[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Erzeugung von Oxidkeramikschichten auf sperrschichtbildenden
Metallen oder deren Legierungen durch plasmachemische anodische Oxidation in wäßrig
organischen Elektrolyten, wobei die Oxidkeramikschicht für spezielle Anwendungen auch
noch modifiziert werden kann.
[0002] Diese anodische Oxidation ist in wäßrigen Elektrolyten eine Gas-Festkörper-Reaktion
unter Plasmabedingungen, bei der der hohe Energieeintrag am Fußpunkt der Entladungssäule
auf der Anode flüssiges Metall erzeugt, das mit dem aktivierten Sauerstoff ein kurzzeiterschmolzenes
Oxid bildet. Die Schichtbildung erfolgt über Partialanoden. Der Funkenentladung ist
ein Formierbereich vorgelagert (P. Kurze; Dechema-Monographien Band 121 - VCH Verlagsgesellschaft
1990, Seite 167-180 mit weiteren Literaturhinweisen). Die Elektrolyte wurden so kombiniert,
daß ihre positiven Eigenschaften vereint werden und qualitativ hochwertige anodisch
erzeugte Oxidkeramikschichten auf Aluminium entstehen. Durch Kombination verschiedener
Salze können höhere Salzkonzentrationen im Elektrolytbad und damit höhere Viskositäten
erreicht werden. Solche hochviskosen Elektrolyte haben eine hohe Wärmekapazität, stabilisieren
den ausgebildeten Sauerstoffilm auf der Anode und garantieren damit eine gleichmäßige
Oxidschichtausbildung (DD-WP 142 360).
[0003] Aufgrund des Verlaufs der Stromdichte-Potential-Kurven (SPK) für die anodische Funkenentladung
lassen sich drei markante Bereiche unterscheiden, der Faraday-, Funkenentladungs-,
und Bogenentladungsbereich (s.P. Kurze loc.cit).
[0004] Auf dem Metall oder der Metallegierung befindet sich natürlicherweise eine Sperrschicht.
Durch Erhöhung der Spannung des anodisch gepolten Metalls wächst die Sperrschicht.
Dann entsteht an der Phasengrenze Metall/Gas/Elektrolyt partiell ein Sauerstoffplasma,
durch das sich die Oxidkeramikschicht bildet. Das Metallion in der Oxidkeramikschicht
stammt aus dem Metall, der Sauerstoff aus der anodischen Reaktion in dem verwendeten
wäßrigen Elektrolyten. Die Oxidkeramik ist bei den ermittelten Plasmatemperaturen
von etwa 7.000 Kelvin flüssig. Zur Seite des Metalls hin ist die Zeit ausreichend,
damit sich die Schmelze der Oxidkeramik gut zusammenziehen kann und so eine aufgesinterte
porenarme Oxidkeramikschicht bildet. Zur Seite des Elektrolyten hin wird die Schmelze
der Oxidkeramik schnell durch den Elektrolyten abgekühlt und die noch abwandernden
Gase, insbesondere Sauerstoff und Wasserdampf hinterlassen eine Oxidkeramikschicht
mit einem weitmaschig verknüpften Kapillarsystem. Aus rasterelektronenmikroskopischen
Untersuchungen wurden Porendurchmesser von 0,1 µm bis 30 µm bestimmt (CERAMIC COATINGS
BY ANODIC SPARK DEPOSITION G.P. Wirtz et al, MATERIALS & MANUFACTURING PROCESSES 6
(1), 87-115 (1991), insbesondere Figur 12).
[0005] In der DE-A-2 902 162 wird ein Verfahren beschrieben, in dem durch Nutzung von Funkenentladungen
während der Anodisation poröse Schichten auf Aluminium hergestellt werden, die für
den Einsatz in der Chromatographie bestimmt sind.
[0006] Die EP-A-280 886 beschreibt die Nutzung der anodischen Oxidation unter Funkenentladungen
auf Al, Ti, Ta, Nb, Zr und deren Legierungen zur Herstellung dekorativer Schichten
auf diesen Metallen.
[0007] Mit den vorbekannten Verfahren lassen sich nur Keramikschichten mit verhältnismäßig
geringen Stärken bis maximal 30 µm herstellen, die für den Einsatz als Verschleiß-
und Korrosionsschutzschichten unzureichend sind.
[0008] Es ist deshalb Aufgabe der Erfindung, auf den zuvor genannten Metallen Oxidkeramikschichten
zu erzeugen, die eine wesentlich höhere Schichtdicke bis zu 150 µm haben, abriebfest
und korrosionsbeständig sind und eine hohe Biegewechselfestigkeit aufweisen.
[0009] Erfindungsgemäß werden Oxidkeramikschichten auf Aluminium, Magnesium, Titan, Tantal,
Zirkon, Niob, Hafnium, Antimon, Wolfram, Molybdän, Vanadium, Wismut oder deren Legierungen
durch plasmachemische anodische Oxidation bei Einhaltung der folgenden Parameter erzeugt:
1. Das Elektrolytbad soll chloridfrei sein, was bedeutet, daß es weniger als 5 x 10⁻³
mol/l Chloridionen enthält.
2. Das Elektrolytbad wird auf einen pH-Wert von 2 bis 8 eingestellt.
3. Die Badtemperatur liegt im Bereich von -30 bis +15°C und vorzugsweise zwischen
-10 und +15°C.
4. Die Badtemperatur wird in den Grenzen von ± 2°C konstant gehalten.
5. Die Stromdichte von mindestens 1 A/dm² wird konstant gehalten bis sich die Spannung
auf einen Endwert einstellt.
[0010] Unter Aluminium und dessen Legierungen werden im Rahmen der vorliegenden Erfindung
Reinstaluminium und u.a. die Legierungen AlMn; AlMnCu; AlMgl; AlMgl,5; E-AlMgSi; AlMgSi0,5;
AlZnMgCu0,5; AlZnMgCu1,5; G-AlSi-12; G-AlSi5Mg; G-AlSi8Cu3; G-AlCu4Ti; G-AlCu4TiMg
verstanden.
[0011] Für die Zwecke der Erfindung eignen sich ferner außer Reinmagnesium insbesondere
die Magnesiumgußlegierungen der ASTM-Bezeichnungen AS41, AM60, AZ61, AZ63, AZ81, AZ91,
AZ92, HK31, QE22, ZE41, ZH62, ZK51, ZK61, EZ33, HZ32 sowie die Knetlegierungen AZ31,
AZ61, AZ 80, M1, ZK60, ZK40.
[0012] Des weiteren lassen sich Reintitan oder auch Titanlegierungen wie TiAl6V4; TiAl5Fe2,5
u.a. einsetzen.
[0013] Das chloridfreie Elektrolytbad kann die in Verfahren für die plasmachemische anodische
Oxidation üblichen anorganischen Anionen, nämlich Phosphat, Borat, Silicat, Aluminat,
Fluorid oder Anionen anorganischer Säuren wie Citrat, Oxalat und Acetat enthalten.
[0014] Vorzugsweise enthält das Elektrolytbad Phosphat-, Borat- und Fluoridionen in Kombination
und in einer Menge von wenigstens 0,1 mol/l von jedem einzelnen dieser Anionen bis
insgesamt 2 mol/l.
[0015] Die Kationen des Elektrolytbads werden so gewählt, daß sie mit den jeweiligen Anionen
möglichst gut lösliche Salze bilden, um hohe Salzkonzentrationen und Viskositäten
zu ermöglichen. Das ist in der Regel bei Alkali-, Ammonium-, Erdalkali und Aluminiumionen
bis 1 mol/l der Fall.
[0016] Darüber hinaus enthält das Elektrolytbad Harnstoff, Hexamethylendiamin, Hexamethylentetramin,
Glykol oder Glycerin in einer Menge bis insgesamt 1,5 mol/l als Stabilisator.
[0017] Zur Erzeugung von besonders verschleißfesten Oxidkeramikschichten auf Aluminium oder
deren Legierungen durch plasmachemische anodische Oxidation bei einer Stromdichte
von mindestens 5 A/dm², die konstant gehalten wird, bis sich die Spannung auf einen
Endwert einstellt, lassen sich auch sehr stark verdünnte Elektrolytbäder der oben
beschriebenen Zusammensetzung einsetzen, in denen die Konzentration der Anionen nur
0,01 bis 0,1 mol/l beträgt. In diesen stark verdünnten Bädern liegt der PH-Wert zwischen
10 und 12, vorzugsweise bei 11. Aufgrund der geringen Leitfähigkeit dieses Elektrolytbades
kann sich der Spannungsendwert bis auf 2.000 V einstellen. Der durch die plasmachemische
Reaktion verursachte Energieeintrag ist dementsprechend sehr hoch. Die sich bildende
Oxidkeramikschicht auf den Aluminiumwerkstoffen besteht aus Korund, wie Röntgenbeugungsuntersuchungen
zeigen. Es werden Härten der Oxidkeramikschicht bis 2.000 HV erreicht. Diese Oxidkeramikschichten
sind insbesondere dort einsetzbar, wo ein extrem hoher abrasiver Verschleißschutz
gefordert ist.
[0018] Die Wahl der Spannungs- und Stromform, wie Gleich-, Wechsel-, Dreh-, Impuls- und/oder
mehrphasig verketteter Wechselstrom in den Frequenzen bis 500 Hz hat überraschenderweise
auf den Schichtbildungsprozeß zur Erzeugung der Keramikschicht auf den Metallen keinen
Einfluß.
[0019] Die Stromversorgung zum plasmachemischen Anodisieren zur Bildung der Keramikschicht
erfolgt in der Weise, daß die erforderliche Stromdichte von mindestens 1 A/dm² konstant
gehalten und daß die Spannung auf einen sich einstellenden Endwert gefahren wird.
Der Spannungsendwert liegt zwischen 50 und 400 Volt und wird durch das verwendete
Metall, bzw. durch dessen Legierungsbestandteile, durch die Zusammensetzung des Elektrolytbades
und durch seine Badführung bestimmt.
[0020] Gegenstand der Erfindung sind auch die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren erzeugten
Gegenstände aus sperrschichtbildenden Metallen oder deren Legierungen mit plasmachemisch
erzeugten Oxidkeramikschichten einer Dicke von 40 bis 150 µm, vorzugsweise 50 bis
120 µm.
[0021] Die folgenden Beispiele erläutern die Erfindung, ohne sie zu beschränken.
Beispiel 1
[0022] Eine Probeplatte aus AlMgSi1 mit einer Oberfläche von 2 dm² wird entfettet und anschließend
mit destilliertem Wasser gespült.
[0023] Die so behandelte Probe wird in einem wäßrig/organischen chloridfreien Elektrolytbad
der Zusammensetzung
| a) Kationen |
0,13 mol/l Natriumionen |
| 0,28 mol/l Ammoniumionen |
| b) Anionen |
0,214 mol/l Phosphat |
| 0,238 mol/l Borat |
| 0,314 mol/l Fluorid |
| c) Stabilisator und Komplexbildner |
0,6 mol/l Hexamethylentetramin |
bei einer Stromdichte von 4 A/dm² und einer Elektrolyttemperatur von 12°C ± 2°C plasmachemisch
anodisch oxidiert. Nach einer Beschichtungszeit von 60 Minuten wird der Spannungsendwert
von 250 V erreicht.
[0024] Die keramisierte Probeplatte wird gespült und getrocknet. Die Schichtdicke der Keramikschicht
beträgt 100 µm. Die Härte der Keramikschicht wurde mit 750 (HV 0.015) bestimmt.
Beispiel 2
[0025] Ein Druckgußgehäuse aus GD-AlSi12 mit einer Oberfläche von 1 dm² wird in einer Beize,
die jeweils zur Hälfte aus 40%iger HF und 65%iger HNO₃ besteht, 1 Minute bei Raumtemperatur
behandelt und anschließend mit destilliertem Wasser gespült.
[0026] Das so gebeizte Druckgußgehäuse wird in dem wäßrig/organischen chloridfreien Elektrolytbad
aus Beispiel 1 bei einer Stromdichte von 8 A/dm² und einer Elektrolyttemperatur von
10°C ± 2°C plasmachemisch-anodisch oxidiert. Nach einer Beschichtungszeit von 30 Minuten
wird ein Spannungsendwert von 216 Volt registriert.
[0027] Das keramisierte Druckgußgehäuse wird gespült und getrocknet.
[0028] Die Schichtdicke der Keramikschicht beträgt 40 µm.
Beispiel 3
[0029] Eine Probeplatte aus einer Magnesiumlegierung des Typs AZ 91 mit einer Oberfläche
von 1 dm² wird 1 Minute in einer 40%igen Flußsäure bei Raumtemperatur gebeizt.
[0030] Die so behandelte Probe wird in einem wäßrig/organischen chloridfreien Elektrolytbad
nach Beispiel 1 bei einer Stromdichte von 4 A/dm² und einer Elektrolyttemperatur von
12°C ± 2°C plasmachemisch-anodisch oxidiert.
[0031] Nach 17 Minuten wird der Spannungswert von 252 Volt erreicht.
[0032] Die Keramikschicht hat eine Schichtdicke von 50 µm.
Beispiel 4
[0033] Ein Stab aus Reintitan (Länge: 30 mm, Durchmesser: 5 mm) wird in einer Beize wie
in Beispiel 2 gebeizt und anschließend mit destilliertem Wasser gespült.
[0034] Die so behandelte Probe wird in einem wäßrigen chloridfreien Elektrolytbad der Zusammensetzung:
| a) Kationen |
0,2 mol/l Calciumionen |
| b) Anionen |
0,4 mol/l Phosphat |
bei einer Stromdichte von 18 A/dm² und einer Elektrolyttemperatur von 10°C ± 2°C plasmachemisch-anodisch
oxidiert.
[0035] Nach einer Beschichtungszeit von 10 Minuten wird der Spannungsendwert von 210 Volt
erreicht.
Der keramisierte Stab wird mit destilliertem Wasser gespült und getrocknet.
Die Schichtdicke beträgt 40 µm.
Beispiel 5
[0036] Ein Zahnrad aus AlMgSi1 mit einer Oberfläche von 6 dm² wird entfettet und mit destilliertem
Wasser gespült. Als wäßrig/organisches chloridfreies Elektrolytbad wird ein in 100-facher
mit Wasser verdünntes Elektrolytbad aus Beispiel 1 eingesetzt, daß zusätzlich je 0,1
mol/l Natriumaluminat und Natriumsilikat enthält.
Das Zahnrad wird bei einer Stromdichte von 10 A/dm² plasmachemisch-anodisch oxidiert.
Nach einer Beschichtungszeit von 120 Minuten wird ein Spannungsendwert von 800 Volt
erreicht.
Das keramisierte Zahnrad wird gespült und getrocknet. Die Schichtdicke der Oxidkeramikschicht
beträgt 130 µm. Die Härte der Keramikschicht wurde mit 1900 HV (0,1) bestimmt. Die
Standzeit des so beschichteten Zahnrades erhöht sich auf das Vierfache im Vergleich
mit dem konventionell eloxierten Zahnrad gleicher Abmessung.
Beispiel 6
[0037] Eine Ultraschallsonotrode aus AlZnMgCu1,5 mit einer Oberfläche von 6,4 dm² wird entfettet
und anschließend mit destilliertem Wasser gespült.
[0038] Die so behandelte Ultraschallsonotrode wird in einem wäßrig/organischen chloridfreien
Elektrolytbad, wie im Beispiel 1 beschrieben, bei einer Stromdichte von 3,5 A/dm²
und einer Elektrolyttemperatur von 15°C plasmachemisch-anodisch oxidiert. Nach einer
Beschichtungszeit von 25 Minuten wird der Spannungswert von 250 Volt erreicht.
1. Verfahren zur Erzeugung von Oxidkeramikschichten auf Al, Mg, Ti, Ta, Zr, Nb, Hf, Sb,
W, Mo, V, Bi oder deren Legierungen durch plasmachemische anodische Oxidation, dadurch
gekennzeichnet, daß in einem chloridfreien Elektrolytbad mit einem pH-Wert von 2 bis
8 bei konstanter Badtemperatur von -30 bis +15°C eine Stromdichte von mindestens 1
A/dm² konstant gehalten wird bis sich die Spannung auf einen Endwert einstellt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Badtemperatur -10 bis +15°C
beträgt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Badtemperatur in
den Grenzen ± 2°C konstant gehalten wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Bad weniger
als 5 x 10⁻³ mol/l Chloridionen enthält.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß das Elektrolytbad
Phosphat-, Borat- und Fluoridionen bis insgesamt 2 mol/l enthält.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß das Elektrolytbad
einen Stabilisator aus der Gruppe von Harnstoff, Hexamethylendiamin und Hexamethylentetramin,
Glykol und Glycerin bis 1,5 mol/l enthält.
7. Verfahren zur Erzeugung von besonders verschleißfesten Oxidkeramikschichten auf Aluminium
oder deren Legierungen durch plasmachemische anodische Oxidation bei einer Stromdichte
von mindestens 5 a/dm², die konstant gehalten wird bis sich die Spannung auf einen
Endwert einstellt, unter Verwendung des Elektrolyten nach einem der Ansprüche 1 bis
6 nach Verdünnung auf eine Konzentration von 0,01 bis 0,1 mol/l und Anheben des pH-Wertes
auf 10 bis 12, vorzugsweise 11.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Spannung
Frequenzen bis 500 Hz hat.
9. Gegenstand aus Aluminium, Magnesium, Titanium oder deren Legierungen mit einer plasmachemisch
erzeugten Oxidkeramikschicht, dadurch gekennzeichnet, daß die Oxidkeramikschicht eine
Dicke von 40 bis 150 µm, vorzugsweise 50 bis 120 µm hat.
10. Gegenstand aus Aluminium oder Aluminiumlegierungen nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet,
daß die plasmachemisch erzeugte Oxidkeramikschicht aus Korund besteht.