(19)
(11) EP 0 542 070 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
19.05.1993  Patentblatt  1993/20

(21) Anmeldenummer: 92118673.0

(22) Anmeldetag:  31.10.1992
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5D02G 3/40
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE FR GB IT LI NL

(30) Priorität: 14.11.1991 DE 4137406

(71) Anmelder: CYTEC TECHNOLOGY CORP.
West Paterson New Jersey 07424 (US)

(72) Erfinder:
  • Vogelsang, Joerg, Dr.
    W-6721 Harthausen (DE)
  • Greening, Giorgio, Dr.
    W-6101 Rossdorf (DE)
  • Laws, Regina
    W-6940 Weinheim (DE)
  • Ittemann, Peter, Dr.
    W-6800 Mannheim 31 (DE)

(74) Vertreter: Diehl, Hermann O. Th., Dr. et al
Diehl, Glaeser, Hiltl & Partner Patentanwälte Postfach 19 03 65
80603 München
80603 München (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Hybridgarn aus Polyamidfasern und Verstärkungsfasern


    (57) Die Erfindung betrifft ein Hybridgarn aus Verstärkungsfasern und matrixbildenden Thermoplastfasern aus niedrigviskosem Polyamid, in dem die Einzelfilamente der beiden Faserarten vermischt sind, und welches mit einem weiteren Polyamidgarn umwickelt ist. Sie betrifft ferner Gelege, Gewebe, Gewirke, Geflechte und Wickelkörper aus diesem Hybridgarn sowie daraus durch Konsolidieren hergestellte Faserverbundwerkstoffe.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft Hybridgarn aus Polyamidfasern und Verstärkungsfasern. Hybridgarne, in denen Thermoplastfasern und Verstärkungsfasern innig vermischt sind, werden in den letzten Jahren in zunehmendem Maße zur Herstellung von Hochleistungsverbundwerkstoffen verwendet. Die Hybridgarne sowie daraus hergestellte Flächengebilde sind sehr flexibel und deshalb beliebig verformbar. Wenn man sie durch Verpressen bei Temperaturen oberhalb des Erweichungspunktes des Thermoplasten konsolidiert, schmilzt dieser und bildet eine Matrix, in der die Verstärkungsfasern in Vorzugsrichtung orientiert eingelagert sind.

    [0002] In der EP-B 156 599 ist ein Verfahren zur Herstellung von Hybridgarn aus Kohlenstoffasern und Thermoplastfasern beschrieben, bei dem die beiden Faserarten gespreizt, durch Zusammenführen über Rollen oder Stäben miteinander vermischt und das Mischgarn anschließend gegebenenfalls durch ein weiteres Thermoplastgarn umwickelt wird. Ein solches Umwickeln bewirkt einen guten Fadenschluß, so daß das Garn auch ohne zusätzliches Aufbringen einer Schlichte problemlos gewoben werden kann. Hybridgarn auf Basis der in den Beispielen von EP-B 156 599 genannten Thermoplasten ist nicht zur Herstellung von kostengünstigen und leicht verarbeitbaren Hochleistungsverbundwerkstoffen geeignet. Dies ist jedoch grundsätzlich mit Polyamiden möglich, die in der Beschreibung der EP-B 156 599 neben vielen anderen ebenfalls genannt sind. Versucht man, aus den üblichen hoch- und mittelviskosen Polyamidfasern Hybridgarne herzustellen, so zeigt sich, daß die für die Konsolidierung zum Verbundwerkstoff benötigte Zeit verhältnismäßig lang ist, und daß einige mechanische Eigenschaften der Verbundwerkstoffe, insbesondere die Querzugfestigkeit, ein zu niedriges Niveau haben.

    [0003] Der Erfindung lag also die Aufgabe zugrunde, ein Hybridgarn bereitzustellen, welches diese Nachteile nicht aufweist.

    [0004] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß man bei der Herstellung von Hybridgarn aus Polyamidfasern und Verstärkungsfasern ein extrem niedrigviskoses Polyamid einsetzt.

    [0005] Gegenstand der Erfindung ist demzufolge ein Hybridgarn aus Polyamidfasern A und Verstärkungsfasern B, in dem die Einzelfilamente der beiden Faserarten vermischt sind, und welches von einem Polyamidgarn A' umwickelt ist, wobei das Polyamid A eine Schmelzviskosität von weniger als 220 Pa·s aufweist (gemessen nach DIN 54 811 bei einer Schergeschwindigkeit von 100 s⁻¹ und bei einer Temperatur, die 30°C über dem Schmelzpunkt bzw. der Glastemperatur des Polyamids liegt).

    [0006] In der GB-A 2 105 247 sind Faserverbundwerkstoffe beschrieben, die hergestellt werden durch Umwickeln eines Faserkerns aus Verstärkungsfasern mit einem thermoplastischen Umwindegarn. Im Beispiel 2 besteht der Kern aus einem Kohlenstoffasergarn und zwei Enden eines Nylon-Multifilamentgarns, als Umwindegarn wird ebenfalls ein Nylon-Multifilamentgarn eingesetzt. Im Faserkern liegen die drei Multifilamentgarne nebeneinander angeordnet vor; eine Vermischung der Einzelfilamente hat nicht stattgefunden, der Faserverbundwerkstoff weist deshalb ein niedriges mechanisches Eigenschaftsniveau auf.

    [0007] Bevorzugte Verstärkungsfasern B sind Kohlenstoffasern und Glasfasern. Daneben sind auch Fasern aus keramischen Materialien, Siliciumcarbid und Bornitrid geeignet, sowie solche aus Polymeren mit einem Erweichungspunkt, der mehr als 70°C über dem Erweichungspunkt des Polyamids A liegt, zum Beispiel aus Polyetherketon oder vollaromatischen Polyamiden.

    [0008] Für die Polyamidfasern A können die üblichen aliphatischen oder teilaromatischen Homo- und Copolyamide eingesetzt werden, bevorzugt Polyamid-6 und Polyamid-6.6. Daneben sind auch Polyamid-6,6 T, Polyamid-6,10, Polyamid-10, und ein Polyamid aus Adipinsäure und 1,3-Xylylendiamin sowie Copolyamide auf Basis der entsprechenden Monomeren geeignet.

    [0009] Die Polyamide A weisen erfindungsgemäß eine Schmelzeviskosität von weniger als 220, vorzugsweise von weniger als 180 Pa·s auf, gemessen nach DIN 54 811 bei einer Schergeschwindigkeit von 100 s⁻¹ und bei einer Temperatur, die 30°C über dem Schmelzpunkt (bei teilkristallinen Polyamiden) bzw. über der Glastemperatur (bei amorphen Polyamiden) des Polymeren liegt.

    [0010] Die Hybridgarne werden vorzugsweise nach EP-B 156 599 hergestellt, indem man die beiden Faserarten getrennt voneinander durch Anblasen mit Luft spreizt und dann durch Zusammenführen über Rollen oder Stäbe vermischt. Das Spreizen kann grundsätzlich auch durch einen Flüssigkeitsstrahl, durch elektrostatische Aufladung oder durch Separieren der Einzelfilamente durch Kämme erfolgen. Bei den bisher genannten Arbeitsweisen erhält man eine innige Vermischung der Einzelfilamente, so daß im Mischgarn Thermoplast- und Verstärkungsfasern gleichmäßig statistisch verteilt sind. Eine solche innige Vermischung ist aber nicht für alle Anwendungszwecke notwendig; man kann auch auf das Spreizen der Ausgangsfasern verzichten und diese nach einfachen Methoden vermischen, z.B. indem man sie zusammen über Rollen oder Stäbe zieht oder gemeinsam in einem Luftstrom verwirbelt.

    [0011] Wesentlich ist, daß das Hybridgarn nach dem Vermischen der Polyamid- und Verstärkungsfasern umwickelt wird. Dafür wird ein Polyamidgarn A' verwendet, wobei vorzugsweise das gleiche Polyamid wie bei der Polyamidfaser A eingesetzt wird. Es kann aber auch ein andersartiges Polyamid verwendet werden; grundsätzlich auch ein Polyamid, dessen Schmelzviskosität über 220 Pa·s liegt. Das Umwindegarn soll vorzugsweise einen Titer von 40 bis 100 dtex aufweisen.

    [0012] Die Mengenverhältnisse sollen vorzugsweise so gewählt werden, daß im fertigen Hybridgarn 26 bis 80 Gew. -% Polyamidfasern A, 20 bis 75 Gew.-% Verstärkungsfasern B und 0,2 bis 3 Gew.-% Umwindegarn A' enthält.

    [0013] Das erfindungsgemäße Hybridgarn kann ohne zusätzliches Aufbringen einer Schlichte zu Geweben, Gewirken oder Geflechten verarbeitet werden. Mehrere Garne können parallel zu Gelegen oder Bändern abgelegt werden, wobei mehrere solcher Gelege parallel oder in vorbestimmten Winkeln zueinander gestapelt werden können. Ferner kann man die Garne über Kerne zu Rohren wickeln. Diese Halbzeuge können dann durch Verpressen bei Temperaturen oberhalb des Erweichungspunktes des Polyamids zu Verbundwerkstoffen konsolidiert und gegebenenfalls verformt werden. Dabei ist es zweckmäßig, vorher auf das Halbzeug eine Schlichte aufzubringen, wodurch die Konsolidierungszeit verkürzt werden kann. Diese ist vorzugsweise eine wäßrige Dispersion eines Thermoplasten, der mit dem Polyamid A verträglich ist.

    [0014] Aus den Verbundwerkstoffen auf Basis des erfindungsgemäßen Hybridgarn können hochbelastbare Gebrauchsartikel hergestellt werden, die z.B. Tennisschlägerrahmen, Baseball- und Hockeyschläger, Rahmen für Badminton- und Squash-Schläger, sowie Farradrahmen.

    [0015] Die in den Beispielen genannten Teile und Prozente beziehen sich auf das Gewicht.

    Beispiele


    Allgemeine Versuchsdurchführung:



    [0016] Ultramid®B, ein Polyamid 6 der BASF AG, mit unterschiedlicher Schmelzeviskosität, wurde durch ein einstufiges Spinnstreckverfahren zu einem Multifilamentgarn aus 184 Filamenten mit insgesamt 217 tex versponnen. Zwei dieser Garne wurden zusammen mit einem Celion® G30-500 Kohlenstoffasergarn der Firma Celion Carbon Fibers, bestehend aus 12000 einzelnen Kohlenstoffilamenten, wie in EP 156 599 beschrieben, miteinander innig vermischt, indem die einzelnen Multifilamentgarne durch Anblasen mit Luft gespreizt und dann gemeinsam über und unter zwei Stäben zusammengeführt wurden. Anschließend werden sie mit einem 6 tex starken Hilfsgarn (bestehend aus 12 Einzelfilamenten) aus Ultramid®B (Schmelzeviskosität 260 Pa·s) umwunden. Die Umwindungsrate des Hilfsgarns betrug 150 Umdrehungen/m des entstehenden Hybridgarnes. Das Produkt wies eine gleichmäßige Verteilung von Thermoplast- und Kohlenstoffasern auf, es enthielt
    64,1 % Kohlenstoffasern
    34,8 % Polyamidfasern A
    1,1 % Umwindegarn A'.

    [0017] Einige Proben des Hybridgarns wurden dann durch eine wäßrige Schlichtedispersion geführt, die aus einer alkoholischen Lösung eines Terpolyamids (ELVAMID 8063 von DuPont) hergestellt wurden. Dabei wurden 0,6 % Schlichte aufgetragen. In der folgenden Tabelle sind diese Versuche mit (S) gekennzeichnet.

    [0018] Anschließend wurde aus dem so hergestellten hybridisierten und umwundenen Garn ein konsolidierter Probekörper hergestellt. Um eine möglichst unidirektionale Ausrichtung der Verstärkungsfasern zu erhalten, wurde das hybridisierte Garn auf eine Metall-Haspel gewickelt, die innen eine freie Fläche von 220 mm x 270 mm hatte. Es wurden insgesamt sechs Lagen (drei auf jeder Seite) gewickelt und danach wurde die Haspel zwischen zwei dafür konstruierte Stahlwerkzeuge gelegt, die Druck und Wärme auf das gewickelte Hybridgarn übertragen sollten. Die Konsolidierung des Hybridgarns erfolgte in einer heißen Presse.

    [0019] Zuerst wurde das Werkzeug in die auf die Temperatur T vorgeheizten Presse gelegt und bei einem Druck von 5.5 bar 15 Minuten lang belassen, damit das hybridisierte Garn auf T erhitzt wurde. Danach wurde der Druck auf 14 bar innerhalb einer Minute erhöht und dieser Druck für Z Minuten gehalten. Anschließend wurde das Werkzeug 10 Minuten lang in derselben Presse abgekühlt, indem Kühlkassetten zwischen dem Hybridgarnwerkzeug und den Preßbacken eingeschoben wurden. Eine 2 mm starke, konsolidierte Platte mit einer glatten porenfreien Oberfläche wurde beim Öffnen des Werkzeugs vorgefunden.

    [0020] Um die Anbindung der Polyamidmatrix an die Kohlenstoffasern zu prüfen, wurde das Material einer 90°-Zugprüfung nach SAC-MA 4-88 unterzogen. Hierfür wurde die 2 mm starke Platte zu 25 mm x 210 mm großen Probekörpern mit einer Diamantsäge zerschnitten, wobei auf die genaue parallele Ausrichtung der Verstärkungsfasern zur 25 mm langen Seite der Probekörpern geachtet wurde. Die Zugfestigkeit ist in der Tabelle wiedergegeben.
    Tabelle
    Beispiel Viskosität [Pa·s] T [°C] Z [min] Zugfestgkeit [MPa]
    1 260 260 20 48.4
    2 260 260 5 27.4
    3 130 260 20 63.2
    3S 130 260 20 64.0
    4 130 260 5 44.2
    4S 130 260 5 60.3
    5 130 270 5 49.8
    5S 130 270 5 63.8
    6 130 240 20 44.8


    [0021] Die Beispiele 1 und 2 sind nicht erfindungsgemäß.


    Ansprüche

    1. Hybridgarn aus Polyamidfasern A und Verstärkungsfasern B, in dem die Einzelfilamente der beiden Faserarten vermischt sind, und welches von einem Polyamidgarn A' umwickelt ist, dadurch gekennzeichnet, daß das Polyamid A eine Schmelzviskosität von weniger als 220 Pa·s aufweist (gemessen nach DIN 54 811 bei einer Schergeschwindigkeit von 100 s⁻¹ und bei einer Temperatur, die bei 30°C über dem Schmelzpunkt bzw. der Glastemperatur des Polyamids liegt).
     
    2. Hybridgarn nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet daß das Polyamid A ein Polyamid-6 mit einer Schmelzeviskosität von weniger als 180 Pa·s ist.
     
    3. Hybridgarn nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Polyamid A ein Polyamid-6,6 mit einer Schmelzeviskosität von weniger als 180 Pa·s ist.
     
    4. Hybridgarn nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß Polyamid A und Polyamid A' identische Polymere sind.
     
    5. Hybridgarn nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Verstärkungsfasern B Kohlenstoffasern sind.
     
    6. Hybridgarn nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Verstärkungsfasern B Glasfasern sind.
     
    7. Gelege, Wickelkörper, Gewebe, Gewirke oder Geflecht, hergestellt aus dem Hybridgarn nach Anspruch 1.
     
    8. Gelege, Wickelkörper, Gewebe, Gewirke oder Geflecht nach Anspruch 7, gekennzeichnet durch eine nach ihrer Herstellung aus dem Hybridgarn aufgebrachte Schlichte.
     
    9. Verbundwerkstoff, hergestellt aus einem Gelege, Wickelkörper, Gewebe, Gewirke oder Geflecht nach Anspruch 7 durch Konsolidieren.
     
    10. Verbundwerkstoff nach Anspruch 9 in Form eines Sportartikels, insbesondere eines Tennisschlägerrahmens.
     





    Recherchenbericht