[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Drehmomentausgleich am Antrieb eines über
einen Kurbeltrieb linear hin- und herbewegten Walzgerüstes eines Pilgerschrittwalzwerkes,
insbesondere Kaltpilgerwalzwerk.
[0002] Die oszillierende Bewegung des Walzgerüstes eines Pilgerschrittwalzwerkes hat zur
Folge, daß die kinetische Energie des Walzgerüstes über den Weg stark variiert. Ohne
Gegenmaßnahmen würde der Kurbeltrieb zweimal je Periode den Motor überholen wollen,
ihn also in den Generatorbetrieb bringen. Der sich daraus ergebende periodische Wechsel
von Motor- und Generatorbetrieb wirkt sich verschleißfördernd auf den Motor aus und
erhöht außerdem den Energieverbrauch des Walzwerkes. Die Energie, die der Motor dem
Kurbeltrieb während des Generatorbetriebs entzieht, muß dem Kurbeltrieb während des
darauffolgenden Motorbetriebes wieder zugeführt werden.
[0003] Weil aber die im Generatorbetrieb erzeugte elektrische Energie im Motorbetrieb nicht
genutzt werden kann, hat dieser Energieanteil für den Betreiber des Walzwerkes den
Charakter einer Scheinleistung, die die Betriebskosten unnötigerweise steigen läßt.
[0004] Um den periodischen Wechsel von Generator- und Motorbetrieb zu vermeiden, haben sich
grundsätzlich zwei unterschiedliche Konstruktionen bewährt. So ist beispielsweise
aus dem deutschen Patent 10 64 461 bekannt, den die Bewegung des Walzgerüstes erzeugenden
Kurbeltrieb um einen ähnlichen Kurbeltrieb zu ergänzen, der um 90 Grad phasenverschoben
betrieben wird. Ruf diese Weise kann ein ständiger Austausch kinetischer Energie zwischen
beiden Kurbeltrieben stattfinden. Dieses Verfahren bietet zwar den Vorteil, daß die
Kurbeldrehzahlen und das Kurbelmoment, somit auch Motordrehzahl und Motormoment über
einen Bewegungszyklus nahezu konstant sind, doch hat es den Nachteil, daß der maschinenbauliche
Aufwand sehr groß ist. Dies gilt auch für den Raumbedarf, weil im allgemeinen tiefe
Fundamente erforderlich sind. Schließlich werden nur schwer ausgleichbare Massenkräfte
höherer Ordnung erzeugt.
[0005] Ein anderer Weg zur Lösung des Problemes sieht den Drehmomentausgleich durch Zwischenschaltung
ungleichmäßig übersetzender Getriebe vor. Wenn man einen Kurbeltrieb, der ein Walzgerüst
bewegt, auf eine bestimmte Drehzahl beschleunigt, und ihn dann vom Antrieb abkoppelt,
wird sich die Drehzahl der Kurbelwelle periodisch ändern. Im Fall von Reibungsfreiheit
wird diese Aussage für beliebig lange Zeiträume gelten. Setzt man nun zwischen den
Antrieb und die Kurbelwelle ein ungleichmäßig übersetztes Getriebe, das bei konstanter
Antriebsdrehzahl auf der Abtriebsseite genau den Drehzahlverlauf aufweist, den der
Kurbeltrieb im nichtangetriebenen Zustand hätte, kann der Kurbeltrieb ebenfalls mit
konstanter Motordrehzahl und konstantem Motormoment angetrieben werden. Das Zwischengetriebe
muß die konstante Drehzahl in eine veränderliche Drehzahl umwandeln, die dem freien
Drehzahlverlauf des Kurbeltriebes entspricht. Da die Drehzahlschwankungen des Kurbeltriebs
von der jeweiligen Drehzahl abhängig sind, muß das Zwischengetriebe in seinem Übertragungsverhalten
veränderlich sein.
[0006] Ein Zwischengetriebe, das tatsächlich zum Drehmomentausgleich eingesetzt wird, ist
das Kardangelenk, das durch Veränderung des Knickwinkels im Gelenk an die Drehzahlschwankungen
angepaßt werden kann (Deutsches Patent 20 30 995).
[0007] Letztgenanntes Verfahren hat ebenfalls zum Nachteil, daß ein großer konstruktiver
Aufwand erforderlich ist, um die Einstellung des Drehmomentausgleichs auf eine bestimmte
Drehzahl zu ermöglichen. Beim Wechsel auf eine andere Betriebsdrehzahl kommt der Motor
wieder in den Generatorbetrieb, wenn nicht automatisch der Drehmomentausgleich angepaßt
wird. Zudem läßt sich der Einfluß der Last auf den Drehmomentausgleich nicht berücksichtigen.
[0008] Ausgehend von dem geschilderten Stand der Technik und den beschriebenen Nachteilen
ist es Ziel der vorliegenden Erfindung, einen Drehmomentausgleich zu schaffen, der
den Generatorbetrieb des Motors der Antriebseinrichtung, also in Motordrehrichtung
auf den Motor wirkende Drehmomente, sicher und mit geringem Bauaufwand vermeidet.
[0009] Zur Lösung der Aufgabe wird erfindungsgemäß vorgeschlagen, daß dem Antriebsmotor
der aus den kinematischen Abmessungen, den bewegten Massen sowie den äußeren Lasten
rechnerisch ermittelte Drehzahlverlauf des Kurbeltriebes als Soll-Drehzahlverlauf
vorgegeben wird.
[0010] Günstige Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen beschrieben.
[0011] Die Erfindung hat erkannt, daß ein optimaler Drehmomentausgleich zu verwirklichen
ist, wenn die Soll-Drehzahl des Motors nicht kleiner wird, als die augenblickliche
Ist-Drehzahl. Der Generatorbetrieb wird sicher vermieden, wenn die Soll-Drehzahl des
Antriebsmotors stets der Drehzahl entspricht, auf die er gerade durch die Last beschleunigt
oder verzögert wird. Um das sicherzustellen ist es notwendig, den sich einstellenden
Drehzahlverlauf zu kennen. Dieser läßt sich genau vorausberechnen, wenn die kinematischen
Abmessungen, die bewegten Massen und die äußeren Lasten bekannt sind. Der errechnete
Drehzahlverlauf, den ein reibungsfreier Kurbeltrieb im mit konstantem Drehmoment angetriebenen
Zustand aufweisen würde, wird dem Antriebsmotor als Soll-Drehzahlverlauf vorgegeben.
[0012] Die Erfindung bewirkt, daß Beschleunigungs- oder Bremsmomente nicht mehr vom Motor
aufgebracht werden müssen. Im stationären Bereich arbeitet der Motor nur gegen die
Reibungsverluste und die äußeren Lasten an. Bei fehlender äußerer Last arbeitet der
Motor dann sogar nur gegen die nahezu konstanten Reibungsverluste an, das Motormoment
ist dann ungefähr konstant.
[0013] Das vorgeschlagene System wird mit einem schnellen Rechner betrieben, der in Abhängigkeit
von der jeweiligen Kurbelposition die Kurbeldrehzahl vorausberechnet und dem Antriebssystem
mitteilt. Derartige Systeme, die die notwendige Regelgeschwindigkeit und Regelgenauigkeit
erfüllen, sind Stand der Technik.
[0014] Um die Drehzahl berechnen zu können, sind im Rechner
a) das reduzierte Massenträgheitsmoment Jred des Kurbeltriebes,
b) die potentielle Energie Epot des Kurbeltriebes,
c) die auf ein reduziertes Drehmoment ML an der Kurbel umgerechnete Last
als Funktion des Kurbelwinkels φ gespeichert. Ausgehend von der Kurbelwinkelgeschwindigkeit
ω₀ in der Position φ₀ der Kurbel werden für die übrigen Kurbelwinkel φ die Winkelgeschwindigkeiten
der Kurbel mit folgender Formel ermittelt.

[0015] Der Arbeitsüberschuß ΔW ( φ ) ergibt sich zu
wobei das als konstant angenommene reduzierte Motormoment

dem mechanischen System Kurbeltrieb während einer Periode so viel Energie zuführt,
wie ihm durch die übrigen äußeren Lasten entzogen wird.
[0016] Dieses reduzierte Motormoment ist lediglich eine Rechengröße, es ist nicht zu verwechseln
mit dem tatsächlichen Motormoment. Das tatsächliche Motormoment wird von dem
"reduzierten Motormoment" zumindest um den Anteil zur Überwindung von Reibungsverlusten
unterschiedlich sein.
[0017] Der Startwert ω₀ auf dessen Kenntnis die Vorausberechnung des Winkelgeschwindigkeitsverlaufs
ω(φ) basiert, muß iterativ bestimmt werden. Dazu wird ω₀ so lange verändert, bis die
Bedingung

mit

als vorgegebenem Drehzahlmittelwert hinreichend genau erfüllt wird.
1. Verfahren zum Drehmomentausgleich am Antrieb eines über einen Kurbeltrieb linear hin-
und herbewegten Walzgerüstes eines Pilgerschrittwalzwerkes, insbesondere Kaltpilgerwalzwerkes,
dadurch gekennzeichnet,
daß dem Antriebsmotor der aus den kinematischen Abmessungen, den bewegten Massen sowie
den äußeren Lasten rechnerisch ermittelte Drehzahlverlauf des Kurbeltriebes als Soll-Drehzahlverlauf
vorgegeben wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß zur Berechnung der Soll-Drehzahlwerte das reduzierte Massenträgheitsmoment des
Kurbeltriebes, die potentielle Energie des Kurbeltriebes und die auf ein reduziertes
Drehmoment an der Kurbel umgerechnete Last als Funktion des Kurbelwinkels in einem
schnellen Rechner abgelegt werden und ausgehend von der Kurbelwinkelgeschwindigkeit
in einer bestimmten Position der Kurbel die Winkelgeschwindigkeiten für die übrigen
Kurbelwinkel errechnet werden, wobei das Ergebnis zur Bildung des jeweiligen Drehzahlsollwertes
verarbeitet dem Motor der Antriebseinrichtung mitgeteilt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Startwert der Kurbelwinkelgeschwindigkeit in der Ausgangsposition des Kurbelwinkels
iterativ bestimmt wird.