(19)
(11) EP 0 495 151 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
22.07.1992  Patentblatt  1992/30

(21) Anmeldenummer: 91105103.5

(22) Anmeldetag:  28.03.1991
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5C21D 1/773
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT DE FR GB

(30) Priorität: 15.01.1991 DE 4100989

(71) Anmelder: Linde Aktiengesellschaft
D-65189 Wiesbaden (DE)

(72) Erfinder:
  • Jurmann, Alexander, Dipl.-Ing.
    W-8025 Unterhaching (DE)

(74) Vertreter: Schaefer, Gerhard, Dr. 
Linde Aktiengesellschaft Zentrale Patentabteilung
D-82049 Höllriegelskreuth
D-82049 Höllriegelskreuth (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Wärmebehandlung in Vakuumöfen


    (57) Das Verfahren betrifft die Wärmebehandlung von Werkstücken im Vakuumofen unter Verwendung von Wasserstoff. Zur konvektiven Erwärmung und zur Hochdruck-Gasabschreckung der Werkstücke werden üblicherweise Stickstoff und Helium verwendet. Um zu geringeren Aufheiz-, bzw. Abkühlzeiten zu gelangen, ist der Einsatz von Wasserstoff erwünscht, der jedoch sicherheitstechnische Probleme aufwirft. Die Risiken werden dabei beträchtlich reduziert, wenn erfindungsgemäß ein mindestens einen Teil des Vakuumofens umgebender gasdicht isolierter Raum mit einem Inertgas gespült und laufend auf seinen Wasserstoff- und Sauerstoff-Gehalt überprüft wird.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Wärmebehandlung von Werkstücken im Vakuumofen unter Verwendung von Wasserstoff.

    [0002] Bei der Wärmebehandlung von Werkstücken im Vakuumofen werden die Werkstücke häufig zuerst mit Hilfe eines Gases konvektiv erwärmt, um eine schnelle und gleichmäßige Temperaturerhöhung im Werkstück zu erzielen. Anschließend erfolgt im Vakuum die Aufheizung des Werkstückes über Strahlungstransport. In vielen Anwendungsfällen ist nach der Wärmebehandlung ein schnelles Abkühlen der Werkstücke erwünscht, um z.B. bei Stahlwerkzeugen einen hohen Härtegrad zu erreichen. Dazu wird unter hohem Druck ein Gas in den Ofen geleitet, das in kurzer Zeit eine große Wärmemenge von den Werkstücken abführt.

    [0003] Um eine effektive Erwärmung bzw. Abkühlung zu erreichen, muß im Ofen eine Gasströmung hergestellt werden, über die der Wärmeaustausch stattfindet. Physikalische Parameter, wie Wärmeleitfähigkeit, Viskosität und Geschwindigkeit der Gase bei den herrschenden Temperatur- und Druckbedingungen im Ofen bestimmen die Güte dieses Wärmetransports. Die Gase sollen außerdem die Wärme transportieren, ohne chemisch mit den Werkstücken oder der Umgebungsatmosphäre zu reagieren. Schließlich müssen die Gase in großer Menge preisgünstig erhältlich und sicherheitstechnisch unbedenklich sein.

    [0004] Zur konvektiven Erwärmung und zur Hochdruck-Gasabschreckung im Vakuumofen werden deshalb in erster Linie die beiden Inertgase Stickstoff und Helium einzeln oder im Gemisch verwendet. Nach physikalisch-technischen Aspekten ist jedoch Wasserstoffgas, das in großen Mengen einfach herstellbar ist, günstiger. Die Abkühl- bzw. Aufheizzeiten sind bei Verwendung von Wasserstoff im Vergleich zu Helium um fast 20 %, im Vergleich zu Stickstoff um etwa 30 % verkürzt. Dies hat eine höhere Geschwindigkeit des Verfahrensablaufs zur Folge, die produktionstechnisch erwünscht ist. Außerdem kann beispielsweise durch die verkürzte Abkühlzeit bei der Hochdruck-Gasabschreckung ein höherer Härtegrad der behandelten Stahlwerkstücke erzielt werden.

    [0005] Sicherheitstechnisch hat Wasserstoff jedoch den Nachteil, innerhalb bestimmter Konzentrationsgrenzen mit dem Sauerstoff der Luft ein explosives Gemisch zu bilden. Die untere Explosionsgrenze liegt für das Gemisch Wasserstoff/Luft bei einer Wasserstoffkonzentration von etwa 4 Vol%, die obere bei über 70 Vol%.

    [0006] Bei der Verwendung von Wasserstoff als Gas für die konvektive Erwärmung oder für die Hochdruck-Gasabschreckung im Vakuumofen muß folglich garantiert sein, daß der Wasserstoff weder innerhalb noch außerhalb des Ofens mit vorhandenem Sauerstoff der Umgebungsatmosphäre eine explosive Mischung bilden kann. Im Ofeninneren muß deshalb vor Einleiten des Wasserstoffs eine sauerstoffreie Atmosphäre hergestellt werden. Das verbleibende, größte sicherheitstechnische Risiko sind die Dichtungsstellen des Vakuumofens. Kleinste Undichtigkeiten aufgrund von Fehlern oder Altersverschleiß des Dichtungsmaterials führen zum Ausströmen von Wasserstoff bei Ofenüberdruck oder zum Einströmen von Sauerstoff aus der Umgebungsluft bei Ofenunterdruck. Um die Vorteile der Verwendung von Wasserstoff bei der Wärmebehandlung im Vakuumofen großtechnisch nutzen zu können, müssen derartige Sicherheitsrisiken ausgeschaltet werden.

    [0007] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Wärmebehandlung von Werkstücken im Vakuumofen unter Verwendung von Wasserstoff zu entwickeln, bei dem das sicherheitstechnische Risiko auf ein Minimum reduziert ist.

    [0008] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß ein mindestens einen Teil des Vakuumofens umgebender gasdicht isolierter Raum mit einem Inertgas gespült wird.

    [0009] Das erfindungsgemäße Verfahren stellt sicher, daß weder im Ofeninneren noch in der Umgebung des Vakuumofens eine explosive Wasserstoffanreicherung auftreten kann. Die Verwendung von Wasserstoffgas bei der konvektiven Erwärmung und der Hochdruck-Gasabschreckung kann bei Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens großtechnisch realisiert werden. Im Falle eines Defektes einer Dichtungsstelle an dem mit Wasserstoff beladenen Ofen wird beim erfindungsgemäßen Verfahren Inertgas aus dem den Vakuumofen umgebenden gasdicht isolierten Raum in den Ofen einströmen, wenn letzterer mit Unterdruck betrieben wird. Das Einströmen von Luft in den Ofen und damit die Bildung eines explosiven Gemisches wird ausgeschlossen. Wird eine Anreicherung an Inertgas im Ofeninneren detektiert, läßt dies auf eine Leckstelle im Dichtungssystem schließen.

    [0010] Es ist deshalb von Vorteil, wenn das Ofeninnere auf einen Gehalt an Inertgas, mit dem der den Vakuumofen umgebende gasdicht isolierte Raum gespült wird, laufend überprüft wird.

    [0011] Bei der konvektiven Erwärmung wird der Ofen in der Regel mit einem Druck zwischen 1,5 und 2,5 bar, bei der Hochdruck-Gasabschreckung mit bis zu 20 bar betrieben. Liegt dieser Druck oberhalb des Druckes, der in dem den Vakuumofen umgebenden Raum herrscht, so wird im Falle eines Dichtungsdefektes Wasserstoff in diesen mit Inertgas gespülten Raum aus dem Ofen ausströmen. Die Möglichkeit der explosionsartigen Reaktion des Wasserstoffs mit dem Sauerstoff der Umgebungsluft wird beseitigt.

    [0012] Es ist in diesem Fall vorteilhaft, den den Vakuumofen umgebenden gasdicht isolierten Raum laufend auf seinen Wasserstoff-Gehalt zu überprüfen. Eine Steuereinrichtung kann bei Detektion von Wasserstoff in diesem Raum, die ein Indiz für eine Undichtigkeit am Ofen darstellt, automatisch für eine Unterbrechung des Verfahrensablaufs sorgen. Das Wasserstoffgas wird aus dem Ofen entfernt und die betreffende Dichtungsstelle wird erneuert.

    [0013] Günstig ist in diesem Zusammenhang auch die Kontrolle des Sauerstoff-Gehaltes in diesem den Vakuumofen umgebenden gasdicht isolierten Raum. Durch die ständige Spülung dieses Raumes mit Inertgas nimmt zu Beginn des Verfahrens innerhalb kurzer Zeit der Sauerstoff-Gehalt in diesem Raum stark ab. Mit der Verwendung von Wasserstoff bei der Wärmebehandlung der Werkstücke kann beispielsweise dann begonnen werden, wenn die Sauerstoff-Konzentration in diesem Raum genügend weit unterhalb der Explosionsgrenze mit Wasserstoff liegt, z.B. unterhalb 1%. Sollte während der Wärmebehandlung der Sauerstoff-Gehalt in der den Ofen umgebenden Inertgasatmosphäre ansteigen, kann dies als Indiz für eine Undichtigkeit des den Vakuumofen umgebenden Raumes gewertet werden. Eine Steuereinrichtung kann wiederum bei Überschreiten einer maximalen Sauerstoff-Konzentration für eine Unterbrechung des Verfahrensablaufs sorgen.

    [0014] Es kann vorteilhaft sein, gasdicht isolierte Kapselungen, die die an dem Vakuumofen befindlichen Dichtungsstellen umgeben, mit einem Inertgas zu spülen. In diesem Fall ist ein den gesamten Vakuumofen umgebender, gasdicht isolierter Raum überflüssig. Da die Dichtungsstellen ohnehin die sicherheitstechnisch bedenklichsten Anlagenkomponenten sind, kann diese Erfindungsvariante bereits den Sicherheitsanforderungen Genüge leisten und raumsparend eingesetzt werden.

    [0015] Zweckmäßig verwendet man als Inertgas Stickstoff, der im Falle einer Leckstelle im Ofen unter den herrschenden Bedingungen im Gemisch mit Wasserstoff kein sicherheitstechnisches Risiko darstellt und außerdem in großen Mengen preiswert erhältlich ist.

    [0016] Im folgenden soll ein Ausführungsbeispiel das erfindungsgemäße Verfahren erläutern.

    [0017] Vor Beginn der Wärmebehandlung wird ein den Vakuumofen umgebender Raum eingerichtet, gasdicht isoliert und anschließend ständig mit Stickstoff gespült. Die Wärmebehandlung der Werkstücke wird eingeleitet, wenn der Sauerstoff-Gehalt in diesem Raum auf 1% gesunken ist. Die Sauerstoff-Konzentration wird während des gesamten Verfahrens kontrolliert, um Undichtigkeiten des gasdicht isolierten Raumes rechtzeitig zu erkennen. In gleicher Weise dient die Überprüfung des Wasserstoff-Gehaltes in diesem Raum der Früherkennung von Ofenleckstellen.

    [0018] Bei der Wärmebehandlung im Vakuumofen werden Werkstücke aus Stahl zunächst im Vakuum geglüht und dann mit einem Gas unter hohem Druck abgeschreckt. Ein mit einem Elektromotor betriebener Lüfter sorgt dabei im Ofeninneren für eine Gasströmung. Das Abschreckgas wird mit einem Druck von etwa 6 bar (absolut) in den Ofen eingeleitet und die Temperatur im Kern eines Referenzblocks aus Stahl mit den Abmessungen 80 x 100 H 240 mm wird gemessen. Bei Verwendung von Stickstoff als Abschreckgas hat sich der Referenzblock nach etwa 12 Minuten von etwa 1000°C auf 400°C abgekühlt. Die Abkühlzeit bei Verwendung von Helium beträgt etwa 10 Minuten, bei Verwendung von Wasserstoff als Abschreckgas nur noch etwas über 8 Minuten. Im Vergleich zu Stickstoff kann die Abschreckzeit bei Verwendung von Wasserstoff um etwa 30 % reduziert werden. Darüberhinaus ist die Stromaufnahme des den Lüfter betreibenden Elektromotors bei der Verwendung von Wasserstoff im Vergleich zu Stickstoff um die Hälfte reduziert. Bei gleicher Leistungsaufnahme des Elektromotors kann folglich die Abschreckung mit Wasserstoff mit höheren Drücken erfolgen als die Abschreckung mit Helium bzw. Stickstoff. Mit steigendem Druck wird die Abkühlzeit noch weiter reduziert.

    [0019] Das erfindungsgemäße Verfahren gewährleistet die Sicherheit bei der Hochdruck-Gasabschreckung mit Wasserstoff im Vakuumofen. Die damit verbundenen Vorteile geringerer Abkühlzeiten und geringeren Leistungsverbrauchs des den Lüfter betreibenden Elektromotors lassen sich bei Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens nutzen.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Wärmebehandlung von Werkstücken im Vakuumofen unter Verwendung von Wasserstoff, dadurch gekennzeichnet, daß ein mindestens einen Teil des Vakuumofens umgebender gasdicht isolierter Raum mit einem Inertgas gespült wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Ofeninnere auf einen Gehalt an Inertgas, mit dem der mindestens einen Teil des Vakuumofens umgebende gasdicht isolierte Raum gespült wird, laufend überprüft wird.
     
    3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der mindestens einen Teil des Vakuumofens umgebende gasdicht isolierte Raum laufend auf seinen Wasserstoff-Gehalt überprüft wird.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß der mindestens einen Teil des Vakuumofens umgebende gasdicht isolierte Raum laufend auf seinen Sauerstoff-Gehalt überprüft wird.
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß als Inertgas Stickstoff, Argon oder Kohlendioxid verwendet wird.
     





    Recherchenbericht