(19)
(11) EP 0 512 482 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
11.11.1992  Patentblatt  1992/46

(21) Anmeldenummer: 92107587.5

(22) Anmeldetag:  05.05.1992
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5C10G 1/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB GR IT LI LU NL PT SE

(30) Priorität: 03.05.1991 DE 4114434

(71) Anmelder: RWE Entsorgung Aktiengesellschaft
D-45141 Essen (DE)

(72) Erfinder:
  • Hammer, Hartmut, Dr.
    W-5000 Köln 51 (DE)
  • Winkler, Dieter, Dr.
    D-53945 Mülheim bei Blankenheim (DE)
  • Jakubik, Dieter, Dr.
    W-4330 Mülheim a. d. Ruhr (DE)
  • Rauser, Gerd, Dr.
    W-5047 Wesseling (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
     
    Bemerkungen:
    Gemäss Regel 85(2)(3) EPü wurde die Priorität DE 4114434.1 vom 03.05.1991 wirksam beansprucht.
     


    (54) Verfahren zur Verminderung der Koksbildung bei der thermischen Behandlung synthetischer, organischer Abfälle


    (57) Das erfindungsgemässe Verfahren betrifft die thermische Behandlung synthetischer,organischer Abfälle unter Spaltung chemischer Bindungen in einem ausgewählten Temperatur-, Druck- und Verweilzeitbereich,in dem keine bzw. eine nur geringe Koksbildung auftritt.


    Beschreibung


    [0001] Das erfindungsgemässe Verfahren betrifft die thermische Behandlung synthetischer,organischer Abfälle unter Spaltung chemischer Bindungen in einem ausgewählten Temperatur-,Druck- und Verweilzeitbereich,in dem keine bzw. eine nur geringe Koksbildung auftritt.

    [0002] Die thermische Vorbehandlung synthetischer,organischer Abfälle hat während der letzten Jahre im Zusammenhang mit der hydrierenden Spaltung solcher Abfälle erhebliche-Bedeutung erlangt.
    So ist in der EP-B-0 236 701 eine thermische Vorbehandlung unter Wasserstoff oder Inertgas in einem Temperaturbereich von 75-600°C,einem Druckbereich von 1-600 bar und einer Verweilzeit von 1 Minute bis 6 Stunden beschrieben.
    Auch der Zusatz protischer Lösungsmittel ist in dieser Patentschrift offenbart sowie der Zusatz von Anreibölen und von Katalysatoren.
    In den Tabellen 6 und 8 dieser Schrift sind Versuchsergebnisse zusammengefasst,die bei der thermischen Vorbehandlung ohne Zusatz von Anreibölen erhalten wurden. Es wurde bei Temperaturen von 350-470°C gearbeitet.

    [0003] Spätere Untersuchungen der Anmelderin der vorliegenden Erfindung,die auch Anmelderin der EP-B 0 236 701 ist, zeigten jedoch,dass in diesem Temperaturbereich unerwünschte Koksbildung auftritt,wobei der Koks teilweise grobkörnig anfällt und zu Verstopfungen und Ablagerungen in der gesamten Anlage führen kann.

    [0004] Die Anmelderin hat nunmehr überraschend gefunden,dass bei Einsatz synthetischer,organischer Abfallgemische bzw. verunreinigter Abfälle die Koksbildung vermieden werden kann,bzw. weitgehend vermieden werden kann, durch ein Verfahren zur thermischen Behandlung synthetischer,organischer Abfälle,dadurch gekennzeichnet, dass die Abfälle einer Temperatur von 220-350°C und einem Druck von 10 mbar bis 1 bar bei einer Verweilzeit von 0,5 bis 24 Stunden unterworfen werden.

    [0005] Es wurde demgemäss überraschend gefunden,dass bereits die Anwendung von Temperaturen von 250-350°C bzw. von 250 bis kleiner 350°C,auch bei Abwesenheit von Anmaischölen ausreicht,um pumpbare Gemische zu erhalten, die problemlos in den Hydrierreaktor gefördert werden können,ohne dass Koksbildung bzw. nennenswerte Koksbildung auftritt,wobei die entstehenden Gase,insbesondere HCl,aber auch H₂S,HBr und andere durch Anwendung eines geringen Unterdrucks oder durch Einleiten inerter Trägergase wie CO₂,N₂,H₂ und anderer aus der Reaktionszone bevorzugt entfernt werden.
    Bevorzugt wird daher ein Druck von 10 mbar bis kleiner 1 bar angewandt.
    Um das erfindungsgemässe Ergebnis zu erreichen,sind Anmaischöle nicht erforderlich.Anmaischöle können erfindungsgemäss jedoch zugesetzt werden.So kann sich der Zusatz einer Menge von 50 Gew.-%,bevorzugt von 20 Gew.-% bezogen auf die Abfallmenge bei der Bildung eines pumpbaren Breis günstig auswirken,sodass ein solcher Brei gegebenenfalls bereits bei Temperaturen von 270-340°C erhalten werden kann.

    [0006] Auch durch Zusatz bestimmter Additive mit oder ohne Anmaischöl kann die thermische Behandlung begünstigt werden. Als Additive können beispielsweise eine oder mehrere Verbindungen aus der Gruppe:Phenole,Schwefelverbindungen, Alkohole,Amine und Wasser zugesetzt werden.
    Diese Additive werden im allgemeinen in einer Menge von 0,1 bis 3 Teilen Additiv pro Teil Abfallgemisch zugesetzt.
    Auch durch die Gegenwart der Additive kann gegebenenfalls die Temperatur bei der thermischen Behandlung auf 230 bis 300°C gesenkt werden.
    Die Verweilzeiten liegen erfindungsgemäss bei 0,5 bis 24 Stunden,wobei bei Zusatz von Additiven und/oder Anmaischölen im allgemeinen kürzere Verweilzeiten von beispielsweise 0,5 bis 5 Stunden möglich sind.
    Im allgemeinen werden bei tieferen Temperaturen längere Verweilzeiten angewandt.
    Auch in Gegenwart der Additive und/oder Anmaischöle wird bei den erfindungsgemässen Bedingungen die Koksbildung vermieden bzw. weitgehend vermieden.
    Die vorliegende Erfindung erlaubt demgemäss erstmals Abfälle,bzw. Abfallgemische bzw. verunreinigte Abfälle organischen synthetischen Ursprungs ohne bzw. weitgehend ohne Koksbildung in ein pumpbares Material umzuwandeln.
    Als Pumpen können übliche Hochdruckpumpen oder andere Hochdruckfördergeräte wie z.B. Extruder eingesetzt werden. Es kann insbesondere bei hohen Durchsätzen von Vorteil sein,die für die thermische Behandlung erforderliche Wärme durch einen Extruder mit direktem Wärmeeintrag oder Wärmeeintrag durch Friktion oder durch eine beheizbare Schnecke,wie z.B. durch eine doppelläufige Schnecke zumindest teilweise zuzuführen.
    Als Einsatzgemische kommen erfindungsgemäss alle synthetischen,organischen Abfälle in Frage,wie z.B. Thermoplaste,Duroplaste,Elastomere,Altöle,Shredderabfälle, schwer entsorgbare organische Chemikalien,Spuckstoffe, Kabelabfälle,Textilabfälle usw.
    Als Anmaischöle können beispielsweise wenigstens eine Komponente aus der Gruppe:Rohöl,Rohölkomponenten und Produkte aus Rohöl,Kohle einschliesslich Braunkohle, Kohlekomponenten und Produkte aus Kohle,Ölschiefer, Ölschieferkomponenten und Produkte aus Ölschiefer, Ölsand,Pyrolyseöle,Bitumen,Asphalt,Asphaltene,deren Komponenten und deren Produkte eingesetzt werden. Der besondere Vorteil der vorliegenden Erfindung liegt darin,dass auch bei Einsatz beliebiger Abfallgemische pumpbare Gemische koksfrei hergestellt werden können,wobei in der anschliessenden hydrierenden Spaltung Kohlenwasserstoffe,insbesondere im Benzin- und Mittelöl-Siedebereich gewonnen werden können,wobei die in den Abfällen vorhandenen Heteroatome als Wasserstoffverbindungen,wie z.B.HCl,H₂S,NH₃ usw. anfallen.
    Die spaltende thermische Behandlung kann diskontinuierlich und kontinuierlich durchgeführt werden.Für die kontinuierliche Fahrweise kann beispielsweise eine Rührkesselkaskade eingesetzt werden.Bei diskontinuierlicher Fahrweise kann mit Hilfe eines Vorbehälters die Einstellung von Spalttemperatur und Verweilzeit beonders günstig erfolgen.Nach Erreichen einer bestimmten Viskosität kann dann durch Absenken der Temperatur um ca. 50°K die weitere Spaltung unterbrochen werden bzw. abgebremst werden.Das Stoppen unerwünschter Nachreaktionen in Weiterverarbeitungsbehältern,wie z.B. in einer Vorlage vor dem Hydrierreaktor kann durch Zugabe eines Radikalstoppers,wie z.B. von Polyphenol erzielt werden.
    Andererseits kann durch Zugabe von Radikalbildnern mit relativ hohen Zersetzungstemperatur wie z.B. von tert.-Butylhydroperoxid die thermische Spaltung begünstigt werden,sodass ähnlich wie bei Zusatz der genannten Additive und Anmaischöle bereits bei tieferen Temperaturen und kürzerer Verweilzeit die gewünschte thermische Spaltung erzielt werden
    Die Spaltung kann auch durch Zusatz von Katalysatoren begünstigt werden.Geeignete Katalysatoren sind beispielsweise Aluminiumoxid und/oder Bleicherde mit oder ohne Vorbehandlung,wie z.B. durch Säuren,Eisenverbindungen wie Ferrocen und/oder Eisenpentacarbonyl und andere, wobei die Eisenverbindungen vorzugsweise erst gegen Ende der thermischen Spaltung zugesetzt werden.Die genannten Katalysatoren können sich auch bei der späteren hydrierenden Spaltung als günstig erweisen.
    Feste unerwünschte Anteile im Abfallgemisch oder solche die erst während der thermischen Behandlung gebildet werden,können vor derselben oder hinter derselben durch Filtration,Abzentrifugieren und andere Trennverfahren abgetrennt werden.Möglich ist auch das Vermahlen solcher fester Anteil,sodass eine Abtrennung nicht erforderlich ist.

    [0007] Das erfindungsgemässe Verfahren wird durch die folgenden Beispiele näher erläutert.

    Beispiel 1



    [0008] Ein Gemisch aus 45 Gew.-% Polyethylen,30 Gew.-% Polypropylen und 25 Gew.-% Polystyrol wurde einer thermischen Behandlung bei 300°C während 5 Stunden unterworfen.Die Viskosität der Ausgangsmischung war bei 200°C nicht messbar,betrug jedoch nach der thermischen Behandlung 1200 mPas.Das Gemisch war mit einer üblichen Pumpe förderbar.Koksbildung war nicht feststellbar.

    Beispiel 2



    [0009] Ein Gemisch aus 50 Gew.-% Polyethylen,30 Gew.-% Polypropylen,10 Gew.-% Polystyrol und 10 Gew.-% Polyurethan wurde einer thermischen Behandlung bei 300°C während 5 Stunden unterworfen.Das Gemisch verflüssigte sich,nur der Polyurethananteil blieb weitgehend als hochviskose zweite Phase erhalten.
    Das gleiche Gemisch wurde mit Zusatz von 0,5 Gew.-% tert.-Butylhydroperoxid 2 Stunden bei 360°C thermisch behandelt.Danach ergab sich eine homogene Flüssigkeit ohne getrennte Polyurethanphase mit einer Viskosität von 1000 mPas bei 200°C,die problemlos pumpbar war. Durch die hohe Temperatur bei der zweiten Behandlung trat eine merkliche Koksbildung auf.
    Die zweite Behandlung wurde wiederholt bei 280°C und einer Verweilzeit von 5 Stunden.Es wurde eine homogene Flüssigkeit erhalten mit einer Viskosität von 1200 mPas bei 200°C. Es trat keine Koksbildung auf.

    Beispiel 3



    [0010] Ein Gemisch aus 40 Gew.-% Polyethylen,30 Gew.-% Polypropylen,10 Gew.-% Polystyrol,10 Gew.-% Polyurethan und 10. Gew.-Polyvinylchlorid wurde bei 260°C während 8 Stunden thermisch behandelt.
    Die Viskosität lag nach der Behand ung bei 1300 mPas bei 200°C.Im Gemisch wurde eine kleine Menge an Koksteilchen gefunden.Durch Rühren während der thermischen Behandlung konnte die Korngrösse des Kokses auf kleiner 10 µ herabgesetzt werden.
    Die thermische Behandlung erfolgte bei Normaldruck. Während der thermischen Behandlung wurde Chlor als HCl freigesetzt.Der Restgehalt an gelöstem Chlor betrug nach der Behandlung 300 ppm.
    Der gleiche Versuch wurde unter Anwendung eines Vakuums von 50 mbar wiederholt.Der Restgehalt an Chlor betrug nunmehr 20 ppm.Koksbildung konnte nicht mehr festgestellt werden.
    Auch durch Zugabe von 10 Gew.-% Vakuumgasöl konnte die bei Versuch 3 gebildete Koksmenge durch Herabsetzen der Behandlungstemperatur auf 230°C deutlich vermindert werden.

    Beispiel 4



    [0011] Beispiel 3 wurde wiederholt,jedoch wurde unter Rühren bei 50 mbar gleichzeitig Stickstoff durch das Gemisch geleitet.Der Restgehalt an Chlor betrug nach der Behandlung 2 ppm.Der gebildete Koks blieb aufgrund seiner geringen Korngrösse kleiner 10 µ in der Schwebe. Die Pumpfähigkeit des Gemischs wurde durch den Koksgehalt nicht wesentlich beeinträchtigt.
    Die erhaltene Mischung ist aufgrund ihres geringen Restgehalts an HCl in üblichen Hochdruckapparaturen verarbeitbar,sodass keine chlorfesten,teuren Stähle eingesetzt werden müssen.

    Beispiel 5



    [0012] Eine Kunststoffmischung aus Hausmüll wurde 7 Stunden bei 270°C behandelt.Während der Behandlung wurde bei Normaldruck Stickstoff durch das Gemisch geleitet. Das behandelte Produkt besass eine Viskosität von 1400 mPas bei 200°C und einen Restgehalt an Chlor von 30 ppm. Das Gemisch enthielt Kokspartikel.
    Der Versuch wurde wiederholt,jedoch 15 Gew.-% Rohölrückstand und 0,5 Gew.-% Stearylamin zugesetzt. Die gebildete Koksmenge war deutlich geringer.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur thermischen Behandlung synthetischer, organischer Abfälle,dadurch gekennzeichnet,dass die Abfälle einer Temperatur von 220-350°C und einem Druck von 10 mbar bis 1 bar bei einer Verweilzeit von 0,5 bis 24 Stunden unterworfen werden.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1,dadurch gekennzeichnet,dass die bei der thermischen Behandlung entstehenden Gase durch Anlegen von Vakuum und/oder Einleiten von Inertgas aus dem Reaktionsgemisch entfernt werden.
     
    3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 2,dadurch gekennzeichnet,dass bei einer Temperatur von 270-340°C gearbeitet wird.
     
    4. Verfahren nach den Ansprüchen 1-3,dadurch gekennzeichnet, dass in Gegenwart von Additiven und/oder Anmaischölen gearbeitet wird.
     
    5. Verfahren nach den Ansprüchen 1-4,dadurch gekennzeichnet, dass bei einem Druck von 10 mbar bis kleiner 1 bar gearbeitet wird.
     
    6. Verfahren nach den Ansprüchen 1-5,dadurch gekennzeichnet, dass bei einer Temperatur von 250 bis kleiner 350°C gearbeitet wird.
     
    7. Verfahren nach den Ansprüchen 1-6,dadurch gekennzeichnet, dass bei einer Temperatur von 230-300°C gearbeitet wird.
     
    8. Verfahren nach den Ansprüchen 1-7,dadurch gekennzeichnet, dass bei einer Verweilzeit von 0,5-5 Stunden gearbeitet wird.
     
    9. Verfahren nach den Ansprüchen 1-8,dadurch gekennzeichnet,dass als Additive wenigstens eine Verbindung aus der Gruppe:Phenole,Schwefelverbindungen, Alkohole,Amine und Wasser zugesetzt werden.
     
    10. Verfahren nach den Ansprüchen 1-9,dadurch gekennzeichnet,dass als Alkohole C₁-C₄-Alkohole eingesetzt werden.
     
    11. Verfahren nach den Ansprüchen 1-10,dadurch gekennzeichnet, dass Radikalbildner zugesetzt werden, bevorzugt solche mit relativ hoher Zersetzungstemperatur.
     
    12. Verfahren nach den Ansprüchen 1-11,dadurch gekennzeichnet, dass tert-Butylhydroperoxid eingesetzt wird
     
    13. Verfahren nach den Ansprüchen 1-12,dadurch gekennzeichnet,dass Anreiböl in einer Menge bis 50 Gew.-% bezogen auf das Abfallgemisch,bevorzugt bis zu 20 Gew.-% zugesetzt wird.
     
    14. Verfahren nach den Ansprüchen 1-13,dadurch gekennzeichnet,dass ohne Anreiböl gearbeitet wird.
     
    15. Verfahren nach den Ansprüchen 1-14,dadurch gekennzeichnet,dass während der thermischen Behandlung gerührt oder auf andere Weise gemischt wird.