(19)
(11) EP 0 523 815 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
20.01.1993  Patentblatt  1993/03

(21) Anmeldenummer: 92202501.0

(22) Anmeldetag:  15.07.1992
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5C10J 3/66, C10J 3/58
(84) Benannte Vertragsstaaten:
PT

(30) Priorität: 15.07.1991 DE 4123406

(71) Anmelder:
  • JOHN BROWN DEUTSCHE ENGINEERING GmbH
    D-45130 Essen (DE)
  • VEBA OEL Technologie GmbH
    D-45899 Gelsenkirchen (DE)

(72) Erfinder:
  • Redepenning, Karl-Heinz
    W-4285 Raesfeld (DE)
  • Wenning, H. Peter
    W-4285 Raesfeld (DE)

(74) Vertreter: Palgen, Peter, Dr. Dipl.-Phys. 
Patentanwälte, Dipl.-Phys. Dr. Peter Palgen, Dipl.-Phys. Dr. H. Schumacher, Mulvanystrasse 2
40239 Düsseldorf
40239 Düsseldorf (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
     
    Bemerkungen:
    Verfahren abgeschlossen infolge Verbindung mit 92916028.1/0600923 (Europäische Anmeldenummer/Veröffentlichungsnummer) durch Entscheidung vom 05.08.94.
     


    (54) Verfahren zum Herstellen von Synthese- oder Brenngasen aus festen oder pastösen Rest- und Abfallstoffen oder minderwertigen Brennstoffen in einem Vergasungsreaktor


    (57) Für ein Verfahren zum Herstellen von Synthese- und/oder Brenngasen aus organische Bestandteile enthaltenden Rest- und Abfallstoffen und/oder minderwertigen Brennstoffen (Einsatzstoffen) mit sauerstoffhaltigen Gasen unter Verwendung eines Flugstrom- oder Schachtvergasers soll erreicht werden, daß trotz der schwierigen Handhabbarkeit des Einsatzstoffes, bei dem es sich insbesondere auch um Shredder-Leichtgut aus der Kraftfahrzeugverwertung handeln kann, eine möglichst gleichmäßige Produktgasqualität gewährleistet wird. Hierzu wird dem Vergasungsreaktor eine Pyrolysebehandlungsstufe vorgeschaltet, wobei das hinter der Pyrolysebehandlungsstufe anfallende Festgut in dem Vergasungsreaktor zu Produktgas vergast wird und die hinter der Pyrolysebehandlungsstufe anfallende Gasfraktion in dem Herstellungsprozeß zur Einbringung von Prozeßwärme und/oder zur weiteren Produktgasherstellung eingesetzt wird.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1.

    [0002] Da das Deponieren fester oder pastöser Rest- und Abfallstoffe sowie minderwertiger Brennstoffe nicht weiter vertretbar ist, gewinnt die Verwertung dieser Stoffe zunehmend an Bedeutung. Zu diesen Stoffen zählen z. B. Shredder-Leichtgut von Kraftfahrzeugen, Kunststoffe, Öl-, Lack- und Lösungsmittelschlämme, teilentwässerte Klärschlämme, nasse Braun- oder Steinkohle mit hohem Teergehalt, Altreifen und viele andere mehr. Diesen Stoffen ist gemeinsam, daß sie organische Bestandteile enthalten.

    [0003] Minderwertige Brennstoffe, wie beispielsweise nasse Braunkohle oder Steinkohle mit hohem Teergehalt, Altreiien etc. können heute bereits - auch ohne unerwünschte Emissionen im abgezogenen Produktgas - vergast werden; insbesondere kann das Produktgas frei oder annähernd frei von den Heizwert mindernden und die weitere Verwendung einschränkenden sowie die Umwelt belastenden Verunreinigungen sein. Für diesen Zweck ist u. a. ein schachtförmiger Vergasungsreaktor entwickelt worden, bei dem die Besonderheit darin besteht, daß das Schüttgutbett in der Primärgaskammer zweischichtig aufgebaut ist. Eine erste Schicht des Schüttgutbettes besteht aus einem relativ hochwertigen Koks. Die zweite Schicht des Schüttgutbettes lagert als relativ dünne Schicht auf der ersten Schüttgutschicht und wird von dem minderwertigen Brennstoff gebildet. Dabei ist die zweite Schüttgutschicht mit ihrer freien Schüttungsfläche dem Primärgasbrenner in der Primärgaskammer zugewandt. Der Primärgasbrenner wird mit einem Brennstoff, Sauerstoff oder Luft und ggf. Wasserdampf beaufschlagt und liefert die für den endothermen Vergasungsprozess erforderliche fühlbare Wärme. Als Brennstoff werden dem Primärgasbrenner z. B. Altöle sowie ein pastöser Rückstand aus einer Papierfabrik zugeführt. Das durch die Verbrennung im Brenner entstehende Primärgas fällt mit einer Temperatur von 1500 bis 1800° C an. Bei Kontakt mit dem zu vergasenden Chargiergut (minderwertiger Brennstoff, z. B. einer Mischung aus Altreifen und Deinkingschlamm) reagiert das Primärgas mit diesem Chargiergut zu Rohgas. Das Rohgas weist beim Eintritt in das zweite Schüttgutbett z. B. 1.864° C auf und durchströmt anschließend das zweite Schüttgutbett aus Koks und verläßt dieses als fertiges Produktgas am oberen Ende des Schachtvergasers. Von der Dicke des (zweiten) Schüttgutbettes, d. h. des zu vergasenden Chargiergutes (minderwertigen Brennstoffes) und von der Einstellung der Primärvergasung hängt es ab, ob das hinter dem zweiten Schüttgutbett liegende Chargiergut, z. B. der höherwertige Koks, ebenfalls vergast oder lediglich bzw. in erster Linie als Filter für das hindurchtretende Rohgas dient. Die Einstellung der Primärvergasung erfolgt entweder über das Verhältnis Sauerstoff zu Kohlenstoffträger im Brenner, oder über die Gesamtmenge an Primärvergasungsstoffen oder - falls statt Luft reiner Sauerstoff über den Brenner eingeführt wird - über das Verhältnis Sauerstoff zu Wasserdampf (EP 0 194 252 B1).

    [0004] Versuche mit dem vorgenannten Schachtvergaser haben nun gezeigt, daß bei der Hochtemperaturvergasung einer Reihe von Einsatzstoffen, wie z. B. der Shredderleichtfraktion aus der Kraftfahrzeug-Verwertung erhebliche Probleme auftreten; insbesondere ist es in manchen Fällen und insbesondere bei der Shredderleichtfraktion aus der Kfz-Verwertung schwierig, dieses Chargiergut so gleichmäßig in die Vergasungszone, d. h. speziell in den Primärgasraum einzubringen, daß das Produktgas eine ausreichend gleichmäßige Qualität hat. Zur Lösung dieses Problems sind bisher nicht veröffentlichte Bemühungen unternommen worden, den minderwertigen Brennstoff zu brikettieren, um ihn dann in einer stückigen Form durch konventionelle Schleusensysteme dem Schachtvergaser aufzugeben. Die Brikettierung als solche erwies sich aber als sehr aufwendig und derzeit noch nicht ausgereift genug.

    [0005] Auch ein anderer bisher nicht veröffentlichter Lösungsansatz hat nicht zum Erfolg geführt. Gemäß diesem Lösungsansatz wird der Einsatzstoff gemahlen, wie es z. B. für den Einsatz von Brennstoffen in einem Flugstromvergasungsreaktor bekannt ist. Diese Mahlung erweist sich insoweit als problematisch, als verschleißintensive Stoffe, wie Glas, Steine, Eisen und andere in dem minderwertigen Brennstoff enthalten sein können. Außerdem ist diese Vorgehensweise sehr kostenintensiv.

    [0006] Davon ausgehend liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, bei der Vergasung minderwertiger und/oder schwierig zu handhabender Einsatzstoffe und/oder organische Bestandteile enthaltender Rest- und Abfallstoffe, insbesondere bei der Vergasung der Shredderleichtfraktion bei der Kraftfahrzeugverwertung, eine möglichst gleichmäßige Produktgasqualität zu gewährleisten.

    [0007] Zur Lösung dieser Aufgabe wird das Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 vorgeschlagen.

    [0008] Durch die Erfindung wird eine Reihe bedeutsamer Vorteile erreicht. Hierzu zählen u. a.:
    • Bei dem thermischen Vorbehandlungsschritt (Pyrolysebehandlungsschritt) des Einsatzstoffes fallen die Gasfraktion und die Festfraktion, insbesondere dann, wenn es sich bei dem Einsatzstoff um eine Shredderleichtfraktion handelt, in einem Mengenverhältnis an brenn- bzw. vergasbaren Material an wie es zum Betrieb eines Schachtvergasers oder Flugstromvergasungsreaktors erforderlich ist (etwa 60 % Gasfraktion und etwa 40 % Festfraktion); ein Zufeuern anderer Brennstoffe in einem Primärgasbrenner ist daher so gut wie nicht erforderlich;
    • die Festfraktion aus der thermischen Vorbehandlung hat Eigenschaften wie etwa ein Hüttenkoks; deshalb kann bei der Vergasung auf den Einsatz von z. B. Hüttenkoks ganz verzichtet werden, so daß die Sekundärfraktion im Vergasungsreaktor (festes Chargiergut) nur noch aus der Festfraktion des thermisch behandelten minderwertigen Einsatzstoffes besteht; im Falle der Verwendung eines Schachtvergasers benötigt dieser also nicht mehr zwei unterschiedliche Chargiergüter und kann mithin einfacher aufgebaut sein, wie etwa in der DE 29 20 922 C3 oder in der EP 0 143 106 B1 beschrieben;
    • bei der erfindungsgemäßen Vergasung der Einsatzstoffe fallen Umweltgifte wie Dioxine und Stickoxide nicht an, da die Dioxine bei der unter unterstöchiometrischen Bedingungen durchgeführten Vergasung nicht existieren können und, falls sie im Brennstoff des Primärgasbrenners vorhanden sind, bei den relativ hohen Verbrennungstemperaturen zerstört werden; Stickoxide aus der Primärgasverbrennung werden unter den Vergasungsbedingungen reduziert; außerdem weisen etwa anfallende Metalloxide einen im Vergleich zu anderen Verwertungsverfahren geringeren Oxidationsgrad auf und sind somit weniger toxisch;
    • in dem Einsatzstoff enthaltene Ballaststoffe, wie z. B. Metalle können nach dem thermischen Vorbehandlungsschritt aus der Festfraktion durch einen üblichen Trennschritt abgeschieden werden, bevor die Festfraktion dem Vergasungsreaktor als Chargiergut aufgegeben wird;
    • der Eintrag des festen Chargiergutes in den Vergasungsreaktor wird wesentlich vereinfacht und vergleichmäßigt.


    [0009] Nach dem erfindungsgemäß bevorzugten Flugstromprinzip arbeitende Vergasungsreaktoren (Flugstromvergaser) sind hinreichend bekannt und bedürfen daher an dieser Stelle keiner besonderen Beschreibung; beispielhaft sei auf die DE-C2 27 21 047 und EP-B1-0 011 151 Bezug genommen. Während die Verwendung eines nach dem Flugstrom-Prinzip (auch als Flugstaub-Prinzip bekannt) arbeitender Vergasungsreaktor erfindungsgemäß bevorzugt wird, kommt alterntiv auch ein nach dem Wirbelbett-Prinzip arbeitender Vergasungsreaktor, wie er u. a. in der EP-B1-0 011 151 angesprochen wird, für die erfindungsgemäße Verwendung in Betracht. Während bei den sogenannten Wirbelbettvergasern ein relativ breites und grobkörniges Körnungsband für den in dem Vergaser zu vergasenden Feststoff (typische Werte sind 0.1 mm bis 100 mm) eingesetzt wird, werden für die Verwendung in sogenannten Flugstromvergasern Körnungsbandbreiten von etwa 0,001 mm bis 5 mm eingesetzt. Die hinter der erfindungsgemäßen Pyrolysebehandlungsstufe anfallende Festfraktion wird nach der Pyrolysebehandlung und vor der Flugstromvergasung hinsichtlich ihrer Körnungsbandbreite durch Mahlen, Sieben und/oder Sichten eingestellt, wobei die Körnungsbandbreite verringert wird (Anspruch 2).

    [0010] Demgegenüber können bei der ebenfalls erfindungsgemäß bevorzugten Verwendung eines Schachtvergasers die hinter der Pyrolysebehandlungsstufe anfallenden Feststoffe vorzugsweise ohne eine besondere Einstellung der Körnungsbandbreite und ohne große Handling-Probleme beim Chargieren der Festfraktion in dem Schachtvergaser unmittelbar eingesetzt werden; eine relativ gleichmäßige Produktgasqualität ist auch bei dieser Fahrweise sichergestellt. Für einen solchen Anwendungsfall sind die eingangs erwähnten Schachtvergaser (EP-B1-0 194 252) grundsätzlich geeignet. Ein solcher Schachtvergaser weist einen schachtförmigen Behälter zur Aufnahme des festen, hinter der Pyrolysebehandlungsstufe anfallenden Chargiergutes unter Ausbildung einer Wanderschicht mit einem Durchtritt für das Chargiergut am unteren Behälterende auf. Mit dem Durchtritt steht eine unter dem Behälter angeordnete, von einem Primärgasbrenner befeuerte Primärgaskammer in Verbindung, in der oberhalb einer Stützfläche eine dem Primärgasbrenner zugewandte Schüttungsfläche eines von dem festen Chargiergut unterhalb des Durchtrittes gebildeten Schüttgutbettes ausgebildet ist, wobei das Produktgas und die Schlacke aus dem Vergasungsprozeß in geeigneter Weise abgezogen werden. Insbesondere dann, wenn ein derartiger Schachtvergaser erfindungsgemäß verwendet wird, ist es von Vorteil, die hinter der Pyrolysebehandlungsstufe anfallende, unter Betriebsbedingungen der Pyrolysebehanglung gasförmige Fraktion dem Primärgasbrenner insgesamt zuzuführen, um auf diese Weise dem endothermen Vergasungsprozeß Vergasungswärme zuzuführen. In diesem Falle werden die Gasfraktion und ggf. weitere Brennstoffe bevorzugt unter Ausbildung eines Flugstromes in der Primärgaskammer zugeführt.

    [0011] Bevorzugt wird aber die hinter der Pyrolysebehandlungsstufe anfallende Gasfraktion zunächst einem Kondensationsschritt unterworfen. Die hinter der Kondensationsstufe anfallende Gasfraktion wird dann in dem erfindungsgemäßen Herstellungsprozeß von Synthese- und/oder Brenngasen weiterverwertet. Hierzu wird diese Gasfraktion dem Vergasungsreaktor oder der Pyrolysebehandlungsstufe zur Einbringung von Wärme für den endothermen Pyrolyse- bzw. Vergasungsschritt zugeführt oder dem hinter dem Vergasungsreaktor anfallenden Produktgas als Teil des Brenn- bzw. Synthesegases beigemischt.

    [0012] Die hinter der Kondensationsstufe anfallende Flüssigfraktion kann ggf. in einem anderen Prozeß verwertet werden, wird aber vorzugsweise dem Vergasungsreaktor zur Vergasung und/oder zur Einbringung von Wärme für den endothermen Vergasungsprozeß zugeführt. Hierbei werden nach einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung (Anspruch 3) die hinter der Pyrolysebehandlungsstufe anfallende Festfraktion und die hinter der Kondensationsstufe anfallende Flüssigfraktion gemischt und dem Vergasungsreaktor gemeinsam zugeführt, wobei je nach Konsistenz des Gemisches vorzugsweise eine Pumpe oder eine Schneckenmaschine verwendet werden. Hierfür geeignete Förderorgane und Verfahrensweisen sind aus der DE-C2-27 21 047 und EP-B1-0 011 151 beispielhaft bekannt.

    [0013] Eine besonders vorteilhafte Verwendung der erfindungsgemäß hergestellten Gase ergibt sich aus Anspruch 4.

    [0014] Es ist auch möglich, dem Einsatzstoff anorganische Rest- oder Abfallstoffe beizumischen, um darin enthaltene kontaminierende Substanzen in der Pyrolysebehandlungsstufe oder in der Vergasungsstufe aus dem Rest- oder Abfallstoff zu entfernen (Anspruch 5).

    [0015] Weitere im Rahmen der Erfindung liegende Verfahrensvarianten ergeben sich im Zusammenhang mit dem noch zu erläuternden Blockschaltbild (Fig. 1).Während erfindungsgemäß zu verarbeitende Einsatzstoffe entweder im wesentlichen fest oder pastös sind, wobei unter pastös nicht nur Fest/ Flüssig-Mischungen, sondern auch mehr oder minder eingedickte Flüssigkeiten zu verstehen sind, können grundsätzlich auch flüssige Einsatzstoffe, d. h. organische Bestandteile enthaltende Rest- und Abfallstoffe und/oder minderwertige Brennstoffe für das erfindungsgemäße Herstellungsverfahren von Synthese- und/oder Brenngasen verwendet bzw. mitverwendet werden. In der Regel können flüssige Einsatzstoffe der zuvor genannten Art aber auch in anderen Prozessen zu Synthese- und/oder Brenngasen umgewandelt werden.

    [0016] Auch hinsichtlich des verwendeten Vergasungsreaktortyps können neben solchen, die, wie bevorzugt, nach dem Flugstromprinzip arbeiten oder als Schachtvergaser ausgebildet sind, auch andere Vergasertypen erfindungsgemäß eingesetzt werden. Ein Beispiel hierfür sind die bereits erwähnten Wirbelbettvergaser.

    [0017] Bei dem erfindungsgemäßen Herstellungsverfahren wird die Vergasung in der Regel unter Druck von vorzugsweise 10 bis 100 bar durchgeführt. Höhere Vergasungsdrücke sind - grundsätzlich - möglich. Ebenso kann die Vergasung bei Atmosphärendruck oder im leichten Unterdruck (im Falle der Verwendung von Saugzuggebläsen) durchgeführt werden.

    [0018] Die Erfindung basiert mithin auf dem Grundgedanken, zum Herstellen von Synthese- und/oder Brenngasen aus organische Bestandteile enthaltenden Rest- und Abfallstoffen und/oder minderwertigen Brennstoffen (Einsatzstoff) mit Sauerstoff oder sauerstoffhaltigen Gasen und ggf. Wasserdampf den Einsatzstoff zunächst durch eine thermische Vorbehandlung unter Zufuhr von Wärme und im wesentlichen unter Vermeidung eines Verbrennens von Bestandteilen des Einsatzstoffes (Pyrolysebehandlung) in eine unter Betriebsbedingungen gasförmige und eine feste Fraktion zu trennen, die Festfraktion unter Herstellung des Synthese- und/oder Brenngases in dem Vergasungsreaktor zu vergasen und die Gasfraktiion zumindest teilweise in dem Herstellungsprozeß zur Einbringung von Prozeßwärme und/oder zum Herstellen zusätzlicher Mengen an Synthese- und/oder Brenngas zu verarbeiten.

    [0019] Hinsichtlich der dem Vergasungsreaktor zuzuführenden Gas- bzw. Flüssigfraktion aus der thermischen Vorbehandlung des Einsatzstoffes versteht es sich, daß diese auch feste Bestandteile in Form feinkörnigen, insbesondere staubförmigen Materials aufweisen können.

    [0020] Die thermische Vorbehandlung unter Zufuhr von Wärme und im wesentlichen unter Vermeidung eines Verbrennens von Bestandteilen des Brennstoffes unter Trennung in eine Gas- und eine Festfraktion kann auf die verschiedenste Weise erfolgen. Hierfür sind sogenannte Pyrolyseanlagen allgemein bekannt; wegen des Bekanntseins ihres Aufbaus und ihrer Verfahrensbedingungen brauchen diese hier im einzelnen nicht näher erläutert zu werden. Typische Beispiele für erfindungsgemäß einsetzbare Pyrolyseanlagen und weitere minderwertige Brennstoffe sind z. B. die Pyrolyse von Abfallholz im Wirbelschichtreaktor oder die Pyrolyse von chemischen Produktionsrückständen im Drehrohrreaktor.

    [0021] Die vorgenannten sowie die beanspruchten und in dem nachfolgenden Ausführungsbeispiel beschriebenen, erfindungsgemäß zu verwendenden Bauteile bzw. Verfahrensschritte unterliegen in ihrer Größe, Formgestaltung, Materialauswahl und technischen Konzeption bzw. ihren Verfahrensbedingungen keinen besonderen Ausnahmebedingungen, so daß die in dem jeweiligen Anwendungsgebiet bekannten Auswahlkriterien uneingeschränkt Anwendung finden können.

    [0022] Weitere Einzelheiten, Merkmale und Vorteile des Gegenstandes der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung der zugehörigen Zeichnung. In der Zeichnung zeigt:

    Fig. 1 ein Blockschaltbild sowie

    Fig. 2 eine vereinfachte Verfahrensskizze für den Anwendungsfall eines Schachtvergasers.



    [0023] Das in Fig. 1 wiedergegebene Blockschaltbild gilt grundsätzlich für jeden Vergasungsreaktortyp, wird nachfolgend aber in erster Linie im Zusammenhang mit der bevorzugten Verwendung eines Flugstromvergasungsreaktors erläutert. Alternative Verfahrensführungen sind dabei gestrichelt dargestellt. Lediglich vorzugsweise zum Einsatz kommende Verfahrensstufen sind zusätzlich mit einer gestrichelten Linie umrandet.

    [0024] Gemäß Fig. 1 wird ein organische Bestandteile enthaltender Rest- oder Abfallstoff und/oder minderwertiger Brennstoff, nachfolgend als Einsatzstoff bezeichnet, einer Pyrolysebehandlungsstufe 101, wie z.B. einem indirekt beheizten Drehrohrofen (Trommelwandtemperatur bis zu 900°C), aufgegeben. In dieser wird, weitestgehend sauerstofffrei, der Einsatzstoff unter Zufuhr von Wärme und im wesentlichen unter Vermeiden eines Verbrennens von Bestandteilen des Einsatzstoffes bei Temperaturen zwischen ca. 300 und 650 °C thermisch vorbehandelt. Für die Wärmezufuhr kann Fremdgas, hinter dem Vergasungsreaktor 102 anfallendes Produktgas und/oder hinter einer der Pyrolysestufe nachgeschalteten Kondensationsstufe 103 anfallendes, vorzugsweise in einer Pyrolysegasreinigungsstufe 104 anfallendes Pyrolysegas eingesetzt werden.

    [0025] Das in der Pyrolysebehandlungsstufe 101 aus dem Einsatzstoff anfallende Zwischenprodukt wird getrennt als Dampf (Gasfraktion) und Koks (Festfraktion) abgeführt. Die Festfraktion wird, ggf. nach Einstellen der Körnungsbandbreite in einer Mahl-, Sieb- und/oder Sichtstufe 105 auf das für den jeweiligen Vergasungsreaktortyp (Vergasungsreaktor 102) verträgliche Maß eingestellt und dem Vergasungsreaktor 102, z.B. pneumatisch, zugeführt. In der Festfraktion enthaltene Wertstoffe, z. B. Metalle, können in einer Trennstufe 106, z. B. einer Siebvorrichtung, entfernt werden, bevor die Festfraktion dem Vergasungsreaktor 102 zugeführt wird.

    [0026] Die hinter der Pyrolysebehandlungsstufe 101 anfallende Gasfraktion wird als Dampf entweder dem Vergasungsreaktor zur Vergasung und/oder Einbringung von Raktionswärme zugeführt oder zunächst durch eine Kondensationsstufe 103 geleitet. Das darin abgeschiedene, unter den Kondensationsbedingungen anfallende Restgas wird entweder, vorzugsweise nach Durchlaufen einer Pyrolysegasreinigungsstufe 104 der Pyrolysebehandlungsstufe zur Einbringung von Prozeßwärme zugeführt. Alternativ oder ergänzend kann das Pyralysegas zur Einbringung von Vergasungswärme dem Vergasungsreaktor 102 oder dem dahinter anfallenden Produktgasstrom zugeführt werden. In diesen Fällen kann eine Pyrolysegasreinigungsstufe ggf. entfallen.

    [0027] Das hinter der Kondensationsstufe 103 anfallende Öl (Flüssigfraktion) wird in anderen Prozessen verwertet oder, wie bevorzugt, in den Vergasungsreaktor 102 eingetragen. Vor allem dann, wenn dieses Öl mit der Festfraktion aus der Pyrolysebehandlungsstufe 101 gemeinsam vergast werden soll, können die beiden Fraktionen zunächst vereinigt und mittels einer Pumpe oder Schneckenmaschine 107 dem Vergasungsreaktor 102 aufgegeben werden.

    [0028] Hinter dem Vergasungsreaktor fallen anorganische Bestandteile an, die nicht mehr deponiert werden müssen, sondern als Wertstoffe verwendbar sind. Das hinter dem Vergasungsreaktor 102 anfallende Produktgas wird in der Regel in einer Gasreinigungsstufe 108 gereinigt werden. Die aus dem Produktgas entfernten Bestandteile können zumindest als Teilstrom dem Vergasungsreaktor 102 aufgegeben werden, damit sie dort in Produktgas bzw. anorganische Bestandteile aufgeteilt werden. Im übrigen können angereicherte Schadgasbestandteile, wie Schwefel, Salze und Schwermetalle weiterverwertet werden.

    [0029] Das hinter der, Gasreinigungsstufe 108 anfallende Produktgas kann, wie bevorzugt, in einem, ggf. bereits vorhandenen, Kraftwerk 109 oder, ggf. teilweise, in der Pyrolysebehandlungsstufe 101 verfeuert werden oder als Synthesegas oder sonstiges Brenngas verwendet werden.

    [0030] Der in Fig. 2 detailliert wiedergegebene Schachtvergaser 100 ist aus der DE 29 20 922 C3 bekannt. Ein Druckbehälter 1, der eine Außenisolierung 33 aufweist, bildet den Schachtvergaser 100. Der Druckbehälter 1 hat einen vertikalen oberen Abschnitt und einen seitlich abgewinkelten unieren Abschnitt. In dem oberen Abschnitt des Druckbehälters 1 wird das feste Chargiergut über eine Schleuse 4 aufgegeben, welche nach jedem Takt mit einem inerten Gas, z. B. Dampf, durch eine Leitung 5 gespült wird. Das stückige feste Chargiergut gelangt in einen in dem Druckbehälter 1 aufgenommenen Korb 3 aus Kühlwasserleitungen und bildet in diesem eine Schüttung 11 mit einem eine obere freie Oberfläche 12 aufweisenden Schüttkegel. Die Leitungen des Korbes 3 werden über einen unteren Ringverteiler 31 versorgt, zu welchem Fallrohre 30, die in dem Zwischenraum zwischen dem Korb 3 und dem Druckbehälter 1 liegen, von einem oberen Ringverteiler 29 führen, an welchem eine Kühlwasserzuführleitung 7 angeschlossen ist.

    [0031] Der Korb 3 hat im unteren Drittel einen einwärts weisenden Vorsprung 20, welcher die obere Begrenzung einer darunter liegenden Primärgaskammer 21 bildet. Aufgrund der so in dem Korb 3 vorliegenden Verengung (Durchtritt) entsteht zwangsläufig am unteren Ende der Schüttung 11 eine schräg liegende böschungsartige freie Schüttungsfläche 13, welche die Primärgaskammer 21 auf dieser Seite begrenzt.

    [0032] Unten steht die Schüttung 11 auf einer am unteren Teil des Korbes 3 ebenfalls von Kühlmittelleitungen gebildeten Schlackenwanne 22 auf. Im unteren Bereich, also urterhalb des Vorsprungs 20, ist die Innenseite des Korbes 3 einschließlich der Schlackenwanne 20 mit einer feuerfesten Stampfmasse 32 versehen. Die die untere freie Shüttungsfläche 13 der Schüttung 11 bildente Böschung hat einen Abstand von einem der der Schüttung 11 abgewandten Ecke der Schlackenwanne 22 ausgebildeten Überlaufwehr 16.

    [0033] Zwischen der unteren freien Schüttungsfläche 13 und dem Überlaufwehr 16 kann sich beim Betrieb des Schachtvergasers 100 die flüssige Schlacke mit einer freien Oberfläche in einem von der Schlackenwanne 22 augenommenen Schlackenbad 14 sammeln. Der äußere Teil der Primärgaskammer 21 wird von der Feuerfestmasse 32 des Korbes 3 begrenzt.

    [0034] Dem Überlaufwehr 16 unmittelbar gegenüberliegend ist in der Wandung des Druckbehälters 1 ein Primärgasbrenner 2 angeordnet, dem die Gasfraktion aus der thermischen Vorbehandlung des minderwertigen Brennstoffes, Sauerstoff oder Sauerstoff enthaltendes Gas und ggf. Dampf zugeführt werden. Der vom Primärgasbrenner 2 gebildete Primärgasstrahl 15 ist schräg nach unten in Richtung auf die untere freie Schüttungsfläche 13 und die freie Oberfläche des Schlackenbades 14 gerichtet. Auf diese Weise wird eine intensive Vergasung an der unteren freien Schüttungsfläche 13 und auch der auf dem Schlackenbad 14 aufschwimmenden Kohlenstoff enthaltenden Bestandteile erreicht und eine Verstopfung des Überlaufwehrs 16 verhindert, denn der Primärgasstrahl 15 ist dem zu dem Überlaufwehr 16 hinfließenden Schlackestrom entgegengerichtet.

    [0035] Wegen der übrigen Einzelheiten wird auf die DE 29 20 922 C3 Bezug genommen. Die erfindungsgemäß als eine der möglichen Alternativen ebenfalls einsetzbare Anordnung (Schachtvergaser) für zwei Chargiergüter ist im einzelnen in der EP 0 194 252 B1 beschrieben. Auf diese beiden Druckschriften wird voll inhaltlich Bezug genommen, wobei zu bemerken ist, daß in der DE 29 20 922 C3 die Schüttung 11 aus einem relativ hochwertigen Brennstoff besteht, während der dort beschriebene Schachtvergaser im Falle der vorliegenden Erfindung für die Festfraktion des thermisch behandelten minderwertigen Brennstoffes verwendet wird.

    [0036] Wie Figur 2 im übrigen zeigt, wird der als "Abfall" bezeichnete Einsatzstoff zunächst einer mit "Pyrolyse" bezeichneten Anlage für die thermische Vorbehandlung zugeführt. Diese erfolgt unter Zufuhr von Wärme und im wesentlichen unter Vermeidung des Verbrennens von Bestandteilen des Einsatzstoffes (minderwertigen Brennstoffes), wobei die Verfahrensführung in an sich bekannter Weise so erfolgt, daß eine Gas- und eine Feststoffraktion entstehen, die voneinander getrennt werden und in Figur 2 einerseits als "Pyrolysegas" (Gasfraktion) und andererseits als "Pyrolysekoks und Wertstoffe" (Festfraktion) bezeichnet sind. Hierbei versteht es sich, daß eine etwa anfallende Flüssigfraktion Bestandteil der "Festfraktion" und/oder "Gasfraktion" sein kann. Bei dieser thermischen Vorbehandlung werden z. B. folgende Verfahrensbedingungen eingestellt:
       Temperaturen ca. 300 - 650° C sowie ein Entgasungsdruck von ca. 0,9 X 10⁵ bis1,2 X 10⁵ Pascal.

    [0037] In einem Trennapparat, wie einem Windsichter, einem Sieb oder sonstigem kann die "Festfraktion" in ihre Bestandteile "Pyrolysekoks" und "Wertstoffe" getrennt werden. Der "Pyrolysekoks" wird sodann über die Schleuse 4 dem Schachtvergaser 100 aufgegeben.

    [0038] Das in der thermischen Vorbehandlung anfallende "Pyrolysegas" (Gasfraktion) wird dem Primärgasbrenner 2 aufgegeben.

    [0039] Während die in dem Schachtvergaser 100 anfallende Schlacke bei der Austragsschleuse 26 ausgetragen wird, fällt das Produktgas nach Durchströmen der Schüttung 11 am Gasauslaß 6 an und wird von dort nach weiterer Reinigung von gas- und festen Verunreinigungen (H₂S, HCL, Staub) einem mit BHKW bezeichneten Blockheizkraftwerk als gasförmiger Brennstoff für Arbeitsmaschinen z. B. Gasmotore oder Gasturbinen benutzt, wobei bei der in dem Blockheizkraftwerk stattfindenden Verbrennung des Produktgases ein Rauchgas anfällt, das üblicher Weise über einen Kamin in die Atmosphäre abgegeben wird. Die Beheizung der Pyrolysetrommel kann sowohl direkt durch Verfeuerung von Pyrolysegas oder indirekt durch Entnahme von Rauchgas aus dem BHKW durchgeführt werden.




    Ansprüche

    1. Verfahren zum Herstellen von Synthese- und/oder Brenngasen aus festen oder pastösen, organische Bestandteile enthaltenden Rest- und Abfallstoffen und/oder minderwertigen Brennstoffen (Einsatzstoffen) mit Sauerstoff oder sauerstoffhaltigen Gasen und ggf. Wasserdampf unter Verwendung eines nach dem Flugstromprinzip arbeitenden oder als Schachtvergaser ausgestalteten Vergasungsreaktors bei Temperaturen von etwa 800 °C bis etwa 1.700 °C und ggf. höher,
       dadurch gekennzeichnet, daß

    a) zunächst durch eine thermische Vorbehandlung unter Zufuhr von Wärme und im wesentlichen unter Vermeidung eines Verbrennens von Bestandteilen des Einsatzstoffes (Pyrolysebehandlung), insbesondere in einem beheizten Drehrohr, in eine unter Betriebsbedingungen gasförmige, insbesondere dampfförmige, und eine feste Fraktion getrennt wird,

    b) die Festfraktion als festes zu vergasendes Chargiergut, ggf. nach Abtrennung von Wertstoffen, dem Vergasungsreaktor aufgegeben wird und

    c) die Gasfraktion ebenfalls dem Vergasungsreaktor aufgegeben oder nach einem Kondensationsschritt in der Weise in dem Herstellungsprozeß verwertet wird, daß die hinter der Kondensationsstufe anfallende Gasfraktion unmittelbar als Teil des Synthese- und/oder Brenngases mit dem hinter dem Vergasungsreaktor anfallenden Produktgasstrom vereinigt wird oder dem Vergasungsreaktor oder der Pyrolysebehandlungsstufe zur Einbringung von Wärme für den endothermen Prozeß zugeführt wird und die hinter der Kondensationsstufe anfallende Flüssigfraktion in einem anderen Prozeß verwertet oder den Vergasungsreaktor zur Vergasung und/ oder zur Einbringung von Wärme für den endothermen Vergasungsprozeß zugeführt wird.


     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die hinter der Pyrolysebehandlungssstufe anfallende Körnungsbandbreite der Festfraktion vor dem Vergasen in einem Flugstromvergasungsreaktor durch Mahlen, Sieben und/oder Sichten verringert wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die hinter der Pyrolysebehandlungsstufe anfallende Festfraktion und die hinter der Kondensationsstufe anfallende Flüssigfraktion gemischt und, vorzugsweise mittels einer Pumpe oder Schneckenmaschine, dem Vergasungsreaktor gemeinsam zugeführt werden.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das hinter dem Vergasungsreaktor und ggf. das hinter der Kondensationsstufe anfallende Produktgas, ggf. nach Entfernung etwa vorhandener Schadstoffe (Schadgasbestandteile) als gasförmiger Brennstoffe für den Betrieb eines, ggf. bereits vorhandenen, Kraftwerkes, insbesondere eines Blockheizkraftwerkes, verwendet wird.
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß dem Einsatzstoff anorganische Rest- oder Abfallstoffe beigemischt werden.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht