[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft Mittel und Verfahren zur Calciumbehandlung von
flüssigem Stahl insbesondere zur gezielten Modifikation nichtmetallischer Einschlüsse
im Stahl.
[0002] Zum Einbringen von Calcium in den flüssigen Stahl haben sich weltweit Injektionstechniken
durchgesetzt. Beim sogenannten TN-Verfahren wird feinkörniges Calciumsilicium mit
Hilfe eines inerten Fördergases durch eine Lanze möglichst tief in die Stahlschmelze
eingeblasen. Da bei diesem Verfahren die Calciumkomponente im Überschuß zugegeben
werden muß, entstehen erhebliche Calciumverluste durch Verdampfung (Stahl und Eisen
109 (1989) Nr. 16, Seite 40, H.K. Tönshoff u.a.).
[0003] Beim Verfahren der Stahlbehandlung mit Fülldrähten werden mit feinkörnigem Calcium
gefüllte Hohldrähte mit hoher Geschwindigkeit in das Stahlbad eingeführt (DE-OS 37
39 155). Auf diese Weise kann man gezielt die je nach Charge benötigten unterschiedlichen
Calciummengen in das Stahlbad einbringen. Man erreicht so gegenüber dem Blasverfahren
bereits eine Verbesserung aufgrund der niedrigeren Aufwandmengen an Calcium.
[0004] Obwohl mit diesen bekannten Verfahren bereits deutliche Fortschritte in der Stahltechnologie
erzielt wurden und insbesondere eine Verbesserung der mechanischen Eigenschaften des
Stahls erreicht und eine günstige Beeinflussung der Vergießbarkeit von Stahlschmelzen,
insbesondere beim Strangguß, erzielt wurden, sind die Kosten der Stahlbehandlung mit
Calcium oder einer Calciumsilicium-Legierung nicht unbedeutend. Abgesehen davon können
Calciumsilicium-Legierungen infolge der Siliciumaufnahme durch den Stahl nur bei siliciumhaltigen
Stählen eingesetzt werden. Bei einer ganzen Reihe von Stahlsorten wie z.B. Kaltstauch-
oder Tiefziehqualitäten, die keine oder nur eine sehr geringe Siliciumkonzentration
enthalten, können nur siliciumarme bzw. siliciumfreie Calciumlegierungen oder -Verbindungen
zur Stahlbehandlung verwendet werden. Normalerweise wird hierzu auf das recht teure
metallische Calcium als Behandlungsmittel zurückgegriffen.
[0005] Es wurde deshalb bereits versucht, mit Calciumcarbid, einem besonders kostengünstigen
Calciumträger, gefüllte Drähte in Stahlschmelzen einzubringen. Da die Stahlschmelzen
durch dieses Verfahren nie mehr als 10 ppm Calcium aufnahmen, wurden Anstrengungen
in dieser Richtung eingestellt.
[0006] Es bestand daher die Aufgabe, ein Mittel und Verfahren zur Calciumbehandlung von
Stahl zur Verfügung zu stellen, das die Nachteile der bisher verwendeten Mittel nicht
besitzt und das es ermöglicht, ausreichend hohe Konzentrationen an Calcium in der
Stahlschmelze reproduzierbar einzustellen, so daß eine gezielte Verbesserung der mechanischen
Eigenschaften des Stahls und eine günstige Beeinflussung seiner Vergießbarkeit erreicht
werden.
[0007] Gelöst wird diese Aufgabe erfindungsgemäß durch ein Mittel zur Calciumbehandlung
von Stahl in Form eines Fülldrahtes auf einen metallischen Mantel und ein feinkörniges
Füllmaterial auf Basis von Calciumcarbid aufweist, das dadurch gekennzeichnet ist,
daß das Füllmaterial zusätzlich einen bei der Temperatur der Stahlschmelze gasabspaltenden
bzw. gasentwickelnden Stoff in einer Menge von 2 bis 60 Gew.-%, berechnet auf das
Gewicht des Calciumcarbids, enthält. Auf diese Weise lassen sich Gehalte von 20 bis
50 ppm Calcium im Stahl gezielt und mit wirtschaftlich interessanten Kosten einstellen.
[0008] Der Fülldraht kann je nach Anwendungszweck und Größe der zur Verfügung stehenden
Pfannen einen Durchmesser von 5 bis 20 mm aufweisen. Vorzugsweise wird ein Fülldraht
mit einem Durchmesser von 9 bis 13 mm verwendet.
[0009] Als bei der Temperatur der Stahlschmelze gasabspaltende bzw. gasentwickelnde Stoffe,
die dem Calciumcarbid beigemischt werden, haben sich z.B. bewährt: Kalkstein, ungebrannter
Magnesit, gasabspaltende Kohlesorten wie Flammkohle, Polyethylen, Polypropylen. Als
bei der Temperatur der Stahlschmelze gasentwickelnde Stoffe haben sich Magnesiummetall,
Calciummetall und Calciumsilicium (CaSi) bewährt.
[0010] Bevorzugt wird eine Kohlesorte gewählt, die als getrocknetes Produkt bei der Temperatur
der Stahlschmelze etwa 90 Gew.-% ihrer flüchtigen Bestandteile innerhalb von weniger
als 60 Sekunden, bevorzugt weniger als 40 Sekunden, freisetzt. Je höher der Anteil
an flüchtigen Bestandteilen der Kohle ist, umso höher ist im allgemeinen die Wirksamkeit
der Behandlungsmittel. Besonders bevorzugt werden daher solche Kohlen verwendet, die
wenigstens 25 Gew.-% flüchtige Bestandteile enthalten und nach Eintritt in die Stahlschmelze
ein Gasvolumen von mindestens 150 NL/kg entwickeln. Kohlen, die diese Bedingungen
erfüllen sind insbesondere Braunkohlen, Flammkohle, Gasflammkohle, Gaskohle und Fettkohle.
[0011] Die Korngröße der Kohle wird etwa auf die des Calciumcarbids eingestellt. Vorzugsweise
enthält das Füllmaterial 85 bis 98 Gew.-% Calciumcarbid und 15 bis 2 Gew.-% einer
getrockneten Kohle mit einem Feuchtigkeitsgehalt < 0,5 %. In einer zweckmäßigen Ausführungsform
enthält das Füllmaterial 90 bis 95 Gew.-% Calciumcarbid und 10 bis 5 Gew.-% Flammkohle.
Calciumcarbid als Calciumquelle wird in Form des technischen Calciumcarbids mit Gehalten
von 50 bis 85 Gew.-% CaC₂ verwendet. Bevorzugt wird hochprozentiges Calciumcarbid
von 75 bis 85 Gew.-% CaC₂ eingesetzt, da hierdurch die Calciumkonzentration entsprechend
hoch ist und der in die Schmelze eingebrachte Schlackenanteil sich verringert. Die
Korngröße des verwendeten Calciumcarbids sollte zweckmäßig < 1 mm, bevorzugt < 0,5
mm, sein.
[0012] Als bei der Temperatur der Stahlschmelze gasentwickelnde Stoffe haben Calciummetall
oder Calciumsilicium den Vorteil, daß sie gleichzeitig Calcium liefern. Hierbei werden
handelsübliche, technische Produkte eingesetzt, wobei die Reinheit des Calciummetalls
etwa 95 % beträgt, die Calciumsilicium-Legierung normalerweise 30 Gew.-% Calcium und
60 Gew.-% Silicium enthält und der Rest aus Eisen und herstellungsbedingten Verunreinigungen
besteht. Im erfindungsgemäßen Mittel können so 5 bis 60 Gew.-% des Calciumcarbids
im Füllmaterial durch Calciumsilicium ersetzt werden, so daß der Anteil an Calciumcarbid
40 bis 95 Gew.-% beträgt. Bevorzugt wird eine Zusammensetzung des Füllmaterials aus
40 bis 80 Gew.-% Calciumcarbid und 60 bis 20 Gew.-% Calciumsilicium. Hiermit wird
das Einbringen von Silicium in den Stahl weitgehend reduziert, Turbulenz und Verdampfungsverluste
beim Einspulen des Fülldrahtes werden durch den Verdünnungseffekt des Calciumcarbids
geregelt. Die Korngrößen des Calciumcarbids und des Calciums bzw. der Calciumsilicium-Legierung
sollen etwa im gleichen Bereich liegen und < 1 mm, bevorzugt < 0,5 mm, betragen.
[0013] Die Behandlung der Stahlschmelze mit dem erfindungsgemäßen Mittel kann unter Zuhilfenahme
einer handelsüblichen Einspulvorrichtung sicher und problemlos durchgeführt werden.
Entsprechend der gewünschten Calciumkonzentration im Stahl, die im allgemeinen zwischen
20 bis 50 ppm betragen soll, werden etwa 0,6 kg Füllmaterial, entsprechend etwa 3,5
m Fülldraht eines Durchmessers von 13 mm pro Tonne zu behandelnder Stahlschmelze eingesetzt.
Hierbei werden Einspulgeschwindigkeiten von 100 bis 300 m/Min., vorzugsweise von 200
bis 250 m/Min., angewendet. Unter diesen Bedingungen wird das Mittel tief genug in
die Stahlschmelze eingebracht. Die entstehende Turbulenz sorgt dafür, daß die Calciumkomponente
bestmöglich genutzt und die Stahlschmelze gut durchmischt und homogenisiert wird.
[0014] Die nachfolgenden Beispiele sollen die Erfindung näher erläutern.
Beispiele
[0015] In den nachfolgenden Beispielen (Tabelle 1) wird die Behandlung von 70 t-Chargen
von Stahlschmelzen in einer Gießpfanne beschrieben, wobei die Temperatur der Stahlschmelze
etwa 1620°C betrug.
[0016] Die behandelten Stahlschmelzen sollen 25 bis 40 ppm Calcium enthalten, um auf einer
Knüppelstranggußanlage vergossen werden und als niedrig legierter Edelbaustahl Verwendung
finden zu können.
[0017] Für die als Beispiel herangezogenen 70 t-Chargen wurde jeweils ein Fülldraht von
13 mm Durchmesser verwendet, der mit einer Geschwindigkeit von 180 bis 200 m/Min.
in die Stahlschmelze eingespult wurde.

1. Mittel zur Calciumbehandlung von Stahl in Form eines Fülldrahtes, der einen metallischen
Mantel und ein feinkörniges Füllmaterial auf Basis von Calciumcarbid aufweist,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Füllmaterial zusätzlich einen bei der Temperatur der Stahlschmelze gasabspaltenden
bzw. gasentwickelnden Stoff in einer Menge von 2 bis 60 Gew.-%, berechnet auf das
Gewicht des Calciumcarbids, enthält.
2. Mittel nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Fülldraht einen Durchmesser von 5 bis 20 mm, vorzugsweise von 9 bis 13 mm,
aufweist.
3. Mittel nach den Ansprüchen 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Füllmaterial 85 bis 98 Gew.-% Calciumcarbid und 15 bis 2 Gew.-% einer getrockneten
Kohle mit einem Feuchtigkeitsgehalt < 0,5 % enthält.
4. Mittel nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Füllmaterial 90 bis 95 Gew.-% Calciumcarbid und 10 bis 5 Gew.-% Flammkohle
enthält.
5. Mittel nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Füllmaterial eine Kohle enthält, die bei der Temperatur der Stahlschmelze
etwa 90 Gew.-% der flüchtigen Bestandteile innerhalb von weniger als 60 Sekunden,
bevorzugt weniger als 40 Sekunden, freisetzt.
6. Mittel nach den Ansprüchen 1 und 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Füllmaterial aus 95 bis 99,5 Gew.-% Calciumcarbid und 0,5 bis 5 Gew.-% Polyethylen
besteht.
7. Mittel nach den Ansprüchen 1 und 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Füllmaterial aus 40 bis 95 Gew.-% Calciumcarbid, aus 5 bis 60 Gew.-% Calciumsilicium
besteht.
8. Mittel nach Anspruch 7,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Füllmaterial aus 40 bis 70 Gew.-% Calciumcarbid und 30 bis 60 Gew.-% Calciumsilicium
besteht.
9. Mittel nach einem der Ansprüche 1 bis 8,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Korngröße des Bestandteile des Füllmaterials kleiner 1 mm, vorzugsweise kleiner
0,5 mm, ist.
10. Verfahren zur Behandlung von Stahlschmelzen, dadurch gekennzeichnet, daß man das Mittel
nach einem der Ansprüche 1 bis 9 in die Schmelze einführt.
11. Verfahren nach Anspruch 10,
dadurch gekennzeichnet,
daß man den Fülldraht mit einer Geschwindigkeit von 100 bis 300 m/Min. in die Stahlschmelze
einspult.