(19)
(11) EP 0 508 109 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
14.10.1992  Patentblatt  1992/42

(21) Anmeldenummer: 92103817.0

(22) Anmeldetag:  06.03.1992
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5B07B 1/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE ES FR GB IT LI

(30) Priorität: 12.03.1991 DE 4107872

(71) Anmelder: Linde Aktiengesellschaft
D-65189 Wiesbaden (DE)

(72) Erfinder:
  • Schiffbauer, Reiner, Dipl.-Ing.
    W-8190 Wolfratshausen (DE)

(74) Vertreter: Schaefer, Gerhard, Dr. 
Linde Aktiengesellschaft Zentrale Patentabteilung
D-82049 Höllriegelskreuth
D-82049 Höllriegelskreuth (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Sieben eines feinkörnigen Siebgutes


    (57) Es wird ein Siebverfahren beschrieben, das eine zuverlässige Absiebung sehr feiner Pulver erlaubt. Dem Siebgut wird vor und/oder während des Siebvorgangs ein grobkörniges Substrat zugegeben. Die um ein Vielfaches größeren Substratpartikel wirken als Siebhilfe für die sehr feinen Siebgutpartikel und treiben diese, unbeeinflußt von Elektrostatik und Luftzug, durch die Siebmaschen.


    Beschreibung


    [0001] Besonders feinkörnige Pulver, wie sie beispielsweise beim Kaltmahlen von Granulat anfallen, können mittels eines einfachen Maschensiebes nicht ohne zusätzliche Maßnahmen gesiebt werden. Aufgrund der geringen Korngröße des Pulvers und der damit verbundenen geringen Masse der einzelnen Körner sind die beim Siebvorgang ausgenutzten Massenkräfte sehr klein, so daß Störeinflüsse, wie z.B. elektrostatische Aufladung oder Luftströmungen, die Siebung extrem behindern können. Falls die Massenkräfte so klein sind, daß die Störeinflüsse überwiegen, so ist eine Siebung herkömmlicher Art völlig undurchführbar.

    [0002] Zu den besonders schwer siebbaren Pulvern gehören insbesondere elektrostatisch aufladende Stoffe, wie Kunststoffpulver (z.B. PVC, Polystyrol, Polyäthylen, Polypropylen etc.). Auch Stoffe mit faseriger Kornform, z.B. Tabakstaub, Tee, Blattdrogen etc., bereiten beim Sieben Schwierigkeiten. Problematisch sind auch Stoffe mit geringem spezifischen Gewicht, wie Kohlepulver und Naturgraphit.

    [0003] Man versucht, durch geerdete, metallische Siebgewebe, durch eine luftzugarme Siebdeckbewegung und durch diverse Siebhilfen die Probleme zu bewältigen. Zu den Siebhilfen gehören z.B. Klopfbälle, die gegen die Unterseite des Siebdecks stoßen, oder Bürsten, die das Siebgut durch die Maschen des Siebes passieren.

    [0004] Die bisherigen Methoden sind jedoch mit wesentlichen Nachteilen verbunden. So können ausgefallene Borsten der Bürsten oder Abrieb der Klopfbälle das Siebprodukt verunreinigen. Auch können die anstreifenden Bürsten das Siebgewebe zerstören. Außerdem läuft nach wie vor ein hoher Anteil Feingut ins Grobgut über, d.h. der sog. Fehlkornanteil ist sehr hoch.

    [0005] Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Siebverfahren bereitzustellen, mit dem eine effektive Siebung insbesondere schwer siebbaren Siebgutes gewahrleistet wird, ohne daß die Nachteile herkömmlicher Verfahren auftreten.

    [0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß dem Siebgut vor und/oder während des Siebvorgangs ein grobkörniges Substrat zugegeben wird.

    [0007] Das grobkörnige Substrat besitzt eine Korngröße, die deutlich über der Maschenweite des Siebgewebes liegt, so daß es selbst nicht der Siebung unterworfen wird. Die um vieles größeren Substratpartikel wirken als Siebhilfe für die sehr feinen Siebgutpartikel und treiben diese, unbeeinflußt von Elektrostatik und Luftzug durch die Siebmaschen. Als grobkörniges Substrat kommt beispielsweise Granulat in Frage, dessen Partikelgröße um ein Vielfaches über der Maschenweite des Siebgewebes liegt. Vorzugsweise wird als grobkörniges Substrat ein in Bezug auf das Siebgut arteigener Stoff verwendet.

    [0008] In einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist das Siebverfahren in ein Verfahren zur Zerkleinerung grobkörnigen Substrats integriert. Das grobkörnige Substrat, beispielsweise grobkörniges Granulat wie Kunststoffpartikel, Gewürzkörner, Nüsse etc., wird z.B. in einer Hammermühle zu feinkörnigem Pulver zermahlen. Das feinkörnige Pulver wird einem einfachen Maschensieb zugeführt, um ein Pulver mit definierter Kornobergrenze zu erhalten. Vor und/oder während des Siebvorgangs wird das grobkörnige Substrat dem feinkörnigen Pulver, bevorzugt in einem beispielsweise mit einem Schnekkenantrieb versehenen Mischer, zugemischt. Die um ein Vielfaches größeren Partikel des grobkörnigen Substrats treiben die feinen Pulverpartikel durch die Siebmaschen.

    [0009] Vorzugsweise ist die Zerkleinerung des grobkörnigen Substrats der Siebung nachgeschaltet, wobei das bei der Zerkleinerung anfallende feinkörnige Siebgut zur Siebung zurückgeführt wird. Das zu zerkleinernde grobkörnige Substrat wird zunächst dem Siebgut vor und/oder während des Siebvorgangs zugemischt, wird anschließend vom Sieb abgezogen und schließlich der Zerkleinerung zugeführt.

    [0010] Um ein besonders feinkörniges Pulver zu erhalten, erfolgt die Zerkleinerung des grobkörnigen Substrats zweckmäßigerweise in einer Kaltmahlanlage, wobei das grobkörnige Substrat vor und/oder während der Zerkleinerung mittels eines kryogenen Kältemittels gekühlt wird. Dabei fällt kaltes Abgas an, das vorzugsweise zumindest teilweise zur Spülung des Siebes und/oder des Mischers verwendet wird.

    [0011] Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren wird eine Absiebung sehr feiner Pulver mit dem Vorteil einer exakt definierten Kornobergrenze und einem sehr geringen Fehlkornanteil erreicht. Bei Anwendung des Verfahrens in einer Kaltmahlanlage wird zusätzlich eine Vorkühlung des zu zerkleinernden grobkörnigen Substrats sowie eine Reduzierung des Kältemittelverbrauchs erzielt. Als Siebe können standardmäßige Vibrations-, Kreisschwing-, Taumel- oder Trommelsiebe ohne besondere Zusatzeinrichtungen, wie z.B. Bürst- oder Klopfeinrichtungen, zur Anwendung kommen.

    [0012] Im folgenden soll die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert werden.

    Figur 1 zeigt ein Fließschema einer Kaltmahlanlage mit vorgeschalteter Siebmaschine.

    Figur 2 zeigt eine graphische Darstellung des Siebergebnisses in Abhängigkeit von der zugegebenen Menge an grobkörnigem Substrat zum Siebgut.



    [0013] Die in Figur 1 dargestellte Kaltmahlanlage ist für die Zerkleinerung von grobkörnigem Substrat, insbesondere von Granulat, wie z.B. Kunststoffgranulat, zu feinkörnigem Pulver vorgesehen. Das Granulat wird über Zuleitung 1 und ein in die Zuleitung 1 eingeschaltetes, zur Dosierung dienendes, Zellrad 2 einem Mischer 3 zugeführt, der z.B. einen Schneckenantrieb aufweist. Im Mischer 3 wird das Granulat mit dem bei der Zerkleinerung des Granulats in einer nachgeschalteten Mühle 4 anfallenden feinkörnigen Pulver, das als Siebgut der Siebung zugeführt werden soll, homogen vermischt. Die entstehende Mischung wird über eine Zuführung 5 einer Siebmaschine 6 aufgegeben. Die Siebmaschine 6 kann z.B. ein standardmäßiger Vibrations-, Kreisschwing-, Taumel- oder Trommelsieb sein. Die um ein Vielfaches größeren Granulatpartikel dienen als Siebhilfe für das feinkörnige Pulver und treiben die sehr feinen Pulverpartikel, unbeeinflußt von Elektrostatik und Luftzug, durch die Siebmaschen. Das durch die Siebmaschen getriebene Feingut, das eine exakt definierte Kornobergrenze aufweist, wird über Leitung 7 zur weiteren Verwendung abgezogen. Das nicht durch die Siebmaschen gehende Granulat wird über Leitung 8 zunächst einem Zwischenbehälter 9 zugeführt und anschließend über ein Dosierzellrad 10 einer Kühlschnecke 11 aufgegeben, die mit einem kryogenen Kältemittel, insbesondere flüssigem Stickstoff beaufschlagt wird. Das gefrorene und versprödete Granulat wird über Leitung 12 der Mühle 4, die beispielsweise als Hammermühle ausgebildet sein kann, zugeführt. In der Mühle 4 wird das gefrorene Granulat zu sehr feinem Pulver mit Korngrößen im Mikrometerbereich zermahlen. Das Pulver wird über Leitung 13 abgezogen und einem Zyklon 14 zugeführt, in dem eine Abtrennung von Feinstaub erfolgt. Der Feinstaub wird mittels eines Gebläses 17 vom Zyklon 14 abgesaugt und über ein Filter 15 geleitet. Der anfallende Filterstaub wird über Leitung 16 abgezogen. Das als Siebgut vorgesehene Pulver wird über Leitung 18 dem Mischer 3 zugeführt, in dem es mit dem zu zerkleinernden Granulat homogen vermischt wird. Durch die Vermischung des aus der Mühle 4 abgezogenen kalten Pulvers mit dem Granulat, also dem Mahlgut, erfolgt auch eine Vorkühlung des Mahlgutes, wodurch der Verbrauch an kryogenem Kältemittel bei der Kaltmahlung reduziert wird.

    [0014] In der Kühlschnecke 11 anfallendes kaltes Abgas wird über eine Abgasleitung 19 abgezogen und teilweise über eine Spülgasleitung 20 zum Mischer 3 und zur Siebmaschine 6 geführt, um diese Anlagenteile mit Kaltgas zu spülen, wodurch ebenfalls eine Vorkühlung des Mahlgutes erfolgt. Der Rest des Abgases wird gemeinsam mit der vom Filter 15 abgezogenen Abluft über Leitung 21 und eine zwischengeschaltete Drosselklappe 22 an die Atmosphäre abgegeben.

    [0015] Figur 2 zeigt einen Vergleich der Siebergebnisse von Versuchssiebungen mit Polyesterpulver. Dabei wurde ein Plansieb mit einer Maschenweite von 125 mm verwendet, der als Kreisschwinger arbeitete. In dem Diagramm ist jeweils die Verteilung von Feingut und Grobgut angegeben (wobei unter "Feingut" Partikel mit einer Partikelgröße zu verstehen sind, die unterhalb einer definierten Kornobergrenze liegt, die durch die Maschenweite des Siebes bestimmt wird; während "Grobgut" solche Partikel bezeichnet, deren Größe oberhalb der Kornobergrenze liegt).

    [0016] Die Graphik I zeigt das Ergebnis einer Siebung nach dem Stand der Technik, d.h. ohne Zugabe von Granulat. Die Graphiken 11 und 111 zeigen die Ergebnisse bei der erfindungsgemäßen Siebung, wobei im Falle 11 ein Granulatanteil von 50% im Feingut eingestellt wurde, während im Falle III bei einem Granulatanteil von 33% gearbeitet wurde.

    [0017] Wie aus einem Vergleich der Graphiken I, 11 und III hervorgeht, liegt der effektive Grobgutanteil (G) (d.h. der Anteil an Partikeln, die wegen ihrer Größe nicht durch die Siebmaschen hindurchtreten können) bei allen Versuchen bei ca. 10%. Bei der Siebung nach dem Stand der Technik (Graphik I) ist jedoch ein hoher Anteil von Feingut im Grobgut (FG) von 55% vorhanden (d.h. es geht Feingut, das eigentlich aufgrund der geringen Partikelgröße durch die Siebmaschen hindurchtreten könnte, nicht durch die Siebmaschen hindurch, sondern sammelt sich im Grobgut als sog. Fehlkorn an). Bei den Siebversuchen gemäß der vorliegenden Erfindung (Graphik 11, 111) geht dagegen kein Feingut in das Grobgut über, der Anteil des Feingutaustrages (F) liegt in beiden Fällen bei ca. 90%.

    [0018] Diese Versuchssiebungen zeigen, daß mit dem erfindungsgemäßen Siebverfahren eine Absiebung sehr feiner Pulver mit dem Vorteil einer exakt definierten Kornobergrenze und eines sehr geringen Fehlkornanteils (im vorliegenden Fall praktisch 0) erreicht wird.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Sieben eines feinkörnigen Siebgutes, dadurch gekennzeichnet, daß dem Siebgut vor und/oder während des Siebvorgangs ein grobkörniges Substrat zugegeben wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als grobkörniges Substrat ein in Bezug auf das Siebgut arteigener Stoff verwendet wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß das feinkörnige Siebgut durch Zerkleinerung des grobkörnigen Substrats hergestellt wird.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Zerkleinerung des grobkörnigen Substrats der Siebung nachgeschaltet ist und das bei der Zerkleinerung anfallende feinkörnige Siebgut zur Siebung zurückgeführt wird.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß das grobkörnige Substrat vor und/oder während der Zerkleinerung mittels eines kryogenen Kältemittels gekühlt wird und dabei anfallendes kaltes Abgas zumindest teilweise zur Spülung während des Siebvorgangs verwendet wird.
     




    Zeichnung