[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Aufzeichnungsmaterials
für die Aufzeichnung mit Röntgenstrahlen, dessen Empfindlichkeit gegenüber sichtbarem
Licht herabgesetzt ist, ein direktradiographisches Aufzeichnungsmaterial mit verminderter
Lichtempfindlichkeit, sowie die Verwendung dieses Materials zur Herstellung von Röntgenbildern.
[0002] Für die Aufzeichnung von Röntgenstrahlenbildern, wie sie beispielsweise bei der Materialprüfung
mit Röntgenstrahlen entstehen, verwendet man verbreitet Silberhalogenidmaterialien.
Die Emulsionen solcher Materialien sind im allgemeinen chemisch gereift, um die optimale
Empfindlichkeit gegenüber der Röntgenstrahlung zu erzielen. Damit ist aber auch eine
hohe Empfindlichkeit gegen sichtbares Licht verbunden, die an sich unnötig ist und
die Verarbeitung in Dunkelräumen erforderlich macht. Gerade unter den Bedingungen
der Materialprüfung ist die Notwendigkeit eines Dunkelraums oft eine beträchtliche
Erschwernis. Es besteht daher ein Bedürfnis nach radiographischen Aufzeichnungsmaterialien,
die bei hoher Empfindlichkeit gegen Röntgenstrahlen eine geringe Empfindlichkeit für
sichtbares Licht haben.
[0003] Es ist bekannt, daß die Lichtempfindlichkeit von Silberhalogenidemulsionen durch
den Zusatz gewisser organischer Substanzen vermindert werden kann. Geeignete Substanzklassen
sind beispielsweise in der EP-B1-00 88 581, Seite 2, Zeilen 55 ff., aufgezählt. Durch
solche Substanzen wird aber auch häufig die Röntgenempfindlichkeit erniedrigt, sodaß
man zu Kompromissen gezwungen ist.
[0004] Es ist weiterhin bekannt, daß die Lichtempfindlichkeit von Silberhalogenidemulsionen
durch Zusatz gewisser Metallsalze vermindert wird (P. Glafkides, Photographic Chemistry,
Vol. I, London 1958, Seite 318; S. Gahler et al., Metallionen in photographischen
Silberhalogenidsystemen, J. Inf. Rec. Mater. 14 (1986) 6, Seite 428). Dort wird jedoch
nichts über den Einfluß solcher Metallsalze auf die Röntgenempfindlichkeit gesagt.
[0005] Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren anzugeben, mit dem sich ein Aufzeichnungsmaterial
für Röntgenstrahlen herstellen läßt, welches bei hoher Röntgenempfindlichkeit eine
geringe Empfindlichkeit für sichtbares Licht hat.
[0006] Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren zur Herstellung einer photographischen
Silberhalogenidemulsion, das dadurch gekennzeichnet ist, daß man die Emulsion zusätzlich
zur chemischen Reifung einer Reduktionssensibilisierung unterwirft und daß man der
Emulsion zusätzlich zu einem gegebenenfalls zur chemischen Sensibilisierung verwendeten
Edelmetallsalz ein weiteres Metallsalz zusetzt.
[0007] Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist ein Material für Bildaufzeichnungen mit
Röntgenstrahlen, bestehend aus einem Träger und mindestens einer strahlenempfindlichen
Schicht aus einer Silberhalogenidemulsion, welches dadurch gekennzeichnet ist, daß
die Silberhalogenidemulsion sowohl einer chemischen Reifung als auch einer Reduktionssensibilisierung
unterworfen wurde und daß sie zusätzlich zu einem gegebenenfalls zur chemischen Sensibilisierung
verwendeten Edelmetallsalz ein weiteres Metallsalz enthält.
[0008] Der Erfindung liegt die überraschende Erkenntnis zugrunde, daß die Lichtempfindlichkeit
von Emulsionen, welche zusätzlich zur chemischen Reifung noch einer Reduktionssensibilisierung
unterzogen wurden, durch den Zusatz von Metallsalzen viel stärker vermindert wird,
als dies bei ausschließlich chemisch gereiften Emulsionen der Fall ist. Dagegen wird
die Röntgenempfindlichkeit durch die Metallsalze praktisch nicht beeinflußt.
[0009] Der Begriff "Reduktionssensibilisierung" bedeutet hier, daß der Emulsion ein reduzierendes
Agens zugesetzt und dadurch die Lichtempfindlichkeit erhöht wird. Dieser Zusatz kann
zu jedem Zeitpunkt während des Herstellungsprozesses erfolgen, also beispielsweise
während der Fällung des Silberhalogenids sowie vor, während oder nach der chemischen
Reifung. Als reduzierende Agenzien eignen sich beispielsweise Zinn-(II)-chlorid, Hydrazin,
Thiazolidin-4-carbonsäure, Cystein, Glutardialdehyd, Glutardialdhydbisulfit, Formamidinsulfinsäure,
Thioharnstoffdioxid, Polyamine, wie Spermin oder Diethylentriamin, und Aminoborane.
Die Reduktionssensibilisierung kann auch durch Behandlung mit gasförmigem Wasserstoff
oder durch Digerieren der Emulsion bei Silberionenüberschuß herbeigeführt werden.
[0010] Die Menge des angewendeten reduzierenden Agens richtet sich nach dessen Molmasse
und Aktivität und liegt im allgemeinen zwischen 3 und 300 mg, bezogen auf ein Mol
Silberhalogenid.
[0011] Ein wichtiges Charakteristikum für das Vorliegen einer Reduktionssensibilisierung
ist die Erhöhung des Emulsionsschleiers infolge der Einwirkung von oxidierenden Agenzien
in geringer Konzentration. Dieser Effekt ist für Emulsionen, die unter Silberionenüberschuß
gereift wurden, ausführlich von H.W. Wood (The Journal of Photographic Science, Vol.
3, Seite 172 f. (1955)) beschrieben worden. Er wird auch regelmäßig bei Emulsionen,
die auf andere Weise reduktionssensibilisiert wurden, beobachtet. Man kann sowohl
die Emulsion mit einer geeignet geringen Menge des Oxidationsmittels digerieren als
auch ein mit der Emulsion hergestelltes Aufzeichnungsmaterial in einer wäßrigen Lösung
des Oxidationsmittels baden, um den Schleieranstieg zu bewirken.
[0012] Unter "chemischer Sensibilisierung" ist demgegenüber eine Empfindlichkeitssteigerung
zu verstehen, die durch Digestion mit aktiver Gelatine und/oder Verbindungen des Schwefels
oder Selens, ggf. in Kombination mit Edelmetallsalzen, erzielt wird.
[0013] Für die Ausführung der Erfindung geeignete weitere Metallsalze sind bevorzugt solche
des Eisens, Kupfers und Zinks. Die Salze müssen wasserlöslich sein; geeignet sind
beispielsweise Chloride, Nitrate und Sulfate.
[0014] Der Zusatz der weiteren Metallsalze zur Emulsion kann zu jedem Zeitpunkt bei der
Emulsionsherstellung erfolgen.
[0015] Die Menge des der Emulsion zugesetzten weiteren Metallsalzes richtet sich nach dessen
Aktivität und der angestrebten Wirkung. Beispielsweise zeigen Eisen-, Kupfer- und
Zinksalze bei 20 bis 200 mg je Mol Silberhalogenid gute Ergebnisse.
[0016] Die Silberhalogenidemulsionen können Silberchlorid, Silberbromid, Silberchlorobromid,
Silberbromoiodid oder Silberchlorobromoiodid enthalten. Sie können nach bekannten
Verfahren hergestellt werden, beispielsweise durch Einstrahl- oder durch Zweistrahlfällung,
ggf. unter Steuerung des pAg-Wertes. Die Silberhalogenidmikrokristalle können beispielsweise
annähernd kugelförmig sein oder auch die Form von Würfeln, Oktaedern oder Täfelchen
haben. Die Korngröße des Silberhalogenids wird nach der angestrebten Aufzeichnungscharakteristik
ausgewählt und liegt im allgemeinen zwischen 0,1 und 2 µm.
[0017] Die Emulsionen enthalten neben dem Silberhalogenid ein Bindemittel. Dieses ist im
allgemeinen Gelatine, die aber auch in an sich bekannter Weise ganz oder teilweise
durch andere natürliche oder synthetische hydrophile Polymere oder auch teilweise
durch hydrophobe Polymere ersetzt sein kann.
[0018] Daneben können die Emulsionen noch weitere Zusätze enthalten, die zur Verbesserung
der photographischen und anwendungstechnischen Eigenschaften bekannt sind, beispielsweise
Antischleiermittel, Mattierungsmittel und Beschichtungshilfsmittel.
[0019] Für die Handhabung und Verarbeitung der erfindungsgemäßen Aufzeichnungsmaterialien
wird kein besonderer Dunkelraum mit einer speziellen Beleuchtung mehr benötigt. Sie
lassen sich vielmehr für eine begrenzte Zeit bei hinreichend gedämpftem Tageslicht
oder Kunstlicht verwenden, ohne daß sie eine unerwünschte Schwärzung erleiden. Im
Vergleich zu den nur chemisch und/oder reduktionssensibilisierten Emulsionen ist auch
der Grundschleier herabgesetzt.
[0020] Die Erfindung kann zur Erzeugung von Aufzeichnungen von Röntgenstrahlenbildern, vorzugsweise
auf dem Gebiet der zerstörungsfreien Materialprüfung, angewendet werden.
[0021] In den folgenden Ausführungsbeispielen sind die Mengen der Emulsionsbestandteile
stets auf 1 Mol Silberhalogenid bezogen.
Beispiel 1
[0022] Eine Silberbromoiodidemulsion (1,2 Molprozent Iodid, 20 g Gelatine) wurde nach dem
Einstrahlverfahren in ammoniakalischer Lösung hergestellt und durch Flocken und Waschen
von den löslichen Salzen befreit. Das mittlere Kornvolumen betrug 0,16 µm³. Nach Zusatz
von weiteren 164 g Gelatine wurde die Emulsion einer Gold-Schwefel-Reifung unterzogen
und durch Zusatz von 1 g KBr und 1,2 g 5-Hydroxy-7-methyltetraazainden stabilisiert.
Danach wurden zu Teilen dieser Emulsion die in Tabelle 1 aufgeführten Zusätze als
einprozentige wäßrige Lösungen sowie ein übliches Beschichtungshilfsmittel zugefügt
und die Emulsion sowie eine äußere Gelatineschutzschicht auf beide Seiten eines Polyethylenterephthalat-Schichtträgers
aufgetragen.
[0023] Die so erhaltenen Aufzeichnungsmaterialien wurden wie folgt auf ihre Licht- bzw.
Röntgenempfindlichkeit geprüft:
Exposition:
[0024] A (Lichtempfindlichkeit): Es wurde ein Elektrolumineszenz-Sensitometer mit einem
Emissionsmaximum bei 445 nm und einem photographisch hergestellten Absorptionskeil
verwendet, bei dem sich die Dichten aufeinanderfolgender Stufen um jeweils 0,15 unterschieden.
[0025] B (Röntgenempfindlichkeit): Die Exposition erfolgte bei einer Röhrenspannung von
73 kV und Filterung mit 1 mm Aluminium aus einem Abstand von 150 cm hinter einer Aluminiumtreppe
mit 4 mm Stufenhöhe.
Verarbeitung:
[0026] Alle Proben wurden in einer handelsüblichen Entwicklungsmaschine mit üblichen Verarbeitungschemikalien
in einem 90 s-Prozeß verarbeitet.
Auswertung:
[0027] Von jeder Probe wurde aufgrund von Dichtemessungen eine Schwärzungskurve konstruiert
und die für die Dichte 1 über Schleier erforderliche Belichtung ermittelt. Die Kehrwerte
dieser Belichtungen wurden auf den Wert 100 für die Vergleichsprobe bezogen und als
Empfindlichkeit angegeben.
Tabelle 1
| Probe |
Emulsionszusätze Reduktionssensibilis. |
Metallsalz |
Empfindlichkeit bei Exposition |
| |
|
|
A |
B |
| A |
- |
- |
100 |
100 |
| B |
50 mg Cystein |
- |
126 |
100 |
| C |
- |
60 mg CuCl₂ |
55 |
100 |
| D |
50 mg Cystein |
60 mg CuCl₂ |
6 |
96 |
| E |
- |
100 mg FeCl₃ |
76 |
98 |
| F |
50 mg Cystein |
100 mg FeCl₃ |
9 |
94 |
| G |
- |
100 mg ZnCl₂ |
80 |
100 |
| H |
50 mg Cystein |
100 mg ZnCl₂ |
32 |
95 |
[0028] Man sieht, daß sich bei einer nur chemisch sensibilisierten Emulsion die Empfindlichkeit
in zu erwartender Weise durch den Zusatz des Metallsalzes höchstens etwa halbiert,
während die zusätzlich mit Cystein reduktionssensibilisierte Probe durch den gleichen
Zusatz überraschenderweise um einen Faktor bis zu 20 weniger empfindlich wird. Dabei
ändert sich die Röntgenempfindlichkeit praktisch nicht.
Beispiel 2
[0029] Eine wie im Beispiel 1 hergestellte Emulsion wurde vor der chemischen Reifung geteilt.
Ein Teil (A) wurde einer Gold-Schwefel-Reifung unterzogen, dem andere Teil (B) wurden
bei der Gold-Schwefel-Reifung noch 50 mg Cystein als Reduktionssensibilisator zugefügt.
Nach Zugabe der Stabilisatoren und Beschichtungshilfsmittel wurden beiden Proben nochmals
geteilt und ein Teil (1) ohne weiteres wie im Beispiel 1 auf einen Schichträger aufgetragen.
Der andere Teil (2) erhielt vor dem Auftragen noch einen Zusatz von 60 mg Kupfer-(II)-chlorid.
Die Prüfung und Auswertung erfolgte wie im Beispiel 1. Tabelle 2 zeigt, daß man praktisch
gleiche Ergebnisse wie im Beispiel 1 erhält, wenn der Reduktionssensibilisator bereits
während der chemischen Reifung zugegen ist.
Tabelle 2
| Probe |
Reduktionssensibilis. |
Metallsalz |
Empfindlichkeit bei Exposition |
| |
|
|
A |
B |
| A1 |
- |
- |
100 |
100 |
| A2 |
- |
+ |
60 |
100 |
| B1 |
+ |
- |
130 |
103 |
| B2 |
+ |
+ |
8 |
98 |
Beispiel 3
[0030] Eine Emulsion wurde wie in Beispiel 1 hergestellt, verarbeitet und geprüft. Teile
der Emulsion wurden vor dem Auftragen mit 60 mg CuCl₂ (Probe 2) sowie mit einer Mischung
aus 60 mg CuCl₂ und 30 mg Cystein (Probe 3) versetzt. Tabelle 3 zeigt, daß man erfindungsgemäße
Ergebnisse auch dann erhält, wenn Reduktionssensibilisator und Metallsalz gleichzeitig
zugegeben werden.
Tabelle 3
| Probe |
Zusätze |
Empfindlichkeit bei Exposition |
| |
|
A |
B |
| 1 |
Keine |
100 |
100 |
| 2 |
Kupferchlorid |
55 |
95 |
| 3 |
Kupferchlorid + Cystein |
6 |
95 |
1. Verfahren zur Herstellung eines radiographischen Aufzeichnungsmaterials mit einer
Silberhalogenidemulsion,
dadurch gekennzeichnet, daß
man die Silberhalogenidemulsion zusätzlich zur chemischen Reifung einer Reduktionssensibilisierung
unterwirft und daß man der Emulsion zusätzlich zu einem gegebenenfalls zur chemischen
Sensibilisierung verwendeten Edelmetallsalz ein weiteres Metallsalz zusetzt.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß
die Reduktionssensibilisierung durch Digerieren der Emulsion nach Zusatz einer Verbindung
aus der von Thiazolidincarbonsäure, Cystein, Zinn-(II)-chlorid, Hydrazinsulfat, Glutardialdehyd,
Glutardialdehydbisulfit und Formamidinsulfinsäure gebildeten Gruppe durchgeführt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, daß
das weitere Metallsalz ein Salz eines Metalls aus der Gruppe Eisen, Kupfer und Zink
ist.
4. Radiographisches Aufzeichnungsmaterial, bestehend aus einem Träger und mindestens
einer strahlenempfindlichen Schicht aus einer Silberhalogenidemulsion,
dadurch gekennzeichnet, daß
die Silberhalogenidemulsion sowohl einer chemischen Reifung als auch einer Reduktionssensibilisierung
unterworfen wurde und daß sie außer einem gegebenenfalls zur chemischen Sensibilisierung
verwendeten Edelmetallsalz ein weiteres Metallsalz Metallsalz enthält.
5. Verwendung eines nach einem der Ansprüche 1 bis 3 hergestellten Materials oder eines
Materials nach Anspruch 4 zur Herstellung von Röntgenbildern.