[0001] Die Erfindung betrifft ein einfaches und außerordentlich wirtschaftliches Verfahren
zur kontrollierten Passivierung der Innenwände eines luftoffenen und/oder geschlossenen
Kühlkreislaufsystems aus Kohlenstoffstahl mit einer darin zirkulierenden, Alkali-
und Erdalkalibicarbonat-haltigen wäßrigen Kühlflüssigkeit sowie die Anwendung dieses
Verfahrens zur elektrochemischen Kontrolle und Bestimmung des Passivierungszustandes
der metallischen Oberflächen, die mit der wäßrigen Kühlflüssigkeit in Kontakt kommen,und
zur Steuerung der Korrosionsinhibierung sowie zur Prüfung der Qualität der wäßrigen
Kühlflüssigkeit, insbesondere von Wasser.
[0002] Unter dem hier verwendeten Begriff "luftoffenes und/oder geschlossenes Kühlkreislaufsystem"
ist ein eine wäßrige Kühlflüssigkeit, in erster Linie Wasser, enthaltendes Kühlsystem
zu verstehen, dessen metallische Oberflächen, die mit der wäßrigen Kühlflüssigkeit
in Kontakt kommen, der Korrosion unterliegen. Ein solches Kühlsystem kann ein gegenüber
Luft offenes Kühlkreislaufsystem und/oder ein geschlossenes Kühlkreislaufsystem sein.
[0003] Die praktische Anwendung der Erfindung ist außerordentlich vielfältig und vielgestaltig
und erstreckt sich nicht nur auf die kontrollierte Passivierung der Innenwände solcher
Kühlkreislaufsysteme, sondern umfaßt auch die Kontrolle und Steuerung der Korrosionsverhältnisse
in solchen Kühlkreislaufsystemen und die Bestimmung der Qualität der eingesetzten
wäßrigen Kühlflüssigkeit, insbesondere von Wasser, die unter ökologischen und ökonomischen
Gesichtspunkten durch die Erfindung optimiert werden können.
[0004] Korrosion, ein praktisch allgegenwärtiges Problem, ist bekanntlich die meistens von
der Oberfläche eines metallischen Werkstoffs ausgehende und durch chemische oder elektrochemische
Angriffe des in den h äufigsten Fällen diesen Werkstoff umströmenden korrosiven Mediums
hervorgerufene nachteilige und qualitätsmindernde Veränderung der Werkstoffoberfläche.
Als korrosives Medium kommen vor allem Elektrolytlösungen (einschließlich Wasser),
Schmelzen oder Gase in Betracht. Daneben kennt man auch die Tauch-, Spritzwasser-
und Tropfkorrosion. Die in den Industriestaaten jährlich zu verkraftenden Korrosionsschäden
erreichen pro Einwohner DM 100 und mehr. Für das Gebiet der (Alt)Bundesrepublik wurden
die Kosten auf 30 Mrd. DM bzw. ca. 2,5 % des Bruttosozialproduktes geschätzt. Die
Vermeidung oder zumindest die Verminderung von Korrosionsschäden hat deshalb erstrangige
Bedeutung.
[0005] Beim passiven Korrosionsschutz wird durch Überzüge, Schutzschichten, Folien und dgl.
ein Kontakt zwischen dem metallischen Werkstoff und dem korrosiven Medium möglichst
weitgehend verhindert. Die aktiven Korrosionsschutzmaßnahmen sehen insbesondere Methoden
der Werkstoffmodifizierung, die Entfernung und Blockierung von besonders aggressiven
Bestandteilen und die Verwendung von Inhibitorzusätzen vor.
[0006] Es sind bereits zahlreiche chemische Korrosionsinhibitoren für wäßrige Systeme bekannt
(vgl. z.B. US-PS 3 483 133, 3 891 568, 3 935 125, 3 992 318, 4 105 581, 4 149 969,
DE-OS 26 24 572 und DE-PS 3 015 500), wobei in vielen Fällen Substanzgemische zum
Einsatz kommen. Korrosionsinhibierende Mittel sind teilweise so zusammengesetzt, daß
sie gleichzeitig Wirkungen in anderer Richtung entfalten (z.B. die Inkrustations-
bzw. Steinbildung verhindern).
[0007] Anwender und Anbieter von Kühlwasserchemikalien haben im allgemeinen ein Interesse
an Methoden, mit denen die Wirksamkeit von Korrosionsschutzmaßnahmen demonstriert
werden kann. Für die Anbieter von Konditionierungschemikalien sind solche Methoden
für die Entwicklung neuer Chemikalien und Technologien notwendig; sie werden auch
benötigt, um den Kunden von der Qualität ihrer Produkte zu überzeugen. Für den Betreiber
einer Kühlwasseranlage sind solche Methoden wichtig, damit er den richtigen Einsatz
des Inhibitors überprüfen und das Kosten-Leistungs-Verhältnis verschiedener Alternativen
quantitativ abschätzen kann. Ein Hauptanliegen des Betreibers besteht darin sicherzustellen,
daß die Anlagenausstattung jederzeit verläßlich bleibt. Aus den vorgenannten und anderen
Gründen ist es von erstrangiger Bedeutung, daß Korrosionsschäden kontrollierbar bleiben
oder eliminiert werden.
[0008] Obwohl die Korrosion von Metalloberflächen sichtbare Änderungen hervorruft, ist es
im allgemeinen nicht möglich, die Innenflächen einer Betriebseinheit regelmäßig zu
inspizieren; das Warten auf einen Anlagestillstand vermittelt keine rechtzeitigen
Informationen. Aus diesen Gründen sind spezielle Methoden entwickelt worden, um die
Wirksamkeit von Korrosionsschutz- und Korrosionskontrollmaßnahmen zu demonstrieren.
Da nichtrostender Stahl, Kupfer und Kupferlegierungen gegenüber Korrosion durch zirkulierendes
Kühlwasser verhältnismäßig widerstandsfähig sind, konzentriert sich die Korrosionsinhibierung
hauptsächlich auf Kohlenstoffstahl, das korrosionsempfindlichste Material in einem
Kühlkreislauf.
[0009] Die einfachste und am meisten angewendete Methode zur Beobachtung des Korrosionsverhaltens
in konditioniertem Kühlwasser besteht in der Installation sogenannter Korrosionskupons
an geeigneten Stellen, wo sie visuell inspiziert werden können. Dies geschieht durch
Verwendung von durchsichtigen Materialien für deren Montage oder durch Maßnahmen,
die eine einfache Entfernung, Inspektion und erneute Montage gewährleisten. Durch
diese Maßnahmen kann man Oberflächenänderungen wie Farbänderungen, die durch den Korrosionsprozeß
hervorgerufen werden, gut verfolgen. So wird es möglich festzustellen, ob der Korrosionsangriff
allgemein oder lokalisiert ist in Form von Lochfraßkorrosion oder ob bei optimaler
Korrosionskontrolle die Oberfläche unverändert bleibt.
[0010] Leider erlaubt eine solche visuelle Inspektion der Oberfläche keinen einfachen quantitativen
Ergebnisvergleich. Um dies zu erreichen, werden die Korrosionskupons nach einer bestimmten
Einwirkungszeit entfernt und die Korrosionsgewichtsverluste gravimetrisch bestimmt.
Dieses Vorgehen ist umständlich, zeitraubend und vielfach auch teuer.
[0011] Obwohl mit Korrosionskupons Messungen wie die Penetrationstiefe durchgeführt werden
können, die für die lokale Korrosion relevant sind, müssen die mit diesen Kupons erhältlichen
Informationen relativiert werden, da sich die Kuponoberfläche regelmäßig nicht in
dem gleichen Ausgangszustand befindet wie die Innenflächen eines Kreislaufsystems
und sich außerdem die Bedingungen wie Strömungsgeschwindigkeit, Fouling und Temperatur
innerhalb des Systems ändern können. Der Oberflächenzustand der Flächen einer Anlage
ist daher im allgemeinen nicht bekannt.
[0012] Um eine Reproduzierbarkeit bezüglich des Korrosionsverhaltens des Kupons zu erreichen,
weist der Kupon vorbereitete Oberflächen mit einer luftpassiven Schicht auf. Eine
solche Oberfläche ist außerordentlich korrosionsempfindlich und ergibt die höchstmögliche
Korrosionsrate unmittelbar nach der Installation. Da aber der Oberflächenzustand der
Anlagekomponenten zur Zeit der Installation nicht mit der Ausgangsoberfläche des Kupons
vergleichbar ist, ist es eigentlich nicht möglich, die Korrosion des Kupons mit derjenigen
der Systemkomponenten direkt zu vergleichen.
[0013] Die Korrosionsdaten von Kupons stehen außerdem auch nicht rechtzeitig genug zur Verfügung,
um tägliche Betriebseinstellungen vornehmen zu können. Hierzu benötigt man eine Methode
zur kontinuierlichen Feststellung der momentanen Korrosionsrate. Für diesen Zweck
hat man die Technik der linearen Polarisation benutzt.
[0014] Die Messungen mittels linearer Polarisation beruhen auf dem Prinzip, daß innerhalb
eines ± 10 mV-Bereichs des Korrosionspotentials bei Anlegen eines kleinen äußeren
Potentials eine lineare Beziehung zwischen dem externen Strom und dem gemessenen Strom
beobachtet wird. Der sogenannte Polarisationswiderstand ist dann mit dem Korrosionsstrom
korrelierbar.
[0015] Bei Verwendung von einfacheren Linearpolarisations-Korrosionsmeßanordnungen treten
jedoch eine Reihe von Fehlerquellen in Erscheinung. Bedeutende Fehler werden insbesondere
dann beobachtet, wenn die Korrosionsrate hoch ist und der Lösungswiderstand ebenfalls
hoch ist. Die Messungen sind insgesamt relativ komplex und ihre Auswertung ist aufwendig,
wenn exakte Aussagen über den Korrosionszustand eines Systems angestrebt werden.
[0016] Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren bereitzustellen, mit dessen Hilfe es
möglich ist, auf elektrochemischem Wege den Korrosionszustand eines wäßrigen Kühlkreislaufsystems
zu bestimmen und zu beeinflussen, indem man auf technisch einfache und zuverlässige
Weise den aktuellen Passivierungszustand der metallischen Oberflächen, insbesondere
solcher aus Kohlenstoffstahl, die im Kontakt mit der Kühlflüssigkeit stehen, auf elektrochemischem
Wege bestimmt und die Passivierung entsprechend dem gefundenen Ergebnis gezielt steuert.
[0017] Es wurde nun gefunden, daß diese Aufgabe gelöst werden kann durch ein Verfahren zur
kontrollierten Passivierung der Innenwände eines luftoffenen und/oder geschlossenen
Kühlkreislaufsystems aus Kohlenstoffstahl mit einer darin zirkulierenden Alkali- und
Erdalkalibicarbonat-haltigen wäßrigen Kühlflüssigkeit, das dadurch gekennzeichnet
ist, daß man
a) die Sauerstoffkonzentration und den pH-Wert der Kühlflüssigkeit auf einen Wert
innerhalb des Bereiches von etwa 1 bis etwa 50 mg/I bzw. von etwa 8,0 bis etwa 10,5
so einstellt, daß die Löslichkeit des primären Korrosionsprodukts (FeC03 oder Fe(OH)2) minimal gehalten wird, und
b) die resultierende Passivierung der Innenwände des Kühlflüssigkeitskreislaufsystems
mißt als zeitliche Veränderung des elektrochemischen Ruhepotentials zwischen einer
in die Kühlflüssigkeit eintauchenden Meßelektrode und einer Bezugselektrode in elektropositiver
bzw. anodischer Richtung, wobei die Sauerstoffkonzentrations- und pH-Wertbedingungen
so aufeinander abgestimmt werden, daß eine maximale Veränderung des Ruhepotentials
in elektropositiver bzw. anodischer Richtung entsprechend einer maximalen Passivierung
erzielt wird.
[0018] Der pH-Wert der Kühlflüssigkeit wird vorzugsweise auf einen Wert in dem Bereich von
8,5 bis 9,5 eingestellt.
[0019] Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung erfolgt die Einstellung des Sauerstoffgehaltes
der Kühlflüssigkeit durch Einleiten von Luft oder Sauerstoff oder durch Zugabe von
H
20
2.
[0020] Während die zur Bestimmung des elektrochemischen Ruhepotentials erfindungsgemäß verwendete
Meßelektrode vorzugsweise aus Kohlenstoffstahl besteht, wird als Bezugselektrode vorzugsweise
eine Ag/AgCI- oder eine Hg/Hg
2Cl
2-Elektrode verwendet.
[0021] Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung wird die Messung des elektrochemischen
Ruhepotentials bei einer Temperatur im Bereich von 5 bis 95 °C, vorzugsweise von 25
bis 40 C, durchgeführt.
[0022] Der Kühlflüssigkeit können zusätzlich zu den oben genannten Komponenten auch eine
oder mehr Phosphonsäuren in einer Konzentration von 1 bis 20 mg/I sowie gegebenenfalls
weitere übliche Korrosionsinhibitoren zugesetzt werden.
[0023] Bei der Durchführung des vorstehend gekennzeichneten erfindungsgemäßen Verfahrens
tritt mit dem Ablauf der Zeit eine Veränderung des Ruhepotentials auf, die ein direktes
Maß für die resultierende Passivierung der Kontaktoberfläche aus Kohlenstoffstahl
ist, wobei die Passivierung um so stärker und damit die Korrosionsschutzwirkung um
so besser ist, je größer die zeitliche Veränderung des Ruhepotentials in elektropositiver
bzw. anodischer Richtung ist. D.h. die anfänglich stark negativen Werte des in mV
gemessenen Ruhepotentials werden mit zunehmender Passivierung in elektropositiver
Richtung, d.h. in eine weniger stark negative Richtung, verändert, wobei sie bei optimaler
Abstimmung von pH-Wert und Sauerstoffkonzentration der Kühlflüssigkeit innerhalb der
obengenannten Bereiche aufeinander schließlich einen konstanten Wert (ideale Passivierung)
annehmen. Auf diese Weise kann durch entsprechende Abstimmung der pH-Wertbedingungen
und der Sauerstoffkonzentrationen in der Kühlflüssigkeit aufeinander jeder beliebige
Passivierungszustand der Kontaktoberflächen eingestellt werden. Eine unzureichende
Passivierung ist sofort erkennbar daran, daß sich das Ruhepotential in zeitlichem
Ablauf nicht oder in elektronegativer bzw. kathodischer Richtung verändert (Verstärkung
der Korrosion).
[0024] Gegenstand der Erfindung ist ferner die Anwendung des vorstehend beschriebenen Verfahrens
zur Bestimmung des Passivierungszustandes metallischer Kontaktflächen in wäßrigen
Kühlsystemen sowie zur Steuerung der Korrosionsinhibierung und zur Prüfung der Qualität
des Kühlwassers bzw. von Wasser allgemein.
[0025] Es wurde nämlich gefunden, daß sich der aktuelle Passivierungszustand in einem wäßrigen
Kühlsystem und insbesondere in einem Kühlwasser-Kreislaufsystem in sehr einfacher
und zuverlässiger Weise ermitteln läßt, wenn man in dem System eine Meßanordnung mit
einer Meßelektrode anordnet und den Oberflächenzustand dieser Meßelektrode durch Messen
ihres Ruhepotentials gegen eine Bezugselektrode bestimmt. Es hat sich gezeigt, daß
eine unmittelbare Korrelation zwischen der Korrosionsrate und dem Ruhepotential besteht,
wobei der nahezu ideale Passivierungszustand einem charakteristischen Wert des Ruhepotentials
entspricht.
[0026] Die beiliegende Zeichnung zeigt die Abhängigkeit der Korrosionsrate (gemessen in
0,025 mm/Tag) wie sie sich unter variierenden Bedingungen der Alkalinität, der Sauerstoff-
und Chloridkonzentration einstellt, in einem luftoffenen Kühlwasser-Kreislaufsystem
von dem Ruhepotential der Meßelektrode (gemessen in mV).
[0027] Durch die Erfindung wird der Betreiber eines Kühlturmsystems in die Lage versetzt,
den Betrieb seiner Einheit so zu kontrollieren und zu steuern, daß die chemischen
Bedingungen mit dem Ziel der Erzeugung einer optimalen Passivierungsschicht auf den
metallischen Oberflächen eingestellt werden können. Im Gegensatz zur Messung einer
Geschwindigkeit bzw. Rate, die auf die Messung eines Zeitablaufs abgestellt wird,
erfolgt hier die Ermittlung eines aktuellen Zustands mittels Anzeige durch einen einzelnen
Parameter, das Ruhepotential der Meßelektrode. Hierdurch wird eine erhebliche Vereinfachung
des gesamten Korrosionsübewachungsverfahrens möglich.
[0028] Das erfindungsgemäße Verfahren kann auch zur Bewertung von Korrosionsinhibierungsmethoden
herangezogen werden, mit denen auf den Metalloberflächen in wirksamer Weise eine Passivierungsschicht
ausgebildet wird.
[0029] Das grundlegende Konzept der Korrosionsinhibierung besteht darin, die Löslichkeit
der Korrosionsprodukte so niedrig wie möglich zu halten. Da die primären Korrosionsprodukte
des Eisens in Wassersystemen das Eisenhydroxid (Fe(OH)
2) bzw. Eisencarbonat (FeC0
3) sind, führt eine Erhöhung des pH-Wertes zur Herabsetzung der Löslichkeit der Eisenverbindungen.
[0030] Im Falle von Kühlwasser ist diese Möglichkeit wegen des Alkali- und Erdalkali-, insbesondere
des Calciumbicarbonatgehaltes des Wassers begrenzt. Im Trinkwasser ist der höchstmögliche
pH-Wert durch den Sättigungs-pH des Calciumbicarbonats gegeben. Bekanntlich reicht
jedoch in Kühlwassersystemen diese Bedingung nicht aus, um einen hinreichenden Korrosionsschutz
zu erhalten.
[0031] Ein weiteres grundlegendes Prinzip der Korrosionsinhibierung bei Stahl ist die Oxidation
des primären Korrosionsproduktes, wobei von der wesentlich geringeren Löslichkeit
des Eisen(III)-oxyhydrats Gebrauch gemacht wird. Von beiden Prinzipen wird bei der
Konditionierung von Heißwasser Gebrauch gemacht.
[0032] Zur Kühlwasser-Korrosionsinhibierung wurde zuerst Chromat als Oxidationsmittel verwendet.
Es ist ein ausgezeichneter Korrosionsinhibitor, die Anwendung dieses oxidierenden
anodischen Korrosionsinhibitors ist jedoch nicht unbedenklich, weil eine bestimmte
Mindestkonzentration erforderlich ist, um eine extensive lokalisierte Korrosion zu
vermeiden. Diese Mindestkonzentration wird auch als "gefährliche Inhibitorkonzentration"
bezeichnet.
[0033] In Kühlwasser ist das primäre Oxidationsmittel, d.h. der primäre Korrosionsinhibitor,
gelöster Sauerstoff, der wegen seiner geringen Löslichkeit normalerweise ebenfalls
in der gefährlichen Inhibitorkonzentration vorliegt. Die Mindestkonzentration des
Oxidationsmittels für eine anodische Korrosionsinhibierung mittels Oxidation hängt
stark von der Kinetik der Oxidationsreaktion ab. Die Oxidation muß sehr nahe an der
Metalloberfläche stattfinden, um eine dauerhafte und gleichmäßige Bedeckung der Metalloberfläche
zu erreichen. Aus diesem Grunde hängt die Größenordnung der gefährlichen Inhibitorkonzentration
auch von der Menge des Korrosionsproduktes ab, das oxidiert werden muß. Für den Fall
der Sauerstoffsättigung liegt diese Konzentration für Fe(II) bei weniger als 10-
7 Mol/I (vgl. G. Bohnsack, D.A. Johnson, E. Buss, NACE Corrosion/1989 Paper, Nr. 438).
In der Praxis ist es möglich, die Kombination beider Prinzipien anzuwenden.
[0034] Im Falle von Kühlwasser wird der Umstand ausgenutzt, daß in carbonathaltigem Wasser
die Löslichkeit des Fe(II) durch die des Fe(II)carbonats (Siderits) limitiert wird.
Um die notwendige niedrige Löslichkeit von Eisen(11)ionen zu erreichen und eine optimale
Inhibierung durch gelösten Sauerstoff sicherzustellen, werden Carbonatkonzentrationen
benötigt, die sich weit oberhalb der Calciumbicarbonat-Sättigung bewegen. Da die Möglichkeit
besteht, die Calciumcarbonat-Ausfällung zu kontrollieren, zum Beispiel durch Verwendung
von Phosphonsäuren, können die Alkalinitätsbedingungen eingestellt werden, die zur
Korrosionsinhibierung durch gelösten Sauerstoff erforderlich sind. Unter diesen Bedingungen
hat das Carbonation auch einen katalytischen Einfluß auf die Oxidationskinetik von
gelöstem Eisen.
[0035] Die Reaktionsprodukte der Redoxreaktionen sind Fe(III)oxyhydrate, da Fe(II) unter
diesen Bedingungen in Gegenwart von Sauerstoff nicht existiert. Dabei bildet das Fe(III)oxyhydrat
eine dünne, aber sehr wirksame Passivierungsschicht, in der Phosphonate enthalten
sind.
[0036] Aufgrund der Grundprinzipien der Korrosionsinhibierung unter den Bedingungen hoher
Carbonatalkalinität und insbesondere der Funktion des Sauerstoffs wurde erfindungsgemäß
eine Methode zur kontrollierten Passivierung und zur Bestimmung und Überwachung des
Passivierungszustandes in wäßrigen Kühlflüssigkeitssystemen entwickelt.
[0037] Unter elektrochemischen Gesichtspunkten führt die vorstehend beschriebene anodische
Passivierung, die eine anodische Eisenauflösung verhindert, zu einer meßbaren Änderung
des Ruhepotentials. Die gebildete Passivierungsschicht besitzt die Elektronenleitfähigkeitseigenschaften
eines Halbleiters, was ihr eine kathodische Aktivität verleiht. Wegen seiner kathodischen
Reaktion an den Passivierungsschichten ruft Sauerstoff eine Erhöhung des Metallpotentials
hervor, das durch die Eisenlösungsreaktion beantwortet wird. Wenn die Passivierungsschicht
jedoch ausreichend impermeabel für Ionen ist, wird die Eisenauflösung gehindert und
die Reaktionsgeschwindigkeit sinkt auf vernachlässigbare Werte. Da diese Verhältnisse
gänzlich durch Verhindern der Eisenauflösung bedingt sind (anodische Inhibierung),
wird das Potential erhöht, wenn die Korrosionsraten herabgesetzt werden. Um nun die
Bedingungen zu ermitteln und zu kontrollieren, unter denen sich diese Passivierungsschicht
bildet und die Passivierung beibehalten wird, wird erfindungsgemäß das Ruhepotential
einer Eisenelektrode in dem Kühlwasser gemessen.
[0038] Zur Messung kombiniert man zum Beispiel eine Meßelektrode aus C-Stahl mit einer Bezugselektrode,
vorzugsweise einer Ag/AgCI-Elektrode, und mißt das Ruhepotential. Eine andere geeignete
Bezugselektrode ist die Kalomelelektrode. Wenn unter diesen Bedingungen ein Ruhepotential
von positiver als -300 mV (z.B. positiver als -250 mV) erreicht wird, ist die Auflösung
an der Eisenelektrode und den Flußstahloberflächen, die sich im Kontakt mit dem Kühlwasser
befinden, durch den Korrosionsprozeß minimal. Im Gegensatz hierzu weist eine korrodierende
Eisenelektrode typischerweise ein Ruhepotential von etwa -500 mV auf.
[0039] In der beiliegenden Zeichnung ist die Beziehung zwischen den Korrosionsraten (in
0,025 mm/Jahr) unter variierten Bedingungen von Alkalinität, Sauerstoffkonzentration
und Chloridkonzentration und dem gemessenen Ruhepotential (mV) graphisch dargestellt.
[0040] Die bei eisenhaltigen Metalloberflächen beobachteten Verhältnisse sind auf andere
Metalle analog übertragbar. Als metallische Werkstoffe kommen insbesondere C-Stahl
und andere Stahllegierungen in Betracht.
[0041] Da das meßbare Ruhepotential einer Meßelektrode auch eine Aussage über die Korrosivität
einer wäßrigen Kühlflüssigkeit zuläßt, eröffnet das erfindungsgemäße Verfahren gleichzeitig
auch eine Methode zur Bestimmung der Wasserqualität.
[0042] Das erfindungsgemäße Verfahren ist auch in jedes Korrosionsinhibierungsverfahren
integrierbar, wobei an sich bekannte Korrosionsinhibitoren und ggf. weitere Wasserbehandlungsmittel
eingesetzt werden können, denn aufgrund der Ruhepotentialmessung läßt sich eine weitgehende
Annäherung an den "idealen" Passivierungszustand erreichen. Gleichermaßen ermöglicht
es in einfacher Weise die Erprobung und Bewertung von neu entwickelten Korrosionsinhibitoren.
[0043] Wenn das Material der Meßelektrode der Zusammensetzung des durch Korrosion gefährdeten
metallischen Werkstoffs entspricht, wird über die Messung des Ruhepotentials eine
unmittelbare und aktuelle Information über den Passivierungszustand der Metalloberfläche
erhalten.
[0044] Die Meßanordnung mit Meßelektrode kann auch in mehrfacher Ausfertigung angeordnet
werden, so daß der gesamte Korrosionszustand in einem wäßrigen Kühlflüssigkeitssystem
erfaßbar ist.
[0045] Vorzugsweise wird der pH-Wert des Wassersystems auf Werte von etwa 8,0 bis 10,5 und
bevorzugt von 8,5 bis 9,5 eingestellt. Unter diesen Alkalinitätsbedingungen ist die
Passivierung am größten. Mithin wird der Betreiber eines Kühlwasser-Kreislaufs durch
die Erfindung befähigt, den Korrosionszustand nahe der idealen Passivierung zu halten
bzw. beim Ansteigen des gemessenen Ruhepotentials (d.h. bei stärker negativen Werten)
entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
[0046] Wegen der Bedeutung des Sauerstoffs sollte in einem luftoffenen Kühlwasser-Kreislaufsystem
die Sauerstoffkonzentration vorzugsweise auf einen Wert im Bereich von etwa 1 bis
50 mg/I eingestellt werden, was in bestimmten Fällen auch durch Sauerstoffzufuhr (Luft
oder Reinsauerstoff) bzw. durch Zugabe von H
20
2 erreicht werden kann.
[0047] Vorzugsweise wird die Ruhepotentialmessung bei Temperaturen im Bereich von etwa 5°C
bis 95 ° C und bevorzugt von 25 ° C bis 40 ° C durchgeführt. Außerhalb dieses Bereiches
liegende Temperaturen sind jedoch häufig durch das entsprechende wasserhaltige Kühlsystem
im Betriebszustand vorgegeben. Auch hier eignet sich das erfindungsgemäße Verfahren
zur kontrollierten Passivierung und aktuellen Bestimmung des Passivierungszustandes.
1. Verfahren zur kontrollierten Passivierung der Innenwände eines luftoffenen und/oder
geschlossenen Kühlkreislaufsystems aus Kohlenstoffstahl mit einer darin zirkulierenden
Alkali-und Erdalkalibicarbonat-haltigen wäßrigen Kühlflüssigkeit, dadurch gekennzeichnet,
daß man
a) die Sauerstoffkonzentration und den pH-Wert der Kühlflüssigkeit auf einen Wert
innerhalb des Bereiches von etwa 1 bis etwa 50 mg/I bzw. von etwa 8,0 bis etwa 10,5
so einstellt, daß die Löslichkeit des primären Korrosionsprodukts (FeC03 oder Fe(OH)2) minimal gehalten wird, und
b) die resultierende Passivierung der Innenwände des Kühlflüssigkeitskreislaufsystems
mißt als zeitliche Veränderung des elektrochemischen Ruhepotentials zwischen einer
in die Kühlflüssigkeit eintauchenden Meßelektrode und einer Bezugselektrode in elektropositiver
bzw. anodischer Richtung, wobei die Sauerstoffkonzentrations- und pH-Wertbedingungen
so aufeinander abgestimmt werden, daß eine maximale Veränderung des Ruhepotentials
in elektropositiver bzw. anodischer Richtung entsprechend einer maximalen Passivierung
erzielt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der pH-Wert der Kühlflüssigkeit
auf einen Wert in dem Bereich von 8,5 bis 9,5 eingestellt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Einstellung des
Sauerstoffgehaltes der Kühlflüssigkeit durch Einleiten von Luft oder Sauerstoff oder
durch Zugabe von H202 erfolgt.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß zur Bestimmung
des elektrochemischen Ruhepotentials eine Meßelektrode aus Kohlenstoffstahl verwendet
wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß als Bezugselektrode
eine Ag/AgCI- oder eine Hg/Hg2Cl2-Elektrode verwendet wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Messung
des elektrochemischen Ruhepotentials bei einer Temperatur im Bereich von 5 bis 95
° C durchgeführt wird.
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Messung des elektrochemischen
Ruhepotentials bei einer Temperatur im Bereich von 25 bis 40 °C durchgeführt wird.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß der Kühlflüssigkeit
eine oder mehr Phosphonsäuren in einer Konzentration von 1 bis 20 mg/I Kühlflüssigkeit
zugesetzt wird (werden).
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß der Kühlflüssigkeit
ein weiterer üblicher Korrosionsinhibitor zugesetzt wird.
10. Anwendung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 9 zur Bestimmung des Passivierungszustandes
der metallischen Kontaktflächen in wäßrigen Kühlflüssigkeitssystemen.
11. Anwendung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 9 zur Steuerung der Korrosionsinhibierung
in wäßrigen Kühlflüssigkeitssystemen.
12. Anwendung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 9 zur Prüfung der Qualität
der Kühlflüssigkeit, insbesondere von Wasser.