(19)
(11) EP 0 526 956 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
10.02.1993  Patentblatt  1993/06

(21) Anmeldenummer: 92250144.0

(22) Anmeldetag:  10.06.1992
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5A62D 3/00, C06B 21/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB GR IT LI LU MC NL PT SE

(30) Priorität: 11.07.1991 DE 4123225

(71) Anmelder:
  • MECHANISCHE WERKSTÄTTEN KÖNIGSWARTHA GmbH
    D-02699 Königswartha (DE)
  • GESELLSCHAFT FÜR METALLRECYCLING mbH
    D-04105 Leipzig (DE)

(72) Erfinder:
  • Boden, Wolfgang
    O-8600 Bautzen (DE)
  • Treppe, Joachim
    O-8600 Bautzen (DE)
  • Petzsch, Frank
    O-8613 Königswartha (DE)
  • Andrae, Reiner, Dr.
    O-7010 Leipzig (DE)
  • Mothes, Wolfgang, Dr.
    O-7050 Leipzig (DE)

(74) Vertreter: Wablat, Wolfgang, Dr.Dr. 
Patentanwalt, Dr. Dr. W. Wablat, Potsdamer Chaussee 48
D-14129 Berlin
D-14129 Berlin (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Aufbereitung von Quecksilberverbindungen, Kaliumchlorat und Antimontrisulfid enthaltenden Zündhütchen


    (57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Aufbereitung von Quecksilberverbindungen, Kaliumchlorat und Antimontrisufid enthaltenden Zündhütchen von Patronen und ähnlichen Baugruppen militärischer Erzeugnisse durch Überführung des enthaltenen Initialsprengsstoffes in inerte, nicht zündfähige Verbindungen oder Stoffe sowie durch Umwandlungen des im Zündsatz enthaltenen als Sauerstoffträger dienenden Kaliumchlorats in Kaliumchlorid.
    Das erfindungsgemäße Verfahren weist folgende Vorteile auf:

    - die absolut sichere quantitative Umwandlung der Sprengmittel,

    - die weitestgehende Anpassung an die Technologie der Delaborierung,

    - universelle Verwendbarkeit,

    - kein zusätzlicher Einsatz umweltbelastender Hilfsmittel,

    - nur wenige technologische Schritte,

    - einfache Handhabbarkeit und

    - Erhalt des metallischen Zustandes der Messingnäpfe.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Aufbereitung von Quecksilberverbindungen, Kaliumchlorat und Antimontrisulfid enthaltenden Zündhütchen von Patronen und ähnlichen Baugruppen militärischer Erzeugnisse. Durch das Verfahren zur Aufbereitung wird eine Aufhebung der Zündwirkung von Zündsätzen in Zündhütchen und ähnlichen Baugruppen durch Überführung des enthaltenen Initialsprengstoffes in inerte, nicht zündfähige Verbindungen oder Stoffe sowie durch Umwandlung des im Zündsatz enthaltenen, als Sauerstoffträger dienenden, Kaliumchlorats in Kaliumchlorid erreicht.

    [0002] Die Erfindung bezieht sich somit vornehmlich auf das Gebiet der Militärtechnik und betrifft die Desensibilisierung von Zündsätzen, wie sie in Zündhütchen, Zündschrauben, Zündereinrichtungen und chemischen Initiatoren verschiedener Munition, Sperr- und Räummittel angewendet werden, zum Zwecke der gefahrlosen Delaboration derartiger militärischer Erzeugnisse, zur Gewährleistung des gefahrlosen Transports von Baugruppen, die derartige Zündsätze enthalten, sowie zur gefahrlosen Aufarbeitung dieser Mischungen bzw. Baugruppen und Erzeugnisse.

    [0003] Auf dem Gebiet der Phlegmatisierung und Desensibilisierung von Zündsätzen in Zündhütchen und ähnlichen Baugruppen sind folgende Verfahren bekannt:

    - Vernichtung der Zündhütchen und Zünderbaugruppen durch Sprengen, Verbrennen oder Ausbrennen unter Sicherheitsmaßnahmen. Diese Art der Aufbereitung ist mit Luftverunreinigung verbunden.

    - Teilphlegmatisierung von Ausschußteilen aus dem Herstellungsprozeß mittels ÖI oder ähnlichen Medien, um einen ruhigen Abbrand zu erreichen.

    - Zündsatz im unverpreßten Zustand wird durch Einrühren in Natriumthiosulfatlösung oder durch Hydrolyse in stark basischem Medium bei 100 ° C gespalten.



    [0004] Die entstehenden Abbauprodukte müssen in jedem Fall einer Sondermülldeponie zugeführt werden oder belasten den Anwender durch Umweltschäden in Form von Abwasserlasten oder Kontaminierung von Schrotten, Erden etc.

    [0005] Die Anwendung der bekannten Verfahren zur Phlegmatisierung und Desensibilisierung von Zündsätzen führt im wesentlichen zu folgenden Nachteilen:

    - sie sind für die Bearbeitung größerer Mengen von Zündsätzen in Zündhütchen und ähnlichen Baugruppen zu zeitaufwendig,

    - sie führen zu unerwünschten chemischen Nebenprodukten,

    - sie bieten keine ausreichende Sicherheit bezüglich der gewünschten, vollständigen Umwandlung der enthaltenen Initialsprengstoffe und sprengfähigen Gemische in inerte Verbindungen und die Überführung des im Zündsatz enthaltenen Kaliumchlorats in Kaliumchlorid.



    [0006] Mit der Delaborierung von Munition aus den Beständen der RGW-Staaten, insbesondere der ehemaligen NVA, ist gleichzeitig die Aufgabe der Entsorgung quecksilberhaltiger Zündhütchen und Zündbaugruppen verbunden.

    [0007] Mit der Erfindung wird das Ziel verfolgt, eine wirtschaftlich vertretbare und zuverlässige Verfahrensalternative für das Aufheben der Zündwirkung von Zündsätzen in Zündhütchen und Baugruppen bzw. Erzeugnisse ähnlicher Zweckbestimmung zu finden und damit ihren sicheren Transport und ihre rationelle Aufarbeitung zu ermöglichen.

    [0008] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein einfaches, sicheres und rationelles Verfahren zur Desensibilisierung größerer Mengen von Zündhütchen und ähnlicher Baugruppen auf der Basis von Quecksilberfulminat enthaltenden Zündsätzen zu finden und damit die umweltfreundliche Entsorgung dieser quecksilberhaltigen Abfälle aus der Munitionsdelaboration zu ermöglichen.

    [0009] Für die umweltverträgliche Entsorgung der quecksilberhaltigen Zündhütchen bestand als primäre Aufgabe das Aufheben der Zündwirkung durch chemische Umwandlung der enthaltenene Sprengmittel. Das nachfolgende Demercurisieren des entstandenen quecksilberhaltigen Abfalls ist mit dem gegenwärtigen Stand der Technik möglich.

    [0010] Überraschenderweise wurde nun gefunden, daß mit Hilfe von Wasser oder einer wässrigen Phlegmatisierungslösung und bei Anwesenheit von Eisen Redox-Reaktionen eingeleitet werden, die insbesondere bei ungehindertem Kontakt der Phlegmatisierungslösung zum Zündsatz, die schnelle Umwandlung des enthaltenen Initialsprengstoffes Quecksilberfulminat in eine inerte, zündunfähige Quecksilberverbindung bzw. metallisches Quecksilber bewirken und gleichzeitig das verbleibende zünd- und initierfähige Kaliumchlorat-Antimontrisulfid-Gemisch durch Umwandlung des Kaliumchlorats in Kaliumchlorid zur Bildung eines zündunfähigen Stoffgemenges führen.

    [0011] Die erfindungsgemäße Lösung wird dadurch erreicht, daß

    a) die in den Patronenhülsen befindlichen Zündhütchen in einem Wasserbad bei einem frei wählbaren Temperatur-Zeit-Regime, z. B. bei Temperaturen von 70 bis 100 ° C für einen Zeitraum von ca. 30 Minuten bis zu vier Stunden, vorbehandelt werden,

    b) die so vorbehandelten Patronenhülsen mit Zündhütchen einer thermischen Nachbehandlung zur Verdampfung des Restwassers, z. B. bei einer Temperatur von etwa 80 bis max. 142 ° C für 30 bis 60 Minuten unterzogen werden, wobei bei Temperaturen über 110 * C die Umwandlung des Quecksilberfulminats in Pyrofulmin eingeleitet wird,

    c) die in den Boden der Patronenhülsen eingepreßten Zündhütchen mechanisch von den Patronenhülsen innerhalb von etwa drei bis zwölf Stunden nach Abschluß des in b) beschriebenen Vorgangs abgetrennt werden,

    d) danach die Zündhütchen mit fein verteiltem Eisen bzw. korrosionsfähigen Eisenwerkstoffen vermischt und anschließend mit Wasser oder einer wässrigen Phlegmatisierungslösung übergossen werden, wobei die Menge der Lösung so gewählt ist, daß sie die Zündhütchen und das Eisen bedeckt,

    e) der Ansatz solange stehen bleibt, bis der Zündsatz in den Zündhütchen vollständig von der Phlegmatisierungslösung durchdrungen ist und das in Lösung gegangene Kaliumchlorat das Eisen oxidiert und sich zu Kaliumchlorid und die Eisenionen die Quecksilberverbindungen in inerte Quecksilberverbindungen bzw. metallisches Quecksilber umgewandelt hat,

    f) die entstandenen quecksilberhaltigen Reststoffe nach bekannten Verfahren aufgearbeitet werden.



    [0012] Besonders bevorzugte Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Verfahrens sind dadurch gekennzeichnet, daß

    - der beim Ausstoßen der Zündhütchen ebenfalls freigesetzte Amboß der Patronenhülse als Eisenbestandteil verwendet wird,

    - das Eisen nach dem Demercurisierungsprozeß durch magnetische Abtrennung zurückgewonnen wird,

    - eine Phlegmatisierungslösung bestehend aus Wasser und alkalisch wirkenden Ingredentien z. B.



    [0013] Seife, Natronlauge oder andere verwendet wird.

    [0014] Der Zündsatz der zur Aufbereitung anstehenden Zündhütchen besteht aus 25 % Hg-Fulminat als Initialzünder und je 37,5 % Kaliumchlorat und Antimontrisulfid als Überträger auf die Treibladung. Die Zündhütchen sind zum Schutz gegen das Eindringen von Feuchtigkeit mit Spezialpapier, Lack oder Sn-Folie abgedeckt. Um eine chemische Umsetzung einleiten zu können, muß zunächst die Schutzwirkung der Abdeckung aufgehoben werden. Hierbei wirkte begünstigend, daß beim ursprünglichen Montieren der Patronen und beim Delaborieren erhebliche mechanische Einwirkungen auf die Abdeckung auftreten. Zudem werden die Patronenhülsen vor dem Ausstoßen der Zündhütchen zum zeitweiligen Phlegmatisieren des Zündsatzes mit heißem Wasser behandelt. Die Untersuchungen zur Umwandlung der Sprengmittel wurden in drei Richtungen geführt:

    a) längeres Aufbewahren in neutraler wäßriger Lösung,

    b) längeres Aufbewahren in alkalischer wäßriger Lösung und

    c) Einwirken verschiedener Reduktionsmittel in wäßriger Lösung.


    Zu a)



    [0015] Das einfache Wässern der Zündhütchen führt auch nach mehreren Wochen nicht zum Erfolg, da zwar das KCI03 aus dem Zündsatz nach und nach herausgelöst wird und den Messingnapf oxidiert, das Hg-Fulminat jedoch unverändert bleibt und nach dem Trocknen wieder brisant ist.

    Zu b)



    [0016] In alkalischer wäßriger Lösung gelingt neben dem Auflösen des KCI03 und dem damit verbundenen Angriff auf das Messing die hydrolytische Zersetzung des Hg-Fulminates zu HgO und diversen gasförmigen, teils wasserlöslichen Produkten (C02, N2, NH3). Nicht vollständig umgesetztes Kaliumchlorat führt bei der nachfolgenden thermischen Behandlung zu Verpuffungen, während HgO Komplikationen bei der Aufbereitung verursacht.

    Zu c)



    [0017] Die geschilderten negativen Erscheinungen ließen den Einsatz von Reduktionsmitteln angezeigt erscheinen. Die elektrolytische Reduktion von Hg-Fulminat und Kaliumchlorat ist zwar möglich, hätte aber zusätzlichen technischen und technologischen Aufwand in den Delaborationsbetrieben erfordert.

    [0018] Um zusätzliche Belastungen der Behandlungslösung und damit verbundene Schwierigkeiten bei der abschließenden Abwasserentsorgung zu vermeiden, wurden Hydrazinverbindungen und metallisches Eisen im neutralen und alkalischen wäßrigen Milieu getestet.

    [0019] Während Hydrazin bzw. Hydrazinverbindungen allein keine umfassenden positiven Ergebnisse zeigte, brachte die Anwendung von Eisen in neutraler und auch alkalischer wäßriger Lösung den überraschenden Erfolg. Die Verwendung von Fe ist zwar mit einer merklichen Erhöhung der zu bewältigenden Mengen verbunden, die erreichbare Sicherheit bei der Beseitigung der Sprengmittel ist jedoch für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen von entscheidender Bedeutung.

    [0020] Die technische Realisierung des Zusatzes von Eisen bzw. korrosionsfähigen Eisenwerkstoffen ist deshalb besonders günstig, da beim Ausstoßen der Zündhütchen aus dem Boden der Patronenhülse der sogenannte Amboß mit ausgestoßen wird. Ursprünglich war vorgesehen, diese Stahlteile durch Magnetscheidung auszuhalten. Dieser technologische Schritt kann nunmehr wegfallen. Bei Patronenhülsen aus Messing erfolgt der Fe-Zusatz durch Zumischen von feinverteiltem Eisen.

    [0021] Die beim vorgeschlagenen Verfahren zum Beseitigen der Sprengwirkung der Zündhütchen ablaufenden chemischen Reaktionen sind sehr komplex. Anhand der Ausgangsstoffe und der nachgewiesenen Endprodukte lassen sie sich wie folgt formulieren:

    Ausgangsstoffe: Wasser, Messing CuZn30, Kaliumchlorat, Antimontrisulfid, Hg-Fulminat, Eisen, teilweise Zinn

    Endprodukte: Metallisches Hg, Amalgame, Fe203, Cu-lonen, Zn-lonen, CI-Ionen, Cu, Cu zementiert an Fe, CuZn30, unzersetztes Fe, CuO, Sb.



    [0022] Kaliumchlorat geht in Lösung und wirkt als Oxidationsmittel, der erste Angriff gilt dem metallischen Fe unter Bildung von Fe(III)oxid:



    [0023] Fortschreitend entstehen intermediär Fe(II)-lonen



    [0024] Die Fe(II)-lonen wirken reduzierend auf das Hg-Fulminat ein und zerstören es unter der Bildung von metallischem Quecksilber



    [0025] Analysen zeigten, daß in den wäßrigen Lösungen das Verhältnis von Cu- zu Zn-lonen nicht dem Verhältnis der beiden Metalle in der Legierung CuZn30 entspricht, sondern ein hoher Überschuß an Cu-lonen auftritt. Es ist deshalb anzunehmen, daß das metallische Quecksilber vorzugsweise Zn-Amalgam bildet und das dabei entehende feinverteilte Kupfer durch Chlorat zu Cu oxidiert wird:





    [0026] Reaktion (6) wurde erst nach dem Abtrennen der Cu+-/ClO3--haltigen Lösung vom Reduktionsmittel Fe beobachtet, die Anwesenheit von Fe bzw. Fe -lonen verhindert demnach die Oxidation von Cu zu Cu . Als gesichert ist die Reduktion von Sb2S3 zu metallischem Sb anzusehen, unterstützt durch den oxidierenden Einfluß des Chlorates auf das Sulfid:





    [0027] Nach der vollständigen Umsetzung des Kaliumchlorates setzt sich mit der Zeit die reduzierde Wirkung des überschüssigen Fe durch, wie die sinkende Cu-Konzentration in der Lösung beweist:



    [0028] Die Konzentration an Hg-lonen in der Lösung, die zwar gering, jedoch eindeutig war, sank ebenfalls mit zunehmender Zeitdauer ab.



    [0029] Insgesamt kann gesagt werden, daß der Zusatz von metallischem Eisen zu den in neutraler oder alkalischer wäßriger Lösung befindlichen Zündhütchen ausgesprochen positive Auswirkungen auf den Gesamtvorgang hat. Neben dem sicheren Beseitigen der Sprengwirkung, als dem Hauptziel der Behandlung, wird Quecksilber in die gut weiterbehandelbare metallische Form überführt und dem Auflösen der anderen Metalle, soweit sie edler als Fe sind, entgegengewirkt.

    [0030] Das in die ionogene Form übergehende Eisen fällt zum größten Teil als Fe203 aus.

    [0031] Mit diesen Ergebnissen ist gewährleistet, daß eine abschließende Abwasserbehandlung erfolgsversprechend und wenig aufwendig ist.

    [0032] Das erfindungsgemäße Verfahren weist folgende Vorteile auf:

    - die absolut sichere quantitative Umwandlung der Sprengmittel,

    - die weitestgehende Anpassung an die Technologie der Delaborierung,

    - universelle Verwendbarkeit,

    - kein zusätzlicher Einsatz umweltbelastender Hilfsmittel und -stoffe,

    - nur wenige technologische Schritte,

    - einfache Handhabbarkeit und

    - der Erhalt des metallischen Zustandes der Messingnäpfe.



    [0033] Die Erfindung wird nachfolgend an einem Ausführungsbeispiel näher erläutert.

    Beispiel:



    [0034] Die in Patronenhülsen befindlichen Zündhütchen werden in einem auf 90 ° C geheiztem Wasserbad zwei Stunden vorbehandelt.

    [0035] In einer sich anschließenden thermischen Nachbehandlung wird das Verdampfen des den Teilen anhaftenden Restwassers bewirkt.

    [0036] Die Verdampfungstemperatur wird auf 110 ° C gehalten. Die längerdauernde Einwirkung von Wasserdampf bei ca. 100 ° C bewirkt eine Lockerung der Verbindung zwischen Patrone und Zündhütchen. Bei Einwirkungen von höheren Temperaturen (in der Nähe von 130 ° C) und gleichzeitiger Anwesenheit von Wasserdampf wird die Umwandlung von Quecksilberfulminat in Pyrofulmin eingeleitet. Hierbei werden die Korngrenzen der rhombischen Fulminatkristalle teilweise zerstört und die Reaktionsangriffsflächen vergrößert.

    [0037] Die so vorbehandelten, noch in Patronenhülsen eingepreßten, Zündhütchen werden innerhalb von 3 bis 12 Stunden von der Patronenhülse getrennt und einer Behandlung in nachfolgender Art unterzogen: Auf eine Menge von 10 kg Zündhütchen (Basis Zündsatz mit Quecksilberfulminat) werden 8 kg Eisen in Form der Amboß-Teile gegeben. Dieser Ansatz wird mit einer schwach alkalischen Seifenlösung (pH 7,5 bis 8,5; 1 Kg Industrieseife auf 400 I Wasser) übergossen, bis die Flüssigkeit etwa 5 cm über dem Feststoff steht. Nach dem Durchmischen muß der Ansatz so lange stehen, bis der hartgepreßte Zündsatz in den Zündhütchen rest-los von der Phlegmatisierungslösung durchdrungen und , die Umwandlung des Quecksilberfulminats unter Umsetzung mit Eisenionen in eine inerte Quecksilberverbindung bzw. metallisches Quecksilber sowie die Umwandlung des Kaliumchlorats in Kaliumchlorid erfolgt ist.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Aufbereitung von Quecksilberverbindungen, Kaliumchlorid und Antimontrisulfid enthaltenden Zündhütchen von Patronen und ähnlichen Baugruppen militärischer Erzeugnisse, dadurch gekennzeichnet, daß

    a) die in den Patronenhülsen befindlichen Zündhütchen in einem Wasserbad bei frei wählbarem Temperatur-Zeit-Regime vorbehandelt werden,

    b) die so vorbehandelten Patronenhülsen mit Zündhütchen einer thermischen Nachbehandlung zur Verdampfung des Restwassers und zur Auflockerung der kristallinen Struktur des Quecksilberfulminats unterzogen werden,

    c) die in den Boden der Patronenhülsen eingepreßten Zündhütchen mechanisch von den Patronenhülsen innerhalb von drei bis zwölf Stunden nach Abschluß des in b) beschriebenen Vorgangs abgetrennt werden,

    d) danach die Zündhütchen mit feinverteiltem Eisen bzw. korrisionsfähigen Eisenwerkstoffen vermischt und anschließend mit Wasser oder einer wäßrigen Phlegmatisierungslösung übergossen werden, wobei die Menge des Mediums so gewählt ist, daß sie die Zündhütchen und das Eisen bedeckt,

    e) der Ansatz solange stehen bleibt, bis der Zündsatz in den Zündhütchen vollständig von der Phlegmatisierungslösung durchdrungen ist und das in Lösung gegangene Kaliumchlorat das Eisen oxidiert und sich zu Kaliumchlorid und die Eisenionen die Quecksilberverbindungen in inerte Quecksilberverbindungen bzw. metallisches Quecksilber umgewandelt hat,

    f) die entstandenen quecksilberhaltigen Reststoffe nach bekannten Verfahren aufgearbeitet werden.


     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der beim Ausstoßen der Zündhütchen ebenfalls freigesetzte Amboß als Eisenbestandteil verwendet wird.
     
    3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 oder 2, dadurch gegekennzeichnet, daß das Eisen nach dem Demercurisierungsprozeß durch magnetische Abtrennung zurückgewonnen und wieder als Reduktionsmittel eingesetzt wird.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1 a, dadurch gekennzeichnet, daß die Vorbehandlung der Zündhütchen bei Temperaturen von 70 bis 100 ° C für einen Zeitraum von ca. 30 Minuten bis zu vier Stunden erfolgt.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 1 b, dadurch gekennzeichnet, daß die thermische Nachbehandlung bei einer Temperatur von etwa 80 bis max. 142 ° C für 30 bis 60 Minuten erfolgt.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß bei Temperaturen über 110 °C die Umwandlung des Quecksilberfulminats in Pyrofulmin eingeleitet wird.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 1 d, dadurch gekennzeichnet, daß als wäßrige Phlegmatisierungslösung Wasser und alkalisch wirkende Ingredentien, wie z. B. Seife, Natronlauge oder andere eingesetzt werden.