(19)
(11) EP 0 481 953 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
22.04.1992  Patentblatt  1992/17

(21) Anmeldenummer: 91890235.4

(22) Anmeldetag:  07.10.1991
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5D01F 6/74
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB GR IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 15.10.1990 AT 2077/90

(71) Anmelder: Lenzing Aktiengesellschaft
A-4860 Lenzing (AT)

(72) Erfinder:
  • Schobesberger, Claus
    A-4840 Vöcklabruck (AT)
  • Weinrotter, Klaus, Dipl.-Ing. Dr.
    A-4840 Vöcklabruck (AT)
  • Griesser, Herbert, Dr.
    A-4840 Vöcklabruck (AT)
  • Seidl, Sigrid, Dipl.-Ing. Dr.
    A-4863 Seewalchen (AT)

(74) Vertreter: Schwarz, Albin, Dr. 
Albertgasse 10/8 Postfach 224
A-1081 Wien
A-1081 Wien (AT)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Schwer entflammbare, hochtemperaturbeständige Polyimidfasern, sowie Verfahren zu ihrer Herstellung


    (57) Schwer entflammbare, hochtemperaturbeständige Polyimidfasern der allgemeinen Formel


    worin n eine ganze Zahl größer als 1 ist, A eine vierbindige aromatische Gruppe und R für mindestens eine zweibindige aromatische Gruppe steht, welche Polyimidfasern in unverstrecktem Zustand wärmebehandelt sind und beim Erhitzen auf eine Temperatur von 400°C einen Schrumpf von maximal 14% besitzen. Die erfindungsgemäßen Polyimidfasern werden hergestellt, indem zunächst Rohfasern aus einer Lösung des entsprechenden Polyimides in einem aprotischen organischen Lösungsmittel nach der Trockenspinnmethode gesponnen werden, welche Lösung gegebenenfalls Additive enthält, die erhaltenen Rohfasern zur Entfernung von Lösungsmittel mit Wasser gewaschen, die gewaschenen Rohfasern getrocknet, einer Wärmebehandlung bei einer Temperatur zwischen 315°C und 450°C unterzogen, abgekühlt und gegebenenfalls gekräuselt und zu Stapelfasern geschnitten werden, wobei es wesentlich ist, daß die erhitzten Rohfasern unverstreckt wärmebehandelt und abgekühlt werden.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft schwer entflammbare, hochtemperaturbeständige Polyimidfasern, sowie ein Verfahren zu ihrer Herstellung.

    [0002] Aromatische Polyimidfasern sind u.a. wegen ihrer ausgeprägten Thermostabilität und ihrer Schwerentflammarkeit begehrte Ausgangsmaterialien für die Herstellung hitzebeständiger Gewebe. Die Herstellung derartiger Fasern ist z.B. aus der US-PS 3,985,934 bekannt. Das Polyimid selbst wird z.B. durch Umsetzung von Benzophenon-3,3′,4,4′-tetracarbonsäuredianhydrid, 4,4′-Methylenbis-(phenylisocyanat) und 2,4- bzw. 2,6-Toluyldiisocyanat gewonnen; die Fasern werden insbesondere durch Naßspinnen hergestellt. Ein weiteres Verfahren zur Herstellung von aromatischen Polyimidfasern ist aus der AT-B 377.016 bekannt. Nach diesem Verfahren werden zunächst Rohfasern aus einer Lösung des entsprechenden Polyimides in einem aprotischen organischen Lösungsmittel nach der Trockenspinnmethode gesponnen, die erhaltenen Rohfasern zur Entfernung von Lösungsmittel mit Wasser gewaschen, die gewaschenen Rohfasern getrocknet, einer Wärmebehandlung bei einer Temperatur zwischen 315°C und 450°C unterzogen, während der Wärmebehandlung verstreckt, anschließend abgekühlt und gegebenenfalls gekräuselt und zu Stapelfasern geschnitten.

    [0003] Alle heute kommerziell erhältlichen aromatischen Polyimidfasern weisen amorphe Polymerstruktur auf und schrumpfen bei Hitzeeinwirkung, wobei der Faserschrumpf mit zunehmender Temperatur größer wird. Den größten Schrumpf entwickeln Polyimidfasern bei Temperaturen über dem Glasumwandlungspunkt, wobei in der Regel ein Schrumpf von 40% bei einer Temperatur von 320°C und von 50% bei einer Temperatur von 400°C beobachtet wird. In der österreichischen Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen A 495/88 werden Polyimidfasern mit einem noch höheren Schrumpf beschrieben.

    [0004] Bei verschiedenen Anwendungen für beispielsweise Isoliermatten, Transportbandauflagen und Feuerlöschdecken, die hohen Temperaturen mit Spitzenwerten über dem Glasumwandlungspunkt der Polyimidfasern ausgesetzt werden, kann ein Thermoschrumpf auftreten. Damit ist meist eine weitere Verwendung des Produktes nicht mehr möglich oder es können Folgeschäden durch Veränderungen am Produkt nicht ausgeschlossen werden.

    [0005] Die Erfindung stellt sich die Aufgabe, den Anwendungsbereich für Polyimidfasern in dieser Hinsicht zu erweitern, und schwer entflammbare, hochtemperaturbeständige Polyimidfasern zur Verfügung zu stellen, die auch bei hohen Temperaturen einen niedrigen Thermoschrumpf aufweisen. Diese Aufgabe wird gelöst durch Polyimidfasern der allgemeinen Formel


    worin n eine ganze Zahl größer als 1 ist, A eine vierbindige aromatische Gruppe, ausgewählt aus


    worin X für CO, CH₂, 0, S, CF₂ steht, bedeutet und R für mindestens eine der folgenden zweibindigen aromatischen Gruppen, ausgewählt aus


    steht, welche Polyimidfasern in unverstrecktem Zustand wärmebehandelt sind und beim Erhitzen auf eine Temperatur von 400°C einen Schrumpf von maximal 14 % besitzen.

    [0006] Eine bevorzugte Ausführungsform der erfindungsgemäßen Polyimidfasern ist dadurch gekennzeichnet, daß die Polyimidfasern Additive, vorzugsweise Farbstoffe, Ruß, Polytetrafluoräthylen oder Glimmer enthalten.

    [0007] Die erfindungsgemäßen Polyimidfasern können in Abwandlung des in der AT-B - 377.016 beschriebenen Verfahrens hergestellt werden, indem zunächst Rohfasern aus einer Lösung des entsprechenden Polyimides in einem aprotischen organischen Lösungsmittel vorzugsweise nach der Trockenspinnmethode gesponnen werden, welche Lösung gegebenenfalls Additive enthält, die erhaltenen Rohfasern zur Entfernung von Lösungsmittel mit Wasser gewaschen, die gewaschenen Rohfasern bis zu einer Feuchte von weniger als 5% Masse getrocknet, einer Wärmebehandlung bei einer Temperatur zwischen 315°C und 450°C unterzogen, abgekühlt und gegebenenfalls gekräuselt und zu Stapelfasern geschnitten werden, wobei das erfindungsgemäße Verfahren dadurch gekennzeichnet ist, daß die Rohfasern unverstreckt wärmebehandelt und abgekühlt werden. Die Auswaschung des Lösungsmittels erfolgt bei einer Temperatur zwischen 80 und 100°C, die Trocknung zwischen 120 und 300°C.

    [0008] Eine bevorzugte Variante dieses Verfahrens ist dadurch gekennzeichnet, daß die Rohfasern während der Wärmebehandlung bis zu 20 % ihrer Länge, vorzugsweise zwischen 15 und 20 %, schrumpfen ("relaxieren") gelassen werden. Die auf diese Weise hergestellten Polyimidfasern besitzen nicht nur geringen Thermoschrumpf, sondern auch hohe Festigkeit. Das ist insofern überraschend, da bei Chemiefasern üblicherweise eine Hochtemperaturverstreckung und keine Hochtemperaturschrumpfung angewandt wird, um die Faserfestigkeit zu erhöhen.

    [0009] Um die Fasern während der Wärmebehandlung unverstreckt zu erhalten oder einen Schrumpf zuzulassen, hat es sich als zweckmäßig erwiesen, die gewaschenen Rohfasern mit einer Geschwindigkeit zwischen 2 und 20 m/min einer Anlage, umfassend einen Trockner und eine Heizvorrichtung, zuzuführen und aus dieser Anlage mit einer Geschwindigkeit zwischen 1,6 und 20 m/min abzuziehen, wobei die Rohfasern in der Heizvorrichtung vorzugsweise auf eine Temperatur zwischen 330°C und 390°C erwärmt werden. Der Trockner kann als Siebtrommel- oder als Kalandertrockner ausgeführt sein. Als Heizvorrichtung haben sich beheizte Walzen, Heiztische oder Heißluftöfen ganz besonders bewährt. Die Wärmebehandlung kann ein- oder mehrstufig erfolgen.

    [0010] Die gewaschenen Rohfasern können in bekannter Weise vor dem Trocknen mit einem handelsüblichen Antistatikum voraviviert und nach der Wärmebehandlung nachaviviert werden.

    [0011] Die erfindungsgemäßen Polyimidfasern weisen beim Erwärmen bis 250°C einen Thermoschrumpf von weniger als 1% ihrer Länge auf. Bis 280°C schrumpfen sie maximal um 2% und bis 320°C maximal um 10%. Die Fasern haben weiters eine ausgezeichnete Thermostabilität und halten auf Dauer einer Temperaturbelastung bis 310°C stand. Weiters sind sie zwischen 70 und 160% dehnbar, sodaß sie einen ausgesprochen weiten Arbeitsbereich aufweisen. Ihr LOI-Wert (Limiting Oxygen Index) nach ASTM D-2863 beträgt über 36% O₂. Die Fasern sind unschmelzbar; der Zersetzungspunkt liegt über 450°C.

    [0012] Die nachfolgenden Beispiele sollen die Erfindung noch näher erläutern. Die Herstellung der Rohfasern kann sowohl nach der Naß- als auch nach der Trockenspinnmethode erfolgen. Die in den Beispielen beschriebenen Rohfasern wurden trocken gesponnen.

    Herstellung der Rohfasern



    [0013] Die Herstellung der Rohfasern kann nach dem in der AT-B-377.016 beschriebenen Trockenspinnverfahren erfolgen. Dazu wird Polyimid der allgemeinen Formel (I), in der R teilweise eine 4,4′-Bisphenylmethylen-Gruppe und teilweise eine 2,4- und 2,6-Toluylengruppe bedeutet, in Dimethylformamid gelöst. Anschließend wird das Gemisch durch Erhitzen auf 60°C in eine Spinnlösung übergeführt, unter Anwendung eines Unterdruckes entgast, filtriert und über eine Zahnradpumpe dem Spinnkopf eines Trockenspinnschachtes zugeführt. Die Verspinnung erfolgt über eine Lochdüse; die Lochform ist kreisrund. Das Spinngut ("Rohfaser") wird auf Spulen gesammelt. Auf diese Weise können Rohfasern mit verschiedenen Titern hergestellt werden.

    Beispiel 1



    [0014] Ein nach dem Trockenspinnverfahren hergestelltes Filamentfaserbündel mit einem Einzelfilamenttiter von 1,4 dtex wurde bei 97°C mit Wasser gewaschen, voraviviert, anschließend mit 20 m/min über einen Siebtrommeltrockner bei 210°C geführt und auf eine Restfeuchte von < 1 % getrocknet. Das Kabelband wurde anschließend über eine Heizwalze geführt, auf 330°C erhitzt, mit 16 m/min abgezogen, gekräuselt und zu Stapelfasern geschnitten.

    [0015] Daten der erhaltenen Faser:


    Beispiel 2



    [0016] Ein nach dem Trockenspinnverfahren hergestelltes Filamentfaserbündel mit einem Einzelfilamenttiter von 2,2 dtex wurde bei 96°C mit Wasser gewaschen, voraviviert, anschließend mit 2 m/min über einen Siebtrommeltrockner bei 120°C geführt und auf eine Restfeuchte von < 1 % getrocknet. Das Kabelband wurde anschließend über eine Heizwalze geführt, auf 315°C erhitzt, mit 2 m/min abgezogen, gekräuselt und zu Stapelfasern geschnitten.

    [0017] Daten der erhaltenen Faser:




    Beispiel 3



    [0018] Ein nach dem Trockenspinnverfahren hergestelltes Filamentfaserbündel mit einem Einzelfilamenttiter von 6,6 dtex wurde bei 80°C mit Wasser gewaschen, voraviviert, anschließend mit 10 m/min über einen Siebtrommeltrockner bei 300°C geführt und auf eine Restfeuchte von < 1 % getrocknet. Das Kabelband wurde anschließend über eine Heizwalze geführt, auf 390°C erhitzt, mit 8 m/min abgezogen, gekräuselt und zu Stapelfasern geschnitten.

    [0019] Daten der erhaltenen Faser:


    Beispiel 4



    [0020] Ein nach dem Trockenspinnverfahren hergestelltes Filamentfaserbündel mit einem Einzelfilamenttiter von 10,6 dtex wurde bei 98°C mit Wasser gewaschen, voraviviert, anschließend mit 15 m/min über einen Siebtrommeltrockner bei 280°C geführt und auf eine Restfeuchte von < 1 % getrocknet. Das Kabelband wurde anschließend über eine Heizwalze geführt, auf 350°C erhitzt, mit 12 m/min abgezogen, gekräuselt und zu Stapelfasern geschnitten.

    [0021] Daten der erhaltenen Faser:


    Beispiel 5



    [0022] Ein nach dem Trockenspinnverfahren hergestelltes Filamentfaserbündel mit einem Einzelfilamenttiter von 5,8 dtex wurde bei 95°C mit Wasser gewaschen, voraviviert, anschließend mit 20 m/min über einen Siebtrommeltrockner bei 170°C geführt und auf eine Restfeuchte < 1 % getrocknet. Das Kabelband wurde anschließend über 450°C heiße Heizwalzen geführt, mit 17 m/min abgezogen und aufgespult.

    [0023] Daten der erhaltenen Faser:


    Beispiel 6



    [0024] Ein nach dem Trockenspinnverfahren hergestelltes Filamentfaserbündel mit einem Einzelfilamenttiter von 2,2 dtex wurde bei 80°C mit Wasser gewaschen, voraviviert, anschließend mit 15 m/min über einen Siebtrommeltrockner bei 210°C geführt und auf eine Restfeuchte < 1 % getrocknet. Das Kabelband wurde anschließend über 400°C heiße Heizwalzen geführt, mit 13 m/min abgezogen und aufgespult.

    [0025] Daten der erhaltenen Faser:




    Ansprüche

    1. Schwer entflammbare, hochtemperaturbeständige Polyimidfasern der allgemeinen Formel

    worin n eine ganze Zahl größer als 1 ist, A eine vierbindige aromatische Gruppe, ausgewählt aus

    worin X für CO, CH₂, O, S, CF₂ steht, bedeutet und R für mindestens eine der folgenden zweibindigen aromatischen Gruppen, ausgewählt aus

    steht, welche Polyimidfasern in unverstrecktem Zustand wärmebehandelt sind und beim Erhitzen auf eine Temperatur von 400°C einen Schrumpf von maximal 14 % besitzen.
     
    2. Polyimidfasern nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie Additive, vorzugsweise Farbstoffe, Ruß, Polytetrafluoräthylen oder Glimmer enthalten.
     
    3. Verfahren zur Herstellung von Polyimidfasern nach Anspruch 1 oder 2, wobei zunächst Rohfasern aus einer Lösung des entsprechenden Polyimides in einem aprotischen organischen Lösungsmittel vorzugsweise nach der Trockenspinnmethode gesponnen werden, welche Lösung gegebenenfalls Additive enthält, die erhaltenen Rohfasern zur Entfernung von Lösungsmittel mit Wasser gewaschen, die gewaschenen Rohfasern bis zu einer Feuchte von weniger als 5% Masse getrocknet, einer Wärmebehandlung bei einer Temperatur zwischen 315°C und 450°C unterzogen, abgekühlt und gegebenenfalls gekräuselt und zu Stapelfasern geschnitten werden, dadurch gekennzeichnet, daß die Rohfasern unverstreckt wärmebehandelt und abgekühlt werden.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Rohfasern während der Wärmebehandlung bis zu 20 % ihrer Länge, vorzugsweise zwischen 15 und 20 %, schrumpfen gelassen werden.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß die gewaschenen Rohfasern mit einer Geschwindigkeit zwischen 2 und 20 m/min einer Anlage, umfassend einen Trockner und eine Heizvorrichtung, zugeführt und aus der Anlage mit einer Geschwindigkeit zwischen 1,6 und 20 m/min abgezogen werden, wobei die Rohfasern in der Heizvorrichtung vorzugsweise auf eine Temperatur zwischen 330°C und 390°C erwärmt werden.