[0001] Die Erfindung betrifft eine Anordnung zur Kompensation des Schalldurchganges durch
eine Wand, an der mindestens ein Körperschallschwingungsaufnehmer angeordnet ist,
welcher die Schwingungen der Wand senkrecht zur Wandfläche erfaßt, wobei zumindest
auf der Seite der Wand, die der ursächlichen Schallbelastung gegenüberliegt, eine
Vielzahl von Schallgebern über die Wandfläche verteilt angeordnet sind, welche Änderungen
ihres Volumens erzeugen können und durch den Körperschallschwingungsaufnehmer derart
gesteuert wird, daß die durch die schwingende Wand verursachten Volumenänderungen
des Luftraumes im Bereich um den Schallgeber durch die von den Schallgeber im gleichen
Bereich verursachten Volumenänderungen zeitgleich kompensiert werden.
[0002] Die Verwendung von Antischall zur Auslöschung unerwünschter Luftschallfelder ist
allgemein bekannt. Das Prinzip beruht im wesentlichen darauf, daß die störenden Schallwellen
im Bereich der zu schützenden Umgebung detektiert werden und mittels Antischallgeber,
welche über einen Regelkreis mit den Detektoren verbunden sind, durch Interferenz
ausgelöscht werden. Ein einfacher Antischallgeber, bei dem die Sensormembran und die
Antigeberschallquelle identisch sind, ist beispielsweise aus der DE-PS 28 14 093 C2
bekannt. Mit einem derartigen Antischallgeber ließe sich auch grundsätzlich der durch
eine Trennwand hindurchgehende Restschall auslöschen. Derartige Anwendungen wären
z.B. in einem Fahr- oder Flugzeug gegeben, bei welchem an der Außenzelle ein hoher
Lärmpegel anliegt. Die natürliche Eigendämmung der Wand schirmt davon einen großen
Teil bereits ab, wobei im oberen Frequenzbereich die Dämmung aufgrund der Wandmasse
im allgemeinen ausreichend ist. Im unteren Frequenzbereich ergeben sich jedoch Defizite.
Eine andere Anwendung wäre z.B. in Wohnungen gegeben, wobei die Wohnungswände oder
Decken ebenfalls bei tieferen Frequenzen nur eine ungenügende Schalldämmung besitzen.
Eine Verbesserung der Schalldämmung durch Erhöhung des Wandgewichtes ist nur begrenzt
möglich, zumal eine Verbesserung der Dämmung um 6 dB jeweils eine Verdopplung der
Wandmasse erfordert.
[0003] Es gibt auch Vorschläge zur aktiven Steuerung von Wänden, wobei an eine Wand Schwingungserreger
angebracht werden, mit denen die an der Wand anliegenden Schalldruckkräfte neutralisiert
werden. Nachteilig bei diesem System ist jedoch die große seismische Masse, die zur
Abstützung der Reaktionskräfte notwendig ist. Außerdem neigen die dazu notwendigen
Regelkreise zu Instabilitäten, da ja die Wandschwingungen auf Null geregelt werden
sollen und somit nur eine geringe Eingangsgröße zur Verfügung steht.
[0004] Weiterhin ist aus der EP 0 390 560 A2 eine Einrichtung zur Geräuschunterdrückung
für einen seismischen Vibrator bekannt, bei der der von einer Vibratorplatte abgestrahlte
Luftschall durch Lautsprecher kompensiert wird, die von einer mittels Schwingungsaufnehmer
gesteuerten Regelung angesteuert werden. Die Schwingungsaufnehmer sitzen jedoch auf
der aktiv erregten Vibratorplatte; eine Übertragung dieser Einrichtung auf passive
Wände ist hier weder erwähnt, noch wäre dies mit der aufwendigen Regelung zweckmäßig.
[0005] Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, den Schalldurchgang durch eine passive
Wand mittels Schallgeber auf einfacher zu steuernde Weise so wirkungsvoll zu kompensieren,
daß der hinter der Wand liegende Raum vor einer vor der Wand liegenden Schallquelle
abgeschirmt ist.
[0006] Die Lösung dieser Aufgabe gelingt durch eine nach den Merkmalen des Patentanspruches
1 ausgebildete Anordnung.
[0007] Bei dieser Anordnung werden im Gegensatz zu bekannten Antischallsystemen direkt die
senkrecht zur Wandfläche verlaufenden Schwingungen der Wand durch Körperschallschwingungsaufnehmer
erfaßt und damit die unmittelbar in der Nähe angeordneten Schallgeber angesteuert.
Die Verstärkung sowie Phasenverschiebung des Sensorssignals ist dabei so, daß die
durch die schwingende Wand verursachten Volumenänderungen des Luftraumes im Bereich
um den Schallgeber durch eine entgegengesetzte, von dem Schallgeber verursachte Volumenänderung
kompensiert wird. Aufgrund der natürlichen Wanddämmung sind auf der Immissionsseite,
d.h. der Seite der Wand, die vor Lärm zu schützen ist, sehr viel kleinere Antischallschwingungen
notwendig. Dies verkleinert einmal die erforderlichen Schallgeber, zum anderen kann
dadurch die Rückwirkung des Antischalls auf die Wand gegenüber dem Schalldruck auf
der Quellenseite vernachlässigt werden. Weiterhin vereinfacht sich dadurch die Steuerung
der Schallgeber auf einen einfachen Proportionalverstärker mit Filterkorrektur.
[0008] Je nach Art der Wand und der angeregten Wandschwingungen können die Schallgeber vor
der Wand entweder durch einen oder mehrere Körperschallschwingungsaufnehmer angesteuert
werden. Der Abstand je zweier benachbarter Schallgeber sollte die Hälfte der kleinsten
zu kompensierenden Schallwellenlänge nicht überschreiten; da die Dämmung normaler
Wände bei Frequenzen unterhalb von ca. 300 Hz deutlich nachläßt, sollte daher der
Abstand benachbarter Schallgeber höchstens 50 cm betragen. Bei ausgedehnten Wandflächen
können die Schallgeber in gleichen Rasterabständen oder entsprechend der Wandschwingung
gewichtet über die Wand angebracht werden. Je geringer der Rasterabstand im Verhältnis
zu der auszulöschenden Schallwellenlänge ist, desto größer ist die maximal erreichbare
Schallauslöschung.
[0009] Im einfachsten Fall können die einzelnen Systeme aus Körperschallschwingungsaufnehmer
und Schallgeber autonom sein; wobei sich eine Verbesserung der Wirkung jedoch noch
dadurch erzielen läßt, daß die Signale benachbarter Systeme zur Steuerung jedes Schallgebers
mit einbezogen werden.
[0010] Da die Abstrahlung von Schallwellen in Ecken oder Kanten von einander zulaufenden
Wänden schwierig vorausberechenbar ist, kann es zweckmäßig sein, einen in einer Ecke
oder Kante angebrachten Schallgeber durch mehrere, an jeder der benachbarten Wände
angeordnete Körperschallschwingungsaufnehmer zu steuern, wozu deren gewichtetes Summensignal
herangezogen wird.
[0011] Es ist auch möglich, die Energieversorgung der Schallgeber aus den sich bewegenden
Wänden, wie z.B. bei Fahr- oder Flugzeugen zu ziehen. Hierbei kann es sich z.B. um
einen analogen Aufzugsmechanismus handeln, wie er bei Armbanduhren realisiert wird.
Auch können tieffrequente Schwingungen der Wand dazu verwendet werden, in einem elektrodynamischen
System elektrische Leistungen zu erzeugen, die dann gespeichert und zur Energieversorgung
des Schallgebersystems verwendet werden. Eine solche Anordnung wäre dann auch energiemäßig
völlig autonom.
[0012] Die Erfindung wird im folgenden anhand einiger, in den Figuren teilweise schematisch
dargestellter Ausführungsbeispiele näher beschrieben. Es zeigen
Fig. 1 ein Antischallsystem für eine passive Wand ,
Fig. 2 ein Antischallsystem mit in Resonanz betriebenem Schallgeber,
Fig. 3 eine Wandfläche mit gleichmäßig angeordneten Anitschallsystemen,
Fig. 4 eine Wandfläche mit linienförmig angeordneten Antischallsystemen und
Fig. 5 ein Antischallsystem bei einer Wandkante.
[0013] Anhand des in Fig. 1 dargestellten Ausführungsbeispieles wird die Funktionsweise
eines Antischallsystems 10 beschrieben. Dieses besteht aus einem Schallgeber 11 und
aus einem Körperschallschwingungsaufnehmer 12, z.B. einem Beschleunigungsaufnehmer.
Das Antischallsystem 10 ist an der, der Schallquelle 15 gegenüberliegenden Wandseite
14.1 der Wand 14 angebracht, so daß der daran angerenzende Raum vor dem durch die
Wand hindurchgehenden Restschall geschützt wird. Das Schallfeld der Schallquelle 15
regt die Wand zu Schwingungen an, wobei die Innenwand 14.1 diese Schwingungen abstrahlt.
Die senkrecht zur Wandfläche 14.1 verlaufenden Wandschwingungen werden durch den Körperschallschwingungsaufnehmer
12 erfaßt und mit dessen Ausgangssignal der Schallgeber 11 so angesteuert, daß er
die Schallabstrahlung der Innenwand 14.1 in seiner Umgebung gerade kompensiert.
[0014] In Fig. 2 ist das Ersatzschaltbild für ein Antischallsystem 40 dargestellt, bei welchem
der Schallgeber 41 aus einem Resonanzschwinger mit einem Kolben 45 der Masse m und
der Fläche A, einer Feder 46 mit der Federkonstante c und einem Dämpfer 47 der Dämpfungskonstante
k besteht. Dieses Ersatzschaltbild gilt in einfachster Weise auch für einen Lautsprecher
oder eine schwingende Platte. Der Kolben 45 kann durch einen Kraftgeber 48 mit der
Kraft F(t) angetrieben werden (t = Zeit). An der zu kompensierenden Wand 44 sitzt
ein Körperschallschwingungsaufnehmer 42, z.B. ein Beschleunigungsaufnehmer, der die
normale Wandbeschleunigung s(t) aufnimmt. Ein solches resonantes Antischallsystem
40 ist besonders zur Kompensation von periodischem Lärm oder bei ausgeprägten Wandresonanzen
vorteilhaft. Dabei wird die Resonanzfrequenz ω
o des Resonators auf die auszulöschende Lärmfrequenz abgestimmt. Um mit minimalem Kraftaufwand
F(t) und damit kleineren Baugröße auszukommen, lautet die Steuervorschrift für die
Kraft F(t)

wobei y, : y
2 : y
3 = c : k : m sein soll.
[0015] s(t) ist die normale Schwinggeschwindigkeit und s(t) der Schwingungsausschlag der
Wand. s(t) und s(t) können durch Integration aus der Beschleunigung s(t) gebildet
werden.
[0016] Um den ganzen Frequenzbereich nach diesem Arbeitsprinzip abzudecken, sind mehrere,
auf verschiedene Resonanzfrequenzen abgestimmte Antischallsysteme 40 einzusetzen,
wobei jedes dieser Systeme nur das resonanznahe Frequenzband kompensiert.
[0017] Die Fig. 3 und 4 zeigen verschiedene Anordnungen von Antischallsystemen an ausgedehnten
Wandflächen. In Fig. 3 sind die Antischallsysteme 50 in gleichmäßigem Raster mit Abständen
von kleiner X/2 der kleinsten zu kompensierenden Schallwellenlänge über die Wandfläche
verteilt. Bei Verwendung von linienförmig angeordneten Schallgebern können die Antischallsysteme
60 gemäß Fig. 4 ebenfalls mit Abständen von kleiner X/2 nebeneinander angeordnet sein.
[0018] In Fig. 5 ist ein Antischallsystem 70 in einer Wandkante dargestellt. Dieses besteht
aus einem Schallgeber 71 und zwei normal in den zusammenstoßenden Wandflächen 74.1
und 74.2 angebrachten Körperschallschwingungsaufnehmern 72.1 und 72.2. Als Steuersignal
für den Schallgeber 71 dient das gewichtete Summensignal der Körperschallschwingungsaufnehmer
72.1 und 72.2.
[0019] Doppel- oder Mehrfachwände werden in gleicher Weise wie Einfachwände behandelt. Jeweils
die der zu schützenden Seite zugewandte Wandfläche einer Doppel- oder Mehrfachwand
wird mit Antischallsystemen der oben gezeigten Art versehen.
1. Anordnung zur Kompensation des Schalldurchganges durch eine Wand, an der mindestens
ein Körperschallschwingungsaufnehmer angeordnet ist, welcher die Schwingungen der
Wand senkrecht zur Wandfläche erfaßt, wobei zumindest auf der Seite der Wand, die
der ursächlichen Schallbelastung gegenüberliegt, eine Vielzahl von Schallgebern über
die Wandfläche verteilt angeordnet sind, welche Änderungen ihres Volumens erzeugen
können und durch den Körperschallschwingungsaufnehmer derart gesteuert wird, daß die
durch die schwingende Wand verursachten Volumenänderungen des Luftraumes im Bereich
um den Schallgeber durch die von den Schallgeber im gleichen Bereich verursachten
Volumenänderungen zeitgleich kompensiert werden dadurch gekennzeichnet, daß zumindest
ein Teil der Schallgeber einer Wand als Resonator (41) mit der Schwingmasse m, der
Dämpfung k und der Feder c ausgebildet ist, der entsprechend der normalen Wandbeschleunigung
s(t), der Wandschwinggeschwindigkeit s(t) und dem Schwingweg s(t) durch die Steuerkraft
F(t) = γ1 s(t) + γ2 s(t) + y3 s(t) angetrieben wird, wobei die Koeffizienten γ1, 'Y3 nach der Relation y1 : y3 = c : m eingestellt sind.
2. Anordnung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß je ein Schallgeber (50,
60) im Abstand von maximal X/2 von weiteren Schallgebern gleichmäßig umgeben ist,
wobei λ die kleinste der zu kompensierenden Schallwellenlängen ist.
3. Anordnung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Abstand je zweier benachbarter
Schallgeber (50, 60) höchstens 50 cm beträgt.
4. Anordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß zumindest
ein Teil der als Resonatoren (41) ausgebildeten Schallgeber einer Wand eine Resonanzfrequenz
aufweist, welche auf eine zu kompensierende Wandresonanz oder eine dominierende Arbeitsfrequenz
abgestimmt ist.
5. Anordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Resonatoren
(41) auf unterschiedliche Frequenzen abgestimmt sind.
6. Anordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß mehrere
Körperschallschwingungsaufnehmer (72.1, 72.2) einem Schallgeber (71) zugeordnet sowie
in dessen Umgebung angeordnet sind und der Schallgeber durch das gewichtete Summensignal
der Körperschallschwingungsaufnehmer gesteuert wird.
7. Anordnung nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Körperschallschwingungsaufnehmer
(72.1, 72.2) an verschiedenen, in einer Ecke oder einer Kante aufeinanderstoßenden
Wänden (74.1, 74.2) angeordnet sind.
8. Anordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß der Körperschallschwingungsaufnehmer
und der Schallgeber eine kompakte Einheit bilden.