(19)
(11) EP 0 536 548 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
14.04.1993  Patentblatt  1993/15

(21) Anmeldenummer: 92115374.8

(22) Anmeldetag:  09.09.1992
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5G10K 11/16
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE FR GB IT

(30) Priorität: 09.10.1991 DE 4133407

(71) Anmelder: Daimler-Benz Aerospace Aktiengesellschaft
D-81663 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Bschorr, Oskar, Dr.
    W-8000 München 80 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Anordnung zur Kompensation des Schalldurchganges


    (57) Die Erfindung betrifft eine Anordnung zur Kompensation des Schalldurchganges durch eine Wand (14) unter Verwendung von Schallgebern (11), mittels welchen den von der Wand abgestrahlten Schallwellen gegenphasig ausgesendete Schallwellen überlagert werden. Dazu ist an der Wand mindestens ein Körperschallschwingungsaufnehmer (12) angeordnet, welcher die Schwingungen der Wand senkrecht zur Wandfläche erfaßt. Zumindest auf der Seite der Wand, die der ursächlichen Schallbelastung gegenüberliegt, sind eine Vielzahl von Schallgebern (11) über die Wandfläche verteilt angeordnet. Jeder Schallgeber ist so aufgebaut, daß er Volumenänderungen erzeugen kann; die Ansteuerung durch den Körperschallschwingungsaufnehmer (12) erfolgt in der Art, daß die durch die schwingende Wand verursachten Volumenänderungen des Luftraumes im Bereich um den Schallgeber (11) durch die von dem Schallgeber (11) im gleichen Bereich verursachten Volumenänderungen zeitgleich kompensiert werden.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft eine Anordnung zur Kompensation des Schalldurchganges durch eine Wand, an der mindestens ein Körperschallschwingungsaufnehmer angeordnet ist, welcher die Schwingungen der Wand senkrecht zur Wandfläche erfaßt, wobei zumindest auf der Seite der Wand, die der ursächlichen Schallbelastung gegenüberliegt, eine Vielzahl von Schallgebern über die Wandfläche verteilt angeordnet sind, welche Änderungen ihres Volumens erzeugen können und durch den Körperschallschwingungsaufnehmer derart gesteuert wird, daß die durch die schwingende Wand verursachten Volumenänderungen des Luftraumes im Bereich um den Schallgeber durch die von den Schallgeber im gleichen Bereich verursachten Volumenänderungen zeitgleich kompensiert werden.

    [0002] Die Verwendung von Antischall zur Auslöschung unerwünschter Luftschallfelder ist allgemein bekannt. Das Prinzip beruht im wesentlichen darauf, daß die störenden Schallwellen im Bereich der zu schützenden Umgebung detektiert werden und mittels Antischallgeber, welche über einen Regelkreis mit den Detektoren verbunden sind, durch Interferenz ausgelöscht werden. Ein einfacher Antischallgeber, bei dem die Sensormembran und die Antigeberschallquelle identisch sind, ist beispielsweise aus der DE-PS 28 14 093 C2 bekannt. Mit einem derartigen Antischallgeber ließe sich auch grundsätzlich der durch eine Trennwand hindurchgehende Restschall auslöschen. Derartige Anwendungen wären z.B. in einem Fahr- oder Flugzeug gegeben, bei welchem an der Außenzelle ein hoher Lärmpegel anliegt. Die natürliche Eigendämmung der Wand schirmt davon einen großen Teil bereits ab, wobei im oberen Frequenzbereich die Dämmung aufgrund der Wandmasse im allgemeinen ausreichend ist. Im unteren Frequenzbereich ergeben sich jedoch Defizite. Eine andere Anwendung wäre z.B. in Wohnungen gegeben, wobei die Wohnungswände oder Decken ebenfalls bei tieferen Frequenzen nur eine ungenügende Schalldämmung besitzen. Eine Verbesserung der Schalldämmung durch Erhöhung des Wandgewichtes ist nur begrenzt möglich, zumal eine Verbesserung der Dämmung um 6 dB jeweils eine Verdopplung der Wandmasse erfordert.

    [0003] Es gibt auch Vorschläge zur aktiven Steuerung von Wänden, wobei an eine Wand Schwingungserreger angebracht werden, mit denen die an der Wand anliegenden Schalldruckkräfte neutralisiert werden. Nachteilig bei diesem System ist jedoch die große seismische Masse, die zur Abstützung der Reaktionskräfte notwendig ist. Außerdem neigen die dazu notwendigen Regelkreise zu Instabilitäten, da ja die Wandschwingungen auf Null geregelt werden sollen und somit nur eine geringe Eingangsgröße zur Verfügung steht.

    [0004] Weiterhin ist aus der EP 0 390 560 A2 eine Einrichtung zur Geräuschunterdrückung für einen seismischen Vibrator bekannt, bei der der von einer Vibratorplatte abgestrahlte Luftschall durch Lautsprecher kompensiert wird, die von einer mittels Schwingungsaufnehmer gesteuerten Regelung angesteuert werden. Die Schwingungsaufnehmer sitzen jedoch auf der aktiv erregten Vibratorplatte; eine Übertragung dieser Einrichtung auf passive Wände ist hier weder erwähnt, noch wäre dies mit der aufwendigen Regelung zweckmäßig.

    [0005] Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, den Schalldurchgang durch eine passive Wand mittels Schallgeber auf einfacher zu steuernde Weise so wirkungsvoll zu kompensieren, daß der hinter der Wand liegende Raum vor einer vor der Wand liegenden Schallquelle abgeschirmt ist.

    [0006] Die Lösung dieser Aufgabe gelingt durch eine nach den Merkmalen des Patentanspruches 1 ausgebildete Anordnung.

    [0007] Bei dieser Anordnung werden im Gegensatz zu bekannten Antischallsystemen direkt die senkrecht zur Wandfläche verlaufenden Schwingungen der Wand durch Körperschallschwingungsaufnehmer erfaßt und damit die unmittelbar in der Nähe angeordneten Schallgeber angesteuert. Die Verstärkung sowie Phasenverschiebung des Sensorssignals ist dabei so, daß die durch die schwingende Wand verursachten Volumenänderungen des Luftraumes im Bereich um den Schallgeber durch eine entgegengesetzte, von dem Schallgeber verursachte Volumenänderung kompensiert wird. Aufgrund der natürlichen Wanddämmung sind auf der Immissionsseite, d.h. der Seite der Wand, die vor Lärm zu schützen ist, sehr viel kleinere Antischallschwingungen notwendig. Dies verkleinert einmal die erforderlichen Schallgeber, zum anderen kann dadurch die Rückwirkung des Antischalls auf die Wand gegenüber dem Schalldruck auf der Quellenseite vernachlässigt werden. Weiterhin vereinfacht sich dadurch die Steuerung der Schallgeber auf einen einfachen Proportionalverstärker mit Filterkorrektur.

    [0008] Je nach Art der Wand und der angeregten Wandschwingungen können die Schallgeber vor der Wand entweder durch einen oder mehrere Körperschallschwingungsaufnehmer angesteuert werden. Der Abstand je zweier benachbarter Schallgeber sollte die Hälfte der kleinsten zu kompensierenden Schallwellenlänge nicht überschreiten; da die Dämmung normaler Wände bei Frequenzen unterhalb von ca. 300 Hz deutlich nachläßt, sollte daher der Abstand benachbarter Schallgeber höchstens 50 cm betragen. Bei ausgedehnten Wandflächen können die Schallgeber in gleichen Rasterabständen oder entsprechend der Wandschwingung gewichtet über die Wand angebracht werden. Je geringer der Rasterabstand im Verhältnis zu der auszulöschenden Schallwellenlänge ist, desto größer ist die maximal erreichbare Schallauslöschung.

    [0009] Im einfachsten Fall können die einzelnen Systeme aus Körperschallschwingungsaufnehmer und Schallgeber autonom sein; wobei sich eine Verbesserung der Wirkung jedoch noch dadurch erzielen läßt, daß die Signale benachbarter Systeme zur Steuerung jedes Schallgebers mit einbezogen werden.

    [0010] Da die Abstrahlung von Schallwellen in Ecken oder Kanten von einander zulaufenden Wänden schwierig vorausberechenbar ist, kann es zweckmäßig sein, einen in einer Ecke oder Kante angebrachten Schallgeber durch mehrere, an jeder der benachbarten Wände angeordnete Körperschallschwingungsaufnehmer zu steuern, wozu deren gewichtetes Summensignal herangezogen wird.

    [0011] Es ist auch möglich, die Energieversorgung der Schallgeber aus den sich bewegenden Wänden, wie z.B. bei Fahr- oder Flugzeugen zu ziehen. Hierbei kann es sich z.B. um einen analogen Aufzugsmechanismus handeln, wie er bei Armbanduhren realisiert wird. Auch können tieffrequente Schwingungen der Wand dazu verwendet werden, in einem elektrodynamischen System elektrische Leistungen zu erzeugen, die dann gespeichert und zur Energieversorgung des Schallgebersystems verwendet werden. Eine solche Anordnung wäre dann auch energiemäßig völlig autonom.

    [0012] Die Erfindung wird im folgenden anhand einiger, in den Figuren teilweise schematisch dargestellter Ausführungsbeispiele näher beschrieben. Es zeigen

    Fig. 1 ein Antischallsystem für eine passive Wand ,

    Fig. 2 ein Antischallsystem mit in Resonanz betriebenem Schallgeber,

    Fig. 3 eine Wandfläche mit gleichmäßig angeordneten Anitschallsystemen,

    Fig. 4 eine Wandfläche mit linienförmig angeordneten Antischallsystemen und

    Fig. 5 ein Antischallsystem bei einer Wandkante.



    [0013] Anhand des in Fig. 1 dargestellten Ausführungsbeispieles wird die Funktionsweise eines Antischallsystems 10 beschrieben. Dieses besteht aus einem Schallgeber 11 und aus einem Körperschallschwingungsaufnehmer 12, z.B. einem Beschleunigungsaufnehmer. Das Antischallsystem 10 ist an der, der Schallquelle 15 gegenüberliegenden Wandseite 14.1 der Wand 14 angebracht, so daß der daran angerenzende Raum vor dem durch die Wand hindurchgehenden Restschall geschützt wird. Das Schallfeld der Schallquelle 15 regt die Wand zu Schwingungen an, wobei die Innenwand 14.1 diese Schwingungen abstrahlt. Die senkrecht zur Wandfläche 14.1 verlaufenden Wandschwingungen werden durch den Körperschallschwingungsaufnehmer 12 erfaßt und mit dessen Ausgangssignal der Schallgeber 11 so angesteuert, daß er die Schallabstrahlung der Innenwand 14.1 in seiner Umgebung gerade kompensiert.

    [0014] In Fig. 2 ist das Ersatzschaltbild für ein Antischallsystem 40 dargestellt, bei welchem der Schallgeber 41 aus einem Resonanzschwinger mit einem Kolben 45 der Masse m und der Fläche A, einer Feder 46 mit der Federkonstante c und einem Dämpfer 47 der Dämpfungskonstante k besteht. Dieses Ersatzschaltbild gilt in einfachster Weise auch für einen Lautsprecher oder eine schwingende Platte. Der Kolben 45 kann durch einen Kraftgeber 48 mit der Kraft F(t) angetrieben werden (t = Zeit). An der zu kompensierenden Wand 44 sitzt ein Körperschallschwingungsaufnehmer 42, z.B. ein Beschleunigungsaufnehmer, der die normale Wandbeschleunigung s(t) aufnimmt. Ein solches resonantes Antischallsystem 40 ist besonders zur Kompensation von periodischem Lärm oder bei ausgeprägten Wandresonanzen vorteilhaft. Dabei wird die Resonanzfrequenz ωo des Resonators auf die auszulöschende Lärmfrequenz abgestimmt. Um mit minimalem Kraftaufwand F(t) und damit kleineren Baugröße auszukommen, lautet die Steuervorschrift für die Kraft F(t)


    wobei y, : y2 : y3 = c : k : m sein soll.

    [0015] s(t) ist die normale Schwinggeschwindigkeit und s(t) der Schwingungsausschlag der Wand. s(t) und s(t) können durch Integration aus der Beschleunigung s(t) gebildet werden.

    [0016] Um den ganzen Frequenzbereich nach diesem Arbeitsprinzip abzudecken, sind mehrere, auf verschiedene Resonanzfrequenzen abgestimmte Antischallsysteme 40 einzusetzen, wobei jedes dieser Systeme nur das resonanznahe Frequenzband kompensiert.

    [0017] Die Fig. 3 und 4 zeigen verschiedene Anordnungen von Antischallsystemen an ausgedehnten Wandflächen. In Fig. 3 sind die Antischallsysteme 50 in gleichmäßigem Raster mit Abständen von kleiner X/2 der kleinsten zu kompensierenden Schallwellenlänge über die Wandfläche verteilt. Bei Verwendung von linienförmig angeordneten Schallgebern können die Antischallsysteme 60 gemäß Fig. 4 ebenfalls mit Abständen von kleiner X/2 nebeneinander angeordnet sein.

    [0018] In Fig. 5 ist ein Antischallsystem 70 in einer Wandkante dargestellt. Dieses besteht aus einem Schallgeber 71 und zwei normal in den zusammenstoßenden Wandflächen 74.1 und 74.2 angebrachten Körperschallschwingungsaufnehmern 72.1 und 72.2. Als Steuersignal für den Schallgeber 71 dient das gewichtete Summensignal der Körperschallschwingungsaufnehmer 72.1 und 72.2.

    [0019] Doppel- oder Mehrfachwände werden in gleicher Weise wie Einfachwände behandelt. Jeweils die der zu schützenden Seite zugewandte Wandfläche einer Doppel- oder Mehrfachwand wird mit Antischallsystemen der oben gezeigten Art versehen.


    Ansprüche

    1. Anordnung zur Kompensation des Schalldurchganges durch eine Wand, an der mindestens ein Körperschallschwingungsaufnehmer angeordnet ist, welcher die Schwingungen der Wand senkrecht zur Wandfläche erfaßt, wobei zumindest auf der Seite der Wand, die der ursächlichen Schallbelastung gegenüberliegt, eine Vielzahl von Schallgebern über die Wandfläche verteilt angeordnet sind, welche Änderungen ihres Volumens erzeugen können und durch den Körperschallschwingungsaufnehmer derart gesteuert wird, daß die durch die schwingende Wand verursachten Volumenänderungen des Luftraumes im Bereich um den Schallgeber durch die von den Schallgeber im gleichen Bereich verursachten Volumenänderungen zeitgleich kompensiert werden dadurch gekennzeichnet, daß zumindest ein Teil der Schallgeber einer Wand als Resonator (41) mit der Schwingmasse m, der Dämpfung k und der Feder c ausgebildet ist, der entsprechend der normalen Wandbeschleunigung s(t), der Wandschwinggeschwindigkeit s(t) und dem Schwingweg s(t) durch die Steuerkraft F(t) = γ1 s(t) + γ2 s(t) + y3 s(t) angetrieben wird, wobei die Koeffizienten γ1, 'Y3 nach der Relation y1 : y3 = c : m eingestellt sind.
     
    2. Anordnung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß je ein Schallgeber (50, 60) im Abstand von maximal X/2 von weiteren Schallgebern gleichmäßig umgeben ist, wobei λ die kleinste der zu kompensierenden Schallwellenlängen ist.
     
    3. Anordnung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Abstand je zweier benachbarter Schallgeber (50, 60) höchstens 50 cm beträgt.
     
    4. Anordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß zumindest ein Teil der als Resonatoren (41) ausgebildeten Schallgeber einer Wand eine Resonanzfrequenz aufweist, welche auf eine zu kompensierende Wandresonanz oder eine dominierende Arbeitsfrequenz abgestimmt ist.
     
    5. Anordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Resonatoren (41) auf unterschiedliche Frequenzen abgestimmt sind.
     
    6. Anordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß mehrere Körperschallschwingungsaufnehmer (72.1, 72.2) einem Schallgeber (71) zugeordnet sowie in dessen Umgebung angeordnet sind und der Schallgeber durch das gewichtete Summensignal der Körperschallschwingungsaufnehmer gesteuert wird.
     
    7. Anordnung nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Körperschallschwingungsaufnehmer (72.1, 72.2) an verschiedenen, in einer Ecke oder einer Kante aufeinanderstoßenden Wänden (74.1, 74.2) angeordnet sind.
     
    8. Anordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß der Körperschallschwingungsaufnehmer und der Schallgeber eine kompakte Einheit bilden.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht