(19)
(11) EP 0 515 854 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.12.1992  Patentblatt  1992/49

(21) Anmeldenummer: 92107258.3

(22) Anmeldetag:  29.04.1992
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5H01F 1/053
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT DE FR GB IT NL SE

(30) Priorität: 25.05.1991 DE 4117104

(71) Anmelder: VACUUMSCHMELZE GMBH
D-63412 Hanau (DE)

(72) Erfinder:
  • Reppel, Georg-Werner, Dipl.-Phys.
    W-6451 Hammersbach (DE)
  • Rodewald, Werner, Dr.
    W-6466 Gründau 6 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung eines stickstoffhaltigen Dauermagneten, insbesondere Sm-Fe-N


    (57) Zur Herstellung von gebundenen, Stickstoff enthaltenden Dauermagneten wird vorgeschlagen, eine pulverförmige und im wesentlichen stickstofffreie Vorlegierung zunächst zu einem porösen Formkörper zu verdichten und die Nitrierung am bereits verdichteten Formkörper durch Reaktionsglühen in einer stickstoffhaltigen Atmosphäre vorzunehmen. Das Verfahren eignet sich insbesondere für Dauermagnete des Typs SE-TM-N, wobei SE mindestens ein Seltenerdelement und TM mindestens ein Übergangselement bezeichnet. Vorzugsweise weisen die Dauermagnete die Zusammensetzung Sm2-Fe17-Nx bzw. Sm2-Fe17-(C,N)x auf, wobei das Eisen teilweise durch Kobalt und/oder Nickel ersetzt sein kann. Weitere Legierungselemente können ebenfalls vorhanden sein.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines stickstoffhaltigen Dauermagneten.

    [0002] Aus der EP-OS 369 097 sind stickstoffhaltige Dauermagnete bekannt, die 5 bis 20 Atom.-% mindestens eines Seltenerdelementes, 5 bis 30 Atom.-% Stickstoff, 0,01 bis 10 Atom.-% Wasserstoff, Rest Eisen und gegebenenfalls 0,1 bis 40 Atom.-% weitere Zusatzelemente enthalten. Zur Herstellung eines solchen Dauermagneten werden die bereits nitrierten Magnetpulver beispielsweise zunächst gepreßt und dann in einer stickstoff- und sauerstoffhaltigen Atmosphäre einer Wärmebehandlung, die dort als Sintern bezeichnet wird, unterzogen. Die Temperatur bei der sogenannten Sinterung soll zischen 100 und 650 °C betragen. Bevorzugt wird eine Temperatur von weniger als 450 °C, da dann das Magnetmaterial hinreichend stabil ist.

    [0003] Beträgt die Temperatur mehr als 650 °C so führt dies zu einem rapiden Zerfall der hartmagnetischen Verbindung. Eine Erhöhung der Sintertemperatur auf über 650 °C ist daher wegen der Instabilität des Magnetmaterials nicht möglich. Daher werden die eigentlichen Ziele des Sinterns, nämlich eine Festigkeitssteigerung und/oder eine Dichtezunahme gegenüber der Preßdichte des Formkörpers nicht in ausreichendem Maße erreicht.

    [0004] Aufgrund der begrenzten Sintermöglichkeiten der genannten Legierungen bietet sich als Alternative die Herstellung gebundener Magnete aus den Magnetlegierungen an. Auch dieser Weg ist in der EP-OS 369097 bereits beschrieben. Hierbei wird beispielsweise von einer pulverförmigen Vorlegierungen der Zusammensetzung Sm2-Fe17 ausgegangen, die einer Wärmebehandlung in einer stickstoff- und wasserstoffhaltigen Atmosphäre zur Aufnahme dieser Elemente unterzogen wird. Die so erhaltene Sm-Fe-N-H-Legierung wird in einer Stickstoffatmosphäre weiter zerkleinert und dann mit einem Kunstharzbinder gemischt, in eine Form gegossen und anschließend ausgehärtet. Alternativ hierzu kann das Sm-Fe-N-H-Magnetpulver auch in einem Magnetfeld verdichtet und anschließend imprägniert werden.

    [0005] Da sich die Magnetpartikel in einem Magnetfeld nicht mehr ungehindert orientieren können, wenn das Magnetpulver mit dem Bindemittel vermischt ist, führt das oben beschriebene Verfahren zur Herstellung gebundener Dauermagnete bei anisotropem Magnetpulver zu einer Erniedrigung der Remanenz. Weiterhin können die Magnetpartikel durch den Preßvorgang geschädigt werden. Es ist bekannt, daß eine solche Schädigung des Magnetmaterials durch eine Glühbehandlung von beispielsweise etwa 2 Stunden bei 600 bis 1000 °C im Vakuum bei den bekannten SmCo5-Dauermagneten aufgehoben werden kann. Im Falle kunststoffgebundener Magnete ist eine entsprechende Behandlung nicht möglich, da die Glühtemperatur so hoch gewählt werden muß, daß dabei der Kunststoff zersetzt würde.

    [0006] Weiterhin sind aus der Veröffentlichung von J.M.D. Coey und Hong Sun in "JOURNAL OF MAGNETISM AND MAGNETIC MATERIALS", 87 (1990), Seiten L251 bis L254, stickstoffhaltige SE-Fe-NDauermagnetlegierungen bekannt, die als weiteres Legierungselement Kohlenstoff enthalten können. Zur Herstellung der dort beschriebenen Legierungspulver wird der Stickstoff in SE2-Fe17 bzw. SE2-Fe17-C-Legierungen durch Wärmebehandlung in einer stickstoffhaltigen Atmosphäre eingebracht. Auch dort wird ausgeführt, daß sich diese Verbindungen bei Temperaturen von mehr als 550 °C zersetzen und bei 850 °C eine Mischung aus verschiedenen Zerfallsprodukten vorliegt. Daher bieten sich auch diese Legierungen insbesondere zur Herstellung von gebundenen Dauermagneten an.

    [0007] Übliche Verfahrenstechniken zur Herstellung kunststoffgebundener Magnete bestehen darin, das Magnetpulver vor der Kompaktierung mit Kunststoff zu mischen oder zu compoundieren. Die Pulverpartikel werden mit schmelzflüssigem oder in einem Lösungsmittel gelösten Kunststoff umhüllt. Im letzteren Fall wird das Lösungsmittel durch Evakuieren entfernt. Anschließend muß das compoundierte Pulver zur besseren Verarbeitung zerkleinert und gesiebt werden.

    [0008] Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein vereinfachtes und kostengünstigeres Verfahren zur Herstellung von gebundenen stickstoffhaltigen Dauermagneten anzugeben, bei dem eine Schädigung der Pulverteilchen - beispielsweise durch selektive Oxidation - weitgehend vermieden wird. Die Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst. Das erfindungsgemäße Verfahren gestattet ferner eine ungehinderte Orientierung der Magnetpartikel.

    [0009] Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren wird eine im wesentlichen stickstofffreie Vorlegierung zunächst zu einem porösen Formkörper verdichtet. Unter einer im wesentlichen stickstofffreien Vorlegierung wird eine Vorlegierung verstanden, die nicht mehr als etwa 10 % des Stickstoffgehaltes des fertigen Dauermagneten aufweist. Der zunächst stickstofffreie Preßling kann durch Pressen in einem Werkzeug, durch isostatisches Pressen, Strangpressen von Pulver in einer Kapsel oder ähnlichen Verdichtungstechniken hergestellt werden. Die Nitrierung erfolgt erst nach dem Verdichten mittels einer Wärmebehandlung in einer stickstoffhaltigen Atmosphäre. Vorzugsweise erfolgt diese Wärmebehandlung in N₂ oder in einer Mischung aus N₂ und H₂ oder in einer NH₃-Atmosphäre.
    Durch die Porosität, d.h. durch die verbundenen Porenkanäle des Formkörpers ist eine schnelle Diffusion des Stickstoffs gewährleistet. Zur weiteren Beschleunigung der Reaktionsglühung kann die Nitrierung insbesondere unter erhöhtem Stickstoffdruck (mehr als 1 bar) erfolgen. Das Nitrieren erfolgt vorzugsweise bei einer Temperatur zwischen 250 °C und der Zersetzungstemperatur der stickstoffhaltigen Verbindung. Die Nitrierung wird bei dem erfindungsgemäßen Verfahren somit nicht am Pulver, sondern erst am Preßling vorgenommen. Überraschenderweise bleibt der gepreßte Formkörper bei der Stickstoffaufnahme trotz Gitteraufweitung erhalten.

    [0010] Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird eine selektive Oxidation der Pulverteilchen, die zur Erniedrigung der Koerzitivfeldstärke durch magnetische Keimbildung führen kann, weitgehend vermieden. Weiterhin können durch pulvermetallurgische Zusätze von Hydriden der Seltenerdelemente eventuell vorhandenes Alpha-Eisen bzw. teilweise oxidierte Teilchenoberflächen bei der Nitrierung in die SE2-Fe17-Verbindung umgewandelt werden.

    [0011] Durch eine zusätzliche Imprägnierung der Formkörper mit einem Kunststoff- oder Metallbinder kann eine weitere Steigerung der Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit erreicht werden. Die Imprägnierung wird beispielsweise in Form einer Vakuumimprägnierung des nitrierten Preßlings mit Kunstharz durchgeführt. Bei der Imprägnierung kann es sich aber auch um eine Druckimprägnierung mit Kunststoff oder einer Metallschmelze handeln. Als geeignete Metalle kommen beispielsweise Hg, Sn oder Zn in Frage.

    [0012] Gemäß einer besonderen Ausführungsform kann die Verdichtung auch in der Form erfolgen, daß die im wesentlichen stickstofffreie Vorlegierung bereits zusammen mit dem metallischen Binder verdichtet wird. Hierzu kann der metallische Binder als Pulver der Vorlegierung zugemischt werden. Alternativ kann auch das Vorlegierungspulver mit dem metallischen Binder beschichtet sein.

    [0013] Besonders geeignet ist das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung von Dauermagneten des Typs SE-TM-N, wobei SE mindestens ein Seltenerdelement und TM mindestens ein Übergangselement bezeichnet. Als bevorzugtes Seltenerdelement hat sich dabei Samarium erwiesen. Das Übergangselement TM wird insbesondere durch Eisen repräsentiert, jedoch kann ein Teil des Eisens auch durch Kobalt und/oder Nickel ersetzt sein. Bei den erfindungsgemäß hergestellten Dauermagneten handelt es sich dann insbesondere um Magnete der Zusammensetzung Sm2-Fe17-Nx oder Sm2-Fe17-(C,N)x mit 2 < x < 3. Die Dauermagnetlegierung kann weiterhin bis zu 9 Atom.-% mindestens eines der Elemente Sn, Ga, In, Bi, Pb, Zn, Al, Zr, Cu, Mo, Ti, P, Si und B enthalten. Weitere Elemente, insbesondere Sauerstoff, können in Konzentrationen enthalten sein, die üblichen Verunreinigungen entsprechen.

    [0014] Die bevorzugte Vorlegierung Sm2-Fe17 besitzt eine planare Anisotropie. Durch das Verdichten der pulverförmigen Vorlegierung in einem Magnetfeld und anschließender Bildung der stickstoffhaltigen Sm2-Fe17-Nx-Phase mit uniaxialer Anisotropie kann ca. 70 % der Remanenz des anisotropen Massivmagneten erreicht werden. Beispielsweise weist die Legierung Sm2-Fe17-N2,5 als Massivmagnet eine Sättigungsmagnetisierung von 1,54 T auf. Bei einer Packungsdichte von 75 % kann mit dieser Legierung daher eine Remanenz des gebundenen Magneten von etwa 0,8 T mit dem erfindungsgemäßen Verfahren erzielt werden.

    [0015] Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform wird die Ausgangsverbindung Sm2-Fe17 mit Kohlenstoff legiert. Die intermetallische Verbindung Sm2-Fe17-Cy weist für y > 1 eine uniaxiale Anisotropie auf. Wird eine solche pulverförmige Vorlegierung nach dem erfindungsgemäßen Verfahren in einem Magnetfeld verdichtet und anschließend nitriert, so kann bei einer Remanenz der massiven Verbindung Sm2-Fe17(C,N)x von beispielsweise 1,27 T und einer Packungsdichte des Magnetmaterials von 75 % des Volumens mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ein gebundener Magnet mit einer Remanenz von 0,95 T erzielt werden. Je nach Orientierungsgrad wird die erreichte Remanenz des Magneten in der Regel jedoch noch etwas niedriger liegen, so daß beispielsweise für gebundene Magnete, die senkrecht zur Preßrichtung im Magnetfeld orientiert wurden, praktisch etwa 95 % dieses Wertes erreicht werden. Somit können mit dem erfindungsgemäßen Verfahren Magnete mit den obengenannten Legierungen hergestellt werden, deren magnetische Eigenschaften an die Magnetwerte von massiven Sintermagneten des Typs Sm-Co5 heranreichen.

    [0016] In einem speziellen Ausführungsbeispiel wurden Vorlegierungen aus Sm2-Fe17 im Vakuuminduktionsofen erschmolzen. Die Schmelzblöcke wurden anschließend zerkleinert und vorgemahlen. Das so erhaltene Grobpulver wurde weiter auf Teilchengrößen von 2,5 bzw. 2,8 µm feingemahlen. Aus diesen Legierungspulvern wurde ein isotroper Formkörper durch isostatisches Pressen hergestellt. Die Nitrierung des Formkörpers erfolgte bei einer Temperatur von 500 °C in einer Stickstoffatmosphäre mit einem Druck von 0,7 bar. Nach dem Abkühlen wurde der Formkörper mit einem warmhärtenden Methacrylat Imprägniermittel getränkt und bei 120 °C ausgehärtet.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung eines Stickstoff enthaltenden Dauermagneten durch Verdichten einer pulverförmigen, im wesentlichen stickstofffreien Vorlegierung zu einem porösen Formkörper und anschließendes Nitrieren des verdichteten Formkörpers durch Reaktionsglühen in einer stickstoffhaltigen Atmosphäre.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Formkörper mit einem Kunststoff- oder Metallbinder imprägniert wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Imprägnierung nach dem Nitrieren durchgeführt wird.
     
    4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Vorlegierung bereits zusammen mit einem metallischen Binder verdichtet wird.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 4,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der metallische Binder als Pulver der Vorlegierung zugemischt wird.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 4,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß das Vorlegierungspulver mit dem metallischen Binder beschichtet wird.
     
    7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Vorlegierung während oder vor dem Verdichten in einem Magnetfeld orientiert wird.
     
    8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß das Nitrieren bei einer Temperatur zwischen 250 °C und der Zersetzungstemperatur der stickstoffhaltigen Verbindung erfolgt.
     
    9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß das Reaktionsglühen unter erhöhtem Stickstoffdruck von mehr als 1 bar erfolgt.
     
    10. Verfahren nach einem der vorhergehenden Anspüche,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß es sich um einen Dauermagneten des Typs SE-TM-N handelt, wobei SE mindestens ein Seltenerdelement und TM mindestens ein Übergangselement bezeichnet.
     
    11. Verfahren nach Anspruch 10,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Dauermagnet als Seltenerdelement Samarium enthält.
     
    12. Verfahren nach Anspruch 11,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß es sich um einen Sm2Fe17Nx- oder Sm2Fe17(C,N)x-Dauermagneten mit 2 < x < 3 handelt.
     
    13. Verfahren nach Anspruch 12,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß das Eisen teilweise durch Kobalt und/oder Nickel ersetzt ist.
     
    14. Verfahren nach einem der Ansprüche 10 bis 13,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Magnetlegierung ohne Bindemittelanteil weiterhin bis zu einem Gesamtgehalt von 9 Atom.-% mindestens eines der Elemente Sn, Ga, In, Bi, Pb, Zn, Al, Zr, Cu, Mo, Ti, P, Si und B enthält.