[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens
zum Herstellen von Walzgut aus sauerstofffreiem Kupfer, insbesondere Draht in einer
Gießwalzanlage, bestehend aus Erschmelzungsanlage, einer Gießanlage mit geneigt angeordneter
mitlaufender Kokille sowie einem nachgeordneten kontinuierlichen Walzwerk.
[0002] Zur Herstellung von Kupferdraht werden seit ca. 25 Jahren Anlagen gebaut, die in
kontinuierlichem Fluß aus der flüssigen Schmelze über eine Gießmaschine mit mitlaufenden
Kokillen und über ein kontinuierliches Walzwerk mit nachgeordneter Draht-Entzunderungsstrecke
Kupferdraht erzeugen. Dieser Kupferdraht wird am Ende der Anlage zu Ringen von bis
zu 10 Tonnen aufgewickelt.
[0003] Bei der Erschmelzung, dem Vergießen und dem anschließenden Walzen nimmt der Barren
bzw. der Kupferdraht Sauerstoff auf der für manche Zwecke unschädlich ist, jedoch
für viele Verwendungszwecke, insbesondere für den Einsatz in der Elektronik sich schädlich
auswirkt. Für diese besonderen Verwendungszwecke ist es unumgänglich, den Sauerstoffgehalt
im Kupferdraht zu reduzieren oder auf Null zu bekommen. Die vorliegende Patentanmeldung
hat zum Ziel, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens zu
schaffen, mit der es möglich wird, sauerstofffreien Kupferdraht in-line in einer gattungsgemäßen
Gießwalzanlage zu erzeugen.
[0004] Grundlage der Erfindung ist die Erkenntnis, daß die in der Fachwelt bekannte Erscheinung
der Wasserstoffkrankheit bei sauerstofffreiem Kupfer nicht relevant ist.
[0005] Bei sauerstoffhaltigem Kupfer reagiert der Sauerstoff mit dem im Kupfer befindliche
Wasserstoff in der Art, daß sich erhitzter Wasserdampf bildet. Dabei entstehen sehr
hohe Drücke, die zu Rissen längs der Korngrenzen führen und zu Aufbrüchen und schließlich
auch zum Zerbrechen eines gegossenen warmen Kupferbarrens führen können. In Verbindung
mit den im Kupfer befindlichen Begleitelementen (Verunreinigungen), wird die Riß-
bzw. Bruchgefahr, insbesondere beim Biegen des gegossenen warmen Barrens, noch erhöht.
[0006] Auch in sauerstofffreiem Kupfer sind trotz Erschmelzen und Vergießen unter Schutzgas
definierte Mengen Wasserstoff enthalten. Es muß jedoch verhindert werden, daß sich
durch Vereinigung kleiner Wasserstoffblasen größere Wasserstoffblasen an den Korngrenzen
bilden und zur Warmrissigkeit führen, insbesondere bei gleichzeitiger Biegung des
warmen Kupferbarrens. Die Möglichkeit der Bildung unerwünschter größerer Wasserstoffblasen
ist desto wahrscheinlicher, je mehr Zeit ab der Erstarrung des flüssigen Kupfers zur
Verfügung steht.
[0007] Zur Lösung dieses Problems wird durch die vorliegende Erfindung vorgeschlagen, daß
der die Gießanlage geradlinig verlassende Barren in die Horizontale abgebogen wird,
nachdem er in mindestens einem Verformungsstich reduziert wurde. Die Erfindung besteht
also darin, durch Verformung des Kupferbarrens unmittelbar hinter der Kokille die
Korngrößen des Kupfers zu verkleinern und dadurch zu verhindern, daß sich größere
Wasserstoffblasen an den Korngrenzen bilden. Das feine Gefüge verhindert weitgehend
das tiefe Eindringen des Wasserstoffes und stellt somit ein wirksames Mittel gegen
die Riss- und Bruchempfindlichkeit des Kupferbarrens dar.
[0008] Nach einem weiteren Vorschlag der Erfindung ist vorgesehen, daß der Verformungsstich
des Barrens sowie der Schmelz- und Gießvorgang in Schutzgas-Atmosphäre stattfinden,
um die Sauerstoffaufnahme des sauerstofffrei erschmolzenen Kupfers während der einzelnen
Verfahrensschritte möglichst zu verhindern.
[0009] Vorzugsweise wird der erste Verformungsstich dicht hinter der Gießanlage durchgeführt.
Das Abbiegen des Kupferbarrens nach dem ersten oder gegebenenfalls mehreren Reduzierstichen
in Schutzgasatmosphäre ist nach der verkleinerten Korngröße unschädlich und führt
nicht mehr zu den bislang nicht zu verhindernden Rissen.
[0010] Es hat sich gezeigt, daß besonders günstige Ergebnisse dann erzielt werden, wenn
die Reduktion im ersten Verformungsstich zwischen 10 und 50 Prozent, vorzugsweise
35 Prozent beträgt.
[0011] Eine Gießwalzanlage zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist gekennzeichnet
durch die Anordnung mindestens eines Verformungsgerüstes hinter der Bandgießkokille,
wobei die Walzachse des Verformungsgerüstes achsgleich mit der Mittellängsachse der
Bandgießkokille ist und der Bereich zwischen Erschmelzungsofen und Bandgießkokille
sowie zwischen Bandgießkokille und dem bzw. den ersten Verformungsgerüst(en) unter
einer Einhausung angeordnet ist.
[0012] Die nahe zur Gießmaschine angeordnete Verformungseinheit ist somit in gleicher Neigung
wie die Gießanlage angeordnet, wobei gegebenenfalls weitere Einrichtungen zur Barrenvorbereitung
(Kantenfräseinrichtung, Treiber etc.) zwischen der Gießanlage und dem ersten Verformungsgerüst
vorgesehen sein können.
[0013] Als besonders vorteilhaft wird angesehen, daß auf der erfindungsgemäßen Anlage sowohl
sauerstofffreies wie auch sauerstoffhaltiges Kupfer verarbeitet werden können.
[0014] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in der Zeichnung dargestellt und wird nachfolgend
beschrieben:
Die einzige Zeichnungsfigur zeigt in schematischer Darstellung eine Gießwalzanlage
nach der Erfindung. Sie besteht aus dem Erschmelzungsofen 1, dem Warmhalteofen 2,
der Gießrinne 3, der Gießwanne 4, deren Gießschnauze 5 in den Bereich der Bandgießkokille
6 ragt, dem Treiber 7, dem Kantenbearbeitungsgerät 8 und dem Verformungsgerüst 9.
[0015] Bekanntlich wird zur Vermeidung der Sauerstoffaufnahme die Schmelze im Erschmelzungsofen
1 wie auch im Warmhalteofen 2 mit Holzkohle abgedeckt. Die Erfindung sieht darüber
hinaus vor, den Schmelzofen 1, den Warmhalteofen 2, die Gießrinne 3 und die Gießwanne
4 einzuhausen und diese Aggregate in einer Schutzgas-Atmosphäre zu betreiben. Die
Einhausung ist mit H bezeichnet. Alle Einrichtungen sind möglichst dicht und - entgegen
sonst üblicher Gasbeheizung - induktiv beheizt. Der Stickstoff wird vorzugsweise in
Materiallaufrichtung eingeblasen und strömt in Richtung Gießwanne, wo er zusammen
mit dem geschmolzenen Kupfer austritt.
[0016] Der aus der Gießwanne 4 ausströmende Stickstoff schützt aufgrund seines spezifischen
Gewichtes gegenüber Luft den Einlaufbereich der Bandgießkokille 6 vor Sauerstoffaufnahme.
Zusätzlich können seitlich angeordnete Schutzblechkonstruktionen bewirken, daß der
Stickstoff in diesem Bereich eine längere Verweilzeit hat und somit sicher Schutz
vor Sauerstoff bietet.
[0017] Wenn auch der in der Bandgießkokille 6 erstarrte Strang nicht mehr der Gefahr der
Sauerstoffaufnahme im Stranginneren ausgesetzt ist, so muß jedoch eine Sauerstoffverbindung
mit der walzwarmen Strangoberfläche möglichst vermieden werden. Zu diesem Zweck setzen
sich die Einhausungen hinter der Bandgießkokille 6 fort; sie umfassen Treiber 7, Kantenbearbeitungsgerät
8 und Verformungsgerüst 9 sowie ggf. auch den Abbiegebereich 10. Im Anschluß an das
Verformungsgerüst 9 wird der Barren im Abbiegebereich 10 aus der Gießrichtung in die
Horizontale umgeleitet, wie es der Lehre der Erfindung entspricht.
[0018] Die Anlage arbeitet wie folgt: Die im Erschmelzungsofen 1 befindliche Kupferschmelze
wird im Warmhalteofen 2 zwischengespeichert und über die Gießrinne 3 in die Gießwanne
4 geleitet. Alle Aggregate sind in einer Einhausung H abgeschlossen, im Inneren der
Einhausung H ist eine Schutzgas- Atmosphäre geschaffen. Von der Gießwanne 4, die von
Stickstoff durchströmt ist, gelangt die Kupferschmelze in die Bandgießkokille, in
der zwischen den bandförmigen Kokillenseiten ein Kupferbarren gegossen wird, der nach
Erstarrung die Bandgießkokille 6 in Gießrichtung verläßt. Der eine Temperatur von
980 bis 1000° C aufweisende Kupferbarren wird mit Hilfe des Treibers 7 in das Kantenbearbeitungsgerät
8, eine Fräsmaschine, eingeführt, wo die Kanten des Barrens abgeschrägt werden. Im
Anschluß daran wird der so vorbereitete Kupferbarren in das Verformungsgerüst eingeführt.
[0019] Durch den verfahrensbedingten geringen Abstand zwischen Bandgießkokille 6 und dem
Verformungsgerüst 9 muß die Konstruktion des Verformungsgerüstes Merkmale aufweisen,
die an sich bei Vorwalzgerüsten in Kupferdrahtanlagen unüblich sind. So muß die Spitze
des Kupferbarrens, an der sich noch das Anfahrstück befindet, ohne Verformung das
Verformungsgerüst 9 passieren können. Deshalb sind die Walzen des Verformungsgerüstes
9 zunächst aufgefahren. Bei Erreichen der gewünschten Stranggeschwindigkeit werden
die Walzen automatisch zugefahren, bis die vorgewählte Reduktion erreicht ist. Zu
diesem Zweck ist es erforderlich, daß die Geschwindigkeit der Walzen in Abhängigkeit
von der jeweiligen Verformung bestimmt und geregelt wird. Dies läßt sich durch Messen
von Geschwindigkeit und Stromaufnahme des Treibers 7 erreichen.
[0020] Im Verformungsgerüst 9 erfolgt eine Stichabnahme von ca. 35 %. Nach verlassen des
Verformungsgerüstes 9 wird der reduzierte Kupferbarren im Abbiegebereich 10 der Anlage
auf einem Rollgang in die Horizontale umgeführt und in weiteren Walzgerüsten der kontinuierlichen
Walzstraße 11 zu Draht reduziert. Dieser so erzeugte Kupferdraht wird am (nicht dargestellten
Ende) der Gießwalzanlage zu Bunden gelegt.
1. Verfahren zum Herstellen von Walzgut aus sauerstofffreiem Kupfer, insbesondere Draht
in einer Gießwalzanlage, bestehend aus Erschmelzungsanlage, einer Bandgießkokille
sowie einem nachgeordneten kontinuierlichen Walzwerk,
dadurch gekennzeichnet,
daß der die Gießanlage geradlinig verlassende Barren in die Horizontale abgebogen
wird, nachdem er in mindestens einem Verformungsstich reduziert wurde.
2. Verfahren nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Verformungsstich des Barrens und/oder der Schmelz- und Gießvorgang in Schutzgas-Atmosphäre
stattfinden.
3. Verfahren nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß der erste Verformungsstich dicht hinter der Gießanlage durchgeführt wird.
4. Verfahren nach Anspruch 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Reduktion im ersten Verformungsstich zwischen 10 und 50 Prozent, vorzugsweise
35 Prozent beträgt.
5. Gießwalzanlage zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 bis 4,
gekennzeichnet durch die Anordnung mindestens eines Verformungsgerüstes (9) hinter
der Bandgießkokille (6), wobei die Walzachse des Verformungsgerüstes (9) achsgleich
mit der Mittellängsachse der Bandgießkokille (6) ist und der Bereich zwischen Erschmelzungsofen
(1) und Bandgießkokille (6) sowie zwischen Bandgießkokille (6) und den bzw. dem ersten
Verformungsgerüst(en) (9) unter einer Einhausung (H) angeordnet ist.