[0001] Das erfindungsgemässe Verfahren betrifft die thermische Behandlung synthetischer,organischer
Abfälle unter Spaltung chemischer Bindungen in einem ausgewählten Temperatur-,Druck-
und Verweilzeitbereich,in dem keine bzw. eine nur geringe Koksbildung auftritt.
[0002] Die thermische Vorbehandlung synthetischer,organischer Abfälle hat während der letzten
Jahre im Zusammenhang mit der hydrierenden Spaltung solcher Abfälle erhebliche-Bedeutung
erlangt.
So ist in der EP-B-0 236 701 eine thermische Vorbehandlung unter Wasserstoff oder
Inertgas in einem Temperaturbereich von 75-600°C,einem Druckbereich von 1-600 bar
und einer Verweilzeit von 1 Minute bis 6 Stunden beschrieben.
Auch der Zusatz protischer Lösungsmittel ist in dieser Patentschrift offenbart sowie
der Zusatz von Anreibölen und von Katalysatoren.
In den Tabellen 6 und 8 dieser Schrift sind Versuchsergebnisse zusammengefasst,die
bei der thermischen Vorbehandlung ohne Zusatz von Anreibölen erhalten wurden. Es wurde
bei Temperaturen von 350-470°C gearbeitet.
[0003] Spätere Untersuchungen der Anmelderin der vorliegenden Erfindung,die auch Anmelderin
der EP-B 0 236 701 ist, zeigten jedoch,dass in diesem Temperaturbereich unerwünschte
Koksbildung auftritt,wobei der Koks teilweise grobkörnig anfällt und zu Verstopfungen
und Ablagerungen in der gesamten Anlage führen kann.
[0004] Die Anmelderin hat nunmehr überraschend gefunden,dass bei Einsatz synthetischer,organischer
Abfallgemische bzw. verunreinigter Abfälle die Koksbildung vermieden werden kann,bzw.
weitgehend vermieden werden kann, durch ein Verfahren zur thermischen Behandlung synthetischer,organischer
Abfälle,dadurch gekennzeichnet, dass die Abfälle einer Temperatur von 220-350°C und
einem Druck von 10 mbar bis 1 bar bei einer Verweilzeit von 0,5 bis 24 Stunden unterworfen
werden.
[0005] Es wurde demgemäss überraschend gefunden,dass bereits die Anwendung von Temperaturen
von 250-350°C bzw. von 250 bis kleiner 350°C,auch bei Abwesenheit von Anmaischölen
ausreicht,um pumpbare Gemische zu erhalten, die problemlos in den Hydrierreaktor gefördert
werden können,ohne dass Koksbildung bzw. nennenswerte Koksbildung auftritt,wobei die
entstehenden Gase,insbesondere HCl,aber auch H₂S,HBr und andere durch Anwendung eines
geringen Unterdrucks oder durch Einleiten inerter Trägergase wie CO₂,N₂,H₂ und anderer
aus der Reaktionszone bevorzugt entfernt werden.
Bevorzugt wird daher ein Druck von 10 mbar bis kleiner 1 bar angewandt.
Um das erfindungsgemässe Ergebnis zu erreichen,sind Anmaischöle nicht erforderlich.Anmaischöle
können erfindungsgemäss jedoch zugesetzt werden.So kann sich der Zusatz einer Menge
von 50 Gew.-%,bevorzugt von 20 Gew.-% bezogen auf die Abfallmenge bei der Bildung
eines pumpbaren Breis günstig auswirken,sodass ein solcher Brei gegebenenfalls bereits
bei Temperaturen von 270-340°C erhalten werden kann.
[0006] Auch durch Zusatz bestimmter Additive mit oder ohne Anmaischöl kann die thermische
Behandlung begünstigt werden. Als Additive können beispielsweise eine oder mehrere
Verbindungen aus der Gruppe:Phenole,Schwefelverbindungen, Alkohole,Amine und Wasser
zugesetzt werden.
Diese Additive werden im allgemeinen in einer Menge von 0,1 bis 3 Teilen Additiv pro
Teil Abfallgemisch zugesetzt.
Auch durch die Gegenwart der Additive kann gegebenenfalls die Temperatur bei der thermischen
Behandlung auf 230 bis 300°C gesenkt werden.
Die Verweilzeiten liegen erfindungsgemäss bei 0,5 bis 24 Stunden,wobei bei Zusatz
von Additiven und/oder Anmaischölen im allgemeinen kürzere Verweilzeiten von beispielsweise
0,5 bis 5 Stunden möglich sind.
Im allgemeinen werden bei tieferen Temperaturen längere Verweilzeiten angewandt.
Auch in Gegenwart der Additive und/oder Anmaischöle wird bei den erfindungsgemässen
Bedingungen die Koksbildung vermieden bzw. weitgehend vermieden.
Die vorliegende Erfindung erlaubt demgemäss erstmals Abfälle,bzw. Abfallgemische bzw.
verunreinigte Abfälle organischen synthetischen Ursprungs ohne bzw. weitgehend ohne
Koksbildung in ein pumpbares Material umzuwandeln.
Als Pumpen können übliche Hochdruckpumpen oder andere Hochdruckfördergeräte wie z.B.
Extruder eingesetzt werden. Es kann insbesondere bei hohen Durchsätzen von Vorteil
sein,die für die thermische Behandlung erforderliche Wärme durch einen Extruder mit
direktem Wärmeeintrag oder Wärmeeintrag durch Friktion oder durch eine beheizbare
Schnecke,wie z.B. durch eine doppelläufige Schnecke zumindest teilweise zuzuführen.
Als Einsatzgemische kommen erfindungsgemäss alle synthetischen,organischen Abfälle
in Frage,wie z.B. Thermoplaste,Duroplaste,Elastomere,Altöle,Shredderabfälle, schwer
entsorgbare organische Chemikalien,Spuckstoffe, Kabelabfälle,Textilabfälle usw.
Als Anmaischöle können beispielsweise wenigstens eine Komponente aus der Gruppe:Rohöl,Rohölkomponenten
und Produkte aus Rohöl,Kohle einschliesslich Braunkohle, Kohlekomponenten und Produkte
aus Kohle,Ölschiefer, Ölschieferkomponenten und Produkte aus Ölschiefer, Ölsand,Pyrolyseöle,Bitumen,Asphalt,Asphaltene,deren
Komponenten und deren Produkte eingesetzt werden. Der besondere Vorteil der vorliegenden
Erfindung liegt darin,dass auch bei Einsatz beliebiger Abfallgemische pumpbare Gemische
koksfrei hergestellt werden können,wobei in der anschliessenden hydrierenden Spaltung
Kohlenwasserstoffe,insbesondere im Benzin- und Mittelöl-Siedebereich gewonnen werden
können,wobei die in den Abfällen vorhandenen Heteroatome als Wasserstoffverbindungen,wie
z.B.HCl,H₂S,NH₃ usw. anfallen.
Die spaltende thermische Behandlung kann diskontinuierlich und kontinuierlich durchgeführt
werden.Für die kontinuierliche Fahrweise kann beispielsweise eine Rührkesselkaskade
eingesetzt werden.Bei diskontinuierlicher Fahrweise kann mit Hilfe eines Vorbehälters
die Einstellung von Spalttemperatur und Verweilzeit beonders günstig erfolgen.Nach
Erreichen einer bestimmten Viskosität kann dann durch Absenken der Temperatur um ca.
50°K die weitere Spaltung unterbrochen werden bzw. abgebremst werden.Das Stoppen unerwünschter
Nachreaktionen in Weiterverarbeitungsbehältern,wie z.B. in einer Vorlage vor dem Hydrierreaktor
kann durch Zugabe eines Radikalstoppers,wie z.B. von Polyphenol erzielt werden.
Andererseits kann durch Zugabe von Radikalbildnern mit relativ hohen Zersetzungstemperatur
wie z.B. von tert.-Butylhydroperoxid die thermische Spaltung begünstigt werden,sodass
ähnlich wie bei Zusatz der genannten Additive und Anmaischöle bereits bei tieferen
Temperaturen und kürzerer Verweilzeit die gewünschte thermische Spaltung erzielt werden
Die Spaltung kann auch durch Zusatz von Katalysatoren begünstigt werden.Geeignete
Katalysatoren sind beispielsweise Aluminiumoxid und/oder Bleicherde mit oder ohne
Vorbehandlung,wie z.B. durch Säuren,Eisenverbindungen wie Ferrocen und/oder Eisenpentacarbonyl
und andere, wobei die Eisenverbindungen vorzugsweise erst gegen Ende der thermischen
Spaltung zugesetzt werden.Die genannten Katalysatoren können sich auch bei der späteren
hydrierenden Spaltung als günstig erweisen.
Feste unerwünschte Anteile im Abfallgemisch oder solche die erst während der thermischen
Behandlung gebildet werden,können vor derselben oder hinter derselben durch Filtration,Abzentrifugieren
und andere Trennverfahren abgetrennt werden.Möglich ist auch das Vermahlen solcher
fester Anteil,sodass eine Abtrennung nicht erforderlich ist.
[0007] Das erfindungsgemässe Verfahren wird durch die folgenden Beispiele näher erläutert.
Beispiel 1
[0008] Ein Gemisch aus 45 Gew.-% Polyethylen,30 Gew.-% Polypropylen und 25 Gew.-% Polystyrol
wurde einer thermischen Behandlung bei 300°C während 5 Stunden unterworfen.Die Viskosität
der Ausgangsmischung war bei 200°C nicht messbar,betrug jedoch nach der thermischen
Behandlung 1200 mPas.Das Gemisch war mit einer üblichen Pumpe förderbar.Koksbildung
war nicht feststellbar.
Beispiel 2
[0009] Ein Gemisch aus 50 Gew.-% Polyethylen,30 Gew.-% Polypropylen,10 Gew.-% Polystyrol
und 10 Gew.-% Polyurethan wurde einer thermischen Behandlung bei 300°C während 5 Stunden
unterworfen.Das Gemisch verflüssigte sich,nur der Polyurethananteil blieb weitgehend
als hochviskose zweite Phase erhalten.
Das gleiche Gemisch wurde mit Zusatz von 0,5 Gew.-% tert.-Butylhydroperoxid 2 Stunden
bei 360°C thermisch behandelt.Danach ergab sich eine homogene Flüssigkeit ohne getrennte
Polyurethanphase mit einer Viskosität von 1000 mPas bei 200°C,die problemlos pumpbar
war. Durch die hohe Temperatur bei der zweiten Behandlung trat eine merkliche Koksbildung
auf.
Die zweite Behandlung wurde wiederholt bei 280°C und einer Verweilzeit von 5 Stunden.Es
wurde eine homogene Flüssigkeit erhalten mit einer Viskosität von 1200 mPas bei 200°C.
Es trat keine Koksbildung auf.
Beispiel 3
[0010] Ein Gemisch aus 40 Gew.-% Polyethylen,30 Gew.-% Polypropylen,10 Gew.-% Polystyrol,10
Gew.-% Polyurethan und 10. Gew.-Polyvinylchlorid wurde bei 260°C während 8 Stunden
thermisch behandelt.
Die Viskosität lag nach der Behand ung bei 1300 mPas bei 200°C.Im Gemisch wurde eine
kleine Menge an Koksteilchen gefunden.Durch Rühren während der thermischen Behandlung
konnte die Korngrösse des Kokses auf kleiner 10 µ herabgesetzt werden.
Die thermische Behandlung erfolgte bei Normaldruck. Während der thermischen Behandlung
wurde Chlor als HCl freigesetzt.Der Restgehalt an gelöstem Chlor betrug nach der Behandlung
300 ppm.
Der gleiche Versuch wurde unter Anwendung eines Vakuums von 50 mbar wiederholt.Der
Restgehalt an Chlor betrug nunmehr 20 ppm.Koksbildung konnte nicht mehr festgestellt
werden.
Auch durch Zugabe von 10 Gew.-% Vakuumgasöl konnte die bei Versuch 3 gebildete Koksmenge
durch Herabsetzen der Behandlungstemperatur auf 230°C deutlich vermindert werden.
Beispiel 4
[0011] Beispiel 3 wurde wiederholt,jedoch wurde unter Rühren bei 50 mbar gleichzeitig Stickstoff
durch das Gemisch geleitet.Der Restgehalt an Chlor betrug nach der Behandlung 2 ppm.Der
gebildete Koks blieb aufgrund seiner geringen Korngrösse kleiner 10 µ in der Schwebe.
Die Pumpfähigkeit des Gemischs wurde durch den Koksgehalt nicht wesentlich beeinträchtigt.
Die erhaltene Mischung ist aufgrund ihres geringen Restgehalts an HCl in üblichen
Hochdruckapparaturen verarbeitbar,sodass keine chlorfesten,teuren Stähle eingesetzt
werden müssen.
Beispiel 5
[0012] Eine Kunststoffmischung aus Hausmüll wurde 7 Stunden bei 270°C behandelt.Während
der Behandlung wurde bei Normaldruck Stickstoff durch das Gemisch geleitet. Das behandelte
Produkt besass eine Viskosität von 1400 mPas bei 200°C und einen Restgehalt an Chlor
von 30 ppm. Das Gemisch enthielt Kokspartikel.
Der Versuch wurde wiederholt,jedoch 15 Gew.-% Rohölrückstand und 0,5 Gew.-% Stearylamin
zugesetzt. Die gebildete Koksmenge war deutlich geringer.
1. Verfahren zur thermischen Behandlung synthetischer, organischer Abfälle,dadurch gekennzeichnet,dass
die Abfälle einer Temperatur von 220-350°C und einem Druck von 10 mbar bis 1 bar bei
einer Verweilzeit von 0,5 bis 24 Stunden unterworfen werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1,dadurch gekennzeichnet,dass die bei der thermischen Behandlung
entstehenden Gase durch Anlegen von Vakuum und/oder Einleiten von Inertgas aus dem
Reaktionsgemisch entfernt werden.
3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 2,dadurch gekennzeichnet,dass bei einer Temperatur
von 270-340°C gearbeitet wird.
4. Verfahren nach den Ansprüchen 1-3,dadurch gekennzeichnet, dass in Gegenwart von Additiven
und/oder Anmaischölen gearbeitet wird.
5. Verfahren nach den Ansprüchen 1-4,dadurch gekennzeichnet, dass bei einem Druck von
10 mbar bis kleiner 1 bar gearbeitet wird.
6. Verfahren nach den Ansprüchen 1-5,dadurch gekennzeichnet, dass bei einer Temperatur
von 250 bis kleiner 350°C gearbeitet wird.
7. Verfahren nach den Ansprüchen 1-6,dadurch gekennzeichnet, dass bei einer Temperatur
von 230-300°C gearbeitet wird.
8. Verfahren nach den Ansprüchen 1-7,dadurch gekennzeichnet, dass bei einer Verweilzeit
von 0,5-5 Stunden gearbeitet wird.
9. Verfahren nach den Ansprüchen 1-8,dadurch gekennzeichnet,dass als Additive wenigstens
eine Verbindung aus der Gruppe:Phenole,Schwefelverbindungen, Alkohole,Amine und Wasser
zugesetzt werden.
10. Verfahren nach den Ansprüchen 1-9,dadurch gekennzeichnet,dass als Alkohole C₁-C₄-Alkohole
eingesetzt werden.
11. Verfahren nach den Ansprüchen 1-10,dadurch gekennzeichnet, dass Radikalbildner zugesetzt
werden, bevorzugt solche mit relativ hoher Zersetzungstemperatur.
12. Verfahren nach den Ansprüchen 1-11,dadurch gekennzeichnet, dass tert-Butylhydroperoxid
eingesetzt wird
13. Verfahren nach den Ansprüchen 1-12,dadurch gekennzeichnet,dass Anreiböl in einer Menge
bis 50 Gew.-% bezogen auf das Abfallgemisch,bevorzugt bis zu 20 Gew.-% zugesetzt wird.
14. Verfahren nach den Ansprüchen 1-13,dadurch gekennzeichnet,dass ohne Anreiböl gearbeitet
wird.
15. Verfahren nach den Ansprüchen 1-14,dadurch gekennzeichnet,dass während der thermischen
Behandlung gerührt oder auf andere Weise gemischt wird.