(19)
(11) EP 0 492 098 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
01.07.1992  Patentblatt  1992/27

(21) Anmeldenummer: 91118970.2

(22) Anmeldetag:  07.11.1991
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5C06B 21/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE FR GB LI NL

(30) Priorität: 21.12.1990 CH 4108/90

(71) Anmelder: Oerlikon-Contraves Pyrotec AG
CH-8050 Zürich (CH)

(72) Erfinder:
  • Daume, Eduard
    CH-8805 Richterswil (CH)

(74) Vertreter: Hunziker, Kurt (CH) et al
Oerlikon-Contraves AG Patentabteilung Birchstrasse 155
CH-8050 Zürich
CH-8050 Zürich (CH)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung verpressbarer, wachsgebundener Explosivstoffgranulate


    (57) Reine Explosivstoffkristalle werden in wässerigen Wachsseife-Dispersionen phlegmatisiert zum Auftragen von Wachspartikeln auf der Oberfläche der Kristalle. Zur Erzielung einer gleichmässigeren Abscheidung der Wachspartikel auf den Explosivkristallen wird eine Wachsseife-Mikrodispersion mit Partikelgrössen < 0.1 µm verwendet. Im Falle der Mitverwendung von Aluminiumpulver wird nach der Fällung der ph-Wert der Wasserphase durch Puffern stabilisiert zur Verhinderung einer unkontrollierbaren Wasserstoffentwicklung.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung verpressbarer, wachsgebundener Explosivstoffgranulate nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1.

    [0002] Feste kristalline Explosivstoffe, auch Sprengstoffe genannt, wie Trimethylentrinitramin (Hexogen, RDX), Tetramethylentetranitramin (Octogen, HMX), Pentaerythrittetranitrat (Nitropenta, PETN) in reiner Form, oder gegebenenfalls mit Zusätzen von Metallpulvern wie Aluminium, Wolfram usw. für spezielle Zwecke werden üblicherweise phlegmatisiert durch einen Auftrag von Wachs auf der Partikeloberfläche in Konzentrationen von 2 bis 20%. Das Wachs hat die Eigenschaft eines plastischen, die Reibkräfte abbauenden Binders. Es ermöglicht deshalb die Laborierung im Pressverfahren und erniedrigt überdies die Beschussempfindlichkeit gepresster Explosivstoff-Ladungen. Die phlegmatisierende Wirkung steigt mit der Wachskonzentration; sie erniedrigt aber auch die Detonationsgeschwindigkeit und damit die Leistung des Explosivstoffs. Wesentlich für eine Optimierung hinsichtlich Leistung und Empfindlichkeit ist ein gleichmässiger Auftrag der Wachsschicht und dem darin eingebetteten Metallpulver auf der Oberfläche der Explosivstoffkristalle. Weiterhin ist der Einsatz möglichst reiner, d.h. nicht zur Exsudation neigender Wachse mit einem Schmelzpunkt oberhalb von 71°C erwünscht, weil für Munition eine obere Temperatur-Einsatzgrenze von mindestens 71°C gefordert wird. Unter Exsudation wird das Ausschwitzen von Verunreinigungen bei erhöhter Temperatur verstanden.

    [0003] Zur Herstellung wachsgebundener Explosivstoffe sind aus der Praxis eine Vielzahl von Verfahren bekannt. Beispielsweise werden im einfachsten Verfahren die Explosivstoffkristalle und das Wachs in einer wässerigen Aufschlämmung unter intensivem Rühren über den Wachsschmelzpunkt erwärmt. Beim Abkühlen erfolgt eine Abscheidung des Wachses auf den Explosivstoffkristallen. Dieses Vorgehen führt zu einer tropfenförmigen, ungleichmässigen und nicht vollständigen Abdeckung der Sprengstoffkristalle. Die Qualität derart hergestellter Sprengstoffe hinsichtlich Rissanfälligkeit und Phlegmatisierung ist deshalb unbefriedigend. Verbesserungen hinsichtlich der gleichmässigen Umhüllung der Explosivstoffkristalle mit einer Wachsschicht, vorgenommen in wässeriger Phase, werden erreicht mit Hilfe wässeriger Wachsdispersionen, in denen die Wachspartikel, je nach angewendetem Verfahren, in Teilchengrössen von 1 bis 20 µm vorliegen. Die Abscheidung der in disperser Form vorliegenden Wachsteilchen auf dem Explosivstoff wird durch Brechen der Dispersionen mit Fällmitteln vorgenommen. Die wässerigen Wachsdispersionen werden in der Regel separat hergestellt und der gerührten Sprengstoffaufschlämmung hinzugegeben. Zur Herstellung der Wachsdispersionen wird das Wachs zusammen mit Salzen von Fettsäuren mit oder ohne weitere Tenside in Wasser bei Temperaturen oberhalb des Wachsschmelzpunktes intensiv gerührt. Falls Temperaturen von mehr als 100°C erforderlich sind, muss ein Autoklav eingesetzt werden. Benutzt werden vorzugsweise Natur- oder Synthesewachse mit Schmelzpunkten im Bereich von 50 bis 100°C, wie z.B. Polyethylen-, Polypropylen-, Montan-, Fischer-Tropsch-, Bienen-, Amidwachse etc. Als dispergierend wirkende Tenside werden Alkali-, Ammonium-, Morpholin-, Triethanolamin- und Diethanolamin-Salze von Fettsäuren, wie z.B. Myristin-, Palmitin-, Stearin-, Ölsäuren, usw. eingesetzt. Die Fällung wird mit wasserlöslichen organischen Säuren oder Mineralsäuren wie Essigsäure, Schwefelsäure, Salzsäure, Phosphorsäure usw. oder mit wässerigen Lösungen mehrwertiger Metallsalze, z.B. Bariumchlorid, vorgenommen. Bei solchen Verfahren ergeben die mit Hilfe der Salze von Fettsäuren hergestellten Dispersionen beim Abscheiden des Wachses auf den Sprengstoffkristallen durch Fällen keine gleichmässige Verteilung. Weiter bilden sich beim Fällen mit Säuren aus den wasserlöslichen Salzen der Fettsäuren die wasserunlöslichen freien Fettsäuren. Diese werden zusammen mit dem Wachs abgeschieden. Sie erniedrigen dessen Schmelzpunkt und können überdies bei erhöhter Temperatur ausschwitzen (Exsudation). Ferner werden beim Fällen mit wasserlöslichen mehrwertigen Metallsalzen die wasserunlöslichen Metallsalze der Fettsäuren gebildet, die sich zusammen mit dem Wachs abscheiden. Wenn sie in relativ hoher Konzentration vorliegen, sind sie unerwünscht.

    [0004] Falls ein gemischter Explosivstoff, der neben dem reinen Explosivstoff noch sehr feines Aluminiumpulver enthält, hergestellt wird, tritt nach dem Fällen der Dispersion durch Zusetzen von Säuren oder mehrwertigen Metallsalzen eine schnell einsetzende Reaktion zwischen dem Metall und dem Wasser auf unter Bildung von Wasserstoff. Die ansteigende Reaktionsgeschwindigkeit kann ein unkontrollierbares Mass annehmen und bei Grossansätzen zu einem Gefahrenrisiko werden. Im weiteren stört der entstehende Wasserstoff die Abscheidung der Wachs-Aluminiummischung auf den Explosivstoffkristallen. Zum Bremsen dieses unerwünschten und gefährlichen Effektes auf ein tolerierbares Mass müssen deshalb relativ grobkörnige Aluminiumpulver mit einer Korngrösse von mindestens 50 µm eingesetzt werden, was ungenügende Haftung auf der Explosivstoffoberfläche und erhöhte Neigung zur Entmischung nach sich zieht. Schliesslich neigen die mit Wachs umhüllten Explosivstoffkristalle zur elektrostatischen Aufladung, die sich bei Abfüll-, Sieb- oder Dosieroperationen durch ein unangenehmes Kleben oder Spritzen bemerkbar macht.

    [0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die bekannten Verfahren zur Herstellung verpressbarer, wachsgebundener Explosivstoffgranulate derart zu verbessern, dass eine optimal wirksame Phlegmatisierung gewährleistet sowie bei der Verwendung von Aluminiumpulver eine unkontrollierbare Wasserstoffentwicklung vermieden werden.

    [0006] Diese Aufgabe wird durch die im Kennzeichen der Ansprüche aufgeführten Verfahrensschritte gelöst.

    [0007] Die durch die Erfindung erreichten Vorteile sind im wesentlichen darin zu sehen, dass ein exsudatfreies Wachs alleine oder gegenbenenfalls mit dem Metallpulver gleichmässig auf den Explosivstoffkristallen abgeschieden wird. Weiter wird die Wasserstoff bildende Reaktion zwischen dem Aluminiumpulver und dem Wasser unterdrückt. Ferner wird eine Entmischung des Explosivgranulats verhindert und die Laborierfähigkeit verbessert.

    [0008] Anhand weiterer Erläuterungen und Beispiele wird die Erfindung nachfolgend beschrieben.

    [0009] Eine optimal wirksame Phlegmatisierung eines Explosivstoffes mit einer festgelegten Binderkonzentration erfordert eine gleichmässige Abscheidung des Wachses auf den Explosivstoffkristallen. Unter gleichmässiger Abscheidung wird eine vollständige, von blanken Stellen freie Abdeckung konstanter Schichtdicke der Kristallflächen verstanden. Dieses Ziel wird erfindungsgemäss erreicht durch Fällen einer Wachsseife-Mikrodispersion, bei der Partikelgrössen < 0,1 µm verwendet werden. Sie wirkt optisch klar, zeigt aber den Tyndal-Effekt und ist deshalb keine echte Lösung im physikalischen Sinn. Als Tyndal-Effekt wird die Streuung des Lichtes an dispergierten kleinsten Teilchen bezeichnet.

    [0010] Die Wachsseife-Mikrodispersion wird vorzugsweise hergestellt durch Eingiessen einer heissen Wachsseifelösung in eine intensiv gerührte, heisse wässerige Aufschlämmung der Explosivstoffkristalle, wobei vorzugsweise eine Wachsseifelösung verwendet wird aus mindestens 40 Gewichts% 1-Propanol, einem nichtionogenen Tensid und einem Säurewachs, dessen Carboxylgruppen teilweise oder vollständig umgesetzt sind mit einem Amin. Die Umsetzung der Carboxylgruppen des Säurewachses erfolgt durch Zugabe des Amins unter Rühren zur propanolischen Wachslösung knapp unterhalb ihrem Kochpunkt. Die für diesen Zweck gut geeigneten Amine sind Morpholin, Triethanolamin oder andere.

    [0011] Wird zusätzlich zu den reinen Explosivstoffkristallen als Metallpulver ein Aluminiumpulver mit einer mittleren Korngrösse von weniger als 10 µm zur Aufschlämmung der Explosivstoffkristalle in der wässerigen Mikrodispersion der Wachsseife zugesetzt, wird das Wachs mit einer dem eingesetzten Amin äquivalenten Menge einer starken Mineralsäure, wie z.B. Schwefelsäure, quantitativ gefällt. Anschliessend wird durch Zusatz einer Pufferlösung der pH-Wert der Wasserphase eingestellt, z.B. auf einen Wert von 3.8 ± 1.0, vorzugsweise 3,8 ± 0.2. Dabei bildet das aus dem Aminderivat freigesetzte Wachs vorerst ein sehr feines Gel, das beim Erwärmen der Aufschlämmung die Metallpartikel umhüllt und sich als gleichmässige, zunehmend dichtere Wachs-Metallpulverschicht auf den Explosivstoffkristallen niederschlägt. Die Abscheidung ist knapp unterhalb des Wachsschmelzpunktes erreicht. Oberhalb des Wachsschmelzpunktes vereinigen sich die umhüllten Explosivstoffkristalle zu Aggregaten, die sich mit steigender Temperatur vergrössern. Mit der Temperatur kann demnach die Korngrösse gesteuert werden. Wenn die gewünschte Korngrösse erreicht ist, wird Graphitpulver hinzugegeben und gekühlt.

    [0012] Falls ohne Zusatz von Metallpulver gearbeitet wird, kann auf das Puffern verzichtet werden. Der Abscheidevorgang der Wachsgelteilchen auf den Explosivstoffkristallen bleibt unverändert.

    [0013] Für die gleichmässige Abscheidung des Wachses alleine oder zusammen mit Metallpulver auf den Explosivstoffkristallen wird ein nichtionogenes, wasserlösliches Tensid verwendet. Das Tensid erleichtert überdies die Bildung der Mikrodispersion. Es wird deshalb vorzugsweise schon der Wachslösung zugegeben.

    [0014] Die Wasserphase kann sowohl aus deionisiertem als auch Gebrauchswasser bestehen. Falls Gebrauchswasser eingesetzt wird, entsteht nach Zugabe der Wachsseifelösung eine schwache Trübung durch die Bildung der schwerlöslichen Ca- und Mg-Salze des Säurewachses. Dieser Effekt ist weiter nicht störend.

    [0015] Die Bildung der Wachsseife-Mikrodispersion hängt vom Verseifungsgrad des Säurewachses, dem verwendeten Amin, dem Anteil des 1-Propanols in der Wachsseifelösung, der Temperatur der Wasserphase und der Wachsseifelösung ab. Eine vollständige Mikrodispersion entsteht vorzugsweise, wenn die Temperatur der Wachsseifelösung mindestens 85°C, die Temperatur der Wasserphase mindestens 65°C und der Verseifungsgrad des Wachses mit Amin mindestens dem Betrag von 30 mg KOH/g entspricht.

    [0016] Die Wachsseife-Mikrodispersion hat den weiteren Vorteil, dass keine Salze von Fettsäuren als Dispergierhilfsmittel eingesetzt werden müssen, die nach dem Fällen mit Säure die freien, niedrig schmelzenden, das Wachs verunreinigenden Fettsäuren bilden. Die zur Herstellung der Mikrodispersion erforderlichen hydrophilen Amingruppen werden reversibel in das Wachsmolekül eingebaut. Beim Ansäuern entstehen neben dem freien Wachs die vollständig wasserlöslichen Aminsalze der zur Fällung benutzten Säure. Damit wird die Abscheidung einer von Verunreinigungen freien und deshalb nicht exsudierenden Wachsschicht erzielt.

    [0017] An den phlegmatisierten Mischexplosivstoff aus Explosivstoffkristallen, die mit Wachs und Metallpulver umhüllt sind, wird weiterhin die Forderung gestellt, dass er mechanisch hinreichend stabil ist, d.h. dass keine Entmischung auftritt zwischen dem Metallpulver und den Explosivstoffkristallen durch mechanische Beanspruchungen wie z.B. Transportvibrationen. Entmischte Explosivstoffe der beschriebenen Art führen zu unhomogenen Presslingen mit unterschiedlicher Zusammensetzung. Die Neigung zum Entmischen wird vor allem durch die Verwendung zu grober Metallpulver verstärkt, die eingebettet in die relativ dünne Wachsschicht nicht ausreichend auf den Explosivstoffkristallen haften. Abhilfe wird durch die vorzugsweise Verwendung feiner Metallpulver mit einer Korngrösse von weniger als 10 µm geschaffen. Damit derart feine Metallpulver gleichmässig auf den Explosivstoffkristallen haftfest aufgebracht werden können, müssen sie vollständig von der Wachsschicht umhüllt werden. Dies wird ermöglicht mit der erfindungsgemässen Wachsseife-Mikrodispersion, deren Teilchengrösse und die nach dem Brechen der Dispersion daraus entstehenden Gelteilchen kleiner sind als die zu umhüllenden Metallpartikel.

    [0018] Wachs- oder kunststoffgebundene Mischsprengstoffe zeigen häufig ein unangenehmes Sprühen der feinen Teilchen beim Umschütten oder Dosieren, weiterhin kann auch Kleben an der Gebindewandung auftreten. Diese unangenehmen Effekte sind auf die elektrostatische Aufladung zurückzuführen. Zur Beseitigung dieser störenden Erscheinung werden den trockenen Sprengstoffen nachträglich Graphitpulver zugesetzt. Trocken eingearbeitetes Graphit hat den Nachteil geringer Haftung auf der Oberfläche der Sprengstoff-Granulate und einer ungleichmässigen Verteilung als Folge. Vorzugsweise wird nun zum Aufbringen einer gleichmässigen Graphitschicht der Graphit schon in der wässerigen Phase nach der Abscheidung des Wachses bei der Höchsttemperatur der Sprengstoffaufschlämmung zugesetzt. Dieses Vorgehen bringt neben einer Vereinfachung des Verfahrens eine Verbesserung der Haftung und der Verteilung, weil die Graphitteilchen auf der bei erhöhter Temperatur noch weichen Wachsschicht gut zum Haften gebracht werden können.

    [0019] Falls bei der Herstellung wachsgebundener, metallhaltiger Explosivstoffe in wässeriger Phase Aluminiumpulver verwendet wird, entstehen die vorgängig in der Einleitung aufgeführten Probleme wegen der hohen Reaktivität dieses Metalls gegenüber dem Wasser. Erfindungsgemäss ist aber die Verwendung von feinem Aluminiumpulver mit einer Korngrösse von weniger als 10 µm für das angestrebte Ziel einer geringen Entmischbarkeit und guten Homogenität des Sprengstoffs erforderlich. Eine weitere Aufgabe der Erfindung besteht deshalb darin, das feine Aluminiumpulver durch geeignete Massnahmen zur Unterdrückung der Wasserstoffbildung dem Verfahren zugänglich zu machen, was erfindungsgemäss erreicht wird durch die Stabilisierung des pH-Wertes der wässerigen Phase nach der Fällung der Mikrodispersion auf den Wert von 3.8 ± 1.0 mit einem Puffersystem, vorzugsweise mit einem Formiatpuffer auf den Wert von 3.8 ± 0.2.

    [0020] In der nachfolgenden Tabelle I ist der Einfluss des pH-Wertes wässeriger Lösungen auf feinkörniges Aluminiumpulver dargestellt. Die Versuchsreihe zeigt deutlich die hohe Reaktivität von kalkhaltigem Gebrauchswasser und destilliertem Wasser im pH-Bereich von 6-7. Bei 80°C reagiert in diesen Fällen das Aluminium heftig unter Aufschäumen. Verdünnte Schwefelsäuren haben ein Reaktivitätsminimum bei pH 4 mit einer drastisch verlangsamten Geschwindigkeit. Daraus ist ableitbar, dass eine Stabilisierung der Protonenkonzentration durch Puffern im Minimumbereich zu einer ausreichenden Absenkung der Reaktionsgeschwindigkeit führen muss. Die wässerige Wachsseife-Dispersion im kritischen ph-Bereich von 7, bestehend aus einem mit Morpholin teilverseiften Säurewachs mit einem ph-Wert von ca. 7, zeigt gegenüber dem aufgeschlämmten Aluminium eine ausserordentlich stabilisierende Wirkung. Die Ursache für diesen überraschenden Effekt ist offensichtlich die Bildung von schwerlöslichen Aluminiumsalzen des Wachses, die auf der Oberfläche der Aluminiumpartikel entstehen und damit einen Schutz gegenüber dem weiteren Angriff von Protonen oder Hydroxylionen bilden. Ein Hinweis für diesen Mechanismus ist die nach längerer Lagerzeit auftretende Trübung der überstehenden Lösung, hervorgerufen durch das schwerlösliche Aluminiumsalz des Wachses.

    [0021] In der nachfolgenden Tabelle II ist die Wirkung von Puffersystemen im günstigen pH-Bereich von 3-5 aufgeführt. Die Daten bestätigen die aus den Vorversuchen (Tabelle I) abgeleitete Hypothese.

    [0022] Die mit dem Formiat-Puffersystem auf den pH 3.8 eingestellte wässerige Phase zeigt gegenüber dem Aluminium das vermutete Reaktivitätsminimum, gekennzeichnet durch eine ausserordentlich hohe Reaktionsträgheit bei einer Temperatur von 80°C.

    [0023] Im pH-Bereich unterhalb und oberhalb von 4, eingestellt mit Citratpuffer (pH 3.1) und Acetatpuffer (pH 4.8), ist wieder eine erhöhte Reaktivität zu beobachten. Beide Puffersysteme sind aber noch immer so wirksam, dass sie für den vorgesehenen Zweck ebenfalls eingesetzt werden können.

    [0024] Weitere Untersuchungen zeigten, dass die 3 brauchbaren Puffersysteme im Bereich von 0.02 bis 0.2 mol/l wirksam sind. Bei kleineren Konzentrationen verschlechtert sich die Wirksamkeit wegen der nachlassenden Kapazität, d.h. der pH-Wert steigt zu schnell als Folge der unvermeidlichen schwachen Reaktion unter Protonenverbrauch. Bei höheren Konzentrationen ist die verschlechterte Wirksamkeit wahrscheinlich auf einen veränderten Aktivitätskoeffizienten zurückzuführen. Auch in dieser Reihe zeigt das Formiat-Puffersystem im pH-Bereich von 4 die grösste Wirksamkeit.

    [0025] Die für die Pufferlösungen angegebenen Konzentrationen sind als Summe der Säure- und Anionbasenkonzentration in mol/l aufzufassen bei einem unveränderten molaren Säure-Basenverhältnis von 1:1. Der vorzugsweise als optimal ermittelte pH-Wert 3.8, der mit dem Formiat-Puffersystem mit dem molaren Säure-Anionbasenverhältnis von 1:1 eingestellt wurde, lässt sich naturgemäss auch mit anderen Puffer-Systemen durch Änderung des Säure-Anionbasen-Verhältnisses nach folgender allgemeiner Beziehung einstellen:

    Ks
    [mol/l] Dissoziationskonstante der Säure
    Cs
    [mol/l] Konzentration der Säure
    Cb
    [mol/l] Konzentration der korrespondierenden Anionbase


    [0026] Die Verwendung anderer Puffersysteme für den gewünschten pH-Wert führt zu einem Verlust an Pufferkapazität.







    [0027] Folgende Beispiele dienen zur weiteren Erläuterung der Erfindung:

    Beispiel 1



    [0028] 360 g Höchstwachs S, 360 g 1-Propanol und 9,0 g Arkopal N-300 wurden unter Rühren bis zum schwachen Sieden (94°C) erhitzt. Nach dem vollständigen Auflösen der Feststoffe und Absenken der Temperatur um etwa 2°C wurden 39,6 g Morpholin in die klare Wachslösung gegossen. Die unverändert klare Lösung mit dem teilverseiften Wachs dient zur Herstellung der Wachsseife-Mikrodispersion.

    [0029] Unter den aufgeführten Bedingungen sind 50% der im Säurewachs verwendeten Carboxylgruppen verseift.

    [0030] Eingesetzte Rohstoffe:
    Höchstwachs S
    Säurewachs der Fa. Höchst/BRD mit einer Säurezahl von 145 mg/KOHg und einem Tropfpunkt von 81-87°C
    Arkopal N 300
    Tensid aus der Klasse der Nonylphenolpolyglykolether der Fa. Höchst/BRD
    1-Propanol
    Qualität purum, Kochpunkt ca. 96-98°C
    Morpholin
    Qualität purum, Reinheit > 98%, Kochpunkt 124-128°C

    Beispiel 2



    [0031] 1710 g Hexogen werden in 9 l deionisiertem Wasser unter intensivem Rühren aufgeheizt. Bei der Temperatur von 70°C wird die gesamte 90°C warme Wachsseifelösung (Bsp.1) in die Sprengstoffaufschlämmung gegossen. Nach dem Abkühlen auf 65°C erfolgt die Zugabe von 900 g Aluminiumpulver. Nach 5 Minuten wird die Wachsseife-Mikrodispersion durch die Zugabe von 231 g Schwefelsäure [ca. 10%ig] gebrochen und anschliessend der pH-Wert durch die Zugabe von 50 cm³ 4-molarer Formiat-Pufferlösung auf den Wert von 3.8 stabilisiert. Nach dem Aufwärmen auf 77°C erfolgt die schnelle Zugabe von 30.0 g Graphitpulver und das sofortige Abkühlen auf eine Temperatur von 50°C. Das Explosivstoffgranulat wird in üblicher Weise abfiltriert, mit Gebrauchswasser säurefrei gewaschen und bei 50°C unter Vakuum bis zur Gewichtskonstanz getrocknet.

    [0032] Die eingesetzte Schwefelsäuremenge ist der in der Wachslösung (Bsp.1) enthaltenen Morpholinmenge äquivalent. Der genaue Bedarf wird mit Hilfe der titrimetrisch ermittelten spezifischen Säuremenge nach folgendem Verfahren berechnet:
    A
    [cm³/g] Spezifischer Säureverbrauch für Morpholin
    D
    [g/cm³] Dichte der Schwefelsäure ca. 10%ig
    M
    [g] Eingesetzte Morpholinmenge
    Säuremenge [g]
    = A . D . M


    [0033] Für das Beispiel 2 gelten folgende Daten:
    A =
    5,50 cm³/g
    D =
    1,061 cm³/g
    M =
    39,6 g


    [0034] Eingesetzte Rohstoffe:
    Hexogen
    Produkt mit einer mittleren Korngrösse von 400 µm
    Aluminiumpulver
    Sphärisches Produkt mit einer mittleren Korngrösse von 7 µm und einem Reinmetallgehalt von > 95%
    Formiat-Pufferlösung
    Wässerige Lösung mit einer Konzentration von je
    (4 molar)
    2 mol/l Ameisensäure und Natriumformiat
    Graphit-Pulver
    Produkt mit einer mittleren Korngrösse von weniger als 40 µm


    [0035] Das nach Beispiel 2 hergestellte Produkt hat folgende Zusammensetzung:
    Hexogen 57,0 Gewichts%
    Aluminiumpulver 30,0 Gewichts%
    Wachs 12,0 Gewichts%
    Graphit 1,0 Gewichts%



    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung verpressbarer, wachsgebundener Explosivstoffgranulate durch Aufschlämmen reiner Explosivstoffkristalle unter Rühren in einer wässerigen Wachsseife-Dispersion, Brechen der Dispersion und Abscheiden der gebildeten Wachsgelpartikel auf der Oberfläche der Explosivstoffkristalle, dadurch gekennzeichnet, dass als wässerige Wachsseife-Dispersion eine Wachsseife-Mikrodispersion mit Partikelgrössen < 0,1 µm verwendet wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zusätzlich zu den Explosivstoffkristallen Metallpulver mit einer mittleren Korngrösse von weniger als 10 µm verwendet wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass als Wachsseife-Mikrodispersion eine Wachsseifelösung mit einer Mindesttemperatur von 85°C eingegossen in eine intensiv gerührte Wasserphase mit einer Mindesttemperatur von 65°C verwendet wird.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass eine Wachsseifelösung verwendet wird aus mindestens 40 Gewichts% 1-Propanol, einem Säurewachs mit einer Säurezahl von mindestens 30 mg KOH/g und einem Tropfpunkt von mindestens 77°C, einem Amin und einem nichtionogenen Tensid.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die verwendete Menge des Amins mindestens der einer Säurezahl von 30 mg KOH/g äquivalenten Menge Carboxylgruppen des eingesetzten Säurewachses entspricht.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass in der Wachsseifelösung ein Tensid aus der Klasse der Nonylphenolpolyglykolether der allgemeinen Formel C₉H₁₉(C₆H₄)-0-(CH₂CH₂0)xH mit mindestens 23 (x) Aethylenoxidgruppen in der Polyglykoletherkette verwendet wird.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Tensidmenge in der Wachsseifelösung so bemessen wird, dass ihre Konzentration in der Wasserphase nach dem Hinzugiessen der Wachsseifelösung höchstens 0,30 Gewichts% beträgt.
     
    8. Verfahren nach einem der Ansprüche 3 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Wachsseife-Mikrodispersion bei einer Höchsttemperatur von 70°C gebrochen wird durch Zugabe einer dem Amin äquivalenten Menge verdünnter Schwefelsäure.
     
    9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass als Metallpulver Aluminiumpulver verwendet wird und dass unmittelbar nach dem Brechen der Wachsseife-Mikrodispersion die Zugabe eines Formiat-Puffers erfolgt zum Einstellen des pH-Wertes der Wasserphase.
     
    10. Verfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass der pH-Wert auf 3.8 ± 1.0, vorzugsweise 3.8 ± 0.2 eingestellt wird.
     
    11. Verfahren nach Anspruch 9 oder 10, dadurch gekennzeichnet, dass die Temperatur der gebrochenen Wachsseife-Mikrodispersion nach Zugabe des Puffers erhöht wird, bis das Wachs zusammen mit dem Metallpulver auf den Explosivstoffkristallen abgeschieden ist.
     
    12. Verfahren nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass nach dem Erreichen der Höchsttemperatur Graphitpulver zugesetzt und anschliessend abgekühlt wird.
     





    Recherchenbericht