[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Pulverbeschichten von Metalloberflächen
nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Solche Verfahren werden beispielsweise zum Beschichten
von Metallteilen im Fahrzeugbau, im Maschinenbau, bei Gehäusen für Haushalts- und
andere Geräte, für Metallmöbel und -regale oder auch für Spielzeug eingesetzt.
[0002] Bei der Herstellung dieser Metallteile wird meist von einem als "Coil" gewickelten
Blech ausgegangen, das zum Schutz vor Korrosion während Transport und Lagerung geölt,
lackiert oder auf andere Weise beschichtet ist ("coil coating"). Das Blech wird vom
Coil abgespult und durch Sägen, Stanzen, Bohren, Falzen und Kanten zu dem gewünschten
Produkt verarbeitet. Dabei dient die Öl- oder Lackbeschichtung auch als Gleit- und
Trennmittel zwischen Werkzeug und Werkstück (Blech).
[0003] Wenn von einem geölten Coil ausgegangen wird, so erfolgt abschließend noch ein Lackieren
oder Beschichten zum Schutz vor Korrosion und um den Teilen die gewünschte Farbe zu
geben. Beim Naß-Lackieren wird dazu eine lösungsmittelhaltige Farbe verwendet. Mit
der Verdunstung des Lösungsmittels ist jedoch meist eine erhebliche Umweltbelastung
verbunden. Diese kann bei der Anwendung eines elektrostatischen Pulverbeschichtungsverfahrens
vermieden werden.
[0004] Ein solches Verfahren ist in DE-A-38 38 928 beschrieben. Dabei wird elektrostatisch
aufgeladenes Pulver auf die zu beschichtende Fläche aufgesprüht, wo es aufgrund der
elektrostatischen Anziehungskräfte haften bleibt. Als Pulver eignen sich thermoplastische
Kunststoffe wie beispielsweise Polyester oder Epoxidharze oder auch eine Mischung
daraus. Die Pulverschicht wird durch Erhitzen zu einer viskosen Masse verschmolzen,
die auf dem Metall gut haftet und eine glatte Oberfläche ergibt. Beim Abkühlen härtet
die Beschichtung aus.
[0005] Um eine einwandfreie Oberfläche zu erhalten, ist bei dem konventionellen Verfahren
ein vorhergehendes Entölen der Metallteile für unerläßlich gehalten worden. Dazu sind
jedoch Wasch- und Lösungsmittel notwendig, die ebenfalls eine Umweltbelastung darstellen.
Außerdem ist dieser Arbeitsschritt mit erheblichen Kosten verbunden. Sie entstehen
nicht nur durch die erforderliche Anlage, sondern insbesondere auch durch die Heizenergie,
die notwendig ist, um die mit Lösungs- oder Waschmittel benetzten Metallteile zu trocknen.
Ohne eine solche Trocknung wäre eine hohe Produktionsleistung jedoch nicht möglich.
[0006] Diese Probleme werden bei der Verwendung eines lackierten bzw. beschichteten statt
eines geölten Coils vermieden. Damit sind jedoch andere erhebliche Nachteile verbunden.
So lassen sich beispielsweise nur mit großem Lageraufwand Produkte in einer großen
Zahl verschiedener Farben herstellen. Ein Wechsel der Farbe erfordert immer auch den
aufwendigen Wechsel eines Coils an der Produktionsstraße. Andererseits fällt eine
Farbe an verschiedenen Coils oft unterschiedlich aus, insbesondere, wenn diese von
verschiedenen Zulieferern bezogen wurden.
[0007] Weiterhin sind bei Verwendung vorlackierter oder vorbeschichteter Bleche die Kanten
der gesägten, gestanzten oder gebohrten Metallteile nicht beschichtet und damit anfällig
gegen Rost. Außerdem besteht bei der Handhabung dieser scharfkantigen Teile eine erhebliche
Verletzungsgefahr.
[0008] Diese Nachteile können vermieden werden, wenn wie oben beschrieben ein geölter Coil
verwendet wird und eine Beschichtung erst nach den mechanischen Verarbeitungsschritten
erfolgt. Die elektrostatische Pulverbeschichtung ist dabei besonders vorteilhaft,
da die elektrischen Feldlinien so gerichtet werden können, daß sich an den Kanten
des Werkstücks besonders viel Pulver anlagert. Die nach dem Aushärten entstehende
Kunststoffbeschichtung ist daher dort besonders dick und führt zu abgerundeten Ecken
und Kanten. Als wesentlicher Nachteil dieses Verfahrens verbleiben jedoch wie erwähnt
die mit dem Entölen verbundenen Kosten- und Umweltprobleme.
[0009] Daher ist es die Aufgabe der Erfindung, ein Pulverbeschichtungsverfahren anzugeben,
das eine umweltschonende und preisgünstige Massenfertigung erlaubt. Dabei soll ein
Rostschutz des Ausgangsmaterials beibehalten werden, die Farbe exakt wiederholbar,
aber ein einfacher Farbwechsel möglich sein.
[0010] Diese Aufgabe wird mit der in Anspruch 1 gekennzeichneten Erfindung gelöst.
[0011] Das erfindungsgemäße Pulverbeschichtungsverfahren geht von einer geölten Metalloberfläche
aus. Das Pulver wird direkt auf den Ölfilm aufgebracht. Ein Entölen des zu beschichtenden
Metallteils entfällt daher.
[0012] Die Erfindung ermöglicht es, Eisenwerkstoffe zu beschichten, die mit einem Ölfilm
als Korrosionsschutz und als Gleitmittel bei mechanischen Verarbeitungsschritten versehen
sind. Da eine Entfernung des Ölfilms nicht notwendig ist, ist das Verfahren preiswert
anzuwenden und umweltschonend.
[0013] Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich sowohl zur Beschichtung von Halbzeugen,
beispielsweise unbearbeitetem Flachmaterial oder Coils, als auch zur Beschichtung
von Teilen, die schon vollständig mechanisch bearbeitet sind. Der letzte Fall ist
vorzuziehen, wenn aus Gründen des Korrosionsschutzes und um eine mögliche Verletzungsgefahr
zu vermeiden, keine unbeschichteten Kanten zurückbleiben sollen.
[0014] Außerdem kann das Verfahren bei allen Metallen und Stahlsorten angewendet werden
und eignet sich ferner für Teile jeglicher Form, beispielsweise auch für Profile oder
Rohre.
[0015] Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.
[0016] Wird beim Heizvorgang wie in Anspruch 2 angegeben so viel Wärme zugeführt, daß das
Öl durch die Pulverschicht diffundiert und verdampft, so wird ein Einfluß des Öls
auf die Qualität beschichteten Oberfläche der Metallteile vermieden. Die notwendige
Wärmemenge (Temperatur und Dauer des Heizvorgangs) ist umso größer, je mehr Öl auf
die Metalloberfläche aufgetragen wurde und je schwerer flüchtig das Öl ist. Das verdampfte
Öl in der Abluft des Ofens kann verbrannt werden, wobei die entstehende Wärme zusätzlich
zur Ofenheizung verwendet wird.
[0017] Um eine einwandfreie Oberfläche zu erhalten, wird nach Anspruch 3 ein Öl verwendet,
das während des Heizvorgangs stabil bzw. beständig ist, solange es auf der Oberfläche
verbleibt. Dies schließt die Möglichkeit ein, daß einzelne Komponenten oder das gesamte
Öl während des Aufheizvorgangs durch die Pulverschicht diffundieren und verdampfen
oder daß Teile oder auch die gesamte Ölmenge während des Heizvorgangs auf dem Werkstück
verbleiben und sich mit der Pulverschicht mischen. Wäre das Öl auf der Werkstückoberfläche
im Brennofen instabil und würde es beispielsweise verbrennen, so würde die Farbe der
Kunststoffbeschichtung stark vom Öl und insbesondere von den Umwandlungsprozessen
des Öls unter Temperatureinwirkung beeinflußt. Geringste lokale Temperaturschwankungen
im Brennofen würden zu einer ungleichmäßigen Struktur und Farbe der Oberfläche führen.
Dies wird mit einem Öl, das die in Anspruch 3 angegebene Bedingung erfüllt, zuverlässig
vermieden.
[0018] Verfärbt sich das Öl gemäß Anspruch 4 während des Heizvorgangs nicht, so haben geringe
unvermeidbare Schwankungen der Temperatur und der Dauer des Heizvorgangs keinen Einfluß
auf die Farbe des Produkts.
[0019] Die Ausgestaltung nach Anspruch 5 hat den Vorteil, daß das elektrostatisch aufgetragene
Pulver möglichst vollständig auf der Werkstückoberfläche haften bleibt und in der
Beschichtungskabine wenig Pulver abfällt, das zur wirtschaftlichen Pulverausnutzung
rückgeführt werden muß.
[0020] Eine sowohl farblich als auch bezüglich Dicke und Struktur besonders gleichmäßige
Oberflächenbeschichtung wird erzielt, wenn gemäß Anspruch 6 die Flächendichte des
Ölfilms kleiner als ca. 3 g/m², vorzugsweise ca. 0,3 bis 1,5 g/m², beträgt und die
Kunststoffbeschichtung mindestens ca. 50 µm, vorzugsweise ca. 50µm bis hinauf zu ca.
80µm, dick ist. Diese Werte ergeben auch einen ausgezeichneten Korrosionsschutz bei
Lagerung und Transport des Halbzeugs und garantieren bei der mechanischen Verarbeitung
ausreichende Gleit- und Trenneigenschaften. Sie stellen auf diese Weise sicher, daß
Werkzeug und Werkstück geschont werden.
[0021] Bei der Ausgestaltung nach Anspruch 7 ergibt sich ein besonders wirksamer Korrosionsschutz
und es wird verhindert, daß Rost unter die Pulverbeschichtung kriechen kann. Bei konventionellen
Pulverbeschichtungsverfahren, bei denen die Ölschicht entfernt wird, geschieht dies
mit phosphathaltigen und/oder alkalischen Waschmitteln. Dadurch verbleibt nach dem
Trocknen auf der Werkstückoberfläche eine Phosphatschicht, die einen ausgezeichneten
Korrosionsschutz darstellt. Um auch bei der vorliegenden Erfindung die Korrosionsschutzeigenschaften
eines Phosphatfilms zu nutzen, wird gemäß Anspruch 7 eine solche Schicht zusätzlich
vor, nach oder zusammen mit dem Öl, jedoch vor dem Pulverbeschichten, aufgebracht.
[0022] Ein Ölfilm, der gemäß Anspruch 8 auf der Oberfläche der ausgehärteten Beschichtung
zurückbleibt, stellt einen ausgezeichneten Gleitfilm bei weiteren mechanischen Verarbeitungsschritten
dar. Zu diesem Zweck muß genug Öl aufgetragen werden, und die vom Ofen zugeführte
Wärme muß niedrig genug sein, damit noch Öl auf der Werkstückoberfläche zurückbleibt.
[0023] Die Ergebnisse von Versuchsreihen, mit denen besonders bevorzugte Ausgestaltungen
des erfindungsgemäßen Verfahrens ermittelt wurden, sind in den Tabellen 1 und 2 zusammengefaßt.
Bei den Versuchsreihen wurden Stahl-Probeplatten des Typs R der Firma Q-Panel beölt,
elektrostatisch mit Pulver beschichtet und durch einen Einbrennofen geführt. Die beschichteten
Probeplatten wurden unter einem Mikroskop hinsichtlich ihrer optischen Qualität beurteilt
und zur Ermittlung der Lackhaftung einer Tiefungsprüfung nach DIN ISO 1520 unterworfen.
[0024] Bei allen Versuchen wurde ein Pulver aus einer Polyester-Epoxidherz-Mischung verwendet,
das so aufgetragen wurde, daß die Lackschicht nach dem Aushärten eine Dicke von etwa
70 bis 80 µm hatte.
[0025] Tabelle 1 stellt das Ergebnis der optischen Beurteilung der gehärteten Lackschicht
dar. Die Versuche wurden mit verschiedenen Ölen durchgeführt, die mit ihrer Handelsbezeichnung,
dem Hersteller, der Angabe des Basisöls und der jeweiligen Viskosität bei 40°C angegeben
sind. Die rechten fünf Spalten der Tabelle 1 beziehen sich auf unterschiedliche aufgetragene
Ölmengen, wobei Flächendichten von 0,5 bis 2,5 g/m² in Schritten von 0,5 g/m² untersucht
wurden. Die Tabelle enthält das Symbol "x", wenn das jeweilige Öl bei der angegebenen
Ölmenge zur Bildung von sichtbaren Ölinseln bzw. Öleinschlüssen in der Lackschicht
geführt hat. Die Lackschicht macht dann einen "vernarbten" Eindruck. Eine optisch
einwandfreie Oberfläche ist mit dem Symbol "o" gekennzeichnet.
[0026] Tabelle 1 zeigt, daß sich eine hohe optische Qualität der lackierten Platte dann
ergibt, wenn die Flächendichte des Öls maximal 2,0 g/m² beträgt und die Viskosität
des aufgetragenen Öls bei 40°C unter 40 mm²/s liegt, d.h. wenn das Öl sehr dünnflüssig
ist. Ein dünnflüssiges Öl hat den Vorteil, daß es sich besonders gleichmäßig auftragen
läßt und ferner im Einbrennofen besonders leicht durch die Pulverschicht diffundiert
und sich verflüchtigt. Dies gilt insbesondere, wenn die aufgetragene sehr gering ist.
Bei einer Flächendichte von 0,5 g/m² ergeben sich für nahezu jedes Öl optisch einwandfreie
Oberflächen.
[0027] Die optische Qualität der Oberfläche ist unabhängig davon, ob das Öl auf Mineralölbasis
oder auf Basis eines Pflanzlichen Öls, beispielsweise eines Rapsöls, hergestellt wurde.
[0028] Tabelle 2 zeigt die Ergebnisse der Tiefungsprüfung nach DIN ISO 1520, mit der die
Haftung der Lackschicht gemessen wurde. Bei der Tiefungsprüfung wird die Probeplatte
durch einen Stempel deformiert und die Tiefe der Deformation, bei der die Lackschicht
reißt, notiert. Bei guter Lackhaftung werden hohe Werte erreicht.
[0029] In Tabelle 2 sind verschiedene Öle und die Verweildauer im Einbrennofen aufgeführt.
Die rechten fünf Spalten sind wie in Tabelle 1 nach der aufgetragenen Ölmenge geordnet.
Die Tabelle enthält die Werte der Deformation in mm, bei denen eine Rißbildung auftrat.
Die Ofentemperatur betrug stets 180°C. Diese Temperatur wurde von den Probeplatten
nach einer Verweilzeit von 14 min erreicht. Die Tiefungswerte wurden jeweils nach
einer Verweildauer von 14, 16 und 18 min gemessen. Außerdem wurden zum Vergleich Probeplatten
untersucht, die vor den Versuchen auf konventionelle Weise vollständig entfettet wurden
("unbeölte Probeplatten").
[0030] Tabelle 2 zeigt, daß der Tiefungswert bei 5,0 mm oder darüber liegt, was einer besonders
guten Lackhaftung entspricht, wenn die aufgetragene Ölmenge eine Flächendichte von
1,5 g/m² nicht überschreitet und eine ausreichende Verweildauer im Ofen eingestellt
wird.
[0031] Im vorliegenden Fall betrug bei einer Ofentemperatur von 180°C die ausreichende Verweildauer
18 min. Die den Probeplatten unter dieser Bedingung zugeführte Wärmemenge reicht aus,
um das Öl im wesentlichen durch die Pulverschicht difundieren und sich verflüchtigen
zu lassen.
1. Verfahren zur Pulverbeschichtung einer mit einem Ölfilm versehenen Metalloberfläche,
wobei die Pulverschicht durch einen Heizvorgang zum Schmelzen und anschließend durch
Abkühlen zum Aushärten gebracht wird, dadurch gekennzeichnet, daß das Pulver direkt
auf den Ölfilm der Metalloberfläche aufgebracht wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß beim Heizvorgang eine so große
Wärmemenge zugeführt wird, daß das Öl im wesentlichen durch die Pulverschicht diffundiert
und verdampft.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß ein Öl verwendet wird,
das während des Heizvorgangs beständig ist, soweit es auf der Metalloberfläche verbleibt.
4. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekenzeichnet, daß ein Öl verwendet wird,
das chemisch so beständig ist, daß es während des Heizvorgangs zu keiner Verfärbung
der Pulverbeschichtung führt.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Ölschicht
so dünn aufgetragen wird, daß die Haftung des elektrostatisch aufgetragenen Pulvers
nicht beeinträchtigt wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Flächendichte
des Ölfilms geringer ist als etwa 3 g/m² und vorzugsweise etwa 0,3 bis 1,5 g/m² beträgt,
und daß die Dicke der Kunststoffschicht nach dem Aushärten mehr als etwa 40 µm, vorzugsweise
etwa 50 bis 80 µm, beträgt.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß vor dem Pulverbeschichten
eine alkalische und/oder phosphathaltige Schicht aufgebracht wird.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß Rückstände
des Öls auf der ausgehärteten Kunststoff-Oberfläche einen dünnen Film bilden.