(19)
(11) EP 0 531 776 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
17.03.1993  Patentblatt  1993/11

(21) Anmeldenummer: 92114280.8

(22) Anmeldetag:  21.08.1992
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5C22C 38/40
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT DE FR GB IT SE

(30) Priorität: 11.09.1991 DE 4130140

(71) Anmelder: Krupp VDM GmbH
D-58791 Werdohl (DE)

(72) Erfinder:
  • Brill, Ulrich, Dr.-Ing.
    W-4220 Dinslaken (DE)

(74) Vertreter: Cohausz & Florack Patentanwälte 
Postfach 33 02 29
40435 Düsseldorf
40435 Düsseldorf (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Hitzebeständiger warmverformbarer austenitischer Stahl


    (57) Die Erfindung betrifft einen hitzebeständigen warmverformbaren austenitischen Stahl, bestehend aus (in Gew.-%)
    Kohlenstoff 0,10 bis 0,20
    Silizium 2,5 bis 3,0
    Mangan 0,2 bis 0,5
    Phosphor max. 0,015
    Schwefel max. 0,005
    Chrom 25 bis 30
    Nickel 30 bis 35
    Aluminium 0,05 bis 0,15
    Calcium 0,001 bis 0,005
    Seltene Erden 0,05 bis 0,15
    Stickstoff 0,05 bis 0,20

    Rest Eisen und übliche erschmelzungsbedingte Verunreinigungen.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft einen hitzebeständigen warmverformbaren austenitischen Stahl und seine Verwendung als Werkstoff für hitze- und korrosionsbeständige Gegenstände.

    [0002] Für Gegenstände, die im Temperaturbereich von 500 bis 1000 °C beständig sein müssen gegen Aufkohlung, Sulfidierung und Oxidation, insbesondere bei zyklischer Beanspruchung, wird vorwiegend der austenitische Stahl mit der Werkstoff-Nr. 1.4876 gemäß Stahleisen-Liste des Vereins deutscher Eisenhüttenleute eingesetzt. Er besteht aus (in Gew.-%) max. 0,12 % Kohlenstoff, max. 1,0 % Silizium, max. 2,0 % Mangan, 19 - 23 % Chrom, 30 - 34 % Nickel, 0,15 - 0,60 % Titan, 0,15 - 0,60 % Aluminium, Rest Eisen.
    Für weniger scharfe Korrosionsbedingungen ist dieser Stahl eine preisgünstige Alternative zu den hoch nickelhaltigen Werkstoffen, z.B. der Nickel-Legierung gemäß Werkstoff-Nr. 2.4856.
    Dieser austenitische Stahl 1.4876 zeigt jedoch unter stark aufkohlenden Bedingungen bei Temperaturen oberhalb 900 °C starke Aufkohlungserscheinungen, die sich in einer deutlichen Gewichtszunahme durch starke Karbidausscheidungen und Kohlenstoffaufnahme ausdrücken. Hierdurch werden zusätzlich die mechanischen Eigenschaften, insbesondere die Langzeitfestigkeit ungünstig beeinflußt. Auch unter oxidierend/sulfidierenden Bedingungen wie z.B. in einer Gasatmosphäre aus Stickstoff und 10 % SO₂ bei 750 °C zeigt der austenitische Stahl 1.4876 deutliche Schädigungen durch Schwefelaufnahme.

    [0003] Der aus der EP-PS 0 135 321 bekannte austenitische Stahl (Angaben in Gew.-%) mit max. 0,03 % Kohlenstoff, 20 - 35 % Chrom, 17 - 50 % Ni sowie 2 - 6 % Silizium, ist zwar aufgrund seines hohen Si-Gehaltes beständig gegen Korrosion in stark oxidierenden Mineralsäuren, wie Salpetersäure, eignet sich aber nicht für den Einsatz bei Temperaturen oberhalb von 500 °C unter aufkohlenden, sulfidierenden und oxidierenden Bedingungen.

    [0004] In der GB-PS 2 036 077 ist ein austenitischer Stahl beschrieben, bestehend aus (Angaben in Gew.-%): max. 0,10 % Kohlenstoff, 1 - 5 % Silizium, max. 3 % Mangan, 15 - 30 % Chrom, 7 - 35 % Nickel, max. 0,10 % Aluminium, Calcium + Seltene Erden in Summe max. 0,10 %, sowie max. 0,03 % Stickstoff.

    [0005] Dieser Stahl zeigt gegenüber dem eingangs genannten Stahl der Werkstoff-Nr. 1.4876 eine verbesserte Oxidationsbeständigkeit unter zyklischer Belastung bei Temperaturen bis 1100 °C, insbesondere bedingt durch Kohlenstoffgehalte, die unter 0,10 Gew.-% liegen sollen, sowie durch eine Begrenzung des Schwefelgehaltes auf Werte kleiner 0,003, vorzugsweise 0,0015 Gew.-%. Durch die Begrenzung der Kohlenstoff- und Stickstoffgehalte auf kleiner 0,10 bzw. 0,03 Gew.-% zugunsten einer verbesserten Oxidationsbeständigkeit ist jedoch die Warmfestigkeit des Werkstoffes in dem für seine Verwendung angegebenen Temperaturintervall unzureichend. Darüber hinaus sind die Begrenzungen an Kohlenstoff, Stickstoff und Schwefel bei der Erschmelzung dieses Stahls nur mit hohem technischen Aufwand erzielbar.

    [0006] Es ist Aufgabe der Erfindung, einen austenitischen Stahl zu schaffen, der unter aufkohlenden, sulfidierenden und oxidierenden Bedingungen, insbesondere unter zyklischer Beanspruchung, im Temperaturbereich von 500 bis 1000 °C mit ausreichender Warmfestigkeit ohne Einschränkung einsetzbar ist.

    [0007] Gelöst wird diese Aufgabe durch einen austenitischen Stahl, bestehend aus (Angaben in Gew.-%)
    Kohlenstoff 0,10 bis 0,20
    Silizium 2,5 bis 3,0
    Mangan 0,2 bis 0,5
    Phosphor max. 0,015
    Schwefel max. 0,005
    Chrom 25 bis 30
    Nickel 30 bis 35
    Aluminium 0,05 bis 0,15
    Calcium 0,001 bis 0,005
    Seltene Erden 0,05 bis 0,15
    Stickstoff 0,05 bis 0,20


    [0008] Rest Eisen und übliche erschmelzungsbedingte Verunreinigungen.

    [0009] Der erfindungsgemäße Stahl eignet sich vorteilhaft als Werkstoff zur Herstellung von Gegenständen, die bei Temperaturen im Bereich von 500 bis 1000 °C, insbesondere bei zyklischer Beanspruchung, beständig sein müssen gegen Aufkohlung, Sulfidierung und Oxidation. Er wird bevorzugt eingesetzt als Werkstoff zur Herstellung von Anlagen zur thermischen Müllentsorgung oder zur Kohlevergasung und Teilen davon. Insbesondere bei der Müllentsorgung in Verbrennungsanlagen werden die Ofenteile stark durch wechselnde Temperaturen beim Auf- und Abheizen sowie durch Schwankungen in der Abgaszusammensetzung zyklisch beansprucht.

    [0010] Er ist auch hervorragend geeignet als Werkstoff für Heizleiter, bei denen es in erster Linie neben einer guten Oxidationsbeständigkeit bei Temperaturen bis 1000 °C auch auf eine gute Warmfestigkeit ankommt.
    Da in Öfen, wie Brennöfen, die Heizgase stark aufkohlend auf Ofeneinbauteile wirken, und außerdem je nach verwendetem Brennstoff Kontaminationen durch Schwefel auftreten können, kann der erfindungsgemäße Stahl ohne Einschränkung als Werkstoff zur Herstellung von thermisch beanspruchten Ofeneinbauteilen, wie Stützgerüste für Brennöfen, Transportschienen und Transportbänder eingesetzt werden.

    [0011] Das vorteilhafte Korrosionsverhalten des erfindungsgemäßen Stahls wird erreicht durch:
    • Siliziumgehalte von 2,5 - 3,0 Gew.-% in Verbindung mit 25 - 30 Gew.-% Chrom wirken sich günstig auf die Sulfidierungsbeständigkeit aus. Außerdem ist bei diesen Siliziumgehalten eine noch ausreichende Warmverformbarkeit durch Walzen und Schmieden gegeben. Die gewählten Siliziumgehalte beeinträchtigen ebenfalls nicht die Schweißbarkeit des Werkstoffes.
    • Der Nickelgehalt von 30 - 35 Gew.-%, in Verbindung mit 2,5 - 3,0 Gew.-% Silizium bedingt die Beständigkeit in stark aufkohlenden Medien.
    • Die Chromgehalte von 25 - 30 Gew.-% in Verbindung mit einem Calciumgehalt von 0,001 - 0,005 Gew.-%, sowie einem Gehalt an Seltenen Erden (wie Cer, Lanthan und den anderen Elementen der Gruppe der Aktiniden und Lanthanoiden) in Höhe von insgesamt 0,05 - 0,15 Gew.-% bewirken eine ausgezeichnete Oxidationsbeständigkeit, insbesondere unter zyklisch/thermischen Betriebsbedingungen, durch den Aufbau einer dünnen, gut haftenden und schützenden Oxidschicht.


    [0012] In Ergänzung der für das Korrosionsverhalten wichtigen Gehaltsbereiche der vorstehend genannten Elemente ist
    • die Festlegung des Kohlenstoffgehaltes auf 0,10 - 0,20 Gew.-% in Verbindung mit Stickstoffgehalten von 0,05 - 0,20 Gew.-% ursächlich für die gute Warm- und Zeitstandfestigkeit des erfindungsgemäßen Stahls.


    [0013] Die in Lösung befindlichen Gehalte an Kohlenstoff und Stickstoff sind als sehr effiziente mischkristallverfestigende und somit die Warmfestigkeit steigernde Elemente wirksam.

    [0014] Darüber hinaus bewirken die Kohlenstoff- und Stickstoffgehalte in den angegebenen Gehaltsgrenzen gerade in dem für den Einsatz vorgegegebenen Temperaturintervall eine verstärkte Ausscheidung von Chromkarbiden und -karbonitriden, die ebenfalls eine Steigerung der Warmfestigkeit bewirken.

    [0015] Im folgenden wird der erfindungsgemäße Stahl (Leg. A) im Vergleich zum bekannten Stahl 1.4876 (Leg. B) näher erläutert.

    [0016] Die Ist-Analysen der Vergleichslegierungen A und B sind in Tabelle 1 aufgeführt (Angaben in Gew.-%)
    Tabelle 1
      Leg. A Leg. B
    Kohlenstoff 0,14 0,06
    Silizium 2,77 0,45
    Mangan 0,36 0,70
    Phosphor 0,014 0,010
    Schwefel 0,003 0,003
    Chrom 27,75 20,50
    Nickel 30,40 30,50
    Aluminium 0,05 0,25
    Calcium 0,002 ---
    Seltene Erden 0,075 ---
    Stickstoff 0,08 0,02
    Titan --- 0,34
    Eisen Rest Rest

    Figur 1 zeigt das Aufkohlungsverhalten der Leg. A im Vergleich zu Leg. B.
    Dargestellt ist hier die spezifische Massenänderung in g/m² über der Zeit in Stunden. Das Prüfmedium war ein Gasgemisch aus CH₄/H₂ mit einer Kohlenstoffaktivität von ac = 0,8. Die Prüftemperatur betrug 1000 °C. Die Prüfung erfolgte zyklisch, d. h. bei einer Zyklus-Dauer von 24 Stunden betrug die Haltezeit auf Prüftemperatur 16 Stunden bei insgesamt 8 Stunden Auf- und Abheizen.
    Die erfindungsgemäße Leg. A zeichnet sich durch eine deutlich geringere Massenzunahme aus gegenüber der Vergleichslegierung B.

    Figur 2
    Diese Darstellung entspricht in Ausführung und Versuchsdurchführung der Darstellung in Fig. 1. Lediglich das Versuchsmedium war in diesem Fall Stickstoff + 10 % SO₂ bei 750 °C zur Prüfung der Sulfidierungsbeständigkeit. In diesem Test ergibt sich eine Überlegenheit von Leg. A gegenüber Leg. B mit Bezug auf die Massenänderung, insbesondere nach Prüfzeiten über 800 Stunden.

    Figur 3 beschreibt das zyklische Oxidationsverhalten der Vergleichswerkstoffe A und B in Luft bei 1000 °C. Die Versuchsbedingungen und die Darstellung der Ergebnisse entsprechen Fig. 1.
    Das deutlich verbesserte Oxidationsverhalten der erfindungsgemäßen Leg. A unter zyklischer Temperaturbeaufschlagung ist ersichtlich aus der selbst nach mehr als 1000 Stunden Prüfzeit noch gemessenen Gewichtszunahme (Massenänderung = (+)), was ein Beweis für das Vorhandensein einer gut haftenden Oxidschicht ist.
    Die Massenverluste der Vergleichslegierung B (Massenänderung = (-)) bedeuten, daß diese Legierung unter den vorliegenden oxidierenden Bedingungen starke Zunderabplatzungen aufweist, somit beim praktischen Einsatz versagt.

    Figur 4 zeigt die Warmfestigkeit in MPa am Beispiel der 0,2 %-Dehngrenze (Rp0,2) in Abhängigkeit von der Prüftemperatur in °C. Die erfindungsgemäße Legierung A weist nicht nur im Temperaturbereich von 500 bis 1000 °C eine um ca. 100 MPa höhere Dehngrenze auf, sondern auch im Bereich von Raumtemperatur bis 500 °C. Dies wirkt sich besonders vorteilhaft bei Auf- und Abheizvorgängen aus, denen der Werkstoff beim praktischen Einsatz zwangsläufig unterliegt.




    Ansprüche

    1. Hitzebeständiger warmverformbarer austenitischer Stahl, bestehend aus (in Gew.-%)
    Kohlenstoff 0,10 bis 0,20
    Silizium 2,5 bis 3,0
    Mangan 0,2 bis 0,5
    Phosphor max. 0,015
    Schwefel max. 0,005
    Chrom 25 bis 30
    Nickel 30 bis 35
    Aluminium 0,05 bis 0,15
    Calcium 0,001 bis 0,005
    Seltene Erden 0,05 bis 0,15
    Stickstoff 0,05 bis 0,20
    Rest Eisen und übliche erschmelzungsbedingte Verunreinigungen.
     
    2. Verwendung eines austenitischen Stahls nach Anspruch 1 als Werkstoff zur Herstellung von Gegenständen, die bei Temperaturen im Bereich von 500 bis 1000 °C, insbesondere bei zyklischer Beanspruchung, beständig sein müssen gegen Aufkohlung, Sulfidierung und Oxidation.
     
    3. Verwendung eines austenischen Stahls nach den Ansprüchen 1 bis 2 als Werkstoff zur Herstellung von Anlagen zur thermischen Müllentsorgung und Teilen solcher Anlagen.
     
    4. Verwendung eines austenitischen Stahls nach den Ansprüchen 1 bis 2 als Werkstoff zur Herstellung von Anlagen zur Kohlevergasung und Teilen solcher Anlagen.
     
    5. Verwendung eines austenitischen Stahls nach den Ansprüchen 1 bis 2 als Werkstoff für Heizleiter.
     
    6. Verwendung eines austenitischen Stahls nach den Ansprüchen 1 bis 2 als Werkstoff zur Herstellung von Ofen-Einbauteilen, wie Stützgerüste für Brennöfen, Transportschienen und -bänder.
     




    Zeichnung
















    Recherchenbericht