[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines cellulosischen
Formkörpers, bei dem eine cellulosische Aminoxidlösung durch eine Düse gepreßt, anschließend
durch einen Luftspalt geführt, in diesem gegebenenfalls verstreckt und schließlich
in einem Fällbad koaguliert wird.
[0002] Es ist bekannt, daß Fasern mit guten Gebrauchseigenschaften aus Hochpolymeren nur
dann erhalten werden, wenn eine "Faserstruktur" erzielt werden kann (Ullmann, 5. Auflage
Vol. A10, 456). Unter anderem ist es dazu nötig, mikroorientierte Bereiche im Polymeren,
beispielsweise Fibride, in der Faser auszurichten. Diese Orientierung wird vom Herstellungsverfahren
bestimmt und beruht auf physikalischen oder physikochemischen Vorgängen. In vielen
Fällen bewirkt eine Verstreckung diese Orientierung.
[0003] In welchem Verfahrensabschnitt und unter welchen Bedingungen diese Verstreckung erfolgt,
ist ausschlaggebend für die erhaltenen Fasereigenschaften. Beim Schmelzspinnen werden
die Fasern im warmen plastischen Zustand, während die Moleküle noch beweglich sind,
verstreckt. Gelöste Polymere können trocken oder naß gesponnen werden. Beim Trockenspinnen
erfolgt die Verstreckung, während das Lösungsmittel entweicht bzw. verdampft; die
in ein Fällbad extrudierten Fäden werden während der Koagulierung verstreckt. Verfahren
dieser Art sind bekannt und reichlich beschrieben. In all diesen Fällen ist es aber
wichtig, daß der Übergang vom flüssigen Zustand (unabhängig, ob Schmelze oder Lösung)
zum festen Zustand so erfolgt, daß während der Fadenbildung auch eine Orientierung
der Polymerketten oder -kettenpakete (sprich Fibride, Fibrillen usw.) erzielt werden
kann.
[0004] Um das schlagartige Verdampfen eines Lösungsmittels aus einem Faden während des Trockenspinnens
zu verhindern, gibt es mehrere Möglichkeiten.
[0005] Die Problematik der sehr raschen Koagulation des Polymeren beim Naßspinnen (wie z.
B. im Falle von cellulosischen Aminoxidlösungen) konnte jedoch bisher nur durch Kombination
von Trockenund Naßspinnen gelöst werden.
[0006] So ist bekannt, Lösungen von Polymeren über einen Luftspalt in das Koagulationsmedium
einzubringen. In der EP-A-295 672 ist die Herstellung von Aramidfasern, die über einen
Luftspalt in ein nicht-koagulierendes Medium eingebracht, verstreckt und anschließend
koaguliert werden, beschrieben.
[0007] Die DD-PS 218 121 hat das Verspinnen von Cellulose in Aminoxiden über einen Luftspalt
zum Gegenstand, wobei Vorkehrungen, die das Verkleben verhindern, vorgesehen sind.
[0008] Gemäß der US-PS 4 501 886 wird eine Lösung von Cellulose-triacetat mittels eines
Luftspaltes gesponnen.
[0009] In der US-PS 3 414 645 ist ebenfalls die Herstellung von aromatischen Polyamiden
aus Lösungen, in einem Trocken-Naß-Spinnverfahren beschrieben.
[0010] Bei all diesen Vërfahren wird im Luftspalt eine gewisse Orientierung erzielt, denn
alleine das Ausfließenlassen einer zähflüssigen Lösung durch eine kleine Öffnung nach
unten zwingt aufgrund der Schwerkraft den Lösungsteilchen eine Orientierung auf. Diese
Orientierung durch die Schwerkraft kann noch erhöht werden, wenn die Extrudiergeschwindigkeit
der Polymerlösung und die Abzugsgeschwindigkeit des Fadens so eingstellt sind, daß
eine Verstreckung erzielt wird.
[0011] Ein Verfahren dieser Art ist in der AT-PS 387 792 (bzw. den dazu äquivalenten US-PSen
4 246 221 und 4 416 698) beschrieben. Eine Lösung von Cellulose in NMMO (NMMO = N-Methylmorpholin-N-oxid)
und Wasser wird geformt, im Luftspalt verstreckt und anschließend ausgefällt. Die
Verstreckung wird bei einem Streckverhältnis von mindestens 3 vorgenommen. Dazu ist
eine Luftspaltlänge von 5-70 cm notwendig.
[0012] Ein Nachteil dieses Verfahrens besteht darin, daß extrem hohe Abzugsgeschwindigkeiten
erforderlich sind, um entsprechende textile Eigenschaften und Feinheit der Fäden zu
erzielen. Weiters hat sich in der Praxis gezeigt, daß ein langer Luftspalt einerseits
zu Faserverklebungen und anderseits bei hohen Verzügen auch zu Spinnunsicherheit und
Fadenbruch führt. Es sind daher Vorkehrungen nötig, dies zu verhindern. Ein Verfahren
dieser Art ist in der AT-PS 365 663 (bzw. in der äquivalenten US-PS 4 261 943) beschrieben.
Für eine Großproduktion muß aber die Lochzahl in einer Spinndüse sehr hoch sein. In
so einem Fall sind Vorkehrungen zur Verhinderung der Oberflächenklebrigkeit der frisch
extrudierten Fäden, die durch einen Luftspalt in das Fällungsmittel gelangen, völlig
unzureichend.
[0013] Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Spinnverfahren zu schaffen, mit dem
trotz Verwendung eines kurzen Luftspaltes eine rasch koagulierende Lösung zu Fäden
mit verbesserten Fasereigenschaften versponnen werden kann.
[0014] Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren der eingangs genannten Art erfindungsgemä8
dadurch gelöst, daß der minimale Lochdurchmesser der verwendeten Düse höchstens 150
µm, vorzugsweise höchstens 70 µm, und die Länge des Düsenkanals mindestens 1000 µm,
vorzugsweise etwa 1500 µm, beträgt.
[0015] Durch Verwendung derartiger Langkanaldüsen mit geringem Durchmesser wird bereits
in den Düsenkanälen durch Scherkräfte eine Orientierung des Polymeren erzielt. Dadurch
kann der anschließende Luftspalt kurz gehalten werden: seine Länge beträgt zweckmäßigerweise
höchstens 35, vorzugsweise höchstens 10mm. Dadurch wird die Störanfälligkeit stark
reduziert; es gibt nur wesentlich geringere Titerschwankungen und damit keine Fadenrisse
mehr; benachbarte Fäden können infolge des kürzeren Luftspaltes nicht mehr verkleben,
sodaß die Lochdichte in der Spinndüse erhöht werden kann, wodurch die Produktivität
steigt.
[0016] Schließlich hat der gesponnene Faden auch gute textile Eigenschaften: Es wurde gefunden,
daß insbesondere die Bruchdehnung verbessert werden kann. Das Arbeitsvermögen - d.
h. das Produkt aus Dehnung und Festigkeit - verhält sich dabei umgekehrt proportional
zum Lochdurchmesser. Weiters verbessert sich die Schlingenfestigkeit und die dazugehörende
Bruchdehnung, was sich in einer verbesserten Scheuerbeständigkeit der aus diesen Fasern
ersponnenen Gewebenäußert. Diese Eigenschaften verbessern sich ebenfalls bei sinkenden
Lochdurchmessern.
[0017] Vorzugsweise ist der Düsenkanal auf der Eintrittsseite kegelförmig erweitert und
auf der Austrittsseite zylinderförmig. Die Verwendung derartiger Düsen ist wegen der
einfacheren Herstellbarkeit empfehlenswert; es ist schwierig, eine z. B. 1500 µm lange
Düse durchgehend mit einem Durchmesser von nur z. B. 100 µm herzustellen. Eine Düse,
bei der der minimale Durchmesser nur auf der Austrittsseite vorgesehen ist (z. B.
auf 1/4 oder 1/3 der Länge) und die sich in Richtung Eintrittsseite kegelförmig erweitert,
ist wesentlich leichter herstellbar und liefert auch gute Ergebnisse.
[0018] Anhand der folgenden Beispiele wird die Erfindung näher erläutert:
[0019] 2276 g Zellstoff (Feststoff- oder Trockengehalt 94 %, DP=750 [DP = Durchschnittlicher
Polymerisationsgrad]) und 0,02 % Rutin als Stabilisator werden in 26 139 g 60%iger
wässeriger N-Metyhlmorpholinoxid-Lösung suspendiert. Während 2 Stunden wird bei 100°C
und einem Vakuum bis zu 50 bis 300 mbar 9415 g Wasser abdestilliert. Die dabei entstandene
Lösung wird anhand der Viskosität und unter dem Mikroskop beurteilt.

[0020] Anschließend wird diese Lösung bei einer Spinntemperatur von 75°C durch eine Spinndüse
gepreßt, einen 9 mm langen Luftspalt geführt und schließlich in einem Fällbad, welches
aus einer 20%igen wässerigen NMMO-Lösung besteht, koaguliert. Tabelle 1 enthält die
bei diesem Versuch erzielten Eigenschaften der Fasern und die dazugehörenden Prozeßparameter.

[0021] Die Beispiele 1 bis 3 dienen nur zum Vergleich, die Beispiele 4 bis 6 sind erfindungsgemäße
Beispiele. Besonders hervorgehoben werden soll der hervorragende Wert von 47,8 für
die konditionierte Faserfestigkeit bei Beispiel 6 werden; ein derartiger Wert wird
bei herkömmlichen Düsen erst bei einem Verzug von 100 erreicht!
[0022] Aus einem Vergleich der Beispiele 1 bis 3 mit den Beispielen 4 bis 6 ist unmittelbar
ersichtlich, daß durch den Einsatz erfindungsgemäßer Düsen auch die Bruchdehnung verbessert
wird. Weitens ist aus den.Beispielen 4 bis 6 ersichtlich, daß das Produkt aus Festigkeit
und Bruchdehnung (FFk*FDk), die Schlingenfestigkeit sowie die Bruchdehnung bei der
Messung der Schlingenfestigkeit mit sinkendem Lochdurchmesser steigen. Ein Vergleich
von Beispiel 1 mit Beispiel 5 (bei diesen beiden Beispielen ist der Lochdurchmesser
gleich) zeigt, daß diese Werte auch durch den Einsatz erfindungsgemäßer Langkanaldüsen
gegenüber Düsen mit kurzem Kanal gleichen Durchmessers verbessert werden.
[0023] Die Beispiele 2 und 3 zeigen, daß bei kleiner Düsenkanallänge die Fasereigenschaften
vom Verzug im Luftspalt abhängen; sie werden mit steigendem Verzug besser. Die Beispiele
4 und 5 zeigen, daß bei vergleichbaren Verhältnissen (Verzug, Lochdurchmesser) durch
eine erfindungsgemäße Langkanaldüse alle textilen Eigenschaften - ausgenommen die
Bruchdehnung - wesentlich verbessert werden. Beispiel 6 zeigt, daß durch Anwendung
eines kleinen Lochdurchmessers von 50 µm alle textilen Eigenschaften wesentlich verbessert
werden.
1. Verfahren zur Herstellung eines cellulosischen Formkörpers, bei dem eine cellulosische
Aminoxidlösung durch eine Düse gepreßt, anschließend durch einen Luftspalt geführt,
in diesem gegebenenfalls verstreckt und schließlich in einem Fällbad koaguliert wird,
dadurch gekennzeichnet, daß der minimale Lochdurchmesser der verwendeten Düse höchstens
150 µm, vorzugsweise höchstens 70 µm, und die Länge des Düsenkanals mindestens 1000
µm, vorzugsweise etwa 1500 µm, beträgt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Länge des Luftspaltes höchstens
35, vorzugsweise höchstens 10 mm beträgt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Düsenkanal auf der
Eintrittsseite kegelförmig erweitert ist und auf der Austrittsseite zylinderförmig
ist.