[0001] Die Erfindung betrifft Hybridgarn aus Polyamidfasern und Verstärkungsfasern. Hybridgarne,
in denen Thermoplastfasern und Verstärkungsfasern innig vermischt sind, werden in
den letzten Jahren in zunehmendem Maße zur Herstellung von Hochleistungsverbundwerkstoffen
verwendet. Die Hybridgarne sowie daraus hergestellte Flächengebilde sind sehr flexibel
und deshalb beliebig verformbar. Wenn man sie durch Verpressen bei Temperaturen oberhalb
des Erweichungspunktes des Thermoplasten konsolidiert, schmilzt dieser und bildet
eine Matrix, in der die Verstärkungsfasern in Vorzugsrichtung orientiert eingelagert
sind.
[0002] In der EP-B 156 599 ist ein Verfahren zur Herstellung von Hybridgarn aus Kohlenstoffasern
und Thermoplastfasern beschrieben, bei dem die beiden Faserarten gespreizt, durch
Zusammenführen über Rollen oder Stäben miteinander vermischt und das Mischgarn anschließend
gegebenenfalls durch ein weiteres Thermoplastgarn umwickelt wird. Ein solches Umwickeln
bewirkt einen guten Fadenschluß, so daß das Garn auch ohne zusätzliches Aufbringen
einer Schlichte problemlos gewoben werden kann. Hybridgarn auf Basis der in den Beispielen
von EP-B 156 599 genannten Thermoplasten ist nicht zur Herstellung von kostengünstigen
und leicht verarbeitbaren Hochleistungsverbundwerkstoffen geeignet. Dies ist jedoch
grundsätzlich mit Polyamiden möglich, die in der Beschreibung der EP-B 156 599 neben
vielen anderen ebenfalls genannt sind. Versucht man, aus den üblichen hoch- und mittelviskosen
Polyamidfasern Hybridgarne herzustellen, so zeigt sich, daß die für die Konsolidierung
zum Verbundwerkstoff benötigte Zeit verhältnismäßig lang ist, und daß einige mechanische
Eigenschaften der Verbundwerkstoffe, insbesondere die Querzugfestigkeit, ein zu niedriges
Niveau haben.
[0003] Der Erfindung lag also die Aufgabe zugrunde, ein Hybridgarn bereitzustellen, welches
diese Nachteile nicht aufweist.
[0004] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß man bei der Herstellung von
Hybridgarn aus Polyamidfasern und Verstärkungsfasern ein extrem niedrigviskoses Polyamid
einsetzt.
[0005] Gegenstand der Erfindung ist demzufolge ein Hybridgarn aus Polyamidfasern A und Verstärkungsfasern
B, in dem die Einzelfilamente der beiden Faserarten vermischt sind, und welches von
einem Polyamidgarn A' umwickelt ist, wobei das Polyamid A eine Schmelzviskosität von
weniger als 220 Pa·s aufweist (gemessen nach DIN 54 811 bei einer Schergeschwindigkeit
von 100 s⁻¹ und bei einer Temperatur, die 30°C über dem Schmelzpunkt bzw. der Glastemperatur
des Polyamids liegt).
[0006] In der GB-A 2 105 247 sind Faserverbundwerkstoffe beschrieben, die hergestellt werden
durch Umwickeln eines Faserkerns aus Verstärkungsfasern mit einem thermoplastischen
Umwindegarn. Im Beispiel 2 besteht der Kern aus einem Kohlenstoffasergarn und zwei
Enden eines Nylon-Multifilamentgarns, als Umwindegarn wird ebenfalls ein Nylon-Multifilamentgarn
eingesetzt. Im Faserkern liegen die drei Multifilamentgarne nebeneinander angeordnet
vor; eine Vermischung der Einzelfilamente hat nicht stattgefunden, der Faserverbundwerkstoff
weist deshalb ein niedriges mechanisches Eigenschaftsniveau auf.
[0007] Bevorzugte Verstärkungsfasern B sind Kohlenstoffasern und Glasfasern. Daneben sind
auch Fasern aus keramischen Materialien, Siliciumcarbid und Bornitrid geeignet, sowie
solche aus Polymeren mit einem Erweichungspunkt, der mehr als 70°C über dem Erweichungspunkt
des Polyamids A liegt, zum Beispiel aus Polyetherketon oder vollaromatischen Polyamiden.
[0008] Für die Polyamidfasern A können die üblichen aliphatischen oder teilaromatischen
Homo- und Copolyamide eingesetzt werden, bevorzugt Polyamid-6 und Polyamid-6.6. Daneben
sind auch Polyamid-6,6 T, Polyamid-6,10, Polyamid-10, und ein Polyamid aus Adipinsäure
und 1,3-Xylylendiamin sowie Copolyamide auf Basis der entsprechenden Monomeren geeignet.
[0009] Die Polyamide A weisen erfindungsgemäß eine Schmelzeviskosität von weniger als 220,
vorzugsweise von weniger als 180 Pa·s auf, gemessen nach DIN 54 811 bei einer Schergeschwindigkeit
von 100 s⁻¹ und bei einer Temperatur, die 30°C über dem Schmelzpunkt (bei teilkristallinen
Polyamiden) bzw. über der Glastemperatur (bei amorphen Polyamiden) des Polymeren liegt.
[0010] Die Hybridgarne werden vorzugsweise nach EP-B 156 599 hergestellt, indem man die
beiden Faserarten getrennt voneinander durch Anblasen mit Luft spreizt und dann durch
Zusammenführen über Rollen oder Stäbe vermischt. Das Spreizen kann grundsätzlich auch
durch einen Flüssigkeitsstrahl, durch elektrostatische Aufladung oder durch Separieren
der Einzelfilamente durch Kämme erfolgen. Bei den bisher genannten Arbeitsweisen erhält
man eine innige Vermischung der Einzelfilamente, so daß im Mischgarn Thermoplast-
und Verstärkungsfasern gleichmäßig statistisch verteilt sind. Eine solche innige Vermischung
ist aber nicht für alle Anwendungszwecke notwendig; man kann auch auf das Spreizen
der Ausgangsfasern verzichten und diese nach einfachen Methoden vermischen, z.B. indem
man sie zusammen über Rollen oder Stäbe zieht oder gemeinsam in einem Luftstrom verwirbelt.
[0011] Wesentlich ist, daß das Hybridgarn nach dem Vermischen der Polyamid- und Verstärkungsfasern
umwickelt wird. Dafür wird ein Polyamidgarn A' verwendet, wobei vorzugsweise das gleiche
Polyamid wie bei der Polyamidfaser A eingesetzt wird. Es kann aber auch ein andersartiges
Polyamid verwendet werden; grundsätzlich auch ein Polyamid, dessen Schmelzviskosität
über 220 Pa·s liegt. Das Umwindegarn soll vorzugsweise einen Titer von 40 bis 100
dtex aufweisen.
[0012] Die Mengenverhältnisse sollen vorzugsweise so gewählt werden, daß im fertigen Hybridgarn
26 bis 80 Gew. -% Polyamidfasern A, 20 bis 75 Gew.-% Verstärkungsfasern B und 0,2
bis 3 Gew.-% Umwindegarn A' enthält.
[0013] Das erfindungsgemäße Hybridgarn kann ohne zusätzliches Aufbringen einer Schlichte
zu Geweben, Gewirken oder Geflechten verarbeitet werden. Mehrere Garne können parallel
zu Gelegen oder Bändern abgelegt werden, wobei mehrere solcher Gelege parallel oder
in vorbestimmten Winkeln zueinander gestapelt werden können. Ferner kann man die Garne
über Kerne zu Rohren wickeln. Diese Halbzeuge können dann durch Verpressen bei Temperaturen
oberhalb des Erweichungspunktes des Polyamids zu Verbundwerkstoffen konsolidiert und
gegebenenfalls verformt werden. Dabei ist es zweckmäßig, vorher auf das Halbzeug eine
Schlichte aufzubringen, wodurch die Konsolidierungszeit verkürzt werden kann. Diese
ist vorzugsweise eine wäßrige Dispersion eines Thermoplasten, der mit dem Polyamid
A verträglich ist.
[0014] Aus den Verbundwerkstoffen auf Basis des erfindungsgemäßen Hybridgarn können hochbelastbare
Gebrauchsartikel hergestellt werden, die z.B. Tennisschlägerrahmen, Baseball- und
Hockeyschläger, Rahmen für Badminton- und Squash-Schläger, sowie Farradrahmen.
[0015] Die in den Beispielen genannten Teile und Prozente beziehen sich auf das Gewicht.
Beispiele
Allgemeine Versuchsdurchführung:
[0016] Ultramid®B, ein Polyamid 6 der BASF AG, mit unterschiedlicher Schmelzeviskosität,
wurde durch ein einstufiges Spinnstreckverfahren zu einem Multifilamentgarn aus 184
Filamenten mit insgesamt 217 tex versponnen. Zwei dieser Garne wurden zusammen mit
einem Celion® G30-500 Kohlenstoffasergarn der Firma Celion Carbon Fibers, bestehend
aus 12000 einzelnen Kohlenstoffilamenten, wie in EP 156 599 beschrieben, miteinander
innig vermischt, indem die einzelnen Multifilamentgarne durch Anblasen mit Luft gespreizt
und dann gemeinsam über und unter zwei Stäben zusammengeführt wurden. Anschließend
werden sie mit einem 6 tex starken Hilfsgarn (bestehend aus 12 Einzelfilamenten) aus
Ultramid®B (Schmelzeviskosität 260 Pa·s) umwunden. Die Umwindungsrate des Hilfsgarns
betrug 150 Umdrehungen/m des entstehenden Hybridgarnes. Das Produkt wies eine gleichmäßige
Verteilung von Thermoplast- und Kohlenstoffasern auf, es enthielt
64,1 % Kohlenstoffasern
34,8 % Polyamidfasern A
1,1 % Umwindegarn A'.
[0017] Einige Proben des Hybridgarns wurden dann durch eine wäßrige Schlichtedispersion
geführt, die aus einer alkoholischen Lösung eines Terpolyamids (ELVAMID 8063 von DuPont)
hergestellt wurden. Dabei wurden 0,6 % Schlichte aufgetragen. In der folgenden Tabelle
sind diese Versuche mit (S) gekennzeichnet.
[0018] Anschließend wurde aus dem so hergestellten hybridisierten und umwundenen Garn ein
konsolidierter Probekörper hergestellt. Um eine möglichst unidirektionale Ausrichtung
der Verstärkungsfasern zu erhalten, wurde das hybridisierte Garn auf eine Metall-Haspel
gewickelt, die innen eine freie Fläche von 220 mm x 270 mm hatte. Es wurden insgesamt
sechs Lagen (drei auf jeder Seite) gewickelt und danach wurde die Haspel zwischen
zwei dafür konstruierte Stahlwerkzeuge gelegt, die Druck und Wärme auf das gewickelte
Hybridgarn übertragen sollten. Die Konsolidierung des Hybridgarns erfolgte in einer
heißen Presse.
[0019] Zuerst wurde das Werkzeug in die auf die Temperatur T vorgeheizten Presse gelegt
und bei einem Druck von 5.5 bar 15 Minuten lang belassen, damit das hybridisierte
Garn auf T erhitzt wurde. Danach wurde der Druck auf 14 bar innerhalb einer Minute
erhöht und dieser Druck für Z Minuten gehalten. Anschließend wurde das Werkzeug 10
Minuten lang in derselben Presse abgekühlt, indem Kühlkassetten zwischen dem Hybridgarnwerkzeug
und den Preßbacken eingeschoben wurden. Eine 2 mm starke, konsolidierte Platte mit
einer glatten porenfreien Oberfläche wurde beim Öffnen des Werkzeugs vorgefunden.
[0020] Um die Anbindung der Polyamidmatrix an die Kohlenstoffasern zu prüfen, wurde das
Material einer 90°-Zugprüfung nach SAC-MA 4-88 unterzogen. Hierfür wurde die 2 mm
starke Platte zu 25 mm x 210 mm großen Probekörpern mit einer Diamantsäge zerschnitten,
wobei auf die genaue parallele Ausrichtung der Verstärkungsfasern zur 25 mm langen
Seite der Probekörpern geachtet wurde. Die Zugfestigkeit ist in der Tabelle wiedergegeben.
Tabelle
Beispiel |
Viskosität [Pa·s] |
T [°C] |
Z [min] |
Zugfestgkeit [MPa] |
1 |
260 |
260 |
20 |
48.4 |
2 |
260 |
260 |
5 |
27.4 |
3 |
130 |
260 |
20 |
63.2 |
3S |
130 |
260 |
20 |
64.0 |
4 |
130 |
260 |
5 |
44.2 |
4S |
130 |
260 |
5 |
60.3 |
5 |
130 |
270 |
5 |
49.8 |
5S |
130 |
270 |
5 |
63.8 |
6 |
130 |
240 |
20 |
44.8 |
[0021] Die Beispiele 1 und 2 sind nicht erfindungsgemäß.
1. Hybridgarn aus Polyamidfasern A und Verstärkungsfasern B, in dem die Einzelfilamente
der beiden Faserarten vermischt sind, und welches von einem Polyamidgarn A' umwickelt
ist, dadurch gekennzeichnet, daß das Polyamid A eine Schmelzviskosität von weniger
als 220 Pa·s aufweist (gemessen nach DIN 54 811 bei einer Schergeschwindigkeit von
100 s⁻¹ und bei einer Temperatur, die bei 30°C über dem Schmelzpunkt bzw. der Glastemperatur
des Polyamids liegt).
2. Hybridgarn nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet daß das Polyamid A ein Polyamid-6
mit einer Schmelzeviskosität von weniger als 180 Pa·s ist.
3. Hybridgarn nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Polyamid A ein Polyamid-6,6
mit einer Schmelzeviskosität von weniger als 180 Pa·s ist.
4. Hybridgarn nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß Polyamid A und Polyamid A'
identische Polymere sind.
5. Hybridgarn nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Verstärkungsfasern B Kohlenstoffasern
sind.
6. Hybridgarn nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Verstärkungsfasern B Glasfasern
sind.
7. Gelege, Wickelkörper, Gewebe, Gewirke oder Geflecht, hergestellt aus dem Hybridgarn
nach Anspruch 1.
8. Gelege, Wickelkörper, Gewebe, Gewirke oder Geflecht nach Anspruch 7, gekennzeichnet
durch eine nach ihrer Herstellung aus dem Hybridgarn aufgebrachte Schlichte.
9. Verbundwerkstoff, hergestellt aus einem Gelege, Wickelkörper, Gewebe, Gewirke oder
Geflecht nach Anspruch 7 durch Konsolidieren.
10. Verbundwerkstoff nach Anspruch 9 in Form eines Sportartikels, insbesondere eines Tennisschlägerrahmens.