(19)
(11) EP 0 508 287 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
14.10.1992  Patentblatt  1992/42

(21) Anmeldenummer: 92105586.9

(22) Anmeldetag:  01.04.1992
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5D05C 17/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB GR IT LI LU NL PT SE

(30) Priorität: 09.04.1991 DE 4111455

(71) Anmelder: Norddeutsche Faserwerke GmbH
D-24536 Neumünster (DE)

(72) Erfinder:
  • Erren, Karl-Heinz
    W-2356 Aukrug-Homfeld (DE)
  • Grewe, Regina
    W-2350 Neumünster (DE)
  • Heidhues, Robert
    W-2356 Aukrug-Buenzen (DE)
  • Hoeppner, Frank
    W-2350 Neumünster (DE)

(74) Vertreter: UEXKÜLL & STOLBERG 
Patentanwälte Beselerstrasse 4
22607 Hamburg
22607 Hamburg (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Tufting-Teppich


    (57) Beschrieben wird ein Tufting-Teppich, der einen Tuftinggrund, ein Polmaterial und einen Teppichrücken umfaßt und im wesentlichen ausschließlich aus Polyamid 6 besteht. Durch die Verwendung eines chemisch einheitlichen Materials in allen Komponenten des Tufting-Teppichs kann dieser insgesamt einem Recycling zur Rückgewinnung des monomeren Ausgangsmaterials unterworfen werden, ohne daß eine Auftrennung in die einzelnen Komponenten erforderlich ist, was bisher das Recycling von Tufting-Teppichen verhindert und zu großen Abfallbeseitigungsproblemen geführt hat.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft einen Tufting-Teppich sowie dessen Verwendung als Boden- und Wandbelag.

    [0002] Teppiche werden aus Chemiefasern, Wolle, Haargarn, Seide und Baumwolle getuftet, gewebt, geknüpft und genadelt. Tufting ist bezogen auf die fabrikmäßig hergestellte Teppichfläche die dominierende Produktionstechnik, wobei überwiegend Chemiefasern und insbesondere Polyamid-Filamentgarne und -Spinnfasergarne zum Einsatz kommen. Der fabrikmäßig gefertigte Tufting-Teppich, der sowohl als Boden- als auch als Wandbelag verwendet werden kann, bietet neben Komfort erhebliche Vorzüge hinsichtlich Isolierung und begünstigt dadurch den Wärmehaushalt in Gebäuden.

    [0003] Die heute üblichen Tufting-Teppichkonstruktionen bestehen überwiegend aus drei Komponenten, nämlich dem Tuftinggrund, dem Polmaterial und dem Teppichrücken. Für diese Komponenten werden unterschiedliche Materialien verwendet, die sich chemisch grundsätzlich unterscheiden und nicht miteinander aufbereitungsfähig sind, z. B. Polypropylen, Polyamid, Polyurethan, Polyvinylchlorid und Jute. Kombinationen von Polypropylen als Grundgewebe, Polyamid als Polmaterial und Polyurethan als Rückenbeschichtung überwiegen.

    [0004] Bei dem Tuftinggrund handelt es sich um Gewebe, die überwiegend aus Polypropylen bestehen, oder um Spinnvliese aus Polyester oder Polypropylen. Seltener kommen Jutegewebe zum Einsatz.

    [0005] Das Polmaterial besteht überwiegend aus aus Polyamid hergestellten Spinnfasern, die sekundär versponnen und dann nachgetuftet werden, oder aus Polyamiden, die im Ein- oder Mehrstufenprozeß zu einem endlosen Garn extrudiert, gestreckt und texturiert worden sind (BCF-Garne = bulked continuous filament).

    [0006] Dem Teppichrücken kommen mehrere Funktionen zu. Auf den getufteten Teppich wird zur Verfestigung der Noppen ein Vorstrich aus Kautschuk oder SB-Latex aufgebracht. Bei Tufting-Teppichen für Objekte wird häufig ein Zweitrücken vorwiegend aus Polyestergewebe aufgeklebt und der Teppich so verlegt. Für den Einsatz im Wohnbereich werden üblicherweise teils gefüllte Schäume auf der Basis von Latex oder Polyurethan zur Komforterhöhung aufgebracht.

    [0007] Die in der beschriebenen Weise aufgebauten Tufting-Teppiche stellen nach beendetem Gebrauch ein großes Müll- bzw. Abfallbeseitigungsproblem dar, da sie in großen Mengen (großes Volumen und großes Gewicht) anfallen und praktisch nicht bzw. nur äußerst langsam verwittern. Auch eine Auftrennung in die einzelnen Komponenten und eine Wiederverwendung dieser Komponenten ist äußerst schwierig bzw. nahezu unmöglich und ist deshalb bisher schon aus rein wirtschaftlichen Gründen unterblieben. Angesichts der immer größer werdenden Abfallbeseitigungsprobleme besteht deshalb ein dringendes Bedürfnis nach Tufting-Teppichen, die nach Gebrauch leicht beseitigt oder wiederverwertet werden können.

    [0008] Dementsprechend liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, einen Tufting-Teppich zu schaffen, der nach erfolgtem Gebrauch in einfacher Weise beseitigbar bzw. vorzugsweise wiederverwertbar (recycling-fähig) ist.

    [0009] Zur Lösung dieser Aufgabe wird ein Tufting-Teppich vorgeschlagen, der einen Tuftinggrund, ein Polmaterial und einen Teppichrücken umfaßt und dadurch gekennzeichnet ist, daß er im wesentlichen ausschließlich aus Polyamid 6 besteht.

    [0010] Gegenstand der Erfindung ist ferner die Verwendung des erfindungsgemäßen Teppichs als Boden- und Wandbelag.

    [0011] Bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung und mit der Erfindung erzielbare Vorteile ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung und den Unteransprüchen.

    [0012] Es hat sich überraschend gezeigt, daß die Herstellung von Tufting-Teppichen aus im wesentlichen einem chemisch einheitlichen Material (abgesehen von üblichen Hilfsstoffen wie Farbstoffen, Antistatika usw.) möglich ist, wenn das Material für die verschiedenen Komponenten hinsichtlich der erforderlichen Eigenschaften sorgfältig ausgewählt wird. Durch die Verwendung eines chemisch einheitlichen Materials in allen Komponenten des Tufting-Teppichs ist es bei der Aufarbeitung und Wiederverwertung von gebrauchtem Teppich nicht mehr erforderlich, die Komponenten und deren Bestandteile voneinander zu trennen. Vielmehr kann der Teppich insgesamt dem Recycling zur Rückgewinnung des monomeren Ausgangsmaterials unterworfen werden. Polyamid 6 kann nämlich durch einfache Depolymerisation in das monomere Ausgangsprodukt Caprolactam zurückgeführt werden.

    [0013] Der Tuftinggrund des erfindungsgemäßen Tufting-Teppichs besteht aus einem Gewebe, Gewirke, Vlies oder einer gestreckten Folie aus Polyamid 6. Bei Einsatz einer durch Kettwirktechnik hergestellten textilen Fläche - Kettgewirke - sollte die Wirkware vorwiegend mit folgender Legung erstellt werden:
    Legeschiene 1 (Samt) 102 - 454
    Legeschiene 2 (Franse) 100 - 011
    Maschen/cm 20
    Teilung E 28


    [0014] Eine Wirkware in dieser Ausführung ergibt eine stabile Warenbahn ohne rollende Kanten und ist bei ausreichender Längs- und Breitendehnung in sich fest. Die gewählte Legung verhindert durch den hohen Versatz in Legeschiene 1 bei einem eventuellen Beschädigen von Filamenten durch die Tuftingnadeln ein Auftrennen der Gesamtkonstruktion.

    [0015] Die Wirkware führt zu einem dehnbaren Tufting-Teppich, der durch die folgende Rückenverfestigung stabilisiert werden kann, aber noch über die notwendige Dehnbarkeit von 3 bis 7% zum Verspannen verfügt. Darüber hinaus weist die Wirkware eine hohe Verschiebefestigkeit auf, so daß Probleme, z.B. Reißen des Teppichs an der Nadelleiste durch niedrige Verschiebefestigkeit, vermieden werden.

    [0016] Die für die Wirkware verwendeten Garne, vorwiegend Filamentgarne, liegen im Titerbereich von 20 dtex bis 200 dtex. Als besonders geeignet haben sich Garne mit einem Titer von 44 dtex oder 67 dtex erwiesen. Die Filamentgarne zeigen einen Schrumpf von etwa 14%, der durch Erhitzen (Fixieren) ausgelöst werden kann. Wird der Pol vor der Fixierung aufgetuftet, erreicht man durch das Auslösen des Schrumpfes eine Verdichtung der Oberfläche und damit eine Qualitätssteigerung des Tufting-Teppichs. Andererseits kann man vorteilhaft auf einer gröberen Maschinenteilung tuften und durch den ausgelösten Schrumpf eine Warenoberfläche wie von einer Tuftingmaschine mit feinerer Teilung erzielen. Beispielsweise schrumpft eine Tufting-Ware (1/10''-Teilung, 8 mm Pol, 45 Stiche/10 cm) unter Verwendung der oben beschriebenen Kettwirkware als Trägermaterial von 1270 g/m² um 25% auf 1600 g/m². Wenn derartige Schrumpfeffeke unerwünscht sind, kann eine ausfixierte und damit stabilisierte Wirkware gleicher Konstruktion als Tuftinggrund eingesetzt werden.

    [0017] Im Falle einer Webware als Tuftinggrund wird die Leinwandbindung bevorzugt, um gleichmäßige Stabilität in Kette und Schuß zu erreichen. Die Fadendichte in Kette und Schuß ist abhängig von der eingesetzten Garnstärke. Geeignet sind vorwiegend Garne im Feinheitsbereich von 200 bis 4000 dtex. Typische Fadendichten bei einer Garnstärke von 300 dtex sind 8 bis 14 Fäden/cm in der Kette, bei einer Garnstärke von 1100 dtex 5 bis 10 Fäden/cm im Schuß. Die Verschiebefestigkeit und Diagonalstabilität der groben Gewebe kann durch ein aufgebrachtes Vlies verbessert werden. Bei der Webware liegt die Dehnbarkeit wegen der bindungsbedingt starken Kraftaufnahme auf einem niedrigen Niveau, so daß der untere Dehnungsbereich von 3% zum Spannen gewählt werden muß.

    [0018] Aber auch hier lassen sich durch texturierte Garne, also solche Polyamid-Garne mit höherer Elastizität, Teppiche mit höherer Dehnung erstellen, die auf die Bedürfnisse der Verwendung nach Maß gefertigt werden können.

    [0019] Ein Vlies als Teppichgrund zeigt eine gleichmäßige Festigkeit in allen Richtungen bei einer durch die Verfestigung einstellbaren Dehnbarkeit, aber gegenüber anderen Grund-Waren erniedrigter Festigkeit. Geeignet sind insbesondere Vliese mit einem Gewicht von 90 bis 200 g/m² und vorzugsweise 110 bis 150 g/m² sowie einer Festigkeit in Längsrichtung von 130 bis 170 N/5 cm und vorzugsweise 140 bis 160 N/5 cm und einer Festigkeit in Querrichtung von 100 bis 150 N/5 cm und vorzugsweise 110 bis 140 N/5 cm.

    [0020] Als Pol- oder Flormaterial werden in üblicher Weise aus Spinnfasern sekundär gesponnenes Garn, endloses streck-texturiertes Filamentgarn oder ein anderes wie auch immer hergestelltes Garn ausschließlich aus Polyamid 6 verwendet. Das Garn, das vorwiegend im Titerbereich von 800 dtex bis 4000 dtex liegt, kann normal texturiert oder zusätzlich fixiert oder gedreht und fixiert eingesetzt werden.

    [0021] Die Verfestigung der Polnoppen erfolgt durch Verkleben mit einer Polyamidfolie oder mit Polyamid-Schmelzklebepulver oder einer angelösten Polyamidmasse.

    [0022] Zur Verfestigung der Noppen muß die Polyamidfolie oder das Polyamidpulver bis zum Fließen erhitzt werden oder eine angelöste Polyamidmasse flüssig aufgebracht werden, um die Noppen einwandfrei zu verfestigen. Vorteilhaft verwendet man ein Copolyamid, das sich durch einen verringerten Schmelzpunkt auszeichnet, wählt jedoch den höchstmöglichen Anteil an Polyamid 6, insbesondere Copolyamide mit einem Gehalt an Polyamid 6 von mindestens 80 Gew.% und vorzugsweise mindestens 90 Gew.%. Die dabei in geringstem Maße eingebrachte Hilfskomponente ist bezogen auf das Gesamtgewicht des eingesetzten Materials von untergeordneter Bedeutung und daher für das Recycling durch Depolymerisation und der damit angestrebten Rückgewinnung der Ausgangskomponente Caprolactam nicht störend. Für diesen Zweck geeignete Copolyamide sind handelsübliche Schmelzklebstoffe, die sowohl in Folienform als auch in Pulverform erhältlich sind.

    [0023] Der Grad der Verfestigung kann sowohl durch die Art des Copolymers als auch die Stärke der Folie oder die Menge des Pulvers anwendungs- und verbrauchsgerecht gesteuert werden. Typisch sind Auflagen von 30 bis 90 g/m² und vorzugsweise 40 bis 70 g/m². Gleichzeitig wird durch den Grad der Verfestigung die Dehnbarkeit des Teppichs für die Verspannung, insbesondere bei Einsatz von Wirkware als Teppichgrund, vorgegeben.

    [0024] Bei der Verfestigung der Noppen kann gleichzeitig eine textile Fläche aus Polyamid 6, z.B. eine Webware, ein Vlies oder eine Wirkware, als Zweitrücken zur zusätzlichen Stabilisierung des Teppichs aufgebracht werden. Die erfindungsgemäße Teppichkonstruktion wird mit oder ohne separate Dämmschicht ohne Verkleben durch Spannen über Nadelleisten verlegt. Die Dämmschicht ist dann selbst nach beendetem Gebrauch wieder aufnehmbar und kann getrennt wiederverwertet werden. Auf diese Weise bleibt der verlegte Teppich recycling-fähig.

    Beispiel 1



    [0025] Beispiel einer Konstruktion eines textilen Fußbodenbelags hergestellt nach dem Tuftingverfahren:


    Beispiel 2



    [0026] Beispiel einer Konstruktion eines textilen Fußbodenbelags hergestellt nach dem Tuftingverfahren mit Zweitrücken:
    Tuftinggrund:
    analog Beispiel 1
    Pol:
    analog Beispiel 1
    Tuften:
    analog Beispiel 1
    Verfestigung:
    Copolyamid-Folie (Schmelzbereich wie in Beispiel 1) - 40 g/m²- und Kettwirkware analog Tuftinggrund werden auf die Tuftingkonstruktion aufkaschiert (Temperatur 115-122°C)



    Ansprüche

    1. Tufting-Teppich, der einen Tuftinggrund, ein Polmaterial und einen Teppichrücken umfaßt, dadurch gekennzeichnet, daß er im wesentlichen ausschließlich aus Polyamid 6 besteht.
     
    2. Tufting-Teppich nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Tuftinggrund eine Wirkware ist.
     
    3. Tufting-Teppich nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Tuftinggrund aus Garnen im Titerbereich von 20 dtex bis 200 dtex besteht.
     
    4. Tufting-Teppich nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnt, daß der Tuftinggrund aus Filamentgarn besteht.
     
    5. Tufting-Teppich nach einem der Ansprüche 2 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß der Tuftinggrund eine Wirkware ist, die mit folgender Legung erstellt worden ist:
    Legeschiene 1 (Samt) 102 - 454
    Legeschiene 2 (Franse) 100 - 011
    Maschen/cm 20
    Teilung E 28.

     
    6. Tufting-Teppich nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Tuftinggrund eine Webware ist.
     
    7. Tufting-Teppich nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß der Tuftinggrund aus Garnen im Feinheitsbereich von 200 bis 4000 dtex besteht und die Bindung Leinwandbindung ist.
     
    8. Tufting-Teppich nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Tuftinggrund ein Vlies ist.
     
    9. Tufting-Teppich nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß der Teppichrücken aus einer Folie, einem Schmelzklebepulver oder einer angelösten Masse aus Polyamid 6 oder einem Copolyamid mit hohem Gehalt an Polyamid 6 besteht und mit den Polnoppen verklebt ist.
     
    10. Verwendung des Tufting-Teppichs gemäß einem der Ansprüche 1 bis 9 als Boden- und Wandbelag.
     
    11. Verwendung nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, daß der Boden- oder Wandbelag durch Verspannen verlegt wird.
     





    Recherchenbericht