(19)
(11) EP 0 499 033 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
19.08.1992  Patentblatt  1992/34

(21) Anmeldenummer: 92100493.3

(22) Anmeldetag:  14.01.1992
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5F42B 12/46
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB GR IT LI LU MC NL PT SE

(30) Priorität: 14.02.1991 DE 4104427

(71) Anmelder: PIEPENBROCK PYROTECHNIK GMBH
D-67307 Göllheim (DE)

(72) Erfinder:
  • Sliwczuk, Uwe, Dr.
    W-4790 Paderborn (DE)
  • Hibinger, Hans
    W-6719 Kerzenheim (DE)

(74) Vertreter: Zellentin, Wiger, Dipl.-Ing. et al
Patentanwälte Zellentin & Partner Rubensstrasse 30
67061 Ludwigshafen
67061 Ludwigshafen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Reizstoffpatrone oder -wurfkörper mit vergossener bzw. pastöser Reizstoffladung


    (57) Die vorliegende Erfindung betrifft eine Reizstoffpatrone oder einen Wurfkörper, bestehend aus einer Ladungshülse (8), gegebenenfalls einem Zündhütchen, einem Heizsatz (4), gegebenenfalls einer Anfeuerung (5) und einem Reizstoff wie Chloracetophenon (CN), Chlorbenzylidenmalonsäuredinitril (CS) oder Dibenzoxazepin (CR), wobei die Reizstoffladung (1) sich in separaten, mit einer Schutzschicht (2) versehenen Behältnissen (3) befindet und aus erschmolzenem oder pastösem, in fließfähigem Zustand in die Behältnisse eingetragenem Wirkstoff besteht und diese Behältnisse auf dem Heizsatz bzw. der Anfeuerung beruhen und mittels einer Lochscheibe (6) in der Patrone gehalten sind.




    Beschreibung


    [0001] Die vorliegende Erfindung betrifft eine Reizstoffpatrone oder einen Wurfkörper, insbesondere zum Abschuß aus Handfeuerwaffen.

    [0002] Bekannte Reizstoffpatronen bestehen im wesentlichen aus einem im Boden der Patrone angeordneten Zündhütchen, darüber befindlicher Anfeuerung und wieder darüber angeordnetem verpreßten Reizstoffsatz. Letzterer besteht aus einer Mischung aus einem Heizsatz mit den erforderlichen Mengen an Chloracetophenon (CN) oder Chlorbenzylidenmalonsäuredinitril (CS). Beim Abbrennen, d.h. nach der Zündung durch die Anfeuerung, erwärmt der Heizsatz das Reizgas und treibt dieses aus.

    [0003] Die Herstellung dieses gepreßten Satze ist mit großer Belastung des Arbeitspersonals verbunden, da während der gesamten Herstellung - Mischen, Mahlen, Pressen, Dosieren und Montieren - ständig Reizgas austritt, was zu Irritationen der Augen, der Schleimhäute und der Haut führt.

    [0004] Außerdem wird das Zündhütchen durch austretendes Reizgas im Laufe der Zeit zerstört.

    [0005] Die vorliegende Erfindung hat sich daher die Aufgabe gestellt, einen neuen Aufbau der Reizstoffpatrone zu schaffen, bei dessen Herstellung und bei Lagerung das Freiwerden von Reizgas weitestgehend eingeschränkt ist.

    [0006] Die Lösung dieser Aufgabe gelingt, ausgehend vom Stand der Technik bei einer Reizstoffpatrone der eingangs geschilderten Art, erfindungsgemäß dadurch, daß die Reizstoffladung aus pastösem oder erschmolzenem und fließfähig eingetragenem Wirkstoff besteht und sich in separaten, mit einer Schutzschicht versehenen Behältnissen befindet, wobei die Behältnisse auf dem Heizsatz bzw. der Anfeuerung ruhen und von einer Lochscheibe überdeckt und in der Patrone gehalten sind.

    [0007] Wesentlich ist dabei, daß nunmehr Heizsatz und Reizstoff getrennt voneinander vorliegen, wobei der Reizstoff in die Behältnisse vergossen wird, wonach diese versiegelt werden.

    [0008] Das Aufschmelzen und Vergießen erfordert keine hohen Temperaturen, CN schmilzt bei etwa 55°C und CS bei etwa 95°C, wobei das Aufschmelzen und Vergießen besonders leicht in abgeschlossenen, dafür vorgesehenen Vorrichtungen vorgenommen werden kann. Nach dem Abkühlen wird auf das Behältnis eine Schutzschicht, z.B. eine Folie aufgeklebt oder aufgeschweißt, wonach die Behältnisse ohne weiteres zwischenlagerfähig sind, ohne daß durch die Behälterwandungen (vorzugsweise Kunststoff) oder die Schutzschicht nennenswerte Mengen an CN- oder CS-Molekülen austreten können.

    [0009] Der Reizstoff kann auch als Paste verarbeitet werden, wozu dieser auf Schmelztemperatur erwärmt und gegebenenfalls mit geeignetem Füllstoff im gewünschten Mengenverhältnis warm abgemischt und in die Form gebracht wird. Die Schmelzpunkte von CN liegen bei etwa 55°C und von CS bei 05°C, was der Pastenherstellung entgegenkommt. Füllstoff kann z.B. Paraffin sein.

    [0010] Die Reizstoffpatrone kann dabei eine normale Patrone mit eigenem Zündhütchen sein, sie kann jedoch auch als "Stern" verwendet werden, wobei ein Treibsatz die Patrone austreibt und die Anfeuerung des Heizsatzes zündet.

    [0011] Die Behältnisse können zylinderförmig ausgebildet sein und z.B. als Mehrzahl kreisförmig gegen den Heizsatz oder die Anfeuerung anliegen.

    [0012] Vorgezogen wird jedoch das Vergießen von größeren Volumina, vorzugsweise in eine einer Kuchenform entsprechende Aufnahme mit einem zentralen, hochstehenden Mittelteil, dessen Höhe derjenigen des Behältnisrandes etwa entspricht. Im Mittelteil ist dabei, ebenso wie in der Lochscheibe, eine zentrale Öffnung vorgesehen, die dem Durchzünden vom Treibsatz zur Anfeuerung, z.B. bei entsprechendem Aufbau eines Sternes bzw. zum gerichteten Ausströmen des vom Heizsatz freigesetzten Heißgases dient, die letztere die Behälter soweit erhitzen, daß die Behälterwandung und/oder die Abdeckung zerstört und Reizgas freigesetzt wird.

    [0013] Die Lochscheibe aus geeignetem Werkstoff, vorzugsweise aus Metall, überdeckt die Behältnisse, und über die Löcher tritt anfänglich das Reizgas aus.

    [0014] Die Öffnung der Form sowie die Lochanzahl und deren Größe in der Lochscheibe können zur Steuerung oder Optimierung des Reizgasaustrittes dienen, was insbesondere dann von Vorteil ist, wenn dem Heizsatz ein Rauchsatzanteil zugemischt ist.

    [0015] Behältnisse und Abdeckscheibe können dabei aus rückstandsfrei verbrennendem Kunststoff, wie z.B. Polyethylen, bestehen.

    [0016] Eine besonders einfache Möglichkeit, die Behältnisse gegen ausgasenden Reizstoff zu versiegeln, besteht darin, den Satz nach dem Vergießen mit einem Wachs, insbesondere mit Paraffin heiß zu versiegeln, wobei dieses lediglich auf die Oberfläche des Reizstoffes aufgegossen zu werden braucht. Wachs und Reizstoff können danach gemeinsam abkühlen und erstarren.

    [0017] Die Behältnisse können in der Patrone durch einen eingespannten Ring über die Lochscheibe gehalten werden, insbesondere bei einem mit einem Treibsatz zu verschließenden, in eine Patrone einsetzbaren Stern, wird vorgeschlagen, den Patronenrand einzubördeln und dadurch die Lochscheibe auf das oder die Behältnisse zu drücken, wodurch der ganze Satz fixiert wird.

    [0018] Anhand der beiliegenden Figuren wird die vorliegende Erfindung beispielhaft näher erläutert.
    Figur 1
    zeigt einen Tränengasstern
    Figur 2
    zeigt einen Einstellbehälter.


    [0019] Figur 1 zeigt im Schnitt einen Tränengasstern, der mit Hilfe eines (nicht dargestellten) Treibsatzes verschossen wird. Er besteht aus der Ladungshülse 8 aus Aluminium sowie dem darin befindlichen Heizsatz 4 und der darüber liegenden Anfeuerung 5. Der Heizsatz besteht aus geeignetem pyrotechnischen, vorzgusweise einem Schwelsatz aus Kaliumchlorat und organischen Brennstoffen und der Anfeuerung. Auf der Anfeuerung 5 ruht ein kuchenformartiges Behältnis 3 mit darin eingegossenem CN, CR oder CS als Reizstoffladung 1.

    [0020] Die Reizstoffladung 1 ist überdeckt von Paraffin als Schutzschicht 2. Auf den oberen Rand 10 des Behältnisses 3 ist eine Scheibe 6 mit kreisförmigen Löchern 11 gelegt und durch die Einbördelung 9 gegen den Behälterrand 10 gedrückt, so daß der gesamte Satz stabil in der Hülse 8 ruht.

    [0021] Die Scheibe 6 weist als Zündkanal eine zentrale Öffnung 7 auf, die koaxial über einer mittigen Öffnung im erhabenen Mittelteil 12 des Behältnisses 3 liegt und so einen Zugang zur Anfeuerung 5 bildet. Der Freiraum innerhalb des Mittelteils 12 kann mit einem Heizsatz und/oder einem Zündsatz ausgefüllt sein, ebenso kann der periphere Bereich um das Behältnis mit Heizsatz ausgefüllt sein.

    [0022] Der Stern ist in einer Patrone untergebracht, die zentralen Öffnungen 7, 7' dienen zum Durchzünden durch das Zündhütchen der Patrone.

    [0023] Dem Heizsatz kann Rauchanteil, z.B. Ammoniumchlorid beigemischt werden.

    [0024] Anstelle eines einzelnen Einstellbehälters können natürlich auch mehrere kreisförmige Behälter einer geeigneten Form kreisförmig unter Freilassung einer als Zündkanal dienenden zentralen Öffnung um die Mittelachse herum angeordnet sein.

    [0025] Die Hülse 8 kann nach Zündung als ganzes aus dem Patronenmantel ausgestoßen werden, um danach Reizgas auszutreiben.

    [0026] Figur 2 zeigt in vergrößerter Darstellung das kuchenformartige Behältnis 3 im Schnitt. Es besteht vorzugsweise aus rückstandsfrei verbrennendem Kunststoff und ist mit der erschmolzenen und vergossenen oder pastösen Reizstoffladung 1 gefüllt.

    [0027] Oben auf dem erstarrten Reizgas liegt eine vergossene und erstarrte Schutzschicht 2 aus vorzugsweise Paraffin, wodurch der Reizstoff gasdicht nach außen abgeschlossen ist. Mittig ist die zentrale Öffnung 7 zum Durchzünden freigelassen.

    [0028] Der Rand 10 stützt sich gegen die Innenwandung der Ladungshülse ab.

    [0029] Anstelle der Isolationsschicht 2 kann auf den Rand 10 - wie strichliert angedeutet - auch eine abdichtende Folie 13 aufgeklebt oder aufgeschweißt sein, wozu der Rand 10 einen ringförmigen Überstand 14 aufweisen und das Mittelteil 12 mit einer Abflachung 15 versehen sein kann, um für das abdichtende Kleben oder Schweißen genügend Fläche zur Verfügung zu stellen.

    Bezugszeichenliste



    [0030] 
    1
    Reizstoffladung
    2
    Schutzschicht
    3
    Behältnis
    4
    Heizsatz
    5
    Anfeuerung
    6
    Lochscheibe
    7, 7'
    zentrale Öffnung
    8
    Patronenmantel
    9
    Einbördelung
    10
    Rand
    11
    Löcher
    12
    Mittelteil
    13
    Folie
    14
    Überstand
    15
    Abflachung



    Ansprüche

    1. Reizstoffpatrone oder Wurfkörper, bestehend aus einer Ladungshülse, gegebenenfalls einem Zündhütchen, einem Heizsatz, gegebenenfalls einer Anfeuerung und einem Reizstoff wie Chloracetophenon (CN), Chlorbenzylidenmalonsäuredinitril (CS) oder Dibenzoxazepin (CR), gekennzeichnet durch die folgenden Merkmale

    a) die Reizstoffladung (1) befindet sich in separaten, mit einer Schutzschicht (2) versehenen Behältnissen (3);

    b) die Reizstoffladung (1) besteht aus erschmolzenem oder pastösem, in fließfähigem Zustand in die Behältnisse (3) eingetragenem Wirkstoff;

    c) die Behältnisse (3) ruhen auf dem Heizsatz (4) bzw. der Anfeuerung (5) und sind von einer Lochscheibe (6) überdeckt und mittels dieser in der Patrone gehalten.


     
    2. Reizstoffpatrone nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß mehrere Behältnisse (3) kreisförmig auf dem Heizsatz (4) oder der Anfeuerung (5) angeordnet sind.
     
    3. Reizstoffpatrone nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Behältnis (3) die Form einer Kuchenform aufweist und vorzugsweise mittig ebenso wie die Lochscheibe eine Öffnung (7) als Zündkanal besitzt.
     
    4. Reizstoffpatrone nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Behältnisse (3) aus Kunststoff oder Metall bestehen.
     
    5. Reizstoffpatrone nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Schutzschicht (2) aus Inhibitor, vorzugsweise aus Paraffin, besteht oder eine Folimabdichtung ist.
     
    6. Reizstoffpatrone nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß der Patronenmantel (8) oberhalb der Lochscheibe (6) eingebördelt ist, wobei die Einbördelung (9) auf der Lochscheibe (6) aufliegt und den pyrotechnischen Satz in Klemmsitz hält.
     




    Zeichnung










    Recherchenbericht