[0001] Besonders feinkörnige Pulver, wie sie beispielsweise beim Kaltmahlen von Granulat
anfallen, können mittels eines einfachen Maschensiebes nicht ohne zusätzliche Maßnahmen
gesiebt werden. Aufgrund der geringen Korngröße des Pulvers und der damit verbundenen
geringen Masse der einzelnen Körner sind die beim Siebvorgang ausgenutzten Massenkräfte
sehr klein, so daß Störeinflüsse, wie z.B. elektrostatische Aufladung oder Luftströmungen,
die Siebung extrem behindern können. Falls die Massenkräfte so klein sind, daß die
Störeinflüsse überwiegen, so ist eine Siebung herkömmlicher Art völlig undurchführbar.
[0002] Zu den besonders schwer siebbaren Pulvern gehören insbesondere elektrostatisch aufladende
Stoffe, wie Kunststoffpulver (z.B. PVC, Polystyrol, Polyäthylen, Polypropylen etc.).
Auch Stoffe mit faseriger Kornform, z.B. Tabakstaub, Tee, Blattdrogen etc., bereiten
beim Sieben Schwierigkeiten. Problematisch sind auch Stoffe mit geringem spezifischen
Gewicht, wie Kohlepulver und Naturgraphit.
[0003] Man versucht, durch geerdete, metallische Siebgewebe, durch eine luftzugarme Siebdeckbewegung
und durch diverse Siebhilfen die Probleme zu bewältigen. Zu den Siebhilfen gehören
z.B. Klopfbälle, die gegen die Unterseite des Siebdecks stoßen, oder Bürsten, die
das Siebgut durch die Maschen des Siebes passieren.
[0004] Die bisherigen Methoden sind jedoch mit wesentlichen Nachteilen verbunden. So können
ausgefallene Borsten der Bürsten oder Abrieb der Klopfbälle das Siebprodukt verunreinigen.
Auch können die anstreifenden Bürsten das Siebgewebe zerstören. Außerdem läuft nach
wie vor ein hoher Anteil Feingut ins Grobgut über, d.h. der sog. Fehlkornanteil ist
sehr hoch.
[0005] Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Siebverfahren bereitzustellen,
mit dem eine effektive Siebung insbesondere schwer siebbaren Siebgutes gewahrleistet
wird, ohne daß die Nachteile herkömmlicher Verfahren auftreten.
[0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß dem Siebgut vor und/oder während
des Siebvorgangs ein grobkörniges Substrat zugegeben wird.
[0007] Das grobkörnige Substrat besitzt eine Korngröße, die deutlich über der Maschenweite
des Siebgewebes liegt, so daß es selbst nicht der Siebung unterworfen wird. Die um
vieles größeren Substratpartikel wirken als Siebhilfe für die sehr feinen Siebgutpartikel
und treiben diese, unbeeinflußt von Elektrostatik und Luftzug durch die Siebmaschen.
Als grobkörniges Substrat kommt beispielsweise Granulat in Frage, dessen Partikelgröße
um ein Vielfaches über der Maschenweite des Siebgewebes liegt. Vorzugsweise wird als
grobkörniges Substrat ein in Bezug auf das Siebgut arteigener Stoff verwendet.
[0008] In einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist das Siebverfahren
in ein Verfahren zur Zerkleinerung grobkörnigen Substrats integriert. Das grobkörnige
Substrat, beispielsweise grobkörniges Granulat wie Kunststoffpartikel, Gewürzkörner,
Nüsse etc., wird z.B. in einer Hammermühle zu feinkörnigem Pulver zermahlen. Das feinkörnige
Pulver wird einem einfachen Maschensieb zugeführt, um ein Pulver mit definierter Kornobergrenze
zu erhalten. Vor und/oder während des Siebvorgangs wird das grobkörnige Substrat dem
feinkörnigen Pulver, bevorzugt in einem beispielsweise mit einem Schnekkenantrieb
versehenen Mischer, zugemischt. Die um ein Vielfaches größeren Partikel des grobkörnigen
Substrats treiben die feinen Pulverpartikel durch die Siebmaschen.
[0009] Vorzugsweise ist die Zerkleinerung des grobkörnigen Substrats der Siebung nachgeschaltet,
wobei das bei der Zerkleinerung anfallende feinkörnige Siebgut zur Siebung zurückgeführt
wird. Das zu zerkleinernde grobkörnige Substrat wird zunächst dem Siebgut vor und/oder
während des Siebvorgangs zugemischt, wird anschließend vom Sieb abgezogen und schließlich
der Zerkleinerung zugeführt.
[0010] Um ein besonders feinkörniges Pulver zu erhalten, erfolgt die Zerkleinerung des grobkörnigen
Substrats zweckmäßigerweise in einer Kaltmahlanlage, wobei das grobkörnige Substrat
vor und/oder während der Zerkleinerung mittels eines kryogenen Kältemittels gekühlt
wird. Dabei fällt kaltes Abgas an, das vorzugsweise zumindest teilweise zur Spülung
des Siebes und/oder des Mischers verwendet wird.
[0011] Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren wird eine Absiebung sehr feiner Pulver mit dem
Vorteil einer exakt definierten Kornobergrenze und einem sehr geringen Fehlkornanteil
erreicht. Bei Anwendung des Verfahrens in einer Kaltmahlanlage wird zusätzlich eine
Vorkühlung des zu zerkleinernden grobkörnigen Substrats sowie eine Reduzierung des
Kältemittelverbrauchs erzielt. Als Siebe können standardmäßige Vibrations-, Kreisschwing-,
Taumel- oder Trommelsiebe ohne besondere Zusatzeinrichtungen, wie z.B. Bürst- oder
Klopfeinrichtungen, zur Anwendung kommen.
[0012] Im folgenden soll die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert
werden.
Figur 1 zeigt ein Fließschema einer Kaltmahlanlage mit vorgeschalteter Siebmaschine.
Figur 2 zeigt eine graphische Darstellung des Siebergebnisses in Abhängigkeit von
der zugegebenen Menge an grobkörnigem Substrat zum Siebgut.
[0013] Die in Figur 1 dargestellte Kaltmahlanlage ist für die Zerkleinerung von grobkörnigem
Substrat, insbesondere von Granulat, wie z.B. Kunststoffgranulat, zu feinkörnigem
Pulver vorgesehen. Das Granulat wird über Zuleitung 1 und ein in die Zuleitung 1 eingeschaltetes,
zur Dosierung dienendes, Zellrad 2 einem Mischer 3 zugeführt, der z.B. einen Schneckenantrieb
aufweist. Im Mischer 3 wird das Granulat mit dem bei der Zerkleinerung des Granulats
in einer nachgeschalteten Mühle 4 anfallenden feinkörnigen Pulver, das als Siebgut
der Siebung zugeführt werden soll, homogen vermischt. Die entstehende Mischung wird
über eine Zuführung 5 einer Siebmaschine 6 aufgegeben. Die Siebmaschine 6 kann z.B.
ein standardmäßiger Vibrations-, Kreisschwing-, Taumel- oder Trommelsieb sein. Die
um ein Vielfaches größeren Granulatpartikel dienen als Siebhilfe für das feinkörnige
Pulver und treiben die sehr feinen Pulverpartikel, unbeeinflußt von Elektrostatik
und Luftzug, durch die Siebmaschen. Das durch die Siebmaschen getriebene Feingut,
das eine exakt definierte Kornobergrenze aufweist, wird über Leitung 7 zur weiteren
Verwendung abgezogen. Das nicht durch die Siebmaschen gehende Granulat wird über Leitung
8 zunächst einem Zwischenbehälter 9 zugeführt und anschließend über ein Dosierzellrad
10 einer Kühlschnecke 11 aufgegeben, die mit einem kryogenen Kältemittel, insbesondere
flüssigem Stickstoff beaufschlagt wird. Das gefrorene und versprödete Granulat wird
über Leitung 12 der Mühle 4, die beispielsweise als Hammermühle ausgebildet sein kann,
zugeführt. In der Mühle 4 wird das gefrorene Granulat zu sehr feinem Pulver mit Korngrößen
im Mikrometerbereich zermahlen. Das Pulver wird über Leitung 13 abgezogen und einem
Zyklon 14 zugeführt, in dem eine Abtrennung von Feinstaub erfolgt. Der Feinstaub wird
mittels eines Gebläses 17 vom Zyklon 14 abgesaugt und über ein Filter 15 geleitet.
Der anfallende Filterstaub wird über Leitung 16 abgezogen. Das als Siebgut vorgesehene
Pulver wird über Leitung 18 dem Mischer 3 zugeführt, in dem es mit dem zu zerkleinernden
Granulat homogen vermischt wird. Durch die Vermischung des aus der Mühle 4 abgezogenen
kalten Pulvers mit dem Granulat, also dem Mahlgut, erfolgt auch eine Vorkühlung des
Mahlgutes, wodurch der Verbrauch an kryogenem Kältemittel bei der Kaltmahlung reduziert
wird.
[0014] In der Kühlschnecke 11 anfallendes kaltes Abgas wird über eine Abgasleitung 19 abgezogen
und teilweise über eine Spülgasleitung 20 zum Mischer 3 und zur Siebmaschine 6 geführt,
um diese Anlagenteile mit Kaltgas zu spülen, wodurch ebenfalls eine Vorkühlung des
Mahlgutes erfolgt. Der Rest des Abgases wird gemeinsam mit der vom Filter 15 abgezogenen
Abluft über Leitung 21 und eine zwischengeschaltete Drosselklappe 22 an die Atmosphäre
abgegeben.
[0015] Figur 2 zeigt einen Vergleich der Siebergebnisse von Versuchssiebungen mit Polyesterpulver.
Dabei wurde ein Plansieb mit einer Maschenweite von 125 mm verwendet, der als Kreisschwinger
arbeitete. In dem Diagramm ist jeweils die Verteilung von Feingut und Grobgut angegeben
(wobei unter "Feingut" Partikel mit einer Partikelgröße zu verstehen sind, die unterhalb
einer definierten Kornobergrenze liegt, die durch die Maschenweite des Siebes bestimmt
wird; während "Grobgut" solche Partikel bezeichnet, deren Größe oberhalb der Kornobergrenze
liegt).
[0016] Die Graphik I zeigt das Ergebnis einer Siebung nach dem Stand der Technik, d.h. ohne
Zugabe von Granulat. Die Graphiken 11 und 111 zeigen die Ergebnisse bei der erfindungsgemäßen
Siebung, wobei im Falle 11 ein Granulatanteil von 50% im Feingut eingestellt wurde,
während im Falle III bei einem Granulatanteil von 33% gearbeitet wurde.
[0017] Wie aus einem Vergleich der Graphiken I, 11 und III hervorgeht, liegt der effektive
Grobgutanteil (G) (d.h. der Anteil an Partikeln, die wegen ihrer Größe nicht durch
die Siebmaschen hindurchtreten können) bei allen Versuchen bei ca. 10%. Bei der Siebung
nach dem Stand der Technik (Graphik I) ist jedoch ein hoher Anteil von Feingut im
Grobgut (FG) von 55% vorhanden (d.h. es geht Feingut, das eigentlich aufgrund der
geringen Partikelgröße durch die Siebmaschen hindurchtreten könnte, nicht durch die
Siebmaschen hindurch, sondern sammelt sich im Grobgut als sog. Fehlkorn an). Bei den
Siebversuchen gemäß der vorliegenden Erfindung (Graphik 11, 111) geht dagegen kein
Feingut in das Grobgut über, der Anteil des Feingutaustrages (F) liegt in beiden Fällen
bei ca. 90%.
[0018] Diese Versuchssiebungen zeigen, daß mit dem erfindungsgemäßen Siebverfahren eine
Absiebung sehr feiner Pulver mit dem Vorteil einer exakt definierten Kornobergrenze
und eines sehr geringen Fehlkornanteils (im vorliegenden Fall praktisch 0) erreicht
wird.
1. Verfahren zum Sieben eines feinkörnigen Siebgutes, dadurch gekennzeichnet, daß
dem Siebgut vor und/oder während des Siebvorgangs ein grobkörniges Substrat zugegeben
wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als grobkörniges Substrat
ein in Bezug auf das Siebgut arteigener Stoff verwendet wird.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß das feinkörnige Siebgut
durch Zerkleinerung des grobkörnigen Substrats hergestellt wird.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Zerkleinerung des grobkörnigen
Substrats der Siebung nachgeschaltet ist und das bei der Zerkleinerung anfallende
feinkörnige Siebgut zur Siebung zurückgeführt wird.
5. Verfahren nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß das grobkörnige Substrat
vor und/oder während der Zerkleinerung mittels eines kryogenen Kältemittels gekühlt
wird und dabei anfallendes kaltes Abgas zumindest teilweise zur Spülung während des
Siebvorgangs verwendet wird.