(19)
(11) EP 0 553 632 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
04.08.1993  Patentblatt  1993/31

(21) Anmeldenummer: 93100347.9

(22) Anmeldetag:  12.01.1993
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5F27D 19/00, F27D 17/00, F27B 7/20
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE ES FR GB IT LI NL PT

(30) Priorität: 31.01.1992 DE 4202827

(71) Anmelder: Linde Aktiengesellschaft
D-65189 Wiesbaden (DE)

(72) Erfinder:
  • Lissack, Wilfried, Dipl.-Ing.
    W-8023 Höllriegelskreuth (DE)
  • Lohse, Eberhard
    W-8046 Garching (DE)

(74) Vertreter: Schaefer, Gerhard, Dr. 
Linde Aktiengesellschaft Zentrale Patentabteilung
D-82049 Höllriegelskreuth
D-82049 Höllriegelskreuth (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Geregelter Betrieb von Industrieöfen


    (57) Es wird ein Verfahren zum Betreiben von Industrieöfen, deren Abgase in der Abgasleitung verbrannt werden, vorgestellt. Gemäß der Erfindung wird die Temperatur des Abgases kontinuierlich gemessen und bei Überschreiten eines vorgegebenen Sollwertes der gemessenen Abgastemperatur wird der Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre des Industrieofens erhöht. Dies führt dazu, daß das im Ofen freigesetzte Kohlenmonoxid und der Wasserstoff bereits im Ofen geregelt verbrannt werden und nicht erst in der Abgasleitung. Dadurch läßt sich Energie zum Beheizen des Industrieofens sparen und nachgeschaltete Filteranlagen werden thermisch geschont.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben von Industrieöfen, deren Abgase in der Abgasleitung verbrannt werden.

    [0002] In Gießereien und Umschmelzwerken für Gußeisen, Kupfer, Blei, Aluminium etc. kommen sehr häufig brennerbeheizte Schmelzöfen zum Einsatz. Wird beispielsweise in einem Drehtrommelofen Gußeisen geschmolzen, so wird eine Charge von ca. 2 bis 10 t mittels Öl- oder Gasbrennern in einer langsam um ihre Längsachse rotierenden, waagrecht liegenden und feuerfest ausgekleideten Trommel auf eine Abstichtemperatur von etwa 1500°C erhitzt. Die Beheizung der Drehtrommelöfen erfolgt meist durch Brenner, die sich an der Stirnseite des Ofens befinden und deren Flamme in das Innere des Ofens reicht. Durch eine meist an der gegenüberliegenden Seite des Brenners befindliche Öffnung entweichen die Abgase aus dem Ofen durch eine Rohrleitung zum Kamin.

    [0003] Beim Betrieb derartiger Industrieöfen fallen große Mengen Kohlenmonoxid in den Abgasen an, wobei die Menge des freigesetzten Kohlenmonoxids von dem Sauerstoff-Gehalt im Ofen, der Ofentemperatur, dem zu schmelzenden Einsatzgut, der Drehbewegung des Ofens und den eventuell zugegebenen Aufkohlungsmitteln abhängt. Neben CO ist im geringeren Maße auch Wasserstoff in den aus dem Ofen austretenden Abgasen enthalten, der zu seiner Verbrennung Sauerstoff verbraucht. Der Wasserstoff stammt aus Verbrennungsreaktionen, aus dem Brennstoff und aus Kunststoffen und Ölen, die dem Einsatzgut häufig anhaften.

    [0004] Bisher wird das im Abgas der Industrieöfen vorhandene Kohlenmonoxid (sowie der Wasserstoff) in den Abgasleitungen verbrannt. Die Flammenausbildung in den Abgasrohrleitungen führt zu einer starken thermischen Belastung der nachgeschalteten Filter. Die Gewebefilter überhitzen oder die Filteranlage schaltet ab.

    [0005] Außerdem ist das Verbrennen des Kohlenmonoxids in den Abgasleitungen energetisch für den Betrieb des Industrieofens ungünstig. Erstrebenswert wäre die Verbrennung des Kohlenmonoxids im Innenraum des Ofens. Die dadurch freigesetzte Energie könnte dann zu Einsparungen an Brennstoff führen.

    [0006] Aufgrund der stark schwankenden freigesetzten CO-Menge im Ofen ist eine geregelte Kohlenmonoxid-Verbrennung bisher unmöglich. Das Sauerstoffangebot im Ofen müßte nämlich ständig mit der freigesetzten CO-Menge korreliert sein. Gleiches gilt für den in geringerem Maße freiwerdenden Wasserstoff. Bei einem ständigen Überangebot an Sauerstoff kommt es hingegen zu einem Abbrand von Legierungselementen, beispielsweise beim Gußeisenschmelzen. Der dauerhafte Einsatz von Gasanalysatoren, die den jeweiligen CO-Gehalt der Ofenatmosphäre messen, wird aufgrund der starken Staub- und Rußentwicklung, wodurch sich Partikel auf der wassergekühlten Meßgaslanze sowie in der anschließenden Meßgasaufbereitung und den Analysatoren niederschlagen, unmöglich.

    [0007] Aufgabe vorliegender Erfindung ist es deshalb, ein verbessertes Verfahren zum Betreiben von Industrieöfen, deren Abgase in der Abgasleitung verbrannt werden, zu entwickeln, durch das die obengenannten Nachteile vermieden werden und insbesondere ein energetisch günstigerer Ofenbetrieb ermöglicht sowie die thermische Belastung der Abgasfilter herabgesetzt wird.

    [0008] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die Temperatur des Abgases kontinuierlich gemessen und bei Überschreiten eines vorgegebenen Sollwertes der gemessenen Abgastemperatur der Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre des Industrieofens erhöht wird.

    [0009] Messungen des CO-Gehalts im Rauchgas an der Abgasseite des Ofens und Temperaturmessungen in der Abgasrohrleitung zum Kamin zeigen, daß beide Werte einen direkten Zusammenhang aufweisen.

    [0010] Dieser Zusammenhang soll im folgenden für den Fall verdeutlicht werden, in dem das im Abgas vorhandene CO (sowie der Wasserstoff) mittels Luft, die durch Öffnungen in den Abgasleitungen in diese eindringen kann, verbrannt wird: Bei niedrigem CO-Gehalt im Rauchgas wird letzteres durch die in die Abgasleitung einströmende Luft überwiegend abgekühlt, wodurch auch die Temperatur der Abgase niedrig bleibt. Bei hohem CO-Gehalt im Rauchgas wird das CO durch den Sauerstoff der zugeführten Luft überwiegend nachverbrannt, wodurch keine Abkühlung des Abgases eintritt. Die Abgastemperatur kann dann beim erwähnten Gußeisenschmelzen Werte von 600°C übersteigen. Das Geschilderte gilt gleichermaßen für den Fall, daß ein anderes Oxidationsmittel als Luft zum Verbrennen der Abgase in der Abgasleitung verwendet wird.

    [0011] Erfindungsgemäß kann somit die gemessene Temperatur des Abgases an einer Stelle in der Rohrleitung zum Kamin mit dem relativen CO-Gehalt in der Ofenatmosphäre (bei Vernachlässigung des H₂-Gehalts) gleichgesetzt werden. Dadurch ergibt sich eine einfache und wartungsfreie Methode, um den CO-Gehalt im Ofeninneren laufend zu überwachen.

    [0012] Der mit einem hohen Wartungsaufwand verbundene und störanfällige Einsatz von Gasmeßvorrichtungen zur CO-Bestimmung im Ofeninneren wird durch das erfindungsgemäße Verfahren gänzlich überflüssig.

    [0013] Die Erfindung ermöglicht nunmehr erstmals die vorteilhafte Möglichkeit des geregelten Verbrennens des in der Atmosphäre von Industrieöfen freigesetzten Kohlenmonoxids. Dabei ist an sämtliche Prozesse, bei denen Kohlenmonoxid (und Wasserstoff) in den Ofenatmosphären entsteht, und welches anschließend im Abgas verbrannt wird, gedacht. Zum geregelten Verbrennen des Kohlenmonoxids und des Wasserstoffs wird bei Überschreiten eines vorgegebenen Sollwertes der gemessenen Abgastemperatur der Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre des Industrieofens erhöht.

    [0014] Der Sauerstoffanteil in der Ofenatmosphäre kann durch direktes Eindüsen beispielsweise über Lanzen von Sauerstoff oder einem sauerstoffhaltigen Gas in das Innere des Ofens erhöht werden. Bei Industrieöfen, die mit Sauerstoff-Brennstoff-Brennern beheizt werden, kann vorteilhafterweise der Sauerstoff direkt über den Brenner dem Ofeninneren zugeführt werden. Übersteigt die gemessene Abgastemperatur den vorgegebenen Sollwert, so wird durch eine entsprechende Regelstrecke solange zusätzlicher Sauerstoff in das Ofeninnere eingeleitet, bis die Abgastemperatur den Sollwert wieder unterschreitet.

    [0015] Das nunmehr im Ofeninneren verbrennende Kohlenmonoxid, das nun vollständig oxidiert wird, und der verbrennende Wasserstoff setzen Energie frei und erhöhen damit die Temperatur im Industrieofen. Dies führt zu verkürzten Prozeßzeiten sowie zur Energieeinsparung. Zudem wird der CO-Anteil im Abgas verringert, wodurch die Abgastemperatur sinkt und die nachgeschalteten Abgasfilter thermisch nicht mehr überlastet werden können.

    [0016] Andererseits kann vorteilhafterweise auch bei Überschreiten des vorgegebenen Sollwertes der gemessenen Abgastemperatur die Menge an Brennstoff, die den Brennern zugeführt wird, bei konstant gehaltener Sauerstoff-Zufuhr reduziert werden. Daraus ergibt sich eine direkte Brennstoffeinsparung beim Befeuern des Industrieofens.

    [0017] Die geeignete Sollwerttemperatur wird sinnvollerweise bei einer ersten Inbetriebnahme des Industrieofens durch einen Versuch ermittelt. Dazu kann ein Thermoelement beispielsweise hinter der letzten Zufuhröffnung für Luft oder für ein anderes Oxidationsmittel in der Abgasrohrleitung in dieselbige eingebracht werden. Dann wird die Temperatur des mit der Luft bzw. dem Oxidationsmittel verbrennenden Abgases ermittelt. Die jeweilige Temperatur entspricht dem relativen CO-Gehalt zuzüglich des H₂-Gehalts im Ofeninneren. Je nach Art des Betriebs des Industrieofens wird ein Sollwert im Bereich von 120 bis 650°C gewählt. Beim Gußeisenschmelzen liegt er aufgrund der Maximaltemperatur für die nachgeschaltete Filteranlage je nach der sich dem Thermoelement anschließenden Rohrlänge der Abgasleitungen bei etwa 150 bis 250°C.

    [0018] Im folgenden soll ein Ausführungsbeispiel das erfindungsgemäße Verfahren näher erläutern.

    [0019] In der einzigen Zeichnung sind schematisch ein Drehtrommelofen 1, der diesen beheizende Brenner 2, die den Brenner mit Sauerstoff und Brennstoff versorgenden Leitungen 3 bzw. 4, die Abgasrohrleitung 10 sowie darin befindliche Luftspalte 6 und 7 dargestellt. Hinter dem letzten Luftspalt 7 ist im Inneren der Abgasleitung 10 ein Thermoelement 8 angeordnet, das mit dem Meßwertaufnehmer 9 verbunden ist.

    [0020] Beim Schmelzen von Gußeisen in dem Drehtrommelofen 1 wird dieser mit einer Charge von 3 t beladen und das Einsatzgut 5 mittels des Öl-Sauerstoffbrenners 2 innerhalb von etwa 2,5 h auf eine Abstichtemperatur von etwa 1500°C erhitzt.

    [0021] Der im Einsatzgut enthaltene Kohlenstoff wird während des Schmelzens durch den Sauerstoff der Ofenatmosphäre teilweise zu Kohlenmonoxid und Kohlendioxid oxidiert, so daß zum Ausgleich des Kohlenstoff-Verlustes Aufkohlungsmittel dem Einsatzgut zugegeben werden müssen. Messungen des CO-Gehaltes im trockenen Rauchgas ergeben in diesem Beispiel Maximalwerte von 35% Kohlenmonoxid im Abgas direkt an der Ofenstirnseite.

    [0022] Zunächst wird mittels Themoelement 8 und Meßwertaufnehmer 9 eine gewisse Zeit die Temperatur des mit Luft in der Abgasleitung 10 verbrennenden Abgases gemessen. Je nach Länge der Abgasrohrleitung 10 hinter dem Thermoelement 8 erweisen sich Sollwerttemperaturen von 150°C bis 250°C als sinnvoll. Eingestellt wird in diesem Fall eine Sollwerttemperatur von 230°C am nicht dargestellten Regler. Dieser Regler ist mit einem Regelventil in der O₂-Zufuhrleitung 3 zum Brenner 2 verbunden.

    [0023] Übersteigt nun die gemessene Temperatur die vorgegebene Sollwerttemperatur, so wird erfindungsgemäß der Sauerstoffanteil in der Atmosphäre des Ofens 1 erhöht. Dies erreicht man durch überstöchiometrische Verbrennung des Brennstoff-Sauerstoff-Gemisches im Ofen 1. In diesem Beispiel wird also immer dann, wenn der CO- (und H₂-)Anteil im Ofeninneren über eine gewisse Grenze ansteigt, die Sauerstoffzufuhr zum Brenner 2 erhöht, so daß das Kohlenmonoxid vollständig zu Kohlendioxid oxidiert werden kann (und der Wasserstoff verbrennt). Die dabei bisher in der Abgasleitung 10 freigewordene Energie wird durch das erfindungsgemäße Verfahren bereits im Ofen 1 freigesetzt. Dadurch sinkt die Abgastemperatur und der Regelkreis erniedrigt wiederum die Sauerstoffzufuhr zum Brenner 2.

    [0024] Die erfindungsgemäß geregelte CO-Verbrennung im Drehtrommelofen 1 hat mehrere Vorteile:
    Die freiwerdende Verbrennungsenergie des Kohlenmonoxids kann noch im Ofen 1 genutzt werden. Mit sinkendem CO-Gehalt im Ofen 1 wird auch die dem Ofen 1 zugeführte Sauerstoffmenge gedrosselt, so daß ein Abbrand von Legierungselementen verhindert wird. Die Abgastemperatur wird während des gesamten Betriebs des Drehtrommelofens 1 geringer, so daß die Filter nicht mehr thermisch überlastet werden. Das Abgasvolumen wird geringer, da das Kohlenmonoxid im Ofen 1 mit Sauerstoff anstatt mit Luft in den Abgasleitungen 10 verbrannt wird. Schließlich benutzt das erfindungsgemäße Verfahren eine einfache Temperaturmessung zur Bestimmung des relativen Kohlenmonoxid-Gehaltes im Ofen anstelle der technisch schwer beherrschbaren Gasanalytik der Schmelzofenatmosphäre.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Betreiben von Industrieöfen, deren Abgase in der Abgasleitung verbrannt werden, dadurch gekennzeichnet, daß die Temperatur des Abgases kontinuierlich gemessen und bei Überschreiten eines vorgegebenen Sollwertes der gemessenen Abgastemperatur der Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre des Industrieofens (1) erhöht wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß bei Überschreiten eines vorgegebenen Sollwertes der gemessenen Abgastemperatur ein sauerstoffhaltiges Gas oder reiner Sauerstoff in die Atmosphäre des Industrieofens (1) eingeleitet wird.
     
    3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 oder 2 für Industrieöfen, die mit Sauerstoff-Brennstoff-Brennern beheizt werden, dadurch gekennzeichnet, daß bei Überschreiten eines vorgegebenen Sollwertes der gemessenen Abgastemperatur die Menge an Sauerstoff, die den Brennern (2) zugeführt wird, erhöht wird.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3 für Industrieöfen, die mit Sauerstoff-Brennstoff-Brennern beheizt werden, dadurch gekennzeichnet, daß bei Überschreiten eines vorgegebenen Sollwertes der gemessenen Abgastemperatur die Menge an Brennstoff, die den Brennern (2) zugeführt wird, reduziert wird.
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4 für Industrieöfen zum Gußeisenschmelzen, dadurch gekennzeichnet, daß der Sollwert der gemessenen Abgastemperatur vorzugsweise im Bereich von 150 bis 250°C gewählt wird.
     
    6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Abgase des Industrieofens (1) mit in die Abgasleitung (10) eindringender Luft verbrannt werden.
     
    7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Abgase des Industrieofens (1) mit einem in die Abgasleitung (10) eingespeisten Oxidationsmittel verbrannt werden.
     




    Zeichnung