feststellbaren Sitzfläche (1, 1') und einer niedriger angeordneten, gegenüber
der Sitzfläche horizontal versetzten Fuß-Stützfläche (2a, 2b), dadurch gekennzeichnet,
daß eine zusätzliche feststellbare Knie-Stützfläche (3, 3') vorgesehen ist, die zur
Abstützung der Schienbeine bzw. der Knie dient und die bei Nichtbenutzung in eine
Ruheposition (3) bewegt werden kann, die eine ungehinderte Nutzung der Fuß-Stützfläche
(2a, 2b) erlaubt, und daß die Sitzfläche (1) aus einer ersten, etwa waagerechten Position
(Sitzstellung) in eine zweite Position (Kniestellung) bewegbar ist, in der die Sitzfläche
(1') nach vorne unten und die zusätzlich vorhandene Knie-Stützfläche (3') nach vorne
oben aufeinander zu geneigt sind (Fig. 3, 4).
3. Rollstuhl nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, daß die Sitzfläche (1, 1') und die zur Stützung der Knie verwendete
Stützfläche (2, 2'; 3, 3') unabhängig voneinander in ihrer Neigung veränderbar sind.
4. Rollstuhl nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, daß die Sitzfläche (1, 1') und die zur Stützung der Knie verwendete
Stützfläche (2, 2'; 3, 3') durch einen Schwenkmechanismus gemeinsam verstellbar sind.
5. Rollstuhl nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Sitzfläche
(1, 1') und die zur Stützung der Knie verwendete Stützfläche (2, 2'; 3, 3') durch
Muskelkraft oder durch elektrische Antriebe verfahren werden können.
6. Rollstuhl nach Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet, daß die Sitzfläche (1, 1') und die zur Stützung der Knie verwendete
Stützfläche (2, 2'; 3, 3') drehbar gelagert sind und durch Drahtspanner (5, 5'; 6,
6') in ihrem Neigungswinkel verändert werden können.
7. Rollstuhl nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die zur
Stützung der Knie verwendete Stützfläche (2, 2'; 3, 3') wenigstens an einer Seite
gepolstert ist.
8. Rollstuhl nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Fuß-Stützflä
che (2, 2a, 2b) aus dem Fußbereich heraus bewegt werden kann, um das Aufstehen aus
dem Rollstuhl zu erleichtern.
9. Rollstuhl nach Anspruch 8,
dadurch gekennzeichnet, daß die Fuß-Stützfläche (2, 2a, 2b) längs zur Fahrtrichtung
in der Mitte geteilt ist, und die beiden Einzelflächen (2a, 2b) hochgeklappt werden
können, um ein Aufstehen aus dem Rollstuhl zu erleichtern.
10. Rollstuhl nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß die Rückenlehne
(4) nach hinten abgeklappt werden kann.