(19)
(11) EP 0 549 951 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
07.07.1993  Patentblatt  1993/27

(21) Anmeldenummer: 92121368.2

(22) Anmeldetag:  16.12.1992
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5F23J 3/04, B01D 45/14
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT DE DK GB IT

(30) Priorität: 28.12.1991 DE 9116111 U

(71) Anmelder: Gebr. Pfeiffer AG
D-67618 Kaiserslautern (DE)

(72) Erfinder:
  • Kläfker, Wilhelm, Dipl.-Ing.
    W-3056 Rehburg-Loccum (DE)
  • Bacharach, Ottmar, Dipl.-Ing.
    W-6751 Stelzenberg (DE)

(74) Vertreter: Patentanwälte Möll und Bitterich 
Postfach 20 80
76810 Landau
76810 Landau (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Rauchgaskamin


    (57) Die über den Rauchgaskanal (3) in den Rauchgaskamin (1) eintretenden Rauchgase moderner brennstoffbeheizter Kraftwerke enthalten trotz Filter-, Entschwefelungs-, Entstickungs- und Waschanlagen noch erhebliche Mengen partikelförmiger Schadstoffe. Diese sind schwefelhaltig und verursachen in der Umgebung des Kraftwerks Rostschäden. Zur Beseitigung dieser Partikel wird im Fuß des Rauchgaskamins (1) ein dynamischer Sichter (10) eingebaut, dessen Rotor (14) und Rotorwelle (13) auf dem Rotorantrieb (15) stehen, wobei der Rotorantrieb (15) unter einer Zwischendecke (6) im Kamin (1) hängt. Auf diese Weise ist der Rotorantrieb (15) weitestgehend vor den aggressiven Rauchgasen geschützt. Den Rauchgasen steht der volle Sichterquerschnitt zur Verfügung, ihr Strömungswiderstand wird praktisch nicht erhöht.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft Rauchgaskamine, wie sie verwendet werden, um in gewerblichen Feuerungsanlagen, insbesondere Kraftwerken, die schädlichen Rauch- und Abgase in Höhen abzuleiten, die eine genügende Vermengung mit atmosphärischer Luft und damit beim Niederschlagen der Gase eine Verdünnung verbürgen, die dem Menschen als auch der Tier- und Pflanzenwelt nach Möglichkeit nicht mehr schädlich ist.

    [0002] Für die Dimensionierung dieser Kamine sind maßgebend die Mengen der abzuführenden Gase, die bei Feuerungsanlagen aufgrund der Art und der Menge der stündlich verfeuerten Brennstoffe rechnerisch ermittelt werden können, und die Saugwirkung des Kamins, die von der Höhe des Kamins, der Temperatur der Abgase, der Temperatur der Außenluft am Standort des Kamins und den zusätzlichen Gebläsen abhängig ist.

    [0003] Als Zug des Kamins bezeichnet man den Unterdruck, der an der Einmündung des Rauchgaskanals bzw. am Fuße des Schornsteines herrscht. Er stellt die Gewichtsdifferenz zwischen der im Inneren der Schornsteinröhre befindlichen warmen Abgasmenge und der gleichen Menge kalter Außenluft dar. Von dieser theoretisch wirksamen Zugstärke sind die Widerstände abzuziehen, welche die Gase auf ihrem Weg vom Eintritt der Frischluft in die Feuerstelle bis zur Kaminmündung zu überwinden haben. Als solche kommen in Betracht: der Widerstand der Frischluft im Feuerungsrost und beim Durchdringen der Brennstoffschicht, der Widerstand der Verbrennungsgase im Bereich des Kessels, im Dampfüberhitzer, im Flugaschenfänger, im Rauchgasvorwärmer, in den benötigten Filtern, Entstickungs- und Entschwefelungsanlagen, längs des Rauchgaskanals und schließlich in der Kaminröhre selbst.

    [0004] Rauchgaskamine in modernen Kraftwerken sind typisch 200 bis 300 m hoch und für Rauchgasmengen bis zu beispielsweise 2,5 Mio. m³/h und mehr dimensioniert. Die Rauchgase selbst werden aus Gründen der Luftreinhaltung gefiltert, entschwefelt, entstickt und gewaschen. Gleichwohl stellt man fest, daß an der Kaminmündung noch viele partikelförmige Schadstoffe austreten. In kohle- bzw. ölbeheizten Kraftwerken sind diese Partikel schwefelhaltig, wodurch verstärkt Rostschäden auftreten.

    [0005] Es wurden immer wieder Versuche unternommen, diesen Restgehalt an Partikeln weiter zu reduzieren, bisher jedoch ohne Erfolg. Die Schwierigkeiten sind darin begründet, daß die Partikeldichte in den bereits gefilterten und gewaschenen Rauchgasen zwar äußerst gering, die anfallende Rauchgasmenge jedoch sehr hoch ist und daß der Strömungswiderstand der Rauchgase zwischen Feuerstelle und Kaminmündung nach Möglichkeit nicht erhöht werden soll; andernfalls müßte die Leistung der Gebläse erhöht werden, was einen erhöhten Energiebedarf zur Folge hätte.

    [0006] Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, einen Rauchgaskamin anzugeben, der unter den gegebenen Bedingungen eine sehr weitgehende Beseitigung der nach der Filterung, Entschwefelung, Entstickung und Waschung der Rauchgase noch vorhandenen Restanteile an Feststoffpartikeln ermöglicht, ohne die Strömungswiderstände der Rauchgase unzulässig zu erhöhen.

    [0007] Diese Aufgabe wird gelöst durch einen gattungsgemäßen Rauchgaskamin mit den Merkmalen gemäß Kennzeichen des Anspruchs 1.

    [0008] Partikelabscheider, wie sie gemäß der vorliegenden Erfindung zum Einsatz kommen, wurden bisher ausschließlich dazu verwendet, um das in einer Mühle gemahlene Mahlgut in eine grobe und eine feine Fraktion zu trennen. Dabei verarbeiten sie Sichtluft mit einem relativ hohen Anteil an Sichtgut. Partikel, deren Korn größer ist als die Trenngrenze, werden in einem Grießekonus am Boden des Gehäuses gesammelt, während das sogenannte Feingut mit der Sichtluft das Gehäuse verläßt. Die Abtrennung des Feinguts von der Sichtluft erfolgt in nachgeschalteten Zyklonen.

    [0009] Es hat sich nun völlig überraschenderweise herausgestellt, daß es mit Hilfe von Partikelabscheidern und ohne Verwendung von Zyklonen möglich ist, die relativ geringe Partikeldichte der Rauchgase um bis zu 99 % weiter zu verringern, ohne daß die Strömungswiderstände dadurch merklich ansteigen.

    [0010] Als optimaler Partikelabscheidertyp hat sich der sogenannte dynamische Sichter herausgestellt. Dieser besitzt einen Rotor mit Flügeln, Lamellen oder Stäben, der den Rauchgasen den für die Abscheidung erforderlichen Drall erteilt, während die Rauchgase im übrigen ohne Umlenkung strömen können.

    [0011] Die bei den herkömmlichen dynamischen Sichtern übliche Anordnung, bei der der Rotorantrieb oben auf dem Sichtergehäuse sitzt, während der Rotor unter dem Rotorantrieb hängt, ist im vorliegenden Fall nicht brauchbar, da sie den Rauchgasen den freien Weg nach oben teilweise versperren würde. Aus diesem Grunde befindet sich gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung die Welle über dem Rotorantrieb und der Rotor über seiner Welle. Der Rotorantrieb selbst hängt unter einem Zwischenboden, und zwar entweder unter einem Zwischenboden des Kamins oder unter einem Zwischenboden im Sichtergehäuse. Aufgrund dieser Anordnung steht den gereinigten Rauchgasen der volle Querschnitt zur Verfügung, so daß die Strömungswiderstände gering bleiben; außerdem ist der Rotorantrieb nicht den aggressiven Rauchgasen ausgesetzt, so daß sich besondere Schutzmaßnahmen erübrigen. Die Zugänglichkeit zur Wartung ist optimal. Die Stabilität ist besser als bei der hängenden Anordnung.

    [0012] Je nach den räumlichen Gegebenheiten vor Ort kann das Gehäuse des Partikelabscheiders nicht nur auf einem Zwischenboden im Kamin, sondern auch auf dem Fundament des Kamins oder auf einem vom Fundament des Kamins getrennten Fundament stehen. Die letztgenannte Variante hat den Vorteil, daß vom Rotor ausgehende Vibrationen den Kamin nicht beeinflussen.

    [0013] Aus denselben Gründen ist es vorteilhaft, wenn der Rotorantrieb, d.h. der Antriebsmotor und das Untersetzungsgetriebe, ebenfalls direkt auf den Fundamenten postiert wird.

    [0014] Dabei sollte gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung die Welle auf der Antriebswelle des Rotorantriebs bzw. des Untersetzungsgetriebes winkelbeweglich gelagert sein, vorzugsweise mittels einer Zahnkupplung. Dadurch können Schwingungen und Vibrationen, die aufgrund der extremen Abmessungen nie ganz zu vermeiden sind, besser abgefangen werden.

    [0015] Um eine Rauchgasmenge von, wie schon erwähnt, mehr als 2,5 Mio. m³/h ausreichend nachreinigen zu können, muß der Rotor einen Durchmesser von typisch 10 m haben. Bei derartigen Abmessungen sowie bedingt durch die spezielle Anordnung der Rotorwelle und des Rotors ist es erforderlich, die Rotorwelle oberhalb oder unterhalb des Rotors zusätzlich abzustützen.

    [0016] Gemäß einer ersten Variante hierzu erfolgt dies mittels radialer Streben gegen das Gehäuse.

    [0017] Gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung sind die Streben konisch gerichtet, wobei die Anordnung so gewählt sein sollte, daß die Rauchgase die Streben nicht durchströmen und die Strömungswiderstände der Rauchgase minimal bleiben. Durch Ausbildung der Streben als geschlossener Stützkonus und geschickte Dimensionierung und Positionierung desselben kann die Umlenkung der Rauchgase von der Waagerechten in die Senkrechte sogar noch günstig beeinflußt werden.

    [0018] Anhand der Zeichnung soll die Erfindung in Form von Ausführungsbeispielen näher erläutert werden. Es zeigen jeweils ausschnittsweise als Längsschnitt

    Fig. 1 eine erste Ausführungsform eines Rauchgaskamins,

    Fig. 2 eine zweite Ausführungsform eines Rauchgaskamins,

    Fig. 3 eine dritte Ausführungsform eines Rauchgaskamins und

    Fig. 4 eine vierte Ausführungsform eines Rauchgaskamins.



    [0019] Alle Figuren zeigen den Fuß eines Rauchgaskamins 1, errichtet auf einem Fundament 8, mit einer seitlichen Öffnung 2 für einen Rauchgaskanal 3. Der Kamin 1 hat beispielsweise eine Höhe von 270 m und ist für eine Rauchgasmenge von 2,8 Mio. m³/h dimensioniert. Der Rauchgaskanal 3 hat dann eine Höhe von 10 m.

    [0020] Fig. 1 zeigt im Inneren des Kamins 1 einen oberen Zwischenboden 4 und einen unteren Zwischenboden 5, der zusätzlich durch Stützen 7 unterstützt ist. Auf dem unteren Zwischenboden 5 ist der Boden 6 eines dynamischen Sichters 10 befestigt. Der Sichter 10 besitzt ein Gehäuse 11, in dessen Zentrum ein Rotor 14 mit Flügeln auf einer Rotorwelle 13 befestigt ist. Der Antrieb der Rotorwelle 13 erfolgt mit Hilfe eines drehzahlsteuerbaren Rotorantriebs 15, der unter dem Zwischenboden 5 bzw. dem Sichterboden 6 an einer speziellen Wellenlagerung 16 hängt. Radiale Streben 17 stützen die Rotorwelle 13 unterhalb des Rotors 14 gegen das Gehäuse 11 ab.

    [0021] Die im Rauchgaskanal 3 ankommenden Rauchgase gelangen direkt in das Sichtergehäuse 11, werden mit Hilfe des Rotors 14 von den noch darin enthaltenen Partikeln befreit und verlassen den Sichter 10 durch einen Rauchgasauslaß 12 in der Decke des Sichtergehäuses 11. Die ausgeschiedenen Partikel fallen auf den Boden 6 des Sichters 10, wo sie mechanisch abgezogen werden.

    [0022] Fig. 2 zeigt eine Variante zu der in Fig. 1 dargestellten Ausführungsform. Diese Variante betrifft die zusätzliche Abstützung der stehenden Rotorwelle 13. Die Stützstreben 18 sind konisch gerichtet, so daß sie nicht nur den Strömungswiderstand der Rauchgase nicht erhöhen, sondern unter Umständen sogar erniedrigen, da sie die Umlenkung der Rauchgase aus der waagerechten Strömungsrichtung im Rauchgaskanal 3 in die senkrechte Strömungsrichtung im Kamin 1 begünstigen.

    [0023] Fig. 3 zeigt eine Ausführungsform, bei der das Sichtergehäuse 11 nicht auf einem Zwischenboden des Kamins 1, sondern direkt auf einem vom Kaminfundament 8 getrennten Fundament 9 steht. Dadurch werden von den sich drehenden Sichterteilen - Rotor 14, Rotorwelle 13 und Rotorantrieb 15 - erzeugte Vibrationen nicht in den Kamin 1, sondern in das Fundament 9 geleitet, wodurch Bauwerksschäden wirksam vorgebeugt wird.

    [0024] Die in Fig. 3 dargestellte Ausführungsform zeigt einen Zwischenboden 19 im Sichtergehäuse 11, auf dem sich die konisch gerichteten Stützstreben 18 der stehenden Rotorwelle 13 abstützen. Die Stützstreben 18 sind bevorzugt als geschlossener Stützkonus ausgebildet, um die schon erwähnte Umlenkung der Rauchgasströmung von der Waagerechten im Rauchgaskanal 3 in die Senkrechte im Kamin 1 zu unterstützen.

    [0025] Zwischen Sichtergehäuse 11 und den Stützkonus 18 bildet sich ein konischer Ringraum aus, in dem sich die abgeschiedenen Partikel sammeln und aus dem sie mit Hilfe von Schleusen 20 abgezogen werden.

    [0026] Fig. 4 schließlich zeigt eine Ausführungsform, bei der nicht nur das Sichtergehäuse 11, sondern auch der Rotorantrieb, bestehend aus Antriebsmotor 24 und Untersetzungsgetriebe 23 auf dem Fundament 8 des Kamins 1 stehen. Zwischen der Antriebswelle des Untersetzungsgetriebes 23 und der Rotorwelle 13 ist eine Zahnkupplung 25 vorgesehen, die Winkelbewegungen der Rotorwelle 13 erlaubt. Die Rotorwelle 13 selbst ist mit Hilfe radialer Streben 22 oberhalb des Rotors 14 gegen das Gehäuse 11 abgestützt. Ein Zwischenboden im Gehäuse 11 ist als Grießekonus 21 ausgebildet, aus dem die abgeschiedenen Partikel mit Hilfe der Schleuse 20 abgezogen werden.


    Ansprüche

    1. Rauchgaskamin (1), insbesondere für Kraftwerke, mit einer Öffnung (2) für einen Rauchgaskanal (3), dadurch gekennzeichnet, daß in den Kamin (1) ein Partikelabscheider (10) eingebaut ist und daß der Rauchgaskanal (3) in das Gehäuse (11) des Partikelabscheiders (10), der Auslaß (12) des Partikelabscheiders (10) für das gereinigte Rauchgas in den Kamin (1) und der Auslaß für die abgeschiedenen Partikel in wenigstens eine Schleuse (20) im unteren Bereich des Gehäuses (11) münden.
     
    2. Rauchgaskamin nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Gehäuse (11) des Partikelabscheiders (10) auf dem Fundament (8) des Kamins (1) oder einem davon getrennten Fundament (9) steht.
     
    3. Rauchgaskamin nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Partikelabscheider (10) ein dynamischer Sichter ist, der einen Rotor (14) mit Flügeln, Lamellen oder Stäben aufweist.
     
    4. Rauchgaskamin nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Rotor (14) auf seiner Welle (13), die Welle auf dem Rotorantrieb (15; 23, 24) steht.
     
    5. Rauchgaskamin nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß der Rotorantrieb (15) unter einem Zwischenboden (5, 6) im Kamin (1) oder unter einem Zwischenboden (19) im Gehäuse (11) des Partikelabscheiders (10) hängt.
     
    6. Rauchgaskamin nach einem der Ansprüche 3 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß der Rotorantrieb (23, 24) direkt auf dem Fundament (8, 9) steht.
     
    7. Rauchgaskamin nach einem der Ansprüche 3 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Welle (13) unterhalb bzw. oberhalb des Rotors (14) mittels radialer Streben (17, 22) gegen das Gehäuse (11) abgestützt ist.
     
    8. Rauchgaskamin nach einem der Ansprüche 3 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Welle (13) unterhalb des Rotors (14) mittels konisch gerichteter Streben (18) gegen das Gehäuse (11) bzw. einen der Zwischenböden (5, 6; 19) abgestützt ist.
     
    9. Rauchgaskamin nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß die Streben (18) als geschlossener Konus ausgebildet sind.
     
    10. Rauchgaskamin nach einem der Ansprüche 3 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß die Welle (13) auf der Abtriebswelle des Getriebes (23) winkelbeweglich gelagert ist, vorzugsweise mittels einer Zahnkupplung.
     




    Zeichnung