[0001] Die Erfindung betrifft einen Rollstuhl, bestehend aus einem Rahmen, einer vom Rahmen
getragenen Sitzeinheit und einem Mechanismus zur Einstellung der Sitzeinheit in verschiedene
Winkelstellungen im Verhältnis zum Rahmen, wobei der Rollstuhl solcherart ist, dass
das Heraufschwingen der Sitzeinheit auch eine Vorwärtsbewegung derselben und das Herabschwingen
der Sitzeinheit auch eine Rückwärtsbewegung derselben hervorruft.
[0002] Rollstühle dieser Art bieten dem Benutzer einen grösseren Sitzkomfort und vermindern
ausserdem das Risiko für Sitzwunden, die dadurch entstehen, dass bei der an den Rollstuhl
gebundenen Person immer die gleichen Sitzflächen einer konstanten dauerhaften Druckbelastung
ausgesetzt sind, da die Sitzstellung nicht geändert wird. Bei bekannten Rollstühlen
dieser Art bewirkt das Heraufschwingen der Sitzeinheit, dass der Schwerpunkt des Sitzenden
gleichzeitig nach hinten verlagert wird. Damit diese Schwerpunktverlagerung den Rollstuhl
nicht zum Kippen bringt, muss das Treibrad weit hinten auf dem Rahmen angebracht werden.
Dies hat wiederum die Wirkung, dass der Schwerpunkt, wenn die Sitzeinheit herabgeschwungen
ist, relativ weit vor der Treibradbefestigung zu liegen kommt und ein Grossteil des
Gewichts der an den Rollstuhl gebundenen Person auf dem Vorderrad ruht, welches dazu
führt, dass die Fahreigenschaften des Rollstuhls beeinträchtigt werden.
[0003] Ein anderes Problem bei Rollstühlen dieser Art besteht darin, den Mechanismus zur
Einstellung des Winkels der Sitzeinheit im Verhältnis zum Rahmen so zu gestalten,
dass die an den Rollstuhl gebundene Person selbst den Winkel einstellen kann. Da die
an den Rollstuhl gebundene Person ihre Bewegungen nicht mit Hilfe der Beinkräfte kontrollieren
kann, muss die Einstellung gänzlich mit Hilfe des Mechanismus geschehen. Damit die
Muskelkraft der an den Rollstuhl gebundenen Person ausreicht, um das erforderliche
Drehmoment zur Drehung der Sitzeinheit im Verhältnis zum Rahmen zuwege zu bringen,
werden bei bekannten Lösungen dieses Problems lange Hebelarme verwendet, siehe z.B.
DE-A1-3 902 694. Hebelarme dieser Art legen Beschlag auf den Aussenraum ausserhalb
der Seitenflächen des Rollstuhlrahmens und können beim Manövrieren des Rollstuhls
im Wege sein, besonders bei Seitwertsbewegungen.
[0004] Aus der veröffentlichten Patentanmeldung Nr. 0 248 474 ist ein Rollstuhl der einleitungsweise
angeführten Art bekannt. Bei diesem bekannten Rollstuhl wird die Zusammenkupplung
der Schwingbewegungen der Sitzeinheit und der nach vorne und nach hinten gerichteten
Bewegungen dadurch herbeigeführt, dass die Sitzeinheit mit Hilfe von Zapfen auf im
Gestell angebrachten Führungen gelagert ist. Die Führungen können aus Kreisbogensegmenten
oder aus einem Satz linearer Führungen bestehen. Bezüglich der Einstellung der Sitzeinheit
in einer gegebenen, erwünschten Stellung im Verhältnis zum Gestell sind in der veröffentlichten
europäischen Patentanmeldung nur summarische Beispiele für mögliche Organe angeführt,
die eine Bewegung der Sitzeinheit im Verhältnis zum Gestell hervorbringen können.
Die veröffentlichte europäische Patentanmeldung enthält keine Betrachtungen bezüglich
der Ausführung einer solchen Einrichtung zur Hervorbringung einer Bewegung der Sitzeinheit
im Verhältnis zum Gestell, und insbesondere keine Ausführungsform, die auf die Ansprüche
Rücksicht nimmt, die an einen Rollstuhl gestellt werden müssen, der vom Benutzer des
Rollstuhls oder vom Pflegepersonal bedient werden soll.
[0005] Die Erfindung hat zur Aufgabe, das oben erwähnte Problem zu lösen und einen Rollstuhl
mit einer in verschiedenen Winkeln einstellbaren Sitzeinheit zuwegezubringen, wo die
verschiedenen Winkeleinstellungen der Sitzeinheit keine Verlagerung des Schwerpunkts
des Sitzenden mit sich führen.
[0006] Diese Aufgabe wird gemäss der Erfindung mit einem Rollstuhl der in der Einleitung
beschriebenen Art gelöst, der dadurch gekennzeichnet ist, dass der Einstellungsmechanismus
beim Heraufschwingen der Sitzeinheit auch eine Vorwärtsbewegung derselben herbeiführt
und beim Herabschwingen der Sitzeinheit auch eine Rückwärtsbewegung derselben herbeiführt.
Dadurch wird der Rückverlagerung des Schwerpunkts der an den Rollstuhl gebundenen
Person, den das Heraufschwingen der Sitzeinheit mit sich führt, durch eine entsprechende
Vorwärtsbewegung der Sitzeinheit entgegengewirkt. Dies bedeutet, dass die Fahreigenschaften
eines Rollstuhls gemäss der Erfindung nicht von der Winkelstellung der Sitzeinheit
abhängig sind.
[0007] In einer vorgezogenen Ausführungsform der Erfindung besteht der Rahmen des Rollstuhls
aus zwei Seitenrahmen, und die Sitzeinheit ist mit dem jeweiligen Seitenrahmen durch
einen vorderen und einen hinteren Gelenkarm verbunden, deren Enden mit dem Seitenrahmen
bzw. der Sitzeinheit gelenkig verbunden sind. Auch die Sitzeinheit ist mit dem Rahmen
durch einen in der Länge verstellbaren Arm verbunden, der mit seinen Enden gelenkig
an der Sitzeinheit bzw. dem Rahmen angebracht ist. Der in der Länge verstellbare Arm
enthält eine Winde, versehen mit vier Gelenken, die in einer Parallelogramm-Anordnung
gelenkig miteinander verbunden sind, wobei zwei der einander gegenüberliegenden Ecken
in Längsrichtung der in der Länge verstellbaren Arme angeordnet sind, und die beiden
anderen einander gegenüberliegenden Ecken mit Hilfe einer quer verlaufenden Schrauben/Muttern-Anordnung
vorbunden sind, sodass die Drehung einer dieser Anordnung zugehörigen Schraube bewirkt,
dass die besagten Ecken sich einander nähern oder sich von einander entfernen. Durch
eine solche Formgebung des Rollstuhls kann der ganze in der Länge verstellbare Arm
unter der Sitzeinheit angebracht werden, sodass der einzige Teil des Manövrierungsmechanismus,
der über die Seitenrahmen hinausragt, die Drehgriffe sind, mit welchen die Schraube
gedreht wird. Diese Drehgriffe können so angebracht werden, dass sie beim Fahren des
Rollstuhls nicht im Wege sind. Ausserdem bedeutet das Vorhandensein einer Schrauben/Muttern-Anordnung,
dass diese mit einer Übertragung versehen werden kann, die es auch muskelschwachen,
an den Rollstuhl gebundenen Personen ermöglicht, selbst die Winkeleinstellung der
Sitzeinheit zu bedienen. Weiterhin kann der Winkel zwischen der Sitzeinheit und dem
Rahmen wahlfrei zwischen einer Stellung, wo der in der Länge verstellbare Arm von
grösstmöglicher Kürze ist, und einer Stellung, wo der Arm von grösstmöglicher Länge
ist, verändert werden. Beim Heraufschwingen der Sitzeinheit wird die Schraube und
damit die Drehgriffe der Winde nach hinten im Verhältnis zur Sitzeinheit bewegt, welches
den Zugang zu den Drehgriffen erleichtert.
[0008] Im Folgenden wird eine vorgezogene Ausführungsform der Erfindung unter Hinweis auf
die anliegenden Zeichnungen beschrieben, wo
Figur 1 eine Seitenansicht einer Ausführungsform eines Rollstuhls gemäss der Erfindung,
und
Figur 2 eine Scherengelenkwinde, die einen Teil des Rollstuhls gemäss Figur 1 bildet,
darstellt.
[0009] Figur 1 ist eine schematische Abbildung eines erfindungsgemässen Rollstuhls ohne
die vielen Details, mit denen ein Rollstuhl normalerweise versehen ist. Zum Beispiel
sind Fuss-Stützen oder Bremsen nicht abgebildet, und das Treibrad wird nur mit Strich-Punktlinien
angedeutet.
[0010] Der abgebildete Rollstuhl besteht aus einem Rahmen, welcher aus zwei identischen
Seitenrahmen 1 aufgebaut ist, von welchen nur der rechte in Figur 1 abgebildet ist.
Die Seitenrahmen sind auf bekannte Weise mittels Querstangen miteinander verbunden,
von denen nur die eine in den Figuren abgebildet und mit der Hinweiszahl 2 versehen
ist.
[0011] Die Sitzeinheit 3 des Rollstuhls, die aus einer Rückenstütze 4 und einen Sitz 5 besteht,
wird durch ein Gelenksystem vom Rahmen getragen. Dieses Gelenksystem besteht aus zwei
hinteren Gelenkarmen 6, zwei vorderen Gelenkarmen 7 und einem in der Länge verstellbaren
Arm 8. Die hinteren und die vorderen Gelenkarme sind mit ihren Enden schwingbar an
den respektiven Seitenrahmen und dem Untergestell des Sitzes 5 angebracht, wogegen
der in der Länge verstellbare Arm sich in Richtung der Längssymmetrielinie des Sitzes
5 erstreckt und mit seinen Enden schwingbar an der Querstange 2 des Rahmens bzw. am
vorderen Teil des Untergestells des Sitzes 5 angebracht ist.
[0012] Der in der Länge verstellbare Arm 8 ist in Figur 2 abgebildet und enthält eine Winde
9, die aus vier gleichen Scherengelenken 10-13 aufgebaut ist, welche so in einem Parallelogramm
angeordnet sind, dass sich zwei einander gegenüberliegende Ecken in Längsrichtung
des Arms 8 befinden. Die beiden schräg einander gegenüberliegenden Ecken des Parallelogramms,
die von den Gelenken 10-13 gebildet werden, sind durch eine Schraube 16 miteinander
verbunden, welche durch das mit Gewinde versehene Loch in den Mutternstücken 14, 15,
die an diesen Ecken des Parallelogramms angebracht sind, verläuft. Ausserdem sind
die äusseren Enden der Gelenke 10-13 gelenkig mit den respektiven Mutternstücken verbunden,
und die inneren Enden sind gelenkig mit dem hinteren Teil 21 des Arms 8 bzw. dem vorderen
Teil 22 des Arms 8 verbunden. Die Schraube 16 enthält mit Gewinde versehene Abschnitte
17, 18 mit entgegengesetzten Gewinden, welche in die Gewinde der Muttern 14, 15 eingreifen.
Der hintere Teil 21 des Arms 8 ist auf passende Weise schwingbar mit der querstange
2 verbunden, und der vordere Teil 22 ist schwingbar mit dem Untergestell des Sitzes
5 verbunden.
[0013] Beim Drehen der Schraube 16 mit Hilfe von Drehgriffen 19, 20, die ausserhalb der
Seitenrahmen auf beiden Seiten des Rollstuhls herausragen, werden die Mutternstücke
14, 15, abhängig von der Drehrichtung, entweder aufeinander zu oder voneinander weg
bewegt. Wenn die Schraube 16 so gedreht wird, dass sich die Mutternstücke 14, 15 einander
nähern, wird die Länge des Arms 8 vergrössert, wogegen eine Drehung in die entgegengesetzte
Richtung eine Verkürzung der Länge des Arms 8 verursacht. In Figur 2 ist der Arm 8
in seinem kürzesten Zustand abgebildet.
[0014] Mit voll ausgezogenen Linien werden in Figur 1 die Stellung der Sitzeinheit und des
Gelenksystems beim kürzesten Zustand des Arms 8 markiert. Wenn die Länge von Arm 8
durch das Drehen der Schraube 16 vergrössert wird, werden die Gelenkarme 6 und 7 um
ihre Drehpunkte auf dem Rahmen geschwungen, welches dazu führt, dass die Drehpunkte
der hinteren Gelenkarme auf dem Sitz sich nach vorne und abwärts bewegen, wogegen
die Drehpunkte der vorderen Gelenkarme auf dem Sitz sich nach vorne und aufwärts bewegen.
Dies bedeutet, dass die Sitzeinheit 3 sich gleichzeitig nach vorne bewegt und so geschwungen
wird, dass der hintere Teil sich senkt und der vordere Teil sich hebt. In Figur 1
wird mit gestrichelten Linien auch die Stellung der Sitzeinheit und des Gelenksystems
bei einer Vergrösserung der Länge des Arms 8 markiert.
[0015] Indem die Länge der Gelenkarme 6, 7, der Winkel im Verhältnis zu Waagrecht und der
Abstand zwischen den beiden in der Ausgangsstellung des Arms 8, d.h. in dessen kürzesten
Zustand, so gewählt werden, dass die Vorwärtsbewegung der Sitzeinheit aufgrund der
gleichzeitigen Schwingung der Sitzeinheit aus der Ausgangsstellung der Rückverlagerung
des Schwerpunkts entspricht, tritt keine Umverteilung der Kräfte zwischen Treib- und
Vorderrad auf. Deshalb hat die Winkeleinstellung der Sitzeinheit keinen Einfluss auf
die Fahreigenschaften des Rollstuhls.
[0016] Es ist einleuchtend, dass die gleiche zusammengesetzte Bewegung der Sitzeinheit mit
anderen Parametern als den oben beschriebenen erzielt werden kann, wenn andere Befestigungspunkte
auf dem Rahmen gewählt werden, weshalb der Umfang der Erfindung nicht auf die in den
Figuren abgebildete Gelenkarmanordnung begrenzt ist.
[0017] Natürlich sind viele Modifizierungen der abgebildeten Ausführungsformen im Rahmen
der Erfindung möglich. Zum Beispiel kann die Winde anderer Art als die Abgebildete
sein und eventuell als ein fester Hebemechanismus, dessen oberes Ende gleitbar mit
dem Untergestell des Sitzes verbunden ist, geformt sein. Ausserdem können die Gelenkarme
schwingbar auf der Querstange anstatt auf den Seitenrahmen angebracht sein, und die
Schwinggelenke können auf jede beliebige geeignete, an und für sich bekannte Weise
geformt sein. Deshalb ist die Erfindung nur vom Inhalt der folgenden Patentansprüche
begrenzt.
1. Rollstuhl, bestehend aus einem Rahmen (1), einer vom Rahmen getragenen Sitzeinheit
(3) und einem Mechanismus zur Einstellung der Sitzeinheit in verschiedene Winkelstellungen
im Verhältnis zum Rahmen, und solcherart, dass das Heraufschwingen der Sitzeinheit
(3) auch eine Vorwärtsbewegung derselben und das Herabschwingen der Sitzeinheit (3)
auch eine Rückwärtsbewegung derselben hervorruft, DADURCH GEKENNZEICHNET, dass der
Sitz (5) mit dem jeweiligen Seitenrahmen (1) durch einen vorderen (7) und einen hinteren
(6) Gelenkarm verbunden ist, deren Enden gelenkig mit dem Rahmen (1) bzw. dem Sitz
(5) verbunden sind, und dass der Sitz (5) auch mit dem Rahmen (1) durch einen in der
Länge verstellbaren Arm (8) verbunden ist, dessen Enden gelenkig am Sitz (5) bzw.
am Rahmen (1, 2) angebracht sind.
2. Rollstuhl gemäss Anspruch 1, DADURCH GEKENNZEICHNET, dass der in der Länge verstellbare
Arm (8) eine Winde (9) enthält.
3. Rollstuhl gemäss Anspruch 2, DADURCH GEKENNZEICHNET, dass die Winde (9) einen Schrauben/Muttern-Mechanismus
(14-16) enthält.
4. Rollstuhl gemäss Anspruch 3, DADURCH GEKENNZEICHNET, dass die Winde (9) vier Gelenke
(10-13) enthält, die in einer Parallelogramm-Anordnung gelenkig miteinander verbunden
sind, wobei zwei der einander gegenüberliegenden Ecken in Längsrichtung des in der
Länge verstellbaren Arms (8) angebracht sind, und die beiden anderen Ecken quer angebracht
und mit einer Schrauben/Muttern-Anordnung (14-16) verbunden sind, sodass die Drehung
einer dieser Anordnung zugehörigen Schraube bewirkt, dass die besagten Ecken sich
einander nähern oder sich von einander entfernen.