[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren sowie ein Dekontaminationsmittel
zur Lösung von oxidierten oder nicht oxidierten, radioaktiv kontaminierten Oberflächen
von Gegenständen aus Metall.
[0002] An nuklearen Arbeitsplätzen werden Komponenten aus Blei oder bleienthaltenden Legierungen
zur Abschirmung der radioaktiven Strahlung verwendet. Es ist bekannt, dass eine etwa
5 cm dicke Bleiplatte die radioaktive Strahlung um einen Faktor 10 reduziert. Deshalb
bildet man aus Blei oder Bleilegierungen sogenannte Abschirmungssteine, mit denen
ganze Mauern um hochradioaktive Bauteile erstellt werden. Stark radioaktiv strahlende
Rohre werden auch mit Bleimatten ummantelt. Selbstverständlich können diese Abschirmungssteine,
Bleimatten oder Bleiplatten ebenfalls radioaktiv kontaminiert sein. Sie müssen daher
auch von Zeit zu Zeit dekontaminiert werden. Bisher geschah dies auf nicht zufriedenstellende
Weise. Die Blei oder bleienthaltenden Elemente wurden oberflächlich abgekratzt oder
manuell gebürstet, das kontaminierte abgekratzte Material radioaktiv entsorgt und
die verbleibenden, immer noch leicht kontaminierten Komponenten eingeschmolzen.
[0003] Das Resultat war unbefriedigend und führte zusätzlich zu einer Verschleppung der
Radioaktivität. Die wiedergewonnenen Komponenten aus Blei oder bleihaltigen Legierungen
konnten zwar wiederverwendet werden, wiesen aber von Anfang an eine erhöhte Radioaktivität
auf. Eine zweite Variante bestand darin, die Bleiabschirmungssteine oder Platten mit
einer Plastikumhüllung zu versehen, die von Zeit zu Zeit erneuert wird. Die kontaminierte
Plastikumhüllung wurde jedesmal wieder nuklear entsorgt. Beide Varianten führten zu
einer relativ grossen Menge an nuklear zu entsorgendem Abfall.
[0004] Bleikomponenten werden in diversen nuklearen Anwendungen eingesetzt. So beispielsweise
in nuklearen Waffen, wo Bleikomponenten unter anderem als Reflektorschilder eingesetzt
werden. Von Zeit zu Zeit müssen diese Bleikomponenten zur Aufrechterhaltung der Funktionstüchtigkeit
der nuklearen Waffen erneuert und die Bleiabfälle dekontaminiert werden.
[0005] Die gleiche Problematik, die bei Blei und Bleilegierungen auftritt, ist auch bei
anderen Metallen relevant. So sind in Anlagen zur Herstellung von UF₆ in zivilen und
militärischen Bereichen grosse Mengen von radioaktiv kontaminiertem Nickel vorhanden.
Obwohl der Wert dieser Metalle gross ist, liess sich nur der geringste Teil zur Wiederverwertung
gewinnen. Eine Anlage zur Herstellung von UF₆ enthält ca. 1'000 - 10'000 t reines
Nickel. Ferner enthalten Wärmetauscher und Dampferzeugungsanlagen in DruckwasserReaktoren
grosse Mengen von Nickel-Basislegierungen wie z.B. Inocel 600 mit einem Anteil von
ca. 70% Ni. Aber auch Cu und Cu-Legierungen werden bei Wärmetauscher und Kondensatoren
in nuklearen Anlagen verwendet.
[0006] Aus der US-A-4828759 ist ein Verfahren zur Dekontamination radioaktiv kontaminierter
metallischer Materialien bekannt.
[0007] Die radioaktiv kontaminierten metallischen Komponenten werden in ein fluorobor-säurehaltiges
Bad gegeben und dieses elektrochemisch regeneriert und die Metalle rückgewonnen, während
die regenerierte Fluoroborsäure dem Prozess wieder zugeführt wird. Für die Dekontamination
von Komponenten aus Blei und bleihaltigen Legierungen hat sich dieses Verfahren als
zu zeitaufwendig erwiesen, dass zudem nur bei erhöhter Temperatur und Konzentration
anwendbar ist. Die Löslichkeit von Blei und anderen Metallen wie Ni, Cu, Hg, Ag oder
Stahl ist auch in HBF4-Säure bei Raumtemperatur ein äusserst langsamer Prozess, der
zudem unter Entwicklung von Wasserstoff H₂ abläuft.
[0008] Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren sowie ein Dekontaminierungsmittel
zu schaffen, das insbesondere zur Ablösung von oxidierten oder nicht oxidierten, radioaktiv
kontaminierten Oberflächen von metallenen Gegenständen geeignet ist, und den Prozess
der Ablösung gegenüber der Durchführung mit bekannten Verfahren erheblich beschleunigt
und bei Raumtemperatur durchführbar ist. Diese Aufgabe löst ein Verfahren mit den
Merkmalen des Patentanspruches 1, beziehungsweise ein Dekontaminierungsmittel mit
den Merkmalen des Patentanspruches 22.
[0009] Die Erläuterung des erfindungsgemässen Verfahrens und des Dekontaminierungsmittels
erfolgt in der nachfolgenden Beschreibung anhand der beigefügten Figuren. Es zeigt:
Fig. 1A + B den Gewichtsverlust einer Bleiplatte in verschiedenen HBF₄ Konzentrationen
in Funktion der Zeit A) unter Beifügung von 0,5 Vol % H₂O₂ und B) ohne Beifügung von
H₂O₂;
Fig. 2A + B zeigen wiederum den Gewichtsverlust einer Bleiplatte in 5%iger HBF₄ mit
verschiedenen Konzentrationen von H₂O₂;
Fig. 3 eine schematische Darstellung des Ablaufs des erfindungsgemässen Verfahrens
Fig. 4 die Versuchsanordnung der Elektrolysezelle und die Reagenzgleichungen
Fig. 5 den Verlauf der hier durchgeführten Elektrolyse in Abhängigkeit der Stromdichte,
namentlich A bei 30 mA/cm² und B bei 45 mA/cm²;
[0010] Wenn im nachfolgenden Text von Reagenz gesprochen wird, so wird hierunter das erfindungsgemässe
Dekontaminierungsmittel verstanden.
[0011] Bei der Durchführung der nachfolgend beschriebenen Experimente wurde eine Bleiplatte
mit der Dicke von 0,25 mm und einer Oberfläche von 2 x 88 cm² verwendet. Um zu vermeiden,
dass die Bleiplatte mit einem schützenden Fettfilm überzogen ist, wurde diese jeweils
vor dem Einbringen in die Lösung mit Aceton entfettet.
[0012] Bei der Verwendung der Fluoroborsäure HBF₄ wurde jeweils von einer 50%igen reinen
Säure ausgegangen und die verschiedenen Verdünnungsgrade durch Zufügung von deionisiertem
Wasser erreicht. Die Bleiplatte wurde vor und nach jedem Experiment gewogen. In einer
ersten Versuchsreihe wurde der Gewichtsverlust einer genormten Bleiplatte der eingangs
genannten Art in verschiedenen HBF₄-Konzentrationen in Abhängigkeit der Zeit ermittelt.
[0013] Hierbei ergab sich das Bild gemäss der Figur 1B. Bei einer reinen HBF₄-Säure zeigten
sich nach 200 Minuten bei den unterschiedlichen Konzentrationen zwischen 5 und 50%
kaum relevante Unterschiede. Erst nach rund 400 Minuten zeigten sich unterschiedliche
Gewichtsverluste an den Bleiplatten, wobei Bleiplatten, die höherkonzentrierter HBF₄-Säure
ausgesetzt waren, einen grösseren Bleiverlust zeigten. Nach rund 200 Minuten betrug
der Bleigewichtsverlust pro Platte bei allen Konzentrationen der HBF₄-Säure ungefähr
0,05 Gramm. Die gleichen Versuche wurden wiederholt unter Beigabe von 0,5 Vol % H₂O₂
wiederum in Abhängigkeit verschiedener Konzentrationen der HBF₄-Säure. Das nun sich
zeigende Bild gemäss der Figur 1A zeigte eine stark verbesserte Bleiablösung an den
Platten.
[0014] Nach rund 100 Minuten wurde an allen Platten unabhängig der Konzentration der HBF₄-Säure
ein Gewichtsverlust von rund 15 Gramm gemessen. Folglich zeigte sich, dass innert
der halben Zeit die Bleiablösung sich um einen Faktor 300 erhöht hatte. Im Gegensatz
zu den Versuchen ohne Zusatz von Hydrogenperoxyd zeigte sich, dass die Steigerung
der Konzentration der HBF₄-Säure über 5% keine Resultatverbesserung brachte.
[0015] Es zeigte sich folglich, dass durch die Hinzufügung von 0,5 Vol % H₂O₂ die Reduktion
der Oxydschicht sofort erfolgte und die Bleiauflösung schnell einsetzte. Die Auflösung
war anfänglich schnell und wurde danach langsamer. Die Auflösung stoppte, wenn eine
Konzentration von 55 Gramm Blei pro Liter erreicht war.
[0016] Analoge Beobachtungen haben sich nach Versuchen mit Ni, Cu, Ag, Hg und Stahl gezeigt.
Hiernach wurden die bisher bei Raumtemperatur durchgeführten Versuche bei einer Temperatur
von 60° C wiederholt. Auch hier zeigte sich wiederum, dass die Auflösungsrate sich
durch die Zufügung von 0,5 % H₂O₂ scharf anstieg, doch eine erhöhte Bleilöslichkeit
gegenüber der Durchführung der Versuche bei Raumtemperatur wurde nicht festgestellt.

[0017] Diese Angaben beziehen sich auf eine Reagenz von 5% HBF₄ mit 0,5% H₂O₂ bei einer
Temperatur von 25° C.
[0018] Aus den bisherigen Experimenten ergibt sich somit, dass eine 5%ige HBF₄-Säure ein
optimales Resultat ergibt.
[0019] Es wurde nun die Löslichkeitsrate von Blei in 5%iger HBF₄-Säure in Abhängigkeit der
Konzentration des darin vorhandenen Hydrogenperoxydes ermittelt. Das Resultat zeigen
die Figuren 2A und B. Bei steigender H₂O₂-Konzentration wurde ein ständiger Anstieg
der Auflösungsgeschwindigkeit des Bleies festgestellt, und zwar innerhalb dem Bereich
von 0 bis 2 Vol %.
[0020] In jedem Fall war die Bleiauflösung anfänglich schnell und nach 60 Minuten langsamer.
Bei Hydrogenperoxyd-Konzentrationen zwischen 0,5 und 1,0% erreichte die Lösung gegen
Ende des Prozesses eine maximale Bleikonzentration von 80 Gramm pro Liter. Bei dieser
Konzentration bildete sich ein weisser Niederschlag in der Lösung und auf der Bleioberfläche.
Bei höheren Konzentrationen von H₂O₂ verlief die Auflösungsreaktion stark exotherm.
Bei der Versuchsanordnung mit 50 Milliliter Lösung begann diese sofort zu kochen,
und fast gleichzeitig bildete sich ein weisser Niederschlag in der Lösung. Die maximale
Bleikonzentration in einer 10%igen HBF₄-Lösung stellte sich bei etwa 120 Gramm pro
Liter ein. Diese Konzentration ist zwar etwa 50% höher als die in den zuvor gemessenen
Fällen, doch sind solche Auflösungsbedingungen bei einem Verfahren in industriellem
Massstab nicht akzeptabel.
[0021] Aus der Gesamtheit der beschriebenen Versuche ergab sich, dass die bevorzugte Reagenz
zur Auflösung der Oberflächen von oxidierten oder nicht oxidierten Bleiplatten am
vorteilhaftesten mit einer Lösung bestehend aus einer 5%igen HBF₄-Säure mit einem
Anteil von 0,5 Vol % Hydrogenperoxyd erfolgt. Mit dieser Lösung wurden die Versuche
bezüglich dem Verfahren zur Dekontamination von radioaktiv kontaminierten Komponenten
aus Blei oder bleienthaltenden Legierungen durchgeführt.
[0022] Einige wenige Versuche, Hydrogenperoxid durch andere Oxidationsmittel zu ersetzen,
haben sich als ebenfalls gangbare Lösungen erwiesen. So zeigten Versuche unter Verwendung
von Permanganate-HBF₄-Lösungen auch annehmbare Resultate.
[0023] Erstaunlicherweise die allerbesten Resultate ergaben sich bei der Kombination von
verschiedenen Oxidationsmitteln zusammen mit einer 5%igen Fluoroborsäure. Insbesondere
eine Mischung, bei der man der 5%igen Fluoroborsäure 0,5 bis 2% Hydrogen-Peroxid und
0,1 bis 2% Kalumpermanganat beigab, führte dazu, dass die in der Tabelle bezüglich
der Abtragungskinetik angegebenen Werte nochmals erheblich gesteigert werden konnten.
Das Oxidationsmittel Kalziumpermanganat KMnO₄ oxidiert die Metalle resp. die Metalloxide
und führt sie in eine in der Säure besonders gut lösliche Form über. Eine solche Lösung
von Metalle und Metalloxide, welche die Radioaktivität beinhalten, ist beispielsweise:

[0024] Im Gegensatz zum bekannten AP-Citrox Dekontaminationsverfahren wird hier kein Mangatdioxid
MnO₂ an der Metalloberfläche ausgeschieden.
[0025] In einem ersten Schritt (l), wie in Figur 3 dargestellt, müssen die kontanimierten
Komponenten entfettet werden. Hiernach werden sie in ein Lösungsbad (2) gegeben. Dieses
enthält die bereits beschriebene Reagenz, bestehend aus einer 5%igen HBF₄-Säure und
0,5 % Hydrogenperoxyd.
[0026] Nachdem man die Reagenz abhängig von der notwendigen Abtragstiefe während ca. 60
Minuten auf die Bleiplatten hat einwirken lassen, entnimmt man (3) die nun dekontaminierten
Bleiplatten dem Lösungsbad (2). Die Lösung, die nun kontaminiert ist, führt man (4)
zu einem Elektrolysebad, indem man die Elektrolyse (5) durchführt. An der Anode bzw.
Kathode lagern sich nun das kontaminierte Blei bzw. Bleidioxyd. Das konzentrierte
radioaktiv kontaminierte Material (6) liegt nun in hochkonzentrierter Form vor und
kann nun auf bekannte Weise nuklear entsorgt werden. Die verbleibende HBF₄-Säure wird
der Elektrolyse-Zelle entnommen (7). Nun kann die Rückführung (9) der HBF₄-Säure in
das Lösungsbad (2) erfolgen. Dies geschieht unter Zufügung (8) von H₂O₂, bis die gewünschte
Konzentration wieder erreicht ist. Sind sämtliche Komponenten dekontaminiert, so kann
das Verfahren abgebrochen werden, indem man die Säure nach der Durchführung der Elektrolyse
durch Zufügung von Kalzium-Hydroxyd neutralisiert oder an einem kationischen Ionentauscher
bis zur reinen, nicht kontaminierten Säure regeneriert. Hierbei entsteht bekannterweise
ein Niederschlag, den man ausfiltrieren oder sedimentieren kann. Der verbleibende,
kontaminierte Filterkuchen lässt sich verfestigen und nuklear entsorgen. Das verbleibende
Filtrat ist aktivitätsfrei und enthält auch kein Blei mehr. Es kann somit ohne zusätzliche
Vorsichtsmassnahmen entsorgt werden, beispielsweise indem man es der Abwasserentsorgung
zuführt.
[0027] In weiteren Versuchsreihen wurde ermittelt, bei welchen Bedingungen die Elektrolyse
der 5%igen HBF₄-Säure durchgeführt werden soll, um eine möglichst effiziente Ausscheidung
des Bleis bzw. des Bleioxydes zu erhalten.
[0028] Die Versuche wurden bei Raumtemperatur und bei Verwendung von rostfreiem Stahl an
der Kathode und einer Grafitanode durchgeführt. Der Elektrolyt bestand aus einer 5%igen
HBF₄-Säure mit einem Gehalt von ca. 30 Gramm pro Liter Pb2+. Der Elektrolyt wurde
hergestellt durch die Lösung von Blei in einer 5%igen HBF₄-Säure mit einem Gehalt
von 0,5% H₂O₂. Der anfängliche pH-Wert war etwa 0. Die Bleielektrolyse wurde gestartet
bei einem Potential von ungefähr 2.0 Volt. Anfänglich bildeten sich Blasen an der
Anodenoberfläche. Diese verschwanden, sobald sich Bleidioxyd gebildet hatte.
[0029] Die Spannung blieb stabil während der Elektrolyse sowohl bei 30 wie auch bei 45 Milliampère
pro cm² Stromdichte bis die Bleikonzentration etwa 5 Gramm pro Liter betrug. Von diesem
Punkt weg begann die Spannung zu steigen, während gleichzeitig Blasenbildung inbesondere
an der Anode beobachtet werden konnte. Hiermit einher ging eine rapide Verschlechterung
der coulomb'schen Effizienz. Bei einer Dichte des Elektrolysestroms von 30 mA pro
cm² betrug die coulomb'sche Effizienz etwas mehr als 80%, während bei einer Erhöhung
der Stromdichte auf 45 mA pro cm² die coulomb'sche Effizienz bei annähernd 100% lag.
Die coulomb'sche Effizienz ist davon abhängig, ob sie vor oder nach dem Zeitpunkt
der Spannungserhöhung berechnet wird. Die Figur 5A zeigt zwei Beispiele der Bleielektrolyse.
In beiden Fällen wurde der Strom auf einem festen Wert gehalten. Es wurde festgestellt,
dass die Spannung stabil blieb solange wie die Bleikonzentration über 5 bis 6 Gramm
pro Liter war. Sobald diese Konzentration erreicht war, begann die Spannung zu steigen,
und die coulomb'sche Effizienz sank. Eine Steigerung der Spannung führte auch zur
Bildung von Sauerstoffblasen an der Oberfläche der Anode. Es scheint somit vorteilhaft
die Elektrolyse unter Spannungskontrolle durchzuführen, um die Sauerstoffentwicklung
zu verhindern.
[0030] Aus den Versuchen ging hervor, dass die Auflösung von metallischem Blei in HBF₄-Säure
von weniger als 50% bei einem Gehalt von weniger als 2 Vol % H₂O₂ eine erheblich verbesserte
Auflösung bewirkte. Besonders gute Resultate wurden mit einer 5%igen HBF₄-Säure mit
einem Gehalt von 0,5% H₂O₂ erzielt. In dieser Lösung liessen sich 35 Gramm Blei pro
Liter in etwa 90 - 120 Minuten auflösen. Nach der Bleiauflösung wurde die Lösung ohne
zusätzliche Modifikation direkt als Elektrolyt für die Bleirückgewinnung verwendet.
Die Elektrolyse ergab an der Stahlkathode homogenes Blei und an der Graphitanode entsprechend
Bleidioxyd Pb0₂. Die coulomb'sche Effizienz war höher als 90% solange die Elektrolysespannung
auf einem Potential gehalten wurde, bei der sich kaum eine O₂-Entwicklung zeigte.
[0031] Bei der Verwendung einer Reagenz, die aus einer Mischung von 5%igem HBF₄ sowie 0,5
- 2% H₂O₂ und 0,1 - 2% KMnO₂ besteht, lassen sich verschiedene zusätzliche Anwendungsverfahren
realisieren. Da bei der Verwendung dieser Reagenz lauter wasserlösliche Teile anfallen,
können die dekontaminierten Metallteile schliesslich ganz einfach mit Wasser sauber
gespült werden.
[0032] Ferner hat sich bei der hohen Geschwindigkeit der Auflösung gezeigt, dass diese Reagenz
auch direkt in ein geschlossenes Rohrsystem, beispielsweise einen Wärmetauscher in
einem Kernkraftwerk, eingepumpt und in diesem während einigen Stunden umgewälzt werden
kann und anschliessend die radioaktive Reagenz ausgepumpt und elektrolytisch regeneriert
werden kann. Weil die Lösung vollständig wasserlöslich ist, kann danach das Rohrsystem
mit Wasser durchgespült werden.
[0033] Eine Alternative besteht darin, dass man die Reagenz im Rohrsystem belässt, jedoch
nach einiger Zeit über einen Ionentauscher führt, mit dem sich alle radioaktiven Anteile
und die gelösten Metalle aus dem System entnehmen lassen. Die Reinigung mittels Ionentauscher
ist an und für sich eine bekannte Technologie, die hier nicht weiter erörtert werden
muss.
[0034] Eine mögliche Alterantive besteht darin, dass man die zu dekontamierenden Teile erst
einem Oxidationsmittel aussetzt und danach erst in ein reines HBF₄-Säurebad gibt,
beziehungsweise mit HBF₄-Säure besprüht. Diese Vorgehensweise kann mehrmals wiederholt
werden, bis die zu dekontaminierende Metalloberfläche eine Radioaktivität unterhalt
der Freimessgrenze aufweist.
[0035] Schlussendlich ist es aber auch möglich, erst eine Oxidation mittels einem Oxidationsmittel
durchzuführen und anschliessend erst das bereits vorher beschriebene Verfahren durchzuführen
und die radioaktiv zu dekontaminierenden Metallteile in eine Reagenz aus HBF₄ und
einem Oxidationsmittel zu geben.
1. Verfahren zur Lösung von radioaktiv kontaminierenden Oberflächen von Gegenständen
aus Metall, wobei die zu dekontaminierenden Gegenstände mit einem Dekontaminationsmittel,
enthaltend Fluoroborsäure in wässriger Lösung mit einer Konzentration von 0,05 bis
etwa 50 Mol/Liter in Kontakt gebracht und die kontaminierten Komponenten oder zumindest
deren Oberflächen vom Dekontaminationsmittel aufgelöst werden, worauf die kontamierten
Materialien nuklear entsorgt werden, dadurch gekennzeichnet, dass man zusätzlich die
Oberflächen der radioaktiv kontaminierten Komponenten mit einem Oxidationsmittel in
einen oxidierten Zustand überführt, welcher in der Fluoroborsäure eine erhöhte, schnellere
Löslichkeit aufweist, worauf anschliessend die bekannten Dekontaminationsverfahrensschritte
durchgeführt werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass man als Oxidationsmittel Hydrogen-Peroxid
verwendet.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass man als Oxidationsmittel Hydrogen
Peroxid in einer Konzentration von weniger als 20 Volumenprozent verwendet.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass man als Oxidationsmittel eine
Mischung von Hydrogen-Peroxid und einem weiteren Oxidationsmittel verwendet.
5. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass man das Oxidationsmittel
erst mit der Oberfläche der radioaktiv kontaminierten Metallkomponente in Kontakt
bringt und anschliessend mit der Fluoroborsäure, bevor die weiteren Dokontaminationsverfahrensschritte
durchgeführt werden.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die beiden ersten Schritte
mehrmals wiederholt werden, bevor die weiteren Dekontaminationsschritte durchgeführt
werden.
7. Verfahren nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Oberflächen der
ratioaktiv kontaminierten Metallkomponenten abwechslungsweise mit dem Oxidationsmittel
und der Fluoroborsäure besprüht werden.
8. Verfahren nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Oberflächen der
radionaktiv kontaminierten Metallkomponenten abwechslungsweise in ein Oxidationsmittel
und in Fluoroborsäure getaucht werden.
9. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass man die Oberflächen der radioaktiv
kontaminierten Metallkomponenten mit einer Mischung von vorzugsweise 5%iger Fluoroborsäure
und 0,5 Volumenprozent Hydrogen-Peroxid in Kontakt bringt.
10. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass man die Oberfläche der radioaktiv
kontaminierten Metallkomponenten mit einer Mischung von vorzugsweise 5%iger Fluoroborsäure,
0,5% bis 2% Hydrogen-Peroxid und 0,1 bis 2% Kalium-Permanganat in Kontakt bringt.
11. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass man die Oberflächen der radioaktiven
Metallkomponenten zuerst entfettet.
12. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass man die radioaktiven Metallkomponenten
bei Raumtemperatur in einem Bad aus Fluoroborsäure und Oxidationsmittel löst.
13. Verfahren nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, dass man eine regenerative Elektrolyse
des kontaminierten Geschmisches aus Fluoroborsäure und Oxidationsmittel bei einer
Temperatur von vorzugsweise 25° C mit einer Stromdichte von 5 - 500 mA/cm² durchführt.
14. Verfahren nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass die regenerative Elektrolyse
des kontaminierenden Gemisches unterhalb einer Spannung, die zur Sauerstoffentwicklung
führt, durchgeführt wird.
15. Verfahren nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, dass eine Elektrolyse des Gemisches
aus HBF₄-Säure und Oxidationsmittel solange durchgeführt wird, bis der Metallgehalt
weniger als 0,1 g pro Liter beträgt, worauf die verbleibende HBF₄-Säure zur Wiederholung
des Prozesses wiederverwendet wird.
16. Verfahren nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, dass nach Durchführung der Elektrolyse
die Säure durch Zufügung von Calziumhydroxid Ca(OH)₂ neutralisiert wird und der entstehende
Niederschlag ausfiltriert und/oder sedimentiert wird und der verbleibende, kontaminierte
Filterkuchen verfestigt und nuklear entsorgt wird, während das verbleibende, aktivitäts-
und bleifreie Filtrat der Abwasserentsorgung zugeführt wird.
17. Verfahren nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, dass die Elektrolyse der Mischung
solange durchgeführt wird, bis der Bleigehalt weniger als 0,1 g pro Liter beträgt,
worauf diese noch eine Restradioaktivität aufweisende Lösung durch einen Kathionentauscher
geführt wird, wodurch eine aktivitätsfreie und bleifreie 5% HBF₄-Säure erhalten wird.
18. Verfahren nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass die dekontaminierten Metallteile
mittels einer Wasserspülung gereinigt werden.
19. Verfahren nach Anspruch 10 zur Dekontamination von radioaktiv kontaminierten, geschlossenen
Rohrsystemen aus Metall, dadurch gekennzeichnet, dass in das Rohrsystem die Mischung
eingepumpt und während einer Zeit umgewälzt wird und schliesslich während einer weiteren
Zeit die Reagenz über einen Ionentauscher führt.
20. Verfahren nach Anspruch 10 zur Dekontamination von radioaktiv kontaminierten, geschlossenen
Rohrsystemen aus Metall, dadurch gekennzeichnet, dass in das Rohrsystem das Gemisch
eingepumpt und während einer Zeit umgewälzt wird, worauf die verunreinigte Reagenz
abgepumpt und das Rohrsystem mit Wasser durchgespült wird.
21. Verfahren nach Anspruch 20, dadurch gekennzeichnet, dass die abgepumpte Reagenz elektrolytisch
regeneriert wird.
22. Dekontiminationsmittel enthaltend Fluoroborsäure in wässriger Lösung mit einer Konzentration
von 0,05 bis etwa 50 Mol/Liter, zur Lösung von radioaktiv kontaminierten, oxidierten
oder nicht oxidierten Oberflächen von Gegenständen aus Metall, dadurch gekennzeichnet,
dass das Dekontaminationsmittel zudem mindestens ein Oxidationsmittel enthält.
23. Dekontaminationsmittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Oxidationsmittel
Hydrogen-Peroxid ist.
24. Dekontaminationsmittel nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass dieses weniger
als 20 Volumenprozent Hydrogen-Peroxid enthält.
25. Dekontaminationsmittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass es eine Mischung
von zwei verschiedenen Oxidationsmitteln enthält, von denen mindestens eines Hydrogen-Peroxid
ist.
26. Dekontaminationsmittel nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass dasselbe vorzugsweise
5%ige Fluoroborsäure und 0,5 Volumenprozent Hydrgen-Peroxid enthält.
27. Dekontaminationsmittel nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass dasselbe vorzugsweise
5%ige Fluoroborsäure, 0,5 bis 2% Hydrogen-Peroxid H₂O₂ und 0,1 bis 2% Kalium-Permanganat
KMnO₄ enthält.