[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Rollenlager für Bauwerke, insbesondere Brückenbauwerke,
bestehend aus wenigstens einer zylinderischen Rolle, die zwischen planparallelen Abrollflächen
einer oberen und einer unteren Lagerplatte innerhalb eines begrenzten Wälzerbereichs
abrollen, bei denen die Wälzerbereiche der Rollen einen Werkstoffverbund aufweisen,
der im Wege eines eine intermetallische Grenzschicht ausbildenden Verbindungsverfahrens
zwischen einem Grundwerkstoff und einem Arbeitsflächenwerkstoff hergestellt ist.
[0002] Derartige Rollenlager sind bekannt, beispielsweise durch die europäische Patentschrift
0 293 648. Die Beanspruchung solcher Rollenlager besteht hauptsächlich in hohem Druck
wie auch durch Korrosion. Die Druckbelastung wird in der sog. Hertz'schen Pressung
ausgedrückt; die Korrosion wird hauptsächlich durch Wettereinflüsse, besonders bei
tiefen Temperaturen, und durch chemischen Angriff z.B. durch aufgesprühtes Salz oder
ähnlichen Chemikalien verursacht.
[0003] Bekannte Lager dieser Art bestehen aus einem Verbund von einem Grundwerkstoff, der
gut schweißbar sein muß, beispielsweise St 52-3 nach DIN 17 100, mit einem Arbeitsflächenwerkstoff,
der 0,20 bis 0,35 % C und 12 bis 18 % (Cr + Mo) enthält, beispielsweise X 40 Cr 13.
Lager dieses Typus sind für eine Hertz'sche Pressung von 1900 N/mm² (amtlich) zugelassen.
[0004] Es besteht seit langem das Bestreben, derartige Lager für höhere Hertz'sche Pressungen
herzustellen, und nach weiteren Untersuchungen hat man erkannt, daß die Herstellung
höher beanspruchbarer Rollenlager sowohl eine besser zielgerichtete Werkstoffwahl
wie auch den Belastungsverhältnissen angepaßtere Stahlbehandlungsverfahren, insbesondere
der Rollenkörper erfordert.
[0005] Die Rolle des Lagers ist nicht nur der Hertz'schen Pressung (Druck pro Fläche) ausgesetzt,
sondern auch anderen Spannungen. Die Variation der Spannung ist etwas kompliziert.
Wenn eine Rolle auf eine Platte gedrückt wird, ergibt sich eine Kontaktfläche, die
so lang ist wie die Rolle und mit der Breite 2a (siehe Figur 1). In der Oberfläche
ist die maximale Druckspannung p0(=Hertz'sche Pressung). Darüberhinaus gibt es eine
Schubspannung Tau. An der Oberfläche ist Tau null und nimmt zu bis auf einen Maximalwert
Tau max. unter der Oberfläche. Der Abstand des Punktes mit Tau max. zur Oberfläche
ist 0,78 a. Zwischen der Last P des Lagers und p0 oder a existieren die folgenden
Beziehungen.

Die Gleichungen 1 und 2 sind nur gültig, wenn die Materialien der Rolle und der Platte
den gleicher, Elastizitätsmodul haben. Wenn nicht, muß E durch den Term (1/E1 + 1/E2)
ersetzt werden.
[0006] Die anderen Größen stehen für
- p
- = Last pro Einheitslänge der Rolle (N/cm)
- r
- = Radius der Rolle (cm)
- 1/m
- = Poisson'sche Konstante
- E
- = Elastizitätsmodul (N/cm²)
Aus Gleichung 1 resultiert die Hertz'sche Pressung in N/cm² und aus Gleichung 2 die
halbe Breite der Kontaktfläche in cm.

Wenn das Rollenlager so ausgebildet wäre, daß die gesamte Beanspruchung der Rollen
vollständig im elastischen Bereich bleiben würde, müßten die Rollen für hochbelastete
Lager enorme Abmessungen erhalten. Deshalb ist es üblich, eine kleine plastische Verformung
(bis zu 0,3 % des Rollendurchmessers) zuzulassen.
[0007] Aus diesen Zusämmenhängen konnte eine zielführende Konzeption in dem Bestreben gefunden
werden, die Beanspruchungsfähigkeit der Lager, vor allem der Rollen derart zu steigern,
daß Hertz'sche Pressungen von min. 2500 N/mm², ja bis 3000 N/mm² zugelassen werden
können. In Abkehr von der früheren Anschauungsweise besteht diese darin, daß für die
Belastbarkeit des Lagers die Festigkeit oder Härte der äußeren Arbeits- oder Mantelschicht
der Rolle bzw. von deren Panzerung oder der Arbeitsschicht der Platten nicht allein
maßgeblich ist, sondern daß von entscheidender Bedeutung für die Belastbarkeit die
Festigkeit des Grund- oder Kernwerkstoffs der Rolle und/oder der Grundschicht der
Platten ist. Bei den früheren Betrachtungen war offenbar der Einfluß der dort auftretenden
Kräfte unterschätzt worden.
[0008] Im Gegensatz zu den bisherigen Werkstoffpaarungen von Grund-und Arbeitsschichtwerkstoff
geht die Erfindung von der neuen Erkenntnis aus, daß der Grundwerkstoff aus einem
hochfesten, zähen Vergütungsstahl mit einer Zugfestigkeit von etwa 1000 N/mm², einer
Mindestdehnung von 10 % und einer Kerbschlagarbeit von ca. 50 J bestehen sollte, während
für den Werkstoff der Arbeitsflächen ein hochverschleiß- sowie korrosionsfester, härtbarer
Stahl in Betracht kommt, vorzugsweise X 40 Cr 13, X 105 CrCoMo 18 2 oder X 190 Cr
VW 18 4. In Abwandlung hiervon ist es nach der neuen Lehre auch möglich, einen kaltverfestigbaren
Stahl, etwa X 120 Mn 12 oder einen vergleichbaren Werkstoff für die Arbeitsschicht
zu verwenden.
[0009] Ein wesentlicher Teil der erfindungsgemäßen Lehre bezieht sich auf ein Verfahren
zur Herstellung des Rollenlagers. Dabei kommen für das Verbinden des Grundwerkstoffs
mit dem Arbeitsflächenwerkstoff das schon bisher bekannte Auftragsschweißen und /
oder das Heißwalzen in Betracht, vorzugsweise jedoch das Diffusionsschweißen, weil
dieses Verfahren sehr unempfindlich auf den Kohlenstoffgehalt der verbundenen Stahlwerkstoffe
reagiert.
[0010] Das erfindungsgemäße Verfahren schreibt in einem ersten Verfahrenssschritt vor, ausgehend
von dem Rollendurchmesser und der Rollenlänge auf Grund der Formeln 1 und 2 und aus
der Graphik Fig. 1 die größte Scherspannung (in N/mm²) und deren Lage ( in mm unter
der Arbeitsoberfläche) zu ermitteln und daraus für den Rohdurchmesser der Rolle die
Mindestdicke der Schicht des Arbeitsflächenwerkstoffs zu bestimmen, die wenigstens
das Doppelte des Abstandes der maximalen Scherspannung von der Arbeitsoberfläche betragen
soll, woraus sich der Rohdurchmesser der Rolle bestimmt, die aus einem hochfesten,
zähen Vergütungsstahl mit etwa 1000 N/mm² Zugfestigkeit hergestellt wird; als gut
geeignet hat sich 34 CrNiMo 6 Stahl erwiesen. Die Schichtdicke des Arbeitsflächenwerkstoffs
soll im Mittel d/8 bis d/10 betragen, wobei "d" der Enddurchmesser ist. Bei der Bestimmung
des Rohdurchmesser der Rolle und der Schichtdicke des Arbeitsflächenwerkstoffs sind
ferner die technologischen Bedingungen des gewählten Verbindungsverfahrens zu berücksichtigen.
[0011] Das weitere Herstellverfahren kann erfindungsgemäß unterschiedlich ausgestaltet sein,
und die zu wählende Verfahrensweise hängt weitestgehend von den Dauerbeanspruchungs-Anforderungen
des Rollenlagers ab. Die geringsten Dauerbeanspruchungen dürften wohl bei dem Aufbringen
der Schicht aus dem Arbeitsflächenwerkstoff durch Auftragsschweißung oder durch Heißaufwalzen
bzw. Aufschmieden erbringen, bei welchem darauffolgend ein Härten und Tempern erfolgt.
Für das Aufschweißen oder Heißaufwalzen (oder Aufschmieden) eignet sich nach den bisherigen
Versuchen der Stahl X 40 Cr 13 sehr gut.
[0012] Die Warmbehandlungsproblematik besteht dabei darin, eine optimale Warmbehandlung
durchzuführen, weil die Härtetemperatur beim Grundwerkstoff ca. 830 bis 860°C und
beim Arbeitsflächenwerkstoff 1000 bis 1050°C beträgt, während das Tempern beim Grundwerkstoff
bei 540 bis 680°C und beim Arbeitsflächenwerkstoff bei 100 bis 200°C erfolgen soll.
Daher erscheint es nicht möglich für die Wärmebehandlung der insoweit fertiggestellten
Rolle eine für jeden der Werkstoffe bestmögliche Temperaturführung zu erzielen. Wie
Versuche ergeben haben, können derartig hergestellte Lager jedoch mit Hertz-Pressungen
von 2400 bis 2500 N/mm² ohne weiteres belastet werden, was gegenüber dem Stand der
Technik eine Erhöhung um 20 bis 25 % bedeutet.
[0013] Durch genauere Untersuchungen wurde erkannt, daß die Rollenlager nach dem eingangs
genannten Stand der Technik mit den im Oberflächenbereich gehärteten Rollen, beispielsweise
aus X 40 Cr 13 zu Rissen und Brüchen neigten. Dies ist auf die Forderung zurückzuführen,
daß der Grundwerkstoff schweißbar sein, also einen geringen Kohlenstoffanteil haben
muß; daher kommen nur Stähle mit niedriger Zugfestigkeit in Betracht. Um den Abbau
der Scherspannungen innnerhalb der Arbeitsschicht zu halten, sollte diese ziemlich
dick sein. Dicke Aufschweißschichten können eine Vielzahl von Defekten wie Luftlöcher,
Schlackeneinschlüsse, Schrumpfdefekte und dergleichen mehr haben.
[0014] Daher wird für das weitere Herstellverfahren auch hier vorgeschlagen, als Grundwerkstoff
einen hochfesten Vergütungsstahl, zweckmäßigerweise den bereits als gut erkannten
34 CrNiMo 6 zu verwenden, jedoch den Arbeitsflächenwerkstoff auf den Grundwerkstoff
durch Diffusionsschweißen aufzubringen. Es wurde gefunden, daß sich hierfür am besten
die Stahlsorten X 190 CrVW 18 4 und X 120 Mn 12 eignen. Das Diffusionsschweißen ist
nahezu unabhängig vom Kohlenstoffgehalt und eignet sich daher auch für Grundwerkstoffe
hoher Festigkeit, d.h. mit hohem Kohlenstoffgehalt. Beim Diffusionsschweißen werden
Fehlstellen nahezu vollständig vermieden, und die Arbeitsflächenschicht kann - muß
jedoch nicht - nachträglich noch durch Hämmern oder Strahlhämmern verbessert werden.
[0015] Bei Anwendung des austenitischen Stahls X 120 Mn 12 ist ein nachträgliches Kaltverfestigen
(Hämmern oder Walzen) zweckmäßig, um eine optimale Oberflächenstruktur und Härte zu
erreichen.
[0016] Es hat sich gezeigt, daß bei Rollen von 90, 130 und 180 mm Durchmesser Oberflächenhärtewerte
zwischen 662 und 695 HV 20 erreicht werden. Es hat sich ferner dabei gezeigt, daß
die guten Erbebnisse, nämlich zulässige Hertz'sche Pressungen oberhalb 2800 N/mm²
bis 3600 N/mm² erprobt in statischen Druckversuchen, auf die Erkenntnisse zurückzuführen
sind, daß in der Oberflächenschicht hohe Oberflächenhärte und mittlere Festigkeit
und im Grundwerkstoff mittlere Härte und hohe Festigkeit die größte Belastbarkeit
ergibt.
[0017] Als Verfahrensbeispiel wird eine Rolle von 130 mm Durchmesser herangezogen aus dem
wärmebehandelbaren Stahl 34 CrNiMo 6 in abgeschrecktem und getempertem Zustand. Die
Arbeitsflächenschicht aus X 190 Cr VW 18 4 mit einer Dicke von 15 mm wurde durch Diffusionsschweißen
aufgebracht und durch anschließende Wärmebehandlung gehärtet.
[0018] Die hier genannten und erzielten Werte sind ziemlich unabhängig vom Werkstoff der
Arbeitsschicht der Rollen, wenn einer der hier als bevorzugt bezeichneten Stahlwerkstoffe
verwendet wird.
[0019] Für die Lagerplatten ist ebenfalls die geschilderte Herstellverfahrensweise vorteilhaft,
bei der die Stahlsorten X 40 Cr 13 und X 105 CrCoMo 18 2 zu bevorzugen sind. Es können
auch voll durchgehärtete Lagerplatten aus X 40 Cr 13 gepaart werden. Bei Versuchen
mit Rollen nach der beschriebenen Herstellmethode mit einer Arbeitsschicht aus 105
CrCoMo 18 2 und durchgehärteten Lagerplatten ergaben sich die höchsten Belastbarkeitswerte
um 3600 N/mm² Hertz'sche Pressung.
[0020] Für die Bruchfestigkeit der Rollen ergaben sich bei Vergleichsmessungen für auftragsgeschweißte
Rollen Werte um 1,8, für Rollen gemäß der EP 0 293 648 Werte um 2,8 und für erfindungsgemäße
Rollen Werte über 4.
[0021] Die Rollenlager mit dem erfindungsgemäßen Aufbau aus den vorgeschlagenen Stählen
und entsprechend der vorgesehenen Herstellungsmethode ergeben gegenüber dem Stand
der Technik Belastungsbereiche an Hertz'scher Pressung gegenüber den bisher bekannten
und verwendeten Lagern die bis zu 150 % höher liegen.
1. Rollenlager für Bauwerke, insbesondere Brückenbauwerke, bestehend aus wenigstens einer
zylindrischen Rolle, die zwischen planparallelen Abrollflächen einer oberen und unteren
Lagerplatte innerhalb eines begrenzten Wälzbereichs abrollen, bei denen die Wälzbereiche
der Rollen einen Werkstoffverbund aufweisen, der im Wege eines eine intermetallische
Grenzschicht ausbildenden Verbindungsverfahrens zwischen einem Grundwerkstoff und
einem Arbeitsflächenwerkstoff hergestellt ist,
gekennzeichnet durch einen
a) Grundwerkstoff aus einem hochfesten, zähen Vergütungsstahl mit einer Zugfestigkeit
von etwa 1000 N/mm², einer Mindestdehnung von 10 % und einer Kerbschlagarbeit von
ca. 50 J, und einen
b) Arbeitsflächenwerkstoff aus hoch verschleiß- und korrosionsfestem härtbarem Stahl,
und zwar X 40 Cr 13, X 105 CrCoMo 18 2, X 190 Cr VW 18 4 oder vergleichbaren Legierungsstählen,
oder aber auch aus X 120 Mn 12 oder einem vergleichbaren kaltverfestigbarem Stahl.
2. Rollenlager nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Grundwerkstoff ein vergüteter
Stahl 34 CrNiMo 6, 41 Cr 4, 42 CrMo 4, 36 CrNiMo 4, 30 CrNiMo 8 oder ein vergleichbarer
Vergütungsstahl ist.
3. Rollenlager nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß auch die Lagerplatten
aus einem Verbund des Grundwerkstoffs und des Arbeitswerkstoffs bestehen.
4. Verfahren zur Herstellung der Rollen des Rollenlagers nach wenigstens einem der Ansprüche
1 bis 3
dadurch gekennzeichnet,
daß in einem ersten Verfahrensschritt, ausgehend von dem vorgegebenen Rollendurchmesser
und der Rollenlänge auf Grund der nachstehenden Formeln 1 und 2 und aus der nachstehenden
Grafik die größte Scherspannung (in N/mm²) und deren Lageverlauf (in mm unter der
Arbeitsoberfläche) ermittelt und daraus die Schichtdicke des Arbeitsflächenwerkstoffs
aus einem hochfesten, zähen Vergütungsstahl mit etwa 1000 N/mm² Zugfestigkeit und
der Rohdurchmesser der Rolle von wenigstens dem doppelten Betrag des Abstandes der
maximalen Scherspannung von der Arbeitsoberfläche bestimmt wird, und daß die Schicht
aus dem Arbeitsflächenwerkstoff aus einem der Stähle X 40 Cr 13, X 105 CrCoMo 18 2,
X 190 Cr VW 18 4 oder X 120 Mn 12 durch Auftragsschweißen, Diffusionsschweißen, Heißaufwalzen
oder Aufschmieden aufgebracht und die Rolle vor der mechanischen Endbearbeitung durch
Wärmebehandlung gehärtet und / oder kaltverfestigt wird.

5. Verfahren zur Herstellung der Lagerplatten für das Rollenlager nach wenigstens einem
der Ansprüche 1 bis 3, bei dem die Rollen nach dem Verfahren gemäß Anspruch 4 hergestellt
sind, dadurch gekennzeichnet, daß der Arbeitsflächenwerkstoff aus einem der gemäß
Anspruch 1 vorgesehenen Stähle und in der gemäß Anspruch 1 ermittelten Dicke auf eine
Platte aus dem Grundwerkstoff von etwa der doppelten Dicke der Schichtdicke des Arbeitswerkstoffs
der Rolle durch Auftragsschweißen, Diffusionsschweißen, Heißaufwalzen oder Aufschmieden
aufgebracht und die Lagerplatte danach vor der mechanischen Endbearbeitung durch Wärmebehandlung
gehärtet und / oder kaltverfestigt wird.