[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer Röntgendrehanode mit einem
auf pulvermetallurgischem Wege oder mittels CVD- oder PVD-Verfahren gefertigten ringförmigen
Brennbahnbereich aus hochschmelzenden Metallen, z.B. Wolfram bzw. Wolfram-Rhenium.
[0002] Als Basiswerkstoff für Röntgendrehanoden werden heute hochschmelzende Metalle oder
Graphit, bzw. ein Verbund beider Materialien verwendet. Der eigentliche Erzeugungsbereich
der Röntgenstrahlung, der Brennbahnbereich, besteht aus Wolfram, Molybdän oder deren
Legierungen.
Metallische Röntgendrehanoden werden aus Gründen der Form, der verwendeten Werkstoffe
sowie der geforderten Eigenschaften nach sintermetallurgischen Verfahren hergestellt;
der Brennbahnbereich selbst wird nach sintermetallurgischen Verfahren oder neuerdings
vermehrt auch mittels CVD- oder PVD-Beschichtungsverfahren erzeugt. Derartige Drehanoden
bzw. Brennbahnbereiche besitzen eine Restporosität im Bereich von 0,1 - 10 % im endgefertigten
Zustand, gemessen an der theoretischen Dichte.
Eine derartige Röntgendrehanode ist in der EP-A1-0 116 385 beschrieben, wobei gemäß
dem dortigen Verfahren die Drehanode nach Aufbringen der Brennbahnschicht wahlweise
nach- und wärmebehandelt wird.
[0003] Diese Restporosität hat für den Betrieb von Röntgendrehanoden, der grundsätzlich
im Hochvakuum erfolgt, eine Reihe von störenden Nachteilen. Die Porosität verursacht
die Abgabe von in den Poren eingeschlossenen Gasen. Das wiederum führt zu Gasentladungen
im Hochvakuum der Röhre mit unerwünschten Röhrenkurzschlüssen, die ihrerseits Anodenanschmelzungen
verursachen. Die für eine Belastbarkeit von Röntgenröhren so wichtige Wärmeleitfähigkeit
nimmt etwa mit dem Quadrat der Porosität ab. Porosität der Brennbahnoberfläche bedingt
erhöhte Oberflächenrauhigkeit und vermindert die Röntgenstrahlenausbeute wegen Selbstabsorption.
Poröse Oberfläche bedeutet aber auch die Gefahr von Partikelausbrüchen aus der Oberfläche,
was die negativen Auswirkungen von Gasaustritten noch wesentlich verstärkt.
[0004] Die mechanische Bindung der einzelnen Kristallite im Gefüge ist von der Porosität,
aber auch von den metallurgischen Zuständen an den Korngrenzen, insbesondere von Verunreinigungen
an den Korngrenzen abhängig. Im Zuge pulvermetallurgischer Herstellungsverfahren ist
aber eine Konzentration von im Metall unlösbaren Verunreinigungen an den Korngrenzen
unumgänglich; dies bedeutet einen weiteren Störfaktor beim Betrieb von Röntgendrehanoden.
[0005] Nach sintermetallurgischen Verfahren hergestellte Brennbahnbeläge, insbesondere aus
Wolfram-Rhenium, weisen fallweise lokal eine spröde, intermetallische Wolfram-Rhenium-Phase,
die sogenannte Sigmaphase auf, die auf Inhomogenitäten durch unzureichendes Vermischen
der einzelnen Legierungsanteile im Pulveransatz zurückzuführen ist. Die unvermeidliche
Thermoschockbelastung von Drehanoden im Betrieb führt dann insbesondere in diesen,
und in von diesen ausgehenden Bereichen, zu höchst unerwünschter Rißbildung, mit einer
Verminderung der Röntgenstrahlenausbeute im Brennbahnbereich als Folge.
[0006] Die vorbeschriebenen, unterschiedlich häufig auftretenden Störungen begrenzen die
Lebensdauer und führen in Einzelfällen zu vorzeitigem Ausfall der Röntgendrehanoden.
[0007] Aufgabe vorliegender Erfindung ist danach die Beseitigung, oder doch eine wesentliche
Herabsetzung der vorgenannten Nachteile. Aufgabe ist insbesondere die Verringerung
der Porosität und der Verunreinigungen, insbesondere an den Korngrenzen im Brennbahnbereich.
Die bisherigen Herstellverfahren (Pulvermetallurgie und CVD- bzw. PVD-Verfahren) sollen
wegen deren Wirtschaftlichkeit und der daraus resultierenden guten Werkstoffeigenschaften
beibehalten werden.
[0008] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren gelöst, nach dem der Brennbahnbereich
einer Röntgendrehanode in einer Tiefe kleiner 1,5 mm mittels lokaler, oberflächlicher
Aufschmelzung nachbehandelt wird.
[0009] Die erfinderische Nachbehandlung mittels oberflächlicher Aufschmelzung erfolgt entsprechend
einem in Praxis bewährten Verfahren durch Einwirken gebündelter Strahlen von hochenergetischen
Elektronen oder Photonen auf die Oberfläche des Brennbahnbereiches von Röntgendrehanoden
bis in eine bestimmte Einwirktiefe. Mit dem Aufschmelzen bildet sich in diesem Bereich
ein verändertes metallisches Gefüge, die Porosität und der Anteil an Verunreinigungen,
insbesondere im Korngrenzenbereich, werden ganz wesentlich gesenkt. Wegen des sehr
lokalen Aufschmelzens und sehr raschen Abkühlens nach dem Aufschmelzen bleibt im Unterschied
zu üblichen schmelzmetallurgischen Verfahren das Korngefüge vergleichsweise fein.
Die erreichbare Korngröße entspricht derjenigen, wie sie in pulvermetallurgisch oder
mittels Auftragverfahren hergestellten Brennbahnbereichen üblich ist.
[0010] Das Aufschmelzen kann ein einziges Mal oder auch mehrmals hintereinander erfolgen
und beeinflußt die im Endzustand erzielbare metallische Struktur des Brennbahnbereiches.
Mit der Beseitigung der Restporosität verschwinden auch die eingangs aufgezeigten
bisherigen Störungen beim Betrieb von Röntgendrehanoden.
[0011] Als geeignete fokussierbare Energiequellen für den Aufschmelzprozeß kommen der Laser,
Geräte zur Erzeugung von Teilchenstrahlen, insbesondere Elektronenstrahlen, sowie
hochfokussierbare Hochleistungslampen in Betracht. Für die im Einzelfall gewählte
Energiequelle ist der werkstoffbedingte Umwandlungsgrad eingestrahlte Energie/Wärme
von Bedeutung. Weiters spielen der apparative Aufwand und die Verfahrensabwicklung,
z. B. Behandlung unter Schutzgas oder im Hochvakuum, eine Rolle. Wegen des hohen Reflexionsvermögens
hochschmelzender Metalle für elektromagnetische Wellen im Spektralbereich 0,3 - 20
µm ( > 80 %) bietet der Einsatz von Elektronenstrahlen mit einem Wirkungsgrad ≧ 60
% in der Regel Vorteile.
[0012] Die anzustrebende Aufschmelztiefe gemäß erfinderichem Verfahren ist auf die im Betrieb
zu erwartenden, thermomechanischen Belastungen des Brennbahnbereiches abgestimmt zu
bemessen. Eine Aufschmelztiefe zwischen 0,05 und 1,5 mm hat sich als brauchbar erwiesen.
In der überwiegenden Zahl der Anwendungsfälle bietet eine Aufschmelztiefe zwischen
0,5 und 0,8 mm das beste Kosten-/Nutzenverhältnis.
[0013] Der Prozeß des Aufschmelzens und raschen Abkühlens ergibt je nach Prozeßführung die
Gefügezustände amorph, sehr feinkörnig isotrop, feinstengelig oder grobkristallin.
Dabei auftretende Spannungen im Gefüge können durch eine nachgeschaltete Vakuumglühung
im Bereich 900 - 1600
oC abgebaut werden.
[0014] Der Aufschmelzprozeß führt im Brennbahnbereich zu einer sehr glatten Oberfläche von
geringer Oberflächenrauhtiefe. Dennoch ist es aufgrund der extrem hohen Anforderungen
an die Oberflächenglattheit von Röntgendrehanoden im Brennbahnbereich in der Regel
unumgänglich, die Oberfläche nach dem Aufschmelzungsprozeß zu überschleifen.
[0015] Das erfindungsgemäße Verfahren wird anhand eines Beispieles näher beschrieben. Ein
auf üblichem pulvermetallurgischem Wege hergestellter Drehanoden-Grundkörper mit Wolfram/Rhenium-Brennbahnbereich
wird - so wie auch später im Betrieb - auf eine rotierende Haltewelle montiert und
in einen auf Hochvakuum evakuierbaren Kolben eingesetzt. Der Drehanoden-Brennbahnbereich
wird dabei gegenüber einer fokusierenden Glühemissionskathode angeordnet. Zunächst
wird die langsam rotierende Drehanode mittels eines defokussierten Elektronenstrahles
einheitlich auf ca. 800
oC gebracht. Dabei wird die Drehanode entgast, das heißt, es werden Fremdatome und
nicht ausreichend haftende Materialteilchen von der Oberfläche entfernt. Dann wird
der Elektronenstrahl auf einen Strichfokus von 20 mm Länge und 2 mm Breite sowie auf
eine Leistung von 6 kW gebracht und es wird die mit 3-6 Umdrehungen pro Minute rotierende
Drehanode in drei aufeinanderfolgenden Umläufen oberflächlich aufgeschmolzen. Dabei
entsteht eine Schmelzzone von ca. 17 mm Breite und 0,7 mm mittlerer Tiefe. Die aufgrund
der Anordnung jeweils horizontal liegende Schmelze erstarrt beim anschließenden Abkühlen
so glatt, daß bereits bei einer anschließenden Abtragung von 0,2 - 0,3 mm durch Überschleifen
eine anforderungsgerechte, glatte Brennbahnbelagsoberfläche erzielt wird.
[0016] Das Gefüge eines derart aufgeschmolzenen Brennbahnbereiches weist gerichtet erstarrte
Kristallite eines mittleren Durchmessers von 150 µm auf. Es zeigt keinerlei Poren
und gibt zuverlässige Hinweise für eine ausgezeichnete Bindung der einzelnen Körner
bzw. Kristallite aneinander.
[0017] Eine gemäß vorliegender Erfindung hergestellte Röntgendrehanode wurde mit einer nach
dem Stand der Technik gefertigten Drehanode verglichen. In einem sogenannten Röhrenprüfstand,
in dem die Belastung der Röntgendrehanode derjenigen im späteren Betrieb völlig identisch
simuliert werden kann, wurden beide Vergleichsdrehanoden mit folgenden Belastungszyklen
getestet:
Elektronenstrahlleistung 60 kW, Fokus 12 x 1,8 mm², Bestrahlungszyklus 7 x 0,1 S mit
jeweils 0,1 S Pause (entspricht einer Röntgenaufnahme) und 59 S Abkühlung, gesamte
Aufnahmenzahl 1200.
Nach Beendigung dieses Tests wurden die beiden Vergleichsdrehanoden hinsichtlich ihrer
oberflächlichen Strukturänderungen sowohl im Rasterelektronenmikroskop geprüft, als
auch mittels des Abtaststiftes auf Oberflächenrauhigkeit vermessen.
Die mittlere Rauhtiefe R
a bei der Drehanode gemäß Stand der Technik betrug R
a = 5,5 µm, die Drehanode gemäß vorliegender Erfindung hatte eine mittlere Rauhtiefe
von R
a = 3,5 µm. Die Aufrauhung der Drehanode gemäß vorliegender Erfindung infolge Materialermüdung
war nicht nur geringer, sondern, bezogen auf den gesamten Brennbahnoberflächenbereich,
gleichmäßiger als bei der Drehanode gemäß Stand der Technik. Entsprechend zeigte die
erfindungsgemäße Röntgendrehanode ein gleichmäßigeres und weniger dichtes Rißnetzwerk
mit geringeren Rißbreiten als die Vergleichsanode gemäß Stand der Technik. Die erfindungsgemäße
Drehanode weist eine sehr hohe Vakuumstabilität auf. Dadurch läßt sich die sogenannte
Einlaufphase deutlich verkürzen, in welcher eine Drehanode in der Röhre unter dem
Elektronenstrahl bei fortlaufendem Abpumpen von austretenden Restgasen erwärmt und
erstmals auf Betriebsbedingungen gebracht wird. Die elektrische Stabilität der Drehanode
im Betrieb war einwandfrei.
Die bei Testende gemessene Röntgenstrahlendosis pro Aufnahme lag bei der gemäß Erfindung
hergestellten Drehanode um 20 % höher als bei der Vergleichsanode nach dem Stand der
Technik.
Die Lebenserwartung der Röntgendrehanode lag aufgrund der vorgenannten Qualitätsverbesserungen
somit deutlich höher als die der Vergleichsanode.
1. Verfahren zur Herstellung einer Röntgendrehanode mit einem auf pulvermetallurgischem
Wege oder mittels CVD- oder PVD-Verfahren gefertigten ringförmigen Brennbahnbereich
aus hochschmelzenden Metallen, dadurch gekennzeichnet,
daß der Brennbahnbereich in einer Tiefe von kleiner 1,5 mm mittels lokaler, oberflächlicher
Aufschmelzung nachbehandelt wird.
2. Verfahren zur Herstellung einer Röntgendrehanode nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß die Aufschmelzung bis in eine Tiefe zwischen 0,05 und 1,5 mm erfolgt.
3. Verfahren zur Herstellung einer Röntgendrehanode, dadurch gekennzeichnet, daß die
Aufschmelzung bis in eine Tiefe zwischen 0,5 und 0,8 mm erfolgt.
4. Verfahren zur Herstellung einer Röntgendrehanode nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet,
daß die Aufschmelzung mittels eines fokussierten Elektronenstrahles erfolgt.
5. Verfahren zur Herstellung einer Röntgendrehanode nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet,
daß die Aufschmelzung mittels eines Laserstrahles erfolgt.
6. Verfahren zur Herstellung einer Röntgendrehanode nach Anspruch 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet,
daß die Oberfläche des aufgeschmolzenen Bereiches mechanisch geglättet wird.
7. Verfahren zur Herstellung einer Röntgendrehanode nach Anspruch 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet,
daß der aufgeschmolzene Bereich zusätzlich einer Glühbehandlung unterzogen wird.
8. Verfahren zur Herstellung einer Röntgendrehanode nach Anspruch 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet,
daß das Aufschmelzen des Brennbahnbereiches ein- oder mehrmals wiederholt wird.
9. Röntgenröhre, hergestellt nach dem Verfahren gemäß Anspruch 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet,
daß der Werkstoff des Brennbahnbereiches eine Wolfram-Rhenium-Legierung ist.