(19)
(11) EP 0 512 247 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
11.11.1992  Patentblatt  1992/46

(21) Anmeldenummer: 92105566.1

(22) Anmeldetag:  01.04.1992
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5C22B 11/08
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT DE ES FR GB PT SE

(30) Priorität: 03.05.1991 DE 4114514

(71) Anmelder: Degussa Aktiengesellschaft
D-60311 Frankfurt (DE)

(72) Erfinder:
  • Lorösch, Jürgen, Dr.
    W-6450 Hanau 7 (DE)
  • Ziegler, Annette
    W-6050 Offenbach (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Laugung von Gold und Silber


    (57) Bei der sogenannten Cyanidation-in-mill-Technik werden die zu laugenden Erze, Erzkonzentrate und Bergematerial aus früheren unvollständigen Laugungen bereits in der Mühle mit einer cyanidhaltigen Laugungslösung behandelt, wobei Gold und Silber zumindest teilweise gelaugt werden. Gegenüber der vorbekannten Cyanidation-in-mill-Technik in Gegenwart von Wasserstoffperoxid läßt sich die Goldausbeute wesentlich erhöhen, wenn die Laugung in Gegenwart einer Peroxoboratverbindung durchgeführt wird. Das Peroxoborat kann in fester und/oder gelöster Form anwesend sein. Pro t des zu laugenden Materials werden vorzugsweise 10 bis 60 Äquivalente Peroxoborat eingesetzt.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Laugung von Gold und Silber aus Erzen, Erzkonzentraten und Bergematerial aus früheren unvollständigen Laugungen durch Mahlen des zu laugenden Materials in Gegenwart einer cyanidischen Laugungslösung, welche einen pH-Wert von 8 bis 13 aufweist und eine Peroxoverbindung enthält.

    [0002] Die Laugung von Cyanokomplexe bildenden Edelmetallen, insbesondere Gold und Silber, aus Erzen, Erzkonzentraten und anderen teilchenförmigen Materialien, wie beispielsweise Bergematerial aus früheren unvollständigen Laugungen, unter Verwendung einer cyanidhaltigen alkalischen Laugungslösung und eines Oxidationsmittels ist lange bekannt und wird seit über hundert Jahren bereits im betriebstechnischen Maßstab angewandt.

    [0003] Bei der sogenannten Haufenlaugung wird das auf 10 bis 50 mm vorgebrochene Erz aufgehaldet und mit einer wäßrigen Cyanidlösung berieselt; als Oxidationsmittel dient üblicherweise Luftsauerstoff, jedoch können auch Peroxoverbindungen dem Erzhaufen oder der Laugungslösung zugesetzt werden - DE-PS 38 30 703, DE-Patentanmeldung P 40 17 899.4, GB-A 2219474.

    [0004] Bei der sogenannten Rührlaugung wird feingemahlenes Erz in Tanks oder anderen Behältern gelaugt. Die Goldausbringungsrate ist hier höher als bei der Haufenlaugung, allerdings ist auch der Verfahrensaufwand bedeutend höher. Die Rührlaugung erfordert eine durchschnittliche Aufmahlung des zu laugenden Erzes auf weniger als 100 µm; meist wird ein Mahlgrad gefordert, wonach mindestens 80 % des Mahlguts kleiner 45 µm ist.

    [0005] Zur Aufmahlung des Erzes werden bekannte diskontinuierlich und kontinuierlich arbeitende Naßmühlen, insbesondere Kugelmühlen und Stabmühlen, verwendet. Die Aufmahlung erfolgt in einer, meistens aber in zwei oder mehr Stufen, wobei das Überkorn jeweils rezykliert wird. Die erhaltene Trübe aus dem aufgemahlenen Erz und im allgemeinen Wasser wird mit Cyanid und ggf. weiteren Laugungschemikalien versetzt und dann den Laugungstanks zugeführt.

    [0006] Bei der Rührlaugung beträgt die Laugungsdauer bei Begasung mit Luft meist 15 bis 30 Stunden, sie konnte aber durch Verwendung von Peroxoverbindungen, wie Wasserstoffperoxid, Calciumperoxid oder Peroxoboraten, anstelle oder in Ergänzung zur Luftbegasung wesentlich verkürzt werden - DE-PS 36 37 082, DE-PS 38 30 703, DE-Patentanmeldung P 40 17 899.4.

    [0007] Seit einiger Zeit verwenden einige Minen die sogenannte "Cyanidation-in-mill"-Technik. Bei dieser Laugungsmethode wird das Cyanid vor oder während des Mahlens zugesetzt und die Verweilzeit des Erzes in der Mühle verwendet, um die Laugungszeit in den Tanks einer Rührlaugung zu verkürzen. Während bei völlig durchoxidierten Erzen passable Laugungsergebnisse bereits in der Mühle erzielt werden können, eignete sich diese Methode zunächst kaum zur Laugung sulfidischer Erze, weil hier in der Mühle reduktive Bedingungen vorherrschen und kein oder zu wenig Sauerstoff für die Laugung verfügbar ist. Um auch sulfidhaltige Erze der "Cyanidation-in-mill"-Technik besser zugänglich zu machen, wurden von verschiedenen Minen auch Oxidationsmittel eingesetzt: Während mit reinem Sauerstoff keine Verbesserung möglich war, konnte durch Verwendung von Wasserstoffperoxid die Goldausbeute in der Mühle gesteigert und der NaCN-Verbrauch reduziert werden -CA 102(14): 117216r (Smith, M.E. et. al. in Proc. SME Fall Meeting 1983, 41, 43-49, ed. Hiskey, J. Brent. Soc. Min. Eng. AIME : Littleton, Colo).

    [0008] Aufgabe der Erfindung ist, die "Cyanidation-in-mill"-Technik dahingehend zu verbessern, daß eine gegenüber der Verwendung von Wasserstoffperoxid noch höhere Goldausbeute erzielt werden kann. Es sollte damit möglich werden, nicht nur die gesamte Laugungsdauer - Zeitaufwand für die Mahlung und die nachfolgende Rührlaugung - bei hoher Goldausbeute weiter zu verkürzen, sondern nach Möglichkeit sogar auf die Rührlaugung zu verzichten.

    [0009] Die Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren zur Laugung von Gold und Silber aus Erzen, Erzkonzentraten und Bergematerial durch Mahlen des zu laugenden Materials in Gegenwart einer cyanidischen Laugungslösung, welche einen pH-Wert von 8 bis 13 aufweist und eine Peroxoverbindung enthält, dadurch gekennzeichnet, daß als Peroxoverbindung mindestens eine Peroxoboratverbindung anwesend ist.

    [0010] Für das erfindungsgemäße Verfahren ist wesentlich, daß eine wirksame Menge Peroxoborat in gelöster und/oder feinst verteilter Form anwesend ist. Die erforderliche Gesamtmenge an Peroxoborat kann bereits zu Beginn der Laugung in der Mühle anwesend sein, oder das Peroxoborat wird während der Laugung in einer oder mehreren Portionen, beispielsweise vor jeder Mahlstufe eines mehrstufigen Mahlverfahrens, zugesetzt oder aus einem zugesetzten Borat und Wasserstoffperoxid in-situ gebildet. Die Zugabe eines Peroxoborats wird gegenüber der in-situ-Bildung in der Laugungstrübe bevorzugt. Das Peroxoborat kann pulverförmig, als wäßrige Lösung oder Suspension dem zu laugenden Material, der cyanidischen Laugungslösungs oder der Laugungstrübe zugesetzt werden.

    [0011] Die wirksame Menge Peroxoborat, welche stark von dem zu laugenden Material abhängt, läßt sich anhand orientierender Versuche leicht ermitteln. Pro t des zu laugenden Materials werden im allgemeinen 1 bis 100 Äquivalente Peroxoborat, berechnet als BO₃-, ausreichend sein. Vorzugsweise liegt der Bedarf zwischen 10 und 60 Äquivalenten Peroxoborat. Als Aktivsauerstoffverbindung spalten Peroxoborate bzw. das durch Hydrolyse entstehende Wasserstoffperoxid Sauerstoff ab; der Sauerstoff, das Wasserstoffperoxid sowie das Peroxoborat können als Oxidationsmittel in den Laugungsprozeß eingreifen.

    [0012] Als Peroxoborate, hierunter werden auch deren Hydrate verstanden, kommen solche der Alkali- und Erdalkalimetalle infrage, prinzipiell aber auch Peroxoborate von anderen Metallen, wie z. B. Zink. Besonders vorteilhaft lassen sich die im Handel erhältlichen Peroxoborate, nämlich das sogenannte Natriumperboratmono- und -tetrahydrat sowie Calciumperborat, verwenden. Einsetzbar sind auch sogenannte superoxidierte Peroxoborate, wie sie aus der DE-OS 28 11 554 und DE-OS 35 05 158 bekannt wurden.

    [0013] Wie bei der Haufen- und Rührlaugung wird auch die Laugung in der Mühle bei einem pH-Wert von 8 bis 13, vorzugsweise 9 bis 12, durchgeführt. Die pH-Einstellung erfolgt in an sich bekannter Weise mittels Alkalien, wie insbesondere Kalkmilch und Natronlauge. Während des Mahlprozesses kann es zweckmäßig sein, eine pH-Anpassung auf als optimal erkannte Werte vorzunehmen.

    [0014] Der Cyanidgehalt, berechnet als CN, in der Laugungslösung wird üblicherweise zwischen 0,005 und 2,5 Gew.-% liegen. Bevorzugt werden Cyanidgehalte zwischen 0,02 und 0,2 Gew.-%. Cyanid wird als Alkalicyanid, insbesondere Natriumcyanid, oder als Calciumcyanid, etwa in Form der sogenannten "black cyanide" eingesetzt. Das Cyanid kann in fester oder gelöster Form einer wäßrigen Trübe, welche das zu laugende Material enthält, zugesetzt werden, oder eine cyanidhaltige Laugungslösung wird direkt zur Herstellung der Laugungstrübe eingesetzt.

    [0015] Zur erfindungsgemäßen Laugung kommen bekannte Naßmahlaggregate infrage; Kugelmühlen und Stabmühlen werden bevorzugt. Die Mahldauer richtet sich nach dem zu laugenden Material und gewünschten Extraktionsgrad. Üblicherweise wird zwischen 15 Minuten und 2 Stunden gemahlen. Die Feststoffkonzentration der Laugungstrübe während der Mahlung kann sich in weiten Bereichen bewegen, üblicherweise zwischen 25 und 60 Gew.-%. Der Mahlgrad bewegt sich im Bereich, wie er für die Rührlaugung üblich ist.

    [0016] Nach beendeter Mahlung kann die Laugungstrübe, soweit erforderlich, einer Rührlaugung oder Drucklaugung zugeführt werden, um den Extraktionsgrad weiter zu erhöhen. Ansonsten werden die in der Laugungstrübe in gelöster Form vorliegenden Edelmetallcyanokomplexe mittels bekannter Prozeßstufen - beispielhaft genannt seien der Carbon-in-Pulp (CIP)- und Resin-in-Pulp (RIP)-Prozeß sowie der Merrill-Crowe-Prozeß - zur weiteren Edelmetallgewinnung abgetrennt.

    [0017] Während bei Verwendung von Wasserstoffperoxid als Oxidationsmittel bei der Laugung in der Mühle eine ähnliche Extraktionskinetik wie bei der Rührlaugung gemäß DE-PS 36 37 082 beobachtet wurde, verläuft die Extraktion bei Verwendung der äquivalenten Menge eines Peroxoborats überraschenderweise beschleunigt. Bei gegebener Laugungsdauer wird dadurch die Goldausbeute gesteigert. Teilweise erübrigt sich damit eine sich an die Laugung in der Mühle anschließende Rührlaugung. Aus der Verwendung von Peroxoborat resultiert zudem eine Verminderung des Cyanidverbrauchs. Durch die genannten Faktoren wird die Wirtschaftlichkeit der Laugung von Gold und Silber aus Erzen, Erzkonzentraten und Bergematerial aus früheren unvollständigen Laugungen, etwa Haufenlaugungen, gesteigert.

    [0018] Die Vorteile des Peroxoborats sind umso überraschender, als sich andere Peroxoverbindungen, darunter Calciumperoxid, Natriumpercarbonat und Ammoniumperoxodisulfat, bezüglich der Goldausbeute als gegenüber Wasserstoffperoxid weniger wirksam erwiesen.

    [0019] Aus den nachfolgenden Beispielen folgt die überragende Wirkung von Peroxoboraten bei der Laugung in der Mühle gegenüber anderen Peroxoverbindungen.

    Beispiele



    [0020] Eingesetzt wurde bei allen Versuchen ein sulfidhaltiges Erz, der sogenannte "mill feed" der Vumbachikwe Mine, Zimbabwe. Mit diesem Erz kann das cyanidisch laugbare Gold, 80 - 85 % des Goldgehalts, bei Anwendung von Wasserstoffperoxid gemäß DE-PS 36 37 082 in 4 bis 6 Stunden extrahiert werden.

    [0021] Die Laugungsversuche mit der "Cyanidation-in-mill"-Technik wurden in einer Stabmühle aus Edelstahl mit einem Gesamtvolumen von 4.5 1 durchgeführt. Als Mahlkörper wurden 12 Edelstahlstäbe (18.2 cm lang, 2,5 cm Durchmesser) verwendet, die damit 24 % des Mühlenvolumens ausfüllten. Die Mahlungen wurden jeweils mit 400 g Erz und 600 g Wasser (40 % Feststoff) durchgeführt. Das Volumen der entstehenden Erzaufschlämmung füllt weitere 16 % der Mühle aus, so daß man auf eine Gesamtbefüllung der Mühle von 40 % kommt.

    [0022] Weitere Laugungsparameter sind:
    NaCN-Zugabe: 0,5 kg/t Erz
    CaO-Zugabe: 1,25 kg/t Erz
    Mahldauer: 1 h
    Mahlgeschwindigkeit: 60 U/min.
    pH am Ende der Mahlung: 11,5 - 12.0


    [0023] Die verschiedenen Oxidationsmittel sowie der Kalk wurden zu Beginn der Mahlung in die Mühle eingetragen. Nach Beendigung der Mahlung wurden die Goldausbeute - gelaugtes Gold, bezogen auf den Gesamt-Au-Gehalt des Erzes -, der O₂-Gehalt (ppm) in der Laugungslösung - bestimmt mittels einer O₂-Elektrode - und der Cyanidverbrauch (kg/t Erz) - eingesetztes Cyanid abzüglich Restcyanid - bestimmt.

    [0024] Die Ergebnisse der erfindungsgemäßen Beispiele E 1 bis E 5 sowie jene der Vergleichsbeispiele V 1 bis V 7 sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Es zeigt sich hieraus die überlegene Wirkung von zugesetzten Perboraten (E 1 bis E 4); in-situ gebildetes Natriumperborat (E 5) führt zwar zur etwa gleichen Goldausbeute wie H₂O₂, jedoch konnte der NaCN-Verbrauch abgesenkt werden.




    Ansprüche

    1. Verfahren zur Laugung von Gold und Silber aus Erzen, Erzkonzentraten und Bergematerial aus früheren unvollständigen Laugungen durch Mahlen des zu laugenden Materials in Gegenwart einer cyanidischen Laugungslösung, welche einen pH-Wert von 8 bis 13 aufweist und eine Peroxoverbindung enthält,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß als Peroxoverbindung mindestens eine Peroxoboratverbindung anwesend ist.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Laugungslösung ein Alkali- und/oder Erdalkaliperoxoborat in gelöster und/oder ungelöster Form enthält.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß man zu Beginn und/oder während der Mahlung der Trübe aus dem zu laugenden Material und der Laugungslösung ein pulverförmiges Peroxoborat in einer wirksamen Menge zugibt.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß man pro t des zu laugenden Materials 1 bis 100, vorzugsweise 10 bis 60, Äquivalente Peroxoborat, berechnet als BO₃-, einsetzt.
     
    5. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Laugungslösung einen pH-Wert von 9 bis 12 aufweist und 0,02 bis 0,2 Gew.-% Cyanid, berechnet als CN, enthält.