[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen einer Flüssig-Fest-Metallegierungsphase
für die Weiterverarbeitung als Werkstoff im thixotropen Zustand, wobei eine Legierungsschmelze
mit einem erstarrten Anteil an Primärkristallen auf einer Temperatur zwischen Solidus-
und Liquidustemperatur der Legierung gehalten wird und die Primärkristalle zu einzelnen
degenerierten Dendriten oder Gusskörnern von im wesentlichen globulitischer Gestalt
geformt werden.
[0002] Bei der Herstellung von Metallegierungsphasen mit thixotropen Eigenschaften ist bekannt,
die Temperatur einer Legierungsschmelze auf einen Wert zwischen Solidus- und Liquidustemperatur
einzustellen und den hierbei entstehenden Legierungsbrei zur Umwandlung der beim Erstarrungsvorgang
sich bildenden Dendriten zu im wesentlichen globulitischen Gusskörnern kräftig zu
rühren. Dieses Verfahren sowie die Einsatzmöglichkeiten der damit erzeugten Metallegierungsphase
mit thixotropen Eigenschaften ist beispielsweise in US-A-3 948 650 und US-A-3 959
651 ausführlich beschrieben. Die Rührwirkung wird auf mechanischem oder elektromagnetischem
Weg erzeugt. Die DE-C-25 14 386 offenbart weiterhin ein Verfahren, bei dem eine Legierung
in Knüppel- oder Stangenform auf eine Temperatur zwischen Liquidus- und Solidustemperatur
erwärmt und ohne Rühren während einigen Minuten bis Stunden auf dieser Temperatur
gehalten wird.
[0003] Die drei genannten Verfahren weisen jedoch nicht unerhebliche Nachteile auf. Sowohl
beim mechanischen als auch beim elektromagnetischen Rühren besteht die Gefahr, dass
einerseits auf der Schmelzeoberfläche sich ausbildende Oxidhäute und andererseits
durch Wirbelbildung entstehende Luftblasen in die Schmelze eingerührt werden, was
sich am Endprodukt durch unerwünschte Einschlüsse bzw. Porosität bemerkbar macht.
Zudem lässt sich mit beiden Verfahren keine einheitliche Gusskorngrösse erzielen.
Mit einem mechanischen Rührwerk ist überdies ein wirksames Rühren im Bereich der Erstarrungfront
des Legierungsbreis aus konstruktionsbedingten Gründen nur schwer durchführbar. Die
durch das Rühren bedingten Nachteile können zwar beim Verfahren nach DE-C-25 14 386
vermindert werden, jedoch tritt durch die verhältnismässig lange Haltezeit des Legierungsbreis
über Solidustemperatur eine unerwünschte Kornvergröberung ein.
[0004] Angesichts dieser Gegebenheiten haben sich die Erfinder zum Ziel gesetzt, ein Verfahren
der eingangs erwähnten Art zu schaffen, mit welchem eine Metallegierungsphase mit
thixotropen Eigenschaften mit möglichst wenig oxidischen Einschlüssen, geringer Porosität
und einheitlicher Gusskorngrösse hergestellt und die Behandlungszeit des Legierungsbreis
so kurz gehalten werden kann, dass keine wesentliche Kornvergröberung eintritt. Zudem
soll das Verfahren einfach durchführbar und kostengünstig sein.
[0005] Zur erfindungsgemässen Lösung der Aufgabe führt, dass in der Flüssig-Fest-Metallegierungsphase
mechanische Schwingungen im Frequenzbereich zwischen 10 und 100 kHz erzeugt werden.
[0006] Die vorzugsweise im Ultraschallfrequenzbereich zwischen 18 und 45 kHz liegenden Schwingungen
bewirken in der teilerstarrten Schmelze neben der gewünschten Ausbildung feiner, globulitischer
Gusskörner von einheitlicher Korngrösse zusätzlich eine Homogenisierung und Entgasung
der Schmelze.
[0007] Ein weiterer wesentlicher Vorteil des erfindungsgemässen Verfahrens wird darin gesehen,
dass der durch die mechanischen Schwingungen erzeugte "Rühreffekt" praktisch bis zur
vollständigen Erstarrung des Legierungsbreis aufrechterhalten bleiben kann, dies im
Gegensatz zum mechanischen oder elektromagnetischen Rühren, welches infolge zunehmender
Viskosität des Legierungsbreis nur bis zu einem Primärkristallanteil von etwa 65 Gew.-%
im Legierungsbrei wirksam ist.
[0008] Die mechanischen Schwingungen im Legierungsbrei können auf irgendeine Weise erzeugt
werden, so beispielsweise über die Kokille durch Ankoppelung eines Schwingungserzeugers
am Kokillenrahmen. Bevorzugt erfolgt jedoch die Erzeugung der Schwingungen über die
Schwingungsfläche mindestens eines direkt in die Metallschmelze eintauchenden Schwingungserzeugers,
wobei die Schwingungsamplitude der Schwingungsfläche zwischen 5 und 100 µm, vorzugsweise
zwischen 20 und 60 µm liegt.
[0009] Die mechanischen Schwingungen können kontinuierlich oder pulsierend erfolgen, wobei
bei pulsierender Schwingung die Pulsdauer bevorzugt zwischen 20 ms und 10 s, insbesondere
zwischen 0,1 s und 1 s eingestellt wird und das Verhältnis der Pulsdauer der mechanischen
Schwingungen zur Pausendauer zwischen 0,1 und 1 liegt.
[0010] Das erfindungsgemässe Verfahren ist sowohl bei stationären Kokillengiessverfahren
wie Kokillen- und Sandguss als auch bei kontinuierlichen Verfahren wie vertikales
und horizontales, konventionelles und elektromagnetisches Stranggiessen sowie Bandgiessverfahren
aller Art anwendbar.
[0011] Beim Stranggiessen beträgt die über die mechanischen Schwingungen in die Schmelze
eingebrachte Leistung bevorzugt 2 bis 50 W/cm² Strangquerschnitt, insbesondere 5 bis
20 W/cm² Strangquerschnitt. Die Schwingungsfläche der/des Schwingungserzeuger/s beträgt
bevorzugt 1 bis 100%, insbesondere 10 bis 60% der Strangquerschnittsfläche.
[0012] Vorteilhafterweise wird zur Erzeugung der mechanischen Schwingungen ein piezoelektrischer
Schwingungserzeuger eingesetzt, da dessen Amplitude unabhängig von dessen Leistung
präzis eingestellt werden kann und zudem grössere Amplituden als bei magnetomechanischen
Schwingungserzeugern möglich sind.
[0013] Während bei kontinuierlichen Giessverfahren die mechanischen Schwingungen naturgemäss
während des gesamten Erstarrungsvorganges von der Schmelze über den Legierungsbrei
bis hin zur vollständigen Erstarrung auf das Metall einwirken, genügt es bei stationären
Giessverfahren, die mechanischen Schwingungen kurz vor dem Erstarrungsbeginn in die
Schmelze einzuleiten. Zur Erzielung eines optimalen thixotropen Gefüges werden die
Schwingungen üblicherweise bis kurz vor Eintritt der vollständigen Erstarrung der
Schmelze aufrechterhalten.
[0014] Im allgemeinen wird die mit dem erfindungsgemässen Verfahren hergestellte Flüssig-Fest-Metallegierungsphase
zunächst unter die Solidustemperatur der Legierung -- im allgemeinen auf Raumtemperatur
-- abgekühlt.
[0015] Hierbei wird die Struktur mit den thixotropen Eigenschaften "eingefroren". Zur Weiterverarbeitung
des Materials in einer Druckgiessmaschine oder durch andere Warmumformungsverfahren
wie Schmieden oder Pressen wird der thixotrope Zustand der Legierung durch erneutes
rasches Aufheizen auf eine Temperatur im Bereich zwischen Solidus- und Liquidustemperatur
der Legierung wieder hergestellt.
[0016] Selbstverständlich kann die Flüssig-Fest-Metallegierungsphase mit thixotropen Eigenschaften
auch unmittelbar nach deren Erzeugung ohne vorherige vollständige Verfestigung weiterverarbeitet
werden. Bei Anwendung kontinuierlicher Giessverfahren wird in diesem Fall der Wärmeentzug
derart gesteuert, dass die minimale Temperatur des Breis nicht unter die Solidustemperatur
der Legierung absinkt. Anstelle eines festen Stranges wird die Flüssig-Fest-Metallegierungsphase
abgezogen und direkt weiterverarbeitet.
[0017] Es sei hier noch angemerkt, dass unter dem Begriff Legierung auch die Reinmetalle
mit herstellungsbedingten Verunreinigungen verstanden werden, also beispielsweise
die verschiedenen Qualitäten von Reinaluminium.
[0018] Das erfindungsgemässe Verfahren ist besonders geeignet zum Herstellen thixotroper
Aluminiumlegierungen. Grundsätzlich können jedoch alle vergiessbaren Legierungssysteme
verarbeitet werden.
[0019] Orientierende Versuche an einer Legierung des Typs AlSi7Mg haben gezeigt, dass die
Ultraschallbehandlung der Flüssig-Fest-Phase nicht nur zu globulitischen Gusskörnern
einheitlicher Korngrösse führt, sondern gleichzeitig eine Kornfeinung beobachtet werden
kann. Wird ein thixotropes Gefüge mit noch kleinerer Gusskorngrösse gewünscht, so
kann der Schmelze zusätzlich ein Kornfeinungsmittel bekannter Art wie beispielsweise
Titanborid zugegeben werden. Die Versuchsergebnisse sind in nachstehender Tabelle
zusammengestellt.

[0020] Tabelle: mittlerer Gusskorndurchmesser in AlSi7Mg
[0021] Das erfindungsgemässe Verfahren wird nachstehend anhand eines in der Figur schematisch
dargestellten Ausführungsbeispieles näher erläutert.
[0022] Eine vertikale Stranggiessanlage 10 weist eine ringförmig angeordnete, innengekühlte
Kokille 12 auf, deren spaltförmige Oeffnung 14 zum Aufbringen von Kühlmittel 16 auf
die Oberfläche des aus der Kokille 12 austretenden Stranges 18 dient. Oberhalb der
Kokille 12 ist ein Aufsatz 20 aus feuerfesten, wärmeisolierendem Werkstoff zur Bildung
eines sogenannten Hot-Top angeordnet. Das flüssige Metall 22 wird der Kokille 12 über
eine Giessrinne 24 zugeführt. Der Strang 18 wird mittels eines Anfahrbodens 26, der
die Kokille 12 bis zum Giessstart geschlossen hält, kontinuierlich abgesenkt.
[0023] Ueber der Kokille taucht ein Schwingungserzeuger 28 mit Schwingungsfläche 30 in das
flüssige Metall 22 ein. Die von der Schwingungsfläche 30 des Schwingungserzeugers
28 auf das flüssige Metall 22 übertragenen mechanischen Schwingungen führen in der
breiigen Zone 32 zwischen dem flüssigen Metall 22 und dem erstarrten Strang 18 zur
Ausbildung globulitischer Gusskörner und damit zur Flüssig-Fest-Metallegierungsphase
mit thixotropen Eigenschaften.
1. Verfahren zum Herstellen einer Flüssig-Fest-Metallegierungsphase im für die Weiterverarbeitung
als Werkstoff thixotropen Zustand, wobei eine Legierungsschmelze mit einem erstarrten
Anteil an Primärkristallen auf einer Temperatur zwischen Solidus- und Liquidustemperatur
der Legierung gehalten wird und die Primärkristalle zu einzelnen degenerierten Dendriten
oder Gusskörnern von im wesentlichen globulitischer Gestalt geformt werden,
dadurch gekennzeichnet,
dass in der Flüssig-Fest-Metallegierungsphase mechanische Schwingungen im Frequenzbereich
zwischen 10 und 100 kHz erzeugt werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Frequenz der mechanischen
Schwingungen im Ultraschallbereich zwischen 18 und 45 kHz liegt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Erzeugung der mechanischen
Schwingungen über die Schwingungsfläche mindestens eines direkt in die Metallschmelze
eintauchenden Schwingungserzeugers erfolgt.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Schwingungsamplitude der
Schwingungsfläche zwischen 5 und 100 µm, vorzugsweise zwischen 20 und 60 µm liegt.
5. Verfahren nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass
die mechanischen Schwingungen pulsierend erfolgen.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass das Verhält nis der Pulsdauer
der mechanischen Schwingungen zur Pausendauer zwischen 0,1 und 1 liegt.
7. Verfahren nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Pulsdauer zwischen
20 ms und 10 s, vorzugsweise zwischen 0,1 s und 1 s eingestellt wird.
8. Verfahren nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass
beim kontinuierlichen Stranggiessen die über die mechanischen Schwingungen in die
Metallschmelze eingebrachte Leistung 2 bis 50 W/cm² Strangquerschnitt, vorzugsweise
5 bis 20 W/cm² Strangquerschnitt beträgt.
9. Verfahren nach Anspruch 3 und 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Schwingungsfläche
der/des Schwingungserzeuger/s 1 bis 100%, vorzugsweise 10 bis 60% der Strangquerschnittsfläche
beträgt.
10. Verfahren nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass
die Erzeugung der mechanischen Schwingungen mit einem piezoelektrischen Schwingungserzeuger
erfolgt.